Dunkelheit überzog die Stadt. Eine Dunkelheit, welche nicht durch das Leuchten der Sterne oder das Glühen des Mondes erheitert wurde. Schwarze, dicke Wolkenfladen verdeckten jegliche Sicht auf das Firmament.
Maik war nach dem unsäglichen Treffen mit Aurora nicht nach Hause gegangen. Er saß allein auf dem Rande einer Brücke, welche über ein Schienennetz führte. Seine Beine baumelten über den Abgrund und sein Blick richtete sich fest auf die Gleise. Maiks Gemüt war befallen von Verzweiflung. Er wusste nicht, ob er Aurora noch anblicken, geschweige denn mit ihr reden könne.
War es das nun? War dies das Glück, was ihm der Fürst versprach nun vorbei? Die Wut wuchs in Maiks Inneren heran.
„Dieser verfluchte Fürst!“, dachte er, wobei es ihm nicht bewusst war und ihn auch nicht interessierte, ob er dies auch ausrief. „Erst versprach er mir das Gute und machte mir Hoffnung und jetzt ist alles aus und vorbei!“.
Maik geriet außer sich und stand nun auf. Obgleich der Boden auf dem er stand nur ein Brückengeländer darstellte, stand er relativ fest.
„Wo ist nur dieser Zug, wenn man ihn mal braucht?“, kam Maik desweiteren in den Sinn. „Alles was mir gezeigt wurde, war für umsonst!“.
Maik erschrak. Er schien dies tatsächlich ausgerufen zu haben. In der Luft hallte das letzte Wort seiner Aussage nach und wurde somit in die Ferne getragen.
Nach deren Abklingen herrschte für einige Zeit Stille. Aus der Ferne und somit aus derselben Richtung, in der seine Worte verschwanden, ertönte das Wispern von Stimmen.
Maik schaute in alle Richtungen. Nirgendwo konnte er den Ursprung erkennen.
Das Flüstern wurde lauter und entwickelte sich zu einem unangenehmen Stimmengewirr. Maik hielt sich die Ohren zu. Der Lärm wurde immer lauter, und immer deutlicher konnte Maik seine eigenen Worte darin wiedererkennen.
Mit einem Male wurde Vokalteppich durch ein tiefes Pfeifen durAtienosen. Maik nahm die Hände von seinen Ohren und horchte auf.
In der Distanz aus der Dunkelheit heraus erschien ein Licht, welches in die Richtung Maiks raste. Es fuhr auf den Gleisen und Maik erkannte, dass es sich um des Fürstens Zug handelte, welchen er soeben heraufbeschworen hatte.
Die Lok hielt direkt unter der Brücke. Durch die Mächtigkeit dieses Gefährts vibrierte der Grund und Maik kam, auf dem Brückengeländer stehend, ins schwanken.
Er fiel.
Maik landete direkt auf den Bahnsteig neben den Schienen. Auch wenn dieser aus Beton bestand, verletzte er sich nicht. Dennoch herrschte in Maik ein unwohles Gefühl, als ob sein Körper mit dem Fehlen der Schmerzen überfordert wäre.
Er schaute sich den Waggon an, der vor ihm stand. Es handelte sich um den dritten in der Reihe, wobei sein Vorgänger ebenfalls durch ein bronzenes Vorhängeschloss versperrt war. Seine Fassade schien aus einer kalten, braunen Steinfassade zu bestehen.
Die Tür dieses Waggons stand, auf eine einladende Art und Weise offen. Maik richtete sich auf. Er hoffte, dass ihn diese Reise helfen würde, mit Aurora alles in Ordnung zu bringen, weswegen er nicht widerwillig den Wagen betrat.
Das innere schien ebenfalls mittelalterlich. Die Decke bestand aus einem Rippengewölbe, wobei die Rahmen der Fenster in Spitzbögen an dieses andockten. Diese Fenster wurden durch leichte Wölbungen in der Wand getrennt, an denen Fackelhalter und darin entzündete Fackeln hingen. Maik setzte sich in die erste Sitzreihe. Er rutschte auf der Sitzbank etwas hin und her, doch diese wollte nicht bequemer werden.
Das gewohnte Rucken des Zugs durchfuhr seinen Rumpf und er setzte sich in Bewegung. Maik versuchte immer noch eine bequeme Sitzposition zu finden und veränderte somit seine Posen. Er stand sogar nochmal auf und strich den Sitz glatt. Doch es half nichts, er wurde nicht angenehmer.
„Wirst du wohl endlich still sitzen!“, hörte Maik eine hochtrabende Stimme. „Dein Herumgezappel macht mich ganz nervös“.
