„Wir müssen unseren König auf würdevolle Weise in die Stadt bringen“, sprach der oberste Priester der Solinaner. Gibt es hier eine Bahre?“ Varthemos meinte: „Ja, wir haben eine.“ Er gab einen Befehl und die Bahre wurde hergebracht. Die Solianer, betteten ihren König respektvoll darauf. Sie legten ihm sein Schwert auf die Brust und der Priester deckte ihn mit seinem goldenen Mantel etwas zu, dann hoben vier Männer die Bahre hoch. Aellia hatte kaum noch Geduld. Gerade war auch noch eine schwer verwundete Solianerin mit honigbraunen Haaren angekommen, ihr Name war Mellila. Nannios hatte ihr erste Hilfe geleistet und sein Pegasoss brachte sie nun her. Er hatte Verstärkung angefordert. Sie mussten endlich aufbrechen. Doch ohne den Leichnam von Solianas war Aellias Auftritt als neue Königin nicht halb so effektiv. So wartete sie einfach, bis alle bereit waren.
Dann flogen die Pegasosse und Löwen los. Nannios Mutter Artemia, war diesmal auch dabei und noch einige andere lunarische Priesterinnen, auch einige Krieger und Bogenschützen, begleiteten sie.
Aellia schaute hinab auf den tief unter ihr liegenden Boden. Das erste Mal fühlte sie sich sichtlich unwohl, auf dem Rücken des fliegenden Löwen. Jetzt da ihre Flügel beschädigt war und sie nicht fliegen konnte, war sie viel mehr Gefahren ausgesetzt. Doch Artemia hielt ständig ein wachsames Auge auf sie. Sie hatte auch ein beachtliches, magisches Talent und hätte Aellia durch einen Zauber vor einem tödlichen Absturz schützen können. Aellia hoffte, das dies nicht nötig sein würde. Sie versuchte einfach nicht nach unten zu schauen und fixierte stattdessen, das grosse südliche Stadttor. Es bestand aus Metall, welches reich verziert war mit goldenen Beschlägen. Zwei mächtige Pfeiler, aus hellem Gestein und den üblichen Ziegeln, flankierten es. Die Torflügel standen offen und… in diesem Augenblick, kam ihnen ein Heer von roten Löwenreitern entgegen! Sie flogen sehr schnell. Die Rüstungen der Reiter und jene der Tiere, glänzten und funkelten in rotem und goldenem Schein. Ihre Haltung gefiel Aellia nicht. Sie trugen Pfeilbogen und vorwiegend Schwerter. Artemia reagierte instinktiv. Sie errichtete einen Schutzschild, der sich wie eine weissliche, durchschimmernde Wand vor ihnen errichtete. Aellia wollte dasselbe tun, aber es war einfach zu riskant für sie, weil sie gerade nicht so beweglich war. So überliess sie das lieber der Hohepriesterin. Tatsächlich zischten gleich mehrere Pfeile durch die Luft, welche sie vermutlich durchbohrt hätten, wäre nicht dieser Schutzschild gewesen. Aellia nickte Artemia anerkennend zu. Die Mondkriegerinnen und die anderen, machten sich zum Kampf bereit. Doch da ritt der oberste Priester der Solianer, Veneficias nach vorn und hob die Hand. Die Männer auf den gegnerischen Löwen, erkannten ihn sofort. „Haltet ein!“ rief Veneficias „Unser König ist tot. Er wurde in einem Zweikampf besiegt!“ Die Männer trugen nun die Bare nach vorne.
