Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als sie das Schloss nicht mehr sehen konnten. Selena schirmte mit ihrer Hand ihre Augen und sah sich um. Mit der anderen Hand fächelte sie, sich Luft zu. Dies bemerkte auch Thea. „Genau aus diesem Grund, ziehe ich nichts schwarzes an“, sagte sie, während sie an Selena vorbei lief. Selena wunderte sich, wie Thea so lange in diesen Schuhen laufen konnte und wie sie mit diesen Schuhen laufen konnte, ohne Lärm zu machen. „Sollen wir eine Pause einlegen?“, fragte Alic. „Sind wir denn weit genug von Zuhause entfernt?“ Alic schüttelte den Kopf und Selena stöhnte auf. „Dann müssen wir noch ein Stück gehen.“ „Da vorne verläuft ein Bach, es ist von Bäumen geschützt und wegen dem Plätschern kann man uns nicht hören“, sagte Killian und deutete in die Richtung. „Das ist eine klasse Idee!“, rief Tiara und zog Killian mit sich. Selena, Alic und Thea sahen sich gegenseitig an und folgten den zwei. Je näher sie kamen hörten sie eine weibliche Stimme. „Es fiel vom Himmel, teilte sich in vier. Das Eine nahm wärme, das Zweite den Sturm. Das Dritte kam mit Wasser und das Letzte mit Natur. Doch kaum einer weiß, dass das Originale noch steht…“, sang sie mit klarer Stimme. Danach summte sie weiter. „Der Mond ist der Erschaffer…“, sie verstummte. Alic schob ein Ast zur Seite und die kleine Truppe sah die Person, zu der die Stimme gehörte. Sie saß mit dem Rücken zu ihnen und hatte die Füße im Bach. Sie schrieb an etwas. „Wie lange wollt ihr da noch stehen? Ich beiße nicht“, sagte sie mit sanfter Stimme ohne aufzuschauen. Selena sah die anderen an und trat einen Schritt vor. Alic hielt sie am Handgelenk fest. Sie sah ihn an, aber er schüttelte stumm den Kopf. „Ich schätze er vertraut mir nicht. Würde ich, glaube ich auch nicht.“ Sie stand auf und sah die anderen an. „So jemanden könnte ich als Inspiration gebrauchen.“ Sie tippte mit ihrem Stift gegen ihre Lippe. Selena befreite ihr Handgelenk aus Alics Griff und sah das Mädchen an. Sie hatte pechschwarze, lange Haare, die wie Wasserfall über ihr Rücken fielen. Auf ihrem Kopf trug sie eine selbstgeflochtene Krone aus Gänseblümchen. Sie sah die Truppe mit großen, Saphirblauen Augen an. Das Mädchen hatte eine sehr helle Haut und deshalb stach ihr schwarzes Kleid, mit den Fledermausärmel so sehr von ihr ab. Der Rock des Kleides reichte ihr bis knapp über die Knie. Als die Sonne hinter einer Wolke hervorkam, leuchteten ihre Haare sanft. Sie war klein und zierlich. „So viele neue Charaktere. Habt ihr etwas dagegen, wenn ich euch niederschreibe?“ Mit dieser Frage, überraschte sie jeden. „Uns niederschreiben?“ „Ja. Ich schreibe einen Roman und so einen wie dich, habe ich noch nicht.“ Sie sah Alic fragend an. „Das geht nicht.“ „Oh, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich werde nur deinen Charakter aufschreiben. Keiner wird wissen, wer du wirklich bist. Ich werde auch andere Namen verwenden. Obwohl, ich kenne nicht einmal eure.“ Sie tippte erneut mit dem Stift gegen ihre Lippe. Dann stand sie vor Alic und reichte ihm die Hand. „Ich bin Siara.“ Er starrte ihre Hand an, als wäre es, ihm ein unbekanntes Objekt. Selena verdrehte die Augen und schob Alic zur Seite. „Ich bin Selena.“ Sie schlug ein und im selben Moment zog Siara ihre Hand zurück. „Du suchst den Mondstein“, stellte sie fest und trat einige Schritte zurück. Selena konnte die Angst in ihren Augen sehen. „Woher weißt du das?