Der Sommer neigt sich dem Ende zu und die trüben Tage legen sich über das Tal, über die Felder auf denen die reifen, trockenen Maisstauden rascheln, über die Gärten, in denen die letzten Herbstblumen die Köpfchen gegen den Himmel strecken und die beiden riesigen Sonnenblumen werden vom Wind geschüttelt, dass sich die Kerne nicht mehr halten können und in die Erde fallen, die Spatzen stürzen sich drauf und die Mäuse müssen sehen, dass sie auch ein paar Kerne erhaschen können, denn der Wintervorrat muss beizeiten angelegt werden.
Die Bauersleute haben alle Hände voll zu tun, für die kalte Jahreszeit muss genug Holz im Schuppen liegen, die Kartoffel und das Gemüse muss im Keller eingelagert werden, das letzte Gras muss für die Tiere gemäht werden und kommt in den Silo, die Bauersleute sind jeden Tag bis spät abends auf den Beinen. Jeden Tag, wenn die beiden Kinder aus der Schule nach Hause kommen und ihre Hausaufgaben erledigt haben, laufen sie über die abgemähten Felder und lassen die Drachen im Wind steigen, doch heute will der Wind nicht so recht mitspielen. Die Kinder laufen, doch der Drache segelt nicht in die Höhe, sondern er bleibt am Boden, er strauchelt über das Stoppelfeld. Der Junge keucht und ist schon ganz rot im Gesicht, er bleibt stehen und meint „wenn die Drachen heute nicht steigen wollen, laufen wir zum alten Förster, der erzählt immer so tolle Geschichten“. Das Mädchen sagt, „Auja, das machen wir“ und so nehmen sie die Drachen unter den Arm und stapfen ins alte Forsthaus. Der alte Förster sitzt in der Stube, mit einer Tasse Tee und seiner Pfeife im Mundwinkel und seine Augen leuchten, als er die Kinder erblickt. Das Mädchen ruft schon von weitem „hast du wieder eine schöne Geschichte für uns?“ und beide Kinder laufen zum Ofen, setzen sich auf die warme Bank, der Förster rückt seinen Sessel auch näher heran und er beginnt zu erzählen:
Es war einmal ein kleiner Zirkus, der immer im Herbst, wenn die Blätter von den Bäumen fielen, in der kleinen nahen Stadt sein Zelt aufstellte und die Menschen freuten sich jedes Jahr schon drauf. Doch in diesem Jahr warteten die Menschen umsonst, denn der Zirkus kam und kam nicht. Das Mädchen schaute mit weit aufgerissenen Augen auf den alten Förster und flüsterte „ist der ganze Zirkus auf dem Weg in die Stadt verschwunden?“ und der Förster musste laut lachen über diese Bemerkung, „nein, nein, doch auf der Fahrt durch den großen Wald, schau beim Fenster hinaus, dort hinten, ist bei einem Wagen das Rad gebrochen, der Zirkuswagen ist zur Seite gefallen und der Clown wurde am Bein verletzt“. Beide Kinder blickten aus dem Fenster und der Junge meinte „im Elfenwald dort hinten?“ Der alte Förster nickte und erzählte weiter. Der Clown lag unter dem Zirkuswagen und sein Fuß war eingeklemmt, er hatte Schmerzen und jammerte laut. Am nahen Feld arbeiteten noch die Bauersleute, sie waren mit der Maisernte beschäftigt, als sie die Schreie hörten und liefen hin. Der Bauer holte seine Ochsen und sie befreiten den Clown, er wurde ins Bauernhaus gefahren und der Tierarzt, der gerade auf dem Weg zu einer kranken Kuh war, hatte dem Clown das Bein geschient und die kleinen offenen Wunden verbunden. Die Kinder hatten nun auch schmerzverzerrte Gesichter, „der Clown hat sicher geweint“ stellte das Mädchen fest und der Junge meinte „Jungs dürfen nicht weinen, die sind tapfer“ und der alte Förster lächelte und erzählte weiter. Der Clown durfte nun etliche Wochen nicht auf das Bein steigen, er saß auf der Ofenbank in der Stube der Bauersleute und die Tochter, sie war erst siebzehn Jahre alt, kümmerte sich um ihn. Der kaputte Zirkuswagen wurde auf den Hof geholt und der Bauer reparierte das Rad und alle anderen Zirkusleute kamen mit, die Artisten und alle Tiere standen nun neben dem Bauernhaus in der großen Wiese. Dort ging das bunte Treiben weiter, es wurde am Seil trainiert, das zwischen Bäumen gespannt wurde, die Tiere übten ihre Kunststücke, nur der Clown musste zusehen und war sehr traurig. Die Tochter des Hauses hat alles getan, um dem Clown ein Lächeln abzugewinnen und manchmal leuchteten seine Augen kurz, das konnte sie sehen. Die Zeit verging und der Tierarzt, der immer vorbeischaute wenn er in der Nähe vorbeifuhr, nahm ihm endlich nach vielen Wochen den Verband ab und der Clown durfte sich auf den Fuß stellen, doch er sackte zusammen, irgendetwas stimmte mit dem Bein nicht, der Tierarzt war ratlos, bei den Pferden und bei den Kühen funktionierte doch seine Methode, wieso nicht bei einem Menschen? Der Clown war verzweifelt, wie konnte er mit einem kaputten Bein den Menschen ein Lachen ins Gesicht zaubern? Er vergrub sein Gesicht in den Händen, „weinte er?“ fragte leise das Mädchen und der alte Förster zuckte mit den Schultern. „Wurde der Clown wieder ganz gesund?“ auch der Junge fragte dies ganz leise „und was wurde aus dem Zirkus?“ Nach einer kleinen Pause erzählt der alte Förster weiter, nachdem das Bein des Clowns nicht gesund wurde, sind die Zirkuswagen weitergezogen. „Das ist aber eine traurige Geschichte“ wie aus einem Mund kam diese Feststellung der Kinder, doch der Förster setzte seine Geschichte fort. Zuerst konnte niemand den Clown trösten, doch die Tochter der Bauersleute kümmerte sich um ihn, sie ging zu einer alten Kräuterfee, die im Elfenwald wohnte, holte Salben und Tinkturen, ja sogar einen Zaubertrunk hat diese dem Mädchen für den traurigen Clown mitgegeben - wie sie meinte - zur Stärkung der Seele. Es vergingen wieder viele Monate und wieder ging der Herbst ins Land, da konnte der Clown seine ersten Schritte machen. Die Bauerstochter war so glücklich über dieses Ereignis, dass sie dem Clown um den Hals flog und ihn auf die Wange küsste. Der alte Förster machte eine lange Pause und die beiden Kinder schauten ihn erwartungsvoll an, „und wie ging es weiter“, wollte das Mädchen wissen. Der Förster richtete sich auf, so als stünde er im Scheinwerferlicht und sagt kaum hörbar, der Clown konnte nie mehr in den Zirkus zurückkehren, doch er hatte in der Bauerstochter die Liebe seines Lebens gefunden, dann stand er auf und humpelte durch die Stube, das Feuer in seiner Pfeife war ihm ausgegangen.