„So weit wird es keinesfalls kommen!“ rief Aellias Stimme hinter Solianas „denn ich werde euch zum Zweikampf herausfordern und euch besiegen, dann wird eure Schreckensherrschaft für immer ein Ende nehmen Solianas!“ „Sieh an, sie an, die harpische Hure, welche meinen Sohn dazu angestachelt hat, sich gegen mich zu stellen. Es wird dich vielleicht interessieren, dass auch Trojanas mich bereits zum Zweikampf herausfordern wollte, aber da er geistig umnachtet ist, musste ich ihn leider einsperren.“ Aellia zuckte etwas zusammen, als sie das erfuhr, doch eigentlich hatte sie mit so etwas ähnlichem gerechnet. Trojanas Verbündete hatten ihn sicher befreit. Jedenfalls hatte das mit dem Einnehmen der Türme reibungslos geklappt. Sie hatte Vertrauen in die Leute, die in der Stadt an ihrer Seite fochten, so meinte sie kühl. „Das spielt jetzt auch gar keine Rolle mehr, denn ich werde euch stattdessen herausfordern und hier werdet ihr nicht die Möglichkeit haben, mich einfach in den Kerker zu werfen… oder auf einem eurer Foltertische festzubinden, wie ihr das so mögt.“ Sie wandte sich an die Männer, die mit Solianas gekommen waren. „Es ist also wahr, dass nach eurem Gesetz jeder den König herausfordern kann und sollte er ihn besiegen, seine Macht erhält?“ Die Solianer nickten mit finsteren Mienen. „Nun denn, grosser Solianas, so fordere ich euch also heraus, zu einen fairen Kampf auf Leben und Tod. „Möge der Bessere von uns gewinnen!“
Solianas war der Gedanke gegen dieses Weib zu kämpfen gar nicht angenehm. Er wusste aus Erfahrung, dass Harpyas unvergleichliche Kriegerinnen waren. Sie kannten sich mit allen Waffen aus und ihr Leben bestand zum grossen Teil, aus dem einüben von verschiedenen Kampftechniken. Ausserdem wusste er, dass Aellia grosse, magische Kräfte besass. Er jedoch beherrschte keinerlei Art von Magie. Sie konnte ihn problemlos auslöschen, wenn sie ihre Zauberkräfte anwandte. Was ihn noch zusätzlich beunruhigte war der Hass, den sie wahrscheinlich für ihn empfand, nach den Demütigungen, die er ihr hatte zuteilwerden lassen. Wieder verfluchte er seinen Sohn, dass er dieses Miststück freigelassen hatte. Nun musste Solianas gegen sie antreten. Er war zwar auch ein guter Kämpfer, besonders mit dem Langschwert war er ein unvergleichliches Talent, dennoch fürchtete er sich richtig vor diesem Kampf. Er war schliesslich auch nicht mehr der Jüngste und schon eine lange Zeit nicht mehr so wirklich in eine Schlacht gezogen. Doch er durfte sich das auf keinen Fall anmerken lassen.
So sprach er kühl: „Ein fairer Kampf? Wird das denn überhaupt möglich sein? Ich habe keine magischen Kräfte wie du. Ich bin dir also in dieser Beziehung deutlich unterlegen. In einem Kampf ohne Magie jedoch, hätte ich eine wahrlich faire Chance.“ Aellia lächelte bitter auf „Ach, der grosse Solianas fürchtet sich vor meinen magischen Kräften! Erinnert ihr euch, dass ich euch gerade vor kurzer Zeit, auch noch auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war? Ich hätte damals auch einen fairen Kampf verdient, aber ihr habt mich einfach an Händen und Füssen festgebunden und mir einen magiedämmenden Halsreif angezogen, um mich dann… zu schänden.“ Ein Raunen ging durch die umstehenden Reihen der lunarischen, wie der solianischen Soldaten. Der König wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Er schaute etwas nervös in die Runde, auch von seitens seiner Männer schlug ihm nicht nur Sympathie entgegen, das beunruhigte ihn noch mehr. Aellia lächelte spöttisch „sieh an, sie an, da bleiben dir die Worte im Hals stecken Solianas, aber da ich nicht bin wie du, werde ich meine Magie in diesem Zweikampf nicht anwenden. Wir werden ganz normal kämpfen du…mit deinem Schwert ich…mit meine beiden Dolchen!“ Sie zog die scharfen Klingen aus ihrem Gürtel und starrte den König kalt an.
Dieser hatte sich nun wieder etwas gefasst und starrte zurück. Die Umstehenden wichen etwas zurück, dass die Kämpfenden genug Platz hatten.
Die beiden Gegner begannen sich nun lauernd zu umkreisen. Aellia kannte sich auch mit Langschwertern etwas aus und wusste, dass es nicht leicht sein würde an Solianas heranzukommen. Sie musste ihn irgendwie austricksen, um richtig zuschlagen zu können.