Die Angreifer liessen ihre Waffen sinken. Sie starrten auf den toten Solianas, verschiedenste Gefühle spiegelten sich in ihren Gesichtern. Einige trauerten mehr, andere weniger. „Sie…ist unsere neue Königin!“ rief Veneficias nun und deutete auf Aellia. „Sie war es, die Solianas besiegte.“ Nun reagierten alle ziemlich erschrocken. Eine Frau, in der obersten Machtposition, das konnten sie nur sehr schwer akzeptieren! Der Anführer der Löwenreiter, ein kräftiger Mann in den mittleren Jahren mit einem roten Gefieder kam näher, der Schutzschild war nun verschwunden und er musterte die Harpya eingehend. „Sie trägt tatsächlich das Medaillon, bei Heliosus! Ihr alle bestätigt, dass sie den Zweikampf gewonnen hat?“ „Ja. Wir bestätigen es, sie hat ganz fair gewonnen, “ erwiderten die Männer, welche dem Duell beigewohnt hatten. Aellia neigte huldvoll ihr Haupt und die Neuankömmlinge erwiderte, wenn auch nur sehr ungern ihr Nicken. „In der Stadt ist gerade eine ziemliche Schlacht im Gange, darum sind wir alle etwas unter Anspannung“, sprach der Anführer. „Ich werde diese Schlacht nun beenden“, sprach Aellia. „Die Rebellen werden ihre Waffen niederlegen, wenn sie erfahren das Solianas tot und ich die neue Herrscherin bin.“ Der Anführer nickte mit etwas säuerlicher Miene und meinte, mit der Andeutung einer Verbeugung: „Meine Königin.“
Sie lächelte ihm wohlwollend zu und meinte dann: „Dann sollten wir uns also schnellstmöglich wieder auf den Weg machen!“
Nannios und die anderen kämpften sehr hart, immer mehr der Rebellen fielen und die Kräfte verliessen die noch Lebenden, immer mehr. Aellias Geliebter blutete bereits aus vielen Wunden, aber er kämpfte tapfer weiter. Er versuchte möglichst die Magier und Priester mit seinen Zaubern auszuschalten, doch die stark offensive, zerstörerische Magie, die er dabei wirken musste, zerrte an ihm. Immer wieder hielt er nach seinen Leuten Ausschau, einige hatte er heilen können, andere jedoch waren leider gestorben, weil er zu spät bei ihnen war. Ihm war klar, dass es hier mehr Heiler gebraucht hätte.
Auf einmal wurde Nannios von einem rotweissen Blitz getroffen, dieser schleuderte ihn zu Boden. Er röchelte und errichtete sofort einen Schutzzauber um sich. Seine Hand fasste an seine Brust. Sie war voller Blut. Diesmal hatte es ihn schlimm erwischt. Einer der Magier hatte ihn angegriffen. Er hielt nach ihm Ausschau, doch er war nirgends zu sehen. Er musste sich irgendwo versteckt halten. Nannios hätte sich heilen sollen, doch auf einmal verspürte er eine lähmende Müdigkeit. Er sah sich auf einmal nicht mehr in der Lage, nur einen weiteren Zauber zu wirken. Doch er musste doch, er musste einfach… Eine unglaubliche Schwere erfasste ihn. Alles um ihn verschwamm. Es war, als tue sich vor ihm eine samtene Dunkelheit auf, eine Dunkelheit, welche ihm auf einmal so verlockend vorkam. Er wollte sich ihr so gerne ergeben, doch er wusste, dass er das nicht durfte. Er dachte an Aellia, die Zukunft, die er mit ihr noch vor sich haben konnte, wenn sie…beide überlebten. Der Gedanke an sie hielt ihn am Leben. Er durfte nicht aufgeben. Er musste weiterkämpfen. Er musste! Noch einmal nahm er seine letzten Kräfte zusammen. Er wusste, dass der nächste von ihm gewirkte Zauber ihn evtl. umbringen würde, doch er hatte keine andere Möglichkeit. Er dachte über eine magische Formel nach, welche ihn am wenigsten Kraft kosten würde, jedoch trotzdem effizient war. Gerade wollte er sie sprechen, als… auf einmal mehrere Hörner erklangen. Ihr Ton war durchdringend und alle hielten im Kämpfen inne. Vom Tor her, bewegte sich ein seltsamer Trupp auf sie zu. Es waren einige Lunarier und Solianer und vier von letzteren, trugen eine Bahre bei sich. Nannios rieb seine Augen, um den verschwommenen Nebel, der sich bereits über ihm ausgebreitet hatte wegzuwischen und dann sah er die Anführerin des Zuges! Es war eine stattliche, wunderschöne Frau mit tiefschwarzem, etwas mit Rot durchzogenem Gefieder. Er konnte seine Freude kaum fassen. Es war Aellia! Er wollte sich erheben, doch stattdessen, sank er voller Erleichterung zurück und ergab sich einem sanften Schlaf. Alles würde nun gut werden. Er…konnte sich jetzt etwas ausruhen...