Frühstück mit einer Katze war manchmal eine Sache für sich. Man stelle sich vor: Mensch beißt in Bötchen, während Katze einem die Käsescheibe vom Tellerrand schnappt und damit abhauen will. Mensch versucht Käsescheibe zu retten und erwischt Katze am Schwanz. Katze wird sauer und kratzt Mensch. Und das regelmäßig. Letztens hat mich Lotte doch tatsächlich richtig angegriffen bei einer dieser Aktionen. Einmal Katze im Arm, bitte. Heute war sie allerdings recht friedlich. Sie schielte auf die Mortadella und ich gab ihr etwas ab. Lotte war meine beste und einzige Freundin. Ich liebte die kleine Fellnase unfassbar und erzählte ihr alles. So auch über den süßen Typen beim Bäcker. „Genau mein, Typ, das sag ich dir, Lotte.“ Wie zur Bestätigung maunzte sie. „Ja, genau“, sagte ich und biss von meinem Brötchen ab. „Ich hätte ihn wirklich ansprechen sollen. Aber dann hab ich den Ehering gesehen. Tja, Finger weg, sag ich mal.“ Als ob mir Lotte widersprechen wollte, legte sie den Kopf schief und maunzte erneut. „Na, jetzt ist es eh zu spät. Chance vertan.“ Ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte halt einfach kein Glück mit Männern. Und in diesem Falle bediente mein Problem jedes Klischee. Entweder er war nicht schwul, vergeben, hässlich, oder nur an einem interessiert. Nicht dass ich etwas gegen eine schnelle Nummer hatte, nur konnte ich ja nicht mein Leben lang nur solche Typen abbekommen. Und was war bitte so schlecht an mir? Ich meine, ich sah doch wohl recht passabel aus und hatte einen angesehenen Beruf. Immerhin war ich Allgemeinmediziner und hatte eine eigene Praxis. Ich hatte nicht viel Freizeit, gut, aber ich kümmerte mich um mein Aussehen und hatte Hobbys. Ja, gut, ein Hobby, weil keine Zeit für mehr blieb, aber immerhin. Ein Hobby war ein Hobby. Und sein wir doch mal ehrlich, die meisten Männer heutzutage die mitten im Berufsleben standen, hatten kein Hobby, weil sie sich die Zeit einfach nicht nahmen. Ich hingegen wusste, dass man einen Ausgleich zum Arbeitsleben brauchte und den nahm ich mir eben. Sonntag war für mich mein freier Tag und den nutzte ich meistens auch sehr gut. Entweder machte ich Sport oder ich zeichnete etwas. Es war nur ein kleines Hobby, aber es machte mir Spaß und ich konnte dabei gut entspannen. Doch heute wollte ich mit Freunden etwas unternehmen und danach noch ins Kino gehen. Das hatte ich schon sehr lange nicht mehr getan und es lief ein Film der mich interessierte. Also fütterte ich nach dem Essen noch meine Katze und sprang danach unter die Dusche.
„Wie wäre es mit einem Ausflug in den Zoo, Liebling?“, fragte mich meine Frau, als ich gerade den Tisch abräumte.
„Gern, das schöne Wetter müssen wir doch ausnutzen“, antwortete ich, ehrlich erfreut. „Wir könnten danach zu Mittag essen gehen und danach vielleicht ins Kino. Was hältst du davon?“
„Klingt gut. Ich glaube es läuft auch gerade ein Film, der dir gefallen könnte.“
Ich grinste.
„Wenn er mir gefällt, dann gefällt er dir bestimmt nicht“, sagte ich dann.
Sie lachte und gab mir einen seichten Kuss auf die Lippen. „Ist doch egal“, erwiderte sie lächelnd.
„Hauptsache wir sehen ihn gemeinsam.“
Die Frühlingssonne kitzelte mir in der Nase und es war deutlich wärmer als erwartet. Der Zoo war voll mit Menschen. Größtenteils Familien mit kleinen Kindern, aber auch viele ältere Menschen. Das Lachen der Kinder war schön zu hören. Ich hatte nie Kinder gewollt, obwohl ich sie gerne mochte. Dass meine Liebste keine wollte passte mir gut. Auf die meiner Schwester passten wir beide allerdings gerne auf. Mir war es nie in den Sinn gekommen, aber jetzt wo ich so darüber nachdachte, da kam mir der Gedanke, dass es vielleicht an Marie lag. Vielleicht wollte ich nur nie Kinder mit ihr? Es war hart und wirklich erschreckend das zu denken, doch was, wenn es so war? Was wenn die ganze Zeit über die Möglichkeit Kinder zu haben verwehrt war, ihretwegen? Ich wollte wirklich nicht so darüber denken, weshalb ich die Gedanken schnell verwarf und mich den süßen Bärenjungen widmete, die die volle Aufmerksamkeit meine Frau auf sich gezogen hatten. Für Tierbabys hatte sie schon immer eine Schwäche gehabt. Ich musste allerdings zugeben, dass ich diese mit ihr teilte. Wer konnte diesen knuffigen kleinen oder auch großen Fellknäuel auch widerstehen? Niemand, oder? Ich reichte meiner Frau ihr Eis, welches ich gerade gekauft hatte und schleckte an meinem Eigenen, während ich den Blick schleifen ließ. Moment, der Mann dort drüben, an der anderen Seite des Eisbärengeheges, den kannte ich doch! War das nicht der Typ von heute Morgen? Der, der mich so auffällig gemustert hatte? Ich besah ihn mir genauer. Perfekt sitzendes, blondes Haar, guter Körperbau, selbstbewusstes Auftreten. Ja, da gab es keine Zweifel, selbst aus der Entfernung. Diesen Traummann erkannte ich sofort wieder. Moment mal! Traummann?! Was zum Teufel dachte ich denn da?! Ich stand doch überhaupt nicht auf Männer. Und wenn ich es tun würde, dann wäre er ganz sicher nicht mein Typ. Viel zu perfekt. Zu gutaussehend, zu selbstbewusst, zu sexy, zu...
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