Beide warteten eine Weile ab, keiner wollte den ersten Angriff starten. Sie starrte sich nur weiter an. Schliesslich dann, verlor Solianas die Geduld und griff Aellia mit einem ersten, heftigen Hieb an. Sie wehrte ihn mit den beiden überkreuzten Dolchen ab, wich zur Seite aus und versuchte ihn seitlich in den Bauch zu treffen. Doch Solianas war für sein Alter noch erstaunlich wendig. Er drehte sich leicht ab, packte sein Schwert vorne an der Klinge und an der Parierstange unterhalb des Griffes und versuchte ihr mit einer Drehbewegung, den einen Dolch zu entreissen. Sie jedoch schlug mit ihrem andern Dolch zu und verletzte ihn an der rechten Körperseite. Er entwand ihr jedoch den einen Dolch und schlug ihr gleichzeitig mit dem Schwertknauf gegen die Kehle. Sie taumelte zurück, fing sich jedoch sogleich wieder auf. Als er sein Schwert auf sie niedersausen liess, wehrte sie ihn mit aller Kraft mit dem noch übriggebliebenen Dolch ab. Es war eine gewaltige Kraft die da auf sie niedersauste, aber sie konnte sich wieder erheben und Bodenhaftung bekommen. Solianas, durch seinen Erfolg angestachelt, drang nun immer heftiger auf sie ein. Sie versuchte ihm so gut es ging auszuweichen und schaffte es ihn in den Bauch zu treten. Ihre Krallen hinterliessen Kratzspuren auf seiner blankpolierten Rüstung. Solianas taumelte nun seinerseits zurück und trudelten einen Moment lang unkontrolliert durch die Luft. Aellia nutzte diesen Moment, schnellte blitzschnell vor und packte ihren anderen Dolch wieder, der zu Boden gefallen war.
Doch Solianas hatte sich schnell wieder gefangen und stürmte erneut auf sie los. Seine Schläge schienen immer heftiger und schneller aufeinanderfolgend zu kommen. Er schien zornig zu werden. Sie wehrte ihn immer wieder mit ihren beiden Dolchen ab, achtete jedoch darauf, dass er ihr ihre Waffen nicht mehr entwinden konnte. Er versuchte sie auf Distanz zu halten, das war sein grosser Bonus, den er durch seine lange Waffe ihr gegenüber hatte. Sie musste näher an ihn heran. „Du kämpfst gut, für einen der einst ein Sklave unseres Volkes war“, sprach sie sarkastisch. „Wie nur konnte ein Masculina das so gut lernen? Ich dachte immer ihr seid dazu gar nicht fähig.“ Sie sagte das mit einem bestimmten Ziel. Sie wollte ihn noch wütender und damit unkontrollierter werden lassen. Tatsächlich verfehlten ihre Worte nicht ihre Wirkung. Solianas heulte vor Wut auf und begann noch heftiger zu schlagen. Doch er achtete dabei nicht mehr auf andere Dinge. Schliesslich war sie so nahe an ihn herangekommen, dass die Klinge seines langen Schwertes sie nicht mehr gut erreichen konnte, das war der Nachteil solch einer Waffe. Nun begann sie immer mehr auf ihn einzudringen, sie liess ihn kaum noch zur Ruhe kommen und er konnte sie nur noch abwehren, indem er sein Schwert quer an der Klinge und der Parierstange hielt und sie so daran hinderte ihre Dolche in seine verwundbaren Seiten zu rammen. Er versuchte sie auch nochmals mit dem Knauf am Kopf zu treffen, doch sie wich ihm geschickt aus, auch das Entwinden der Dolche, gelang ihm kein zweites Mal. Schliesslich schaffte er es, sie wieder von sich zu stossen und dann ging es von neuem los. Sie wichen sich geschickt aus, erhoben sich manchmal miteinander in die Lüfte und fochten dort weiter. Aellia war sehr wendig und noch jung, was ihr sehr zugute kam. Schliesslich wollte sie sich ihm wieder etwas mehr nähern, um ihn besser angreifen zu können. Sie machte eine etwas unbedachte Bewegung nach vorn und er schaffte es beinahe, seine Klinge auf ihren Nacken niedersausen zu lassen. Im allerletzten Moment wich sie dem tödlichen Schlag aus, indem sie eine Art Schraube in der Luft drehte. Solianas stach nochmals nach ihr. In diesem Moment, durchfuhr ein schrecklicher Schmerz ihren linken Flügel und sie stürzte wie ein Stein hinunter auf den Boden. Einen Moment lang, blieb sie etwas benommen liegen, dann versuchte sie sich wieder in die Lüfte zu erheben, doch es gelang ihr nicht! Ihr Flügel war durch das Schwert von Solianas zu schwer verletzt. Etwas Blut rann herab. Sie konnten nicht fassen, dass sie so ein Pech hatte. Solianas indes freute sich ausserordentlich darüber. Er flog von oben herab und machte sich einen Spass daraus, sie mit seiner Schwertspitze anzustossen und dann sogleich wieder höher zu fliegen. „Sieh an sie an“, sprach er erneut „die grosse Harpya ist flügellahm geworden!“Aellia kochte vor Wut und versuchte sich immer wieder in die Luft zu erheben, aber die Flügel trugen sie nicht. Angst machte sich in ihr breit, Angst nie mehr fliegen zu können.