“ Alics nicht gerade freundliche Stimme, beängstigte sie mehr, sodass sie zurück rannte und sich ihre Sandalen schnappte. Sie hüpfte über die Steine im Wasser und verschwand auf der anderen Seite zwischen den Bäumen. „Das hast du toll gemacht Alic“, sagte Selena und setzte sich hin. „Gibst du mir jetzt die Schuld? Das Mädchen hat dich angefasst und wusste dann sofort, dass du den Mondstein suchst!“, konterte Alic. „Sie war also die Einzige, die mehr über diesen Mondstein wusste. Herzlichen Glückwunsch Alic, du hast sie vergrault.“ Selena klatschte um ihren Satz noch mehr zu verdeutlichen. „Das ist auch besser so!“ „Warum hatte sie bloß so Angst davor?“, fragte Thea. „Die eigentliche Frage ist, wie sie wissen konnte, dass du den Mondstein suchst“, sagte Tiara und zog die Aufmerksamkeit auf sich. „Verdammt, sie ist eine Videns.“ Jeder sah Killian an. „Was ist eine Videns?“, fragte Tiara. „Eine Videns ist Jemand der in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sehen kann“, erklärte Selena und sah Killian an. „Aber das kann doch nicht sein, sie hatte keine Flügel“, fuhr sie fort. „Was für Flügel?“, fragte Tiara. „Videns sind eine Feen Art. So wie es Krieger Feen gibt, gibt es Videns. Aber die sind sehr selten“, erklärte Killian. „Dann war das wohl ein Zufall.“ „Ich glaube nicht an Zufälle, Thea“, sagte Selena und legte sich hin. „Jetzt ist es eh zu spät. Bruderherz hat sie verscheucht.“ Sie schloss die Augen. „Was jetzt?“ „Wir orientieren uns weiterhin an der Karte.“ Alic faltete die Karte auseinander. „Können wir jetzt eine Pause machen?“, fragte Tiara. „Ja. Ich werde mich umschauen und du Killian bleibst bei den Mädchen.“ Alic lief los und verschwand nach kurzer Zeit zwischen den Bäumen. Selena richtete sich auf und sagte an Killian gewandt. „Gib uns ne Sekunde.“ Er trat ein paar Schritte nach hinten. „Was war gestern zwischen dir und meinem Bruder?“ zischte Selena grinsend. „Nichts.“ „Lüg nicht. Alic kam später zu mir und hat mir erzählt, dass unsere Eisprinzessin ihn umarmt hat.“ „Du hast was?“, rief diesmal Tiara. „Das gehörte zum Plan“, murmelte Thea, als sie sich daran erinnerte. „Oh. Mein. Gott. Du wirst rot!“ „Werde ich nicht!“, zischte Thea. „Aha. Und wieso bist du dann aus seinem Zimmer gerannt, als wäre er der Teufel?“, fragte Selena. „Auf wessen Seite bist du eigentlich?“, wich Thea ihr aus. „Ich fasse es nicht, du hast auch was für Alic übrig“, sagte Selena kopfschüttelnd. „Sel, wenn du das…“ „Keine Sorge, Alic hat das nicht einmal gepeilt“, beruhigte sie Thea. „Wirklich nicht?“ „Nein, mit so einem Erbsenhirn…“ Selena ließ ihren Satz unvollständig. „Alic ist vielleicht in vielem gut aber von so etwas versteht er überhaupt nichts“, fügte Tiara hinzu. Thea atmete erleichtert aus. „Ich schau mal wo Killian hin verschwunden ist.“ Tiara stand auf und lief in die Richtung, in die Killian gegangen war. „Schau du nach meinem Bruder.“ „Warum ich?“ „Wenn ich gehe, werden wir uns bloß streiten.“ „Von mir aus.“ Thea stand ebenfalls auf und lief in die entgegengesetzte Richtung. Selena legte sich wieder hin und schloss die Augen. Auf einmal hörte sie jemanden an ihrer Tasche kramen. „Alic, ich schwöre dir, wenn du…“ Sie schlug die Augen auf und sah in graugrüne Augen. Sein Mund verzog sich zu einem Grinsen.