Die ganze Zeit, da Iquitos sich seiner Königin widmete, verlor dieser nicht die Aufmerksamkeit dafür, was Tartaios tat.
Schliesslich dann kam der Augenblick, vor dem er sich am meisten gefürchtet hatte: Der erste Wein wurde ausgeschenkt! Baccaius, der sich schon immer durch ein herausragendes Talent, bei den sexuellen Wonnen ausgezeichnet hatte, nahm sich der Königin nun ganz besonders an. Er legte sich richtig ins Zeug und es gelang ihm, Podargia so weit abzulenken, dass Tartaios seinen schändlichen Plan in die Tat umsetzen konnte. Als Baccaius seiner Königin gerade den zweiten Höhepunkt beschert hatte, erhob sich diese. Sie wusch sich in dem Bad, das mit dampfendem, wohlriechendem Wasser gefüllt war, dann verlangte sie nach dem ersten Glas Wein. Tartaios reichte ihr dieses, mit einem unterschwelligen Lächeln, Kälte lag in seinem Blick.
Die Königin wollte gerade trinken, als Iquitos ihre Hand zurückhielt und sprach: „Bitte meine Königin! Trinkt das nicht!“ „Sie schaute ihn fragend an, blickte dann auf das Glas mit der samtig roten Flüssigkeit darin. Äusserlich war nichts zu erkennen. „Bitte, trinkt das nicht!“ sprach Iquitos erneut eindringlich und nahm ihr das Glas aus der Hand. Bei Tartaios und Baccaius machte sich Unbehagen breit, er sah es in ihren Gesichtern. „Dieser Wein… meine Königin. Er… ist vergiftet.“ „Vergiftet?“ fragte Podargia ungläubig. Ihr Blick musterte, die sie umgebenden, Männer. Dann sprang sie blitzschnell auf, machte eine Drehung und packte ihr Doppelschwert, das sie immer in ihrer Nähe aufbewahrte. Sie hielt die eine Spitze Tartaios an die Kehle. „Du hast den Wein eingefüllt!“ sprach sie „dann will ich dich jetzt bitten, einen Schluck davon für mich vorzukosten!“ Die Augen des Mannes weiteten sich, als sie Iquitos das Glas wieder abnahm und es ihm entgegenstreckte. „Nun los, trink!“ befahl sie ihm. „I…ich kann nicht.“ Sie liess das Glas fallen und packte Tartaios mit einem erstaunlich starken Griff am Hals, während sie die eine Klinge des Schwertes noch näher an sein Gesicht hielt. Ihr Blick wanderte zu ihm und dann zu dem Glas, welches auf dem harten Steinboden zerschellt war. Der Wein, der sich darin befunden hatte, schäumte seltsam. Einen Augenblick lang schien sie die Fassung zu verlieren, Iquitos der die Feinheiten ihres Charakters gut kannte sah, dass sie dieses Ereignis sehr erschütterte. Zorn flackerte in ihren Augen auf.
Iquitos beobachtete währenddessen Baccaius, dessen Blick immer wieder zur Tür huschte. Er stellte sich in seine Nähe und bedeutete Vertumnios, dem er noch am ehesten vertraute, sich auf die andere Seite von Baccaius zu stellen, damit sie eine mögliche Flucht, verhindern konnten. Der älteste der fünf, merkte das und sein Blick huschte noch unruhiger hin und her. Die Königin zischte, während ihre Klinge den Hals von Tartaios anritzte: „Wolltest du mich also tatsächlich vergiften?“ Der Angesprochene nickte langsam.
