Lucas freute sich jedes Jahr auf den Kirmes, der immer Mitte Mai stattfindet.
Schon Tage vorher kreisten seine Gedanken um diesen besonderen Tag. Bei den Schießbuden konnte man auf Luftballon schießen und man bekam danach einen Preis, mit Bällen konnte man auf Blechdosen zielen und wenn alle hinunterfielen gab es auch kleine Präsente, doch am interessantesten fand Lucas immer das Autodrom, da konnte er immer hübschen Mädchen auf ihr Auto auffahren und da gab es noch das Karussell, wo man sich so frei fühlen konnte.
Schon am Vorabend ging Lucas ins Dorf um sich zu vergewissern, ob das Karussell und das Autodrom auch wirklich gekommen waren und hatte er sich überzeugt davon, konnte er beruhigt schlafen.
Am Kirmestag war Lucas schon früh auf den Beinen, er musste noch seinen Hasen „Martin“ füttern und sein Zimmer so halbwegs schön zusammenräumen, dann ging es los.
Als er am Dorfplatz ankam, ging er zuerst zu den Schießbuden, dann drehte er eine Runde beim Autodrom und zuletzt begab er sich zum Karussell.
Lucas stutzte - wieso waren bei der Kasse keine Kinder angestellt? Niemand interessierte sich für das Karussell, Lucas schaute sich um, viele Kinder liefen umher, doch beim Karussell war niemand.
Lucas überlegte, vielleicht sah nur ER das Karussell? Er ging langsam näher und griff auf die Holzstiegen um zu überprüfen ob sie auch tatsächlich vorhanden waren, dann ging er langsam über die Holztreppen, vorsichtig und er sah sich immer wieder um, ob nicht etwas ungewöhnliches wäre und dann setzte er sich vorsichtig in einen Sessel und schnallte sich an. Plötzlich setzte sich das Karussell in Bewegung, er flog im Kreis, immer höher, die Haare flatterten im Wind und Lucas lachte laut. Lucas schaute auf die Menschen unter ihm, er sah den Kirchturm und die Häuser des Dorfes - und diese wurden immer kleiner. Das Karussell flog mit ihm davon, über Wälder und über Seen, über Bauernhöfe und über Felder und Äcker. Lucas war begeistert, er genoss den Flug, er schloss manchmal die Augen und lies den Wind über seine Stirn blasen, er spürte, dass sich die Welt um ihn herum drehte, ja das war es. Dieses Gefühl war unbeschreiblich und Lucas genoss es.
Als das Karussell wieder auf sein Heimatdorf zuflog, der Kirchturm, die Häuser und die Menschen wieder Normalgröße annahmen, schloss er noch einmal kurz die Augen um das Gefühl der Freiheit für immer festhalten zu können.