Es dämmerte als die kleine Truppe eine Stelle für ihr Lager fand. Sie wären weiter gelaufen, aber da Alic immer noch verletzt war, konnte er nicht weiter gehen. Außerdem waren sie nicht besonders weit gekommen. Sie hatten fünf Pausen einlegen müssen. „Okay, hier können wir unser Lager aufschlagen“, sagte Selena und legte ihr Rucksack ab. Anschließend streckte sie sich. Alic setzte sich hin und lehnte sich an einen Baum. „Ich muss dir einen neuen Verband anlegen“, sagte Tiara und trat zu Alic. „Okay.“ Sie half ihm dabei, sein Oberteil auszuziehen. „Während du dich um Alics Verletzung kümmerst, gehen Thea und ich Feuerholz sammeln.“ „Alles klar.“ „Ich richte dann das Lager.“ Killian machte sich bereits an die Arbeit und die zwei Freundinnen liefen los. Es wurde immer dunkler. „Was meinst du, wie wird das alles enden?“, fragte Thea. „Mit einem Happy End.“ „Du glaubst fest daran, oder?“ „Natürlich tue ich das. Unsere Eltern hatten doch auch ein Happy End. Und das auch noch damals, als sie gegen Anton gekämpft haben.“ „Nein, du irrst dich. Nicht alle hatten ein Happy End.“ Thea hob abwesend ein Stock auf. Während Selena in ihrer Bewegung verharrte. „Stimmt, nicht alle. Ich habe Niall, nur ein einziges Mal gesehen und das war an Dads Geburtstag.“ „Ich habe ihn zweimal getroffen. Ich finde es unglaublich, dass seine Liebe immer noch der einen Frau gilt.“ „Es gibt also noch wirklich die wahre Liebe.“ „Er versucht immer glücklich auszusehen, aber ich konnte spüren, wie verletzt und wieviel Trauer er mit sich trägt.“ „Ich wünschte, ich hätte Caitlin gekannt. Sie war Aylas Schwester.“ Selena blinzelte ein paar Mal. „Los, beeilen wir uns, es ist bereits dunkel und ich will kein Fraß für ein Dämon sein“, sagte sie. Thea nickte. Auf einmal schlang sich etwas dickes, glitschiges um Selenas Taille und zog sie mit einem Ruck von den Füßen. Sie stieß einen Schrei aus, welches durch etwas anderes abgedämpft wurde. „Sel!“, rief Thea und starrte das riesige, schwarze Etwas an. Es hatte die Arme um Selenas Taille, Mund und Beine geschlungen. Sie konnte gar nicht sagen, wie viele Arme der Dämon hatte. Selena versuchte sich zu befreien aber ein Schmerz durchzuckte sie. Thea schleuderte Eiskristalle auf den Dämon aber dadurch stöhnte nur Selena vor Schmerz. „Oh nein“, flüsterte Thea und versuchte den Dämon einzufrieren. Aber dieser drückte Selena. Selena schüttelte kaum merklich den Kopf. „Wenn du mich weiter angreifst, fühlt deine Freundin die Schmerzen“, zischte der Dämon. Innerhalb Sekunden verschwand der Dämon mit ihrer Freundin. „NEIN! SEL!“ Thea rannte los aber der Dämon war längst verschwunden. Sie hatte keine Ahnung wohin er sie verschleppt hatte und aus Angst, dass weitere auftauchen würden, rannte sie schnell zurück zum Lager. Schockiert sahen Tiara, Alic und Killian zu, wie Thea aus dem Wald angerannt kam. Ohne Selena. „Wo ist Sel?“, fragte Tiara. „Ich…ein…Dämon…ich…konnte…verschleppt…“, sagte sie abgehackt und fing an zu weinen. „Sel“, murmelte Alic und rappelte sich auf. „Ich muss meine Schwester retten.“ Killian hielt ihn fest. „Wenn du da rein gehst, wirst du sterben“, sagte Tiara. „Und was ist mit Sel?“, schrie er sie an. Er versuchte sich aus Killians Griff zu befreien, daraufhin stöhnte er. „Wie sah der Dämon aus?“, fragte Killian. „Viele…Arme“, brachte Thea heraus. Killian schloss die Augen. „Es tut mir leid, aber sie kann unmöglich überlebt haben. Die Arme dieses Dämons sind giftig.“ Tiara schlug die Hand vor ihr Mund. Tränen stiegen ihr in die Augen. „SELENA!“, schrie Alic und sackte zusammen. Er landete auf den Knien. „Meine Schwester…“ Tiara traute ihren Augen nicht. Alic weinte. Er weinte! Sie umarmte ihn, während seine Schultern bebten. Es fühlte sich an, als würde ein Teil aus seinem Herzen reißen. Wenn seine Eltern doch nur das mit den Dämonen gesagt hätten, dann hätte er nie zugelassen, dass Selena diese Reise unternahm. Was sollte er seinen Eltern sagen? Er hatte seine Schwester nicht beschützen können! Alic spürte, das auch Tiaras Schultern zitterten. Schon süß, sie versuchte ihn zu trösten, aber sie brauchte genauso Trost wie er. Er drückte sie fest an sich. Sein Blick glitt zu Thea. Sie saß auf den Knien und hatte ihr Gesicht hinter ihren Händen verborgen. Alic löste sich langsam von Tiara und drückte sie in Killians Arme. Sie schlang sofort ihre Arme um seinen Hals. Alic hingegen lief zu Thea. Er ging vor ihr in die Hocke und legte die Hände um ihre Handgelenke. Dann zog er ihre Hände von ihrem Gesicht. „Thea…“ „Es tut mir so leid! Ich habe versucht sie zu retten aber dadurch habe ich ihr nur noch mehr wehgetan!“ Tränen rollten ihr die Wangen herunter. Alic schloss sie in seine Arme. „Bitte, sag mir, dass sie nicht tot ist“, flehte sie an seiner Brust aber er konnte nicht sagen.
Selena wurde immer mehr in die Dunkelheit gezogen aber plötzlich verschwanden die Arme von dem Dämon um ihren Körper und sie fiel auf alle Viere. Sie hustete und ihr Hals brannte. Ihr war schwindelig. Sie versuchte sich aufzurappeln aber es ging nicht. Alles drehte sich um sie herum. Dann hörte sie eine vertraute Stimme. „Langsam glaube ich, dass du von mir gerettet werden willst.“ Ein Arm hob sie unter den Beinen und ein anderer hielt sie an ihrem Rücken fest. Sie wurde hochgehoben. Sie sah in die graugrünen Augen. „Damian?“, krächzte sie. „Versuch nicht zu reden. Du hast Glück, dass der Dämon seine Speichel nicht in dein Körper gepumpt hat, wäre ich ein paar Sekunden später gekommen…“ Er unterbrach sich und sah ihr in das blasse Gesicht. Diese Siara hatte Recht gehabt. Wäre er nicht gekommen, wäre sie gestorben! Ihr Kopf sackte an seine Schulter und ihre Augen fielen zu. Sie wurde ohnmächtig. „Besser als der Tod“, murmelte Damian und trug sie Richtung Fluss. Dort mussten sie ihr Lager aufgeschlagen haben. Sie war Federleicht und sehr, sehr blass. Der Dämon hatte viel von ihrer Kraft entzogen. Er sah schon das Lagerfeuer.