„Wie nur konntest du? Ich habe dir vertraut, wie allen meines Harems. Du bist schon so lange bei mir. Warum willst du mich auf einmal töten?“ „Weil eure Herrschaft- die Herrschaft der Frauen über uns, endlich ein Ende haben muss“, sprach Tartaios mit nun fester Stimme. Einen Augenblick lang, schien Podargia erneut die Fassung zu verlieren, aber dann sprach sie kalt: „Du wirst dafür öffentlich hingerichtet werden, das ist dir wohl klar.“ Tartaios nickte erneut. Er wirkte nun erstaunlich gefasst. Die Königin rief nach den Wachen. Zwei kräftige Frauen mit schwarzroten Gefiedern und Schwertern betraten das Zimmer. „Werft ihn in den Kerker!“ befahl die Königin „Er wollte mich vergiften.“ Entsetzen zeichnete sich auf den Gesichtern der beiden Harpyas ab. Sofort ergriffen sie Tartaios und führten ihn ab.
Die Königin wandte sich nun an Iquitos: „Nun zu dir!“ Ihr Blick war kühl und forschend „woher wusstest du, dass der Wein vergiftet war?“ „Ich habe ein Gespräch von Tartaios und…Baccaius zufällig mit angehört.“ Als er das sagte, wollte selbiger mit einer blitzschnellen Bewegung Richtung Türe fliehen. Doch Iquitos, Vertumnios und auch die Königin, hielten ihn davon ab. Sie drückte nun auch ihm das Schwert an die Kehle, während die beiden Männer ihn festhielten. Euritheas stand daneben. Gemischte Gefühle zeichneten sich auf seinem Gesicht ab. Er war wohl auch hin und her gerissen zwischen der Sympathie für die Rebellen, in deren Auftrag der Mordanschlag vermutlich verübt worden war und dem Entsetzen über diese drastischen Methoden, mit welcher sie die Macht an sich reissen wollten.
„Du also auch…Baccaius…sprach die Königin und diesmal war die Trauer aus ihren Worten klar zu hören. „Du bist schon so lange bei mir, am längsten von allen. Ich war immer sehr zufrieden mit dir, du hast deine Sache stets sehr gut gemacht. Warum nur?“ „Wie Tartaios bereits sagte, muss die Herrschaft der Frauen über die Männer, endlich ein Ende finden! Wir können nicht mehr so weiter machen, “ erwiderte der Älteste des Harems. „Ist es denn erstaunlich, dass sich Widerstand gegen euch regt meine…Königin.“ Iquitos wusste nicht ob er die letzten Worte nur aus Gewohnheit gesprochen hatte, oder ihn doch immer noch etwas mit Podargia verband, auch wenn er es verleugnete. „Aber…du und die andern aus meinem Harem, hattet es doch alle immer gut bei mir?“ „Nun…wie man es nimmt. Wir hatten einfach immer für euch zur Verfügung zu stehen, meine Königin. Wir hatten doch keine Wahl.“ „Aber ich dachte…“ sie vollendete den Satz nicht. „Was dachtet ihr? Das euch von uns Liebe zuteilwird, da ihr selbst doch niemals in der Lage wart, wirkliche Liebe für uns zu empfinden?“ Diese Worte trafen Podargia, mehr als sie zugab.
Iquitos verspürte Mitleid, für seine Königin, aber auch irgendwie für Baccaius, welcher in der Gunst der Königin eigentlich immer hochgestanden war. Er sprach an den Ältesten des Harems gewandt: „Ich weiss, dass du den Mord vollenden solltest, wenn Tartaios scheitert. Aber das ist doch nicht der richtige Weg! Es tut mir sehr leid, aber ich konnte das nicht zulassen. Es muss eine andere Lösung geben.“ „Es gibt keine andere Lösung“, sprach Baccaius nun verbittert. „Es werden andere nach uns kommen und irgendwem wird es einst gelingen, die Herrschaft der Frauen zu beenden!“
Die Königin hatte nun ihre Fassung wieder gänzlich zurückgewonnen und sprach: „Wie du weisst, werde ich auch dich hinrichten müssen. Ich bedaure das sehr, aber diese Tat kann nicht ungesühnt bleiben! Wache!“ Nochmals kamen zwei Harpyas herein und führten auch Baccaius ab.
Die drei restlichen Männer und die Königin blieben zurück, zwischen ihnen beklommenes Schweigen…