Maik blickte in die Richtung dieser Stimme. In der hintersten Sitzreihe saß ein älterer Herr, was wohl an seinen mausgrauen Haar und seinen ebenso gefärbten, gut gestutzten Schnurrbart erkennbar war. Seine Kleidung war sonderlich altmodisch. Er trug einen braunen Frack, unter dem sich eine Weste in Beige befand, welche komplett zugeknöpft wurde und in der eine goldene Kette hing. Seine Hose und seine Schuhe waren komplett in schwarz gehalten, wobei seine Schuhe im Lichte der Fackeln glänzten. Auf seinem Kopf lag ein schmaler Zylinder, im selben Tone, wie sein Frack und in seinem Gesicht hing ein Monokel über seinen smaragdgrünen Augen.
Dieser alte Mann stand nun auf und bewegte sich auf Maik zu. Als er bei in seiner Sitzreihe angekommen war, begann Maik sofort mit ihm zu reden: „Bist du die Person, die mich nun begleiten soll?“.
„So scheint es doch“, sagte dieser. „Ich dachte die Prozedur sei dir bekannt“.
Maik wusste nicht, wie er diese Aussage werten solle, aber er ignorierte sie und fragte sogleich weiter: „Welchen Titel hat man dir gegeben?“, Maik überlegte kurz. „Du hast doch, sicherlich einen“.
„Natürlich!“, entsprang es dem Alten. „Seine Exzellenz der Fürst gab mir, seinen wohl untertänigsten Diener, den überaus anspruchsvollen Titel des Grafen“.
„Also wirst du mir bei meinem Problem helfen?“, Maik seufzte. „Ich glaube nämlich, ich habe einen schrecklichen Fehler begangen“.
Der Graf verdrehte die Augen: „Maik, falls du es noch nicht verstanden hast...“, er setzte sich schlussendlich. „...ich bin hier, weil du eine Reihe von schrecklichen Fehler begangen hast“.
Maiks Blick verfinsterte sich, er empfand diese Aussage als persönlichen Angriff.
„Wie meinst du das?“, fragte er. „Mir fallen keine weiteren ein“.
„Natürlich fallen dir keine weiteren ein“, der Graf rieb sich den Nasenrücken. „Deswegen sind wir auch hier! Aber, nun erzähl mir, welchen Fehler, du meinst begangen zu habe“.
„Naja, ich habe Aurora gesagt, was ich für sie empfinde...“, der Graf unterbrach Maik an diesem Punkte: „Oh, dies ist definitiv nicht der Fehler gewesen“, er schüttelte demonstrativ den Kopf. „Dies ist gar eine herausragende Entscheidung gewesen“.
Maik schüttelte den Kopf.
„Das kann nicht sein“, sagte er. „Aurora hat mich abgewehrt und...“.
Maik spürte einen Schlag. Der Graf führte ihn aus mit einem weißen Fingerhandschuh, den er soeben aus einer Tasche seines Frackes holte.
„Diese Aussage ist schon einmal gänzlich falsch“, erklärte er. „Überlege genau, was sie gesagt hat“.
Maik versuchte zu reflektieren: „Sie sagte, dass ihr Herz sich noch nicht entschieden hat“, er dachte schärfer nach. „Aber, das ist doch nur eine schöne Umschreibung für eine Ablehnung, oder?“.
Ein weiterer Schlag des Grafen folgte.
„Ach, ist es das?“, fragte er rhetorisch. „Ich glaube, diese Annahme ist ein weiterer Fehler“.
Maik rieb sich die Wange.
„Wenn du recht hast...“, Maik errötete plötzlich. „...dann war meine Reaktion völlig fehlplatziert“.
„Exakt!“, sagte der Graf, wobei er langsam mit den Händen klatschte. „Aber dies ist weder die rechte Zeit, noch der rechte Ort, um weiter darüber zu diskutieren“.
Der Graf kramte in einer Tasche seiner Weste und offenbarte die goldene Kette als Taschenuhr, auf die er nun blickte.
„Wir sind nun angekommen“, fuhr er fort, wobei der Zug im selben Moment stehen blieb. „Komm mit, Maik! Es wird Zeit“.
Sie beide stiegen aus. Als sie dies taten, schloss sich sogleich die Tür des Waggons und der Zug rollte weiter.
Maik und der Graf standen nun in einer Wüste. Sie bestand aus weißem Sand und flimmerte vor Trockenheit.
Es schien, als sei dieses Land leer, jedoch konnte Maik relativ fix ein Bauwerk erkennen, welches eine ganze Strecke von ihnen entfernt stand.
Es handelte sich um ein stabil wirkendes Quadrat, von erheblichen Ausmaßen.
„Was ist das?“, fragte Maik den Grafen.
„Dein Anhaltspunkt“, sagte dieser. „Um was genau es sich handelt, gilt es nun herauszufinden“.
Der Graf fing an in Richtung dieses Gebäudes zu gehen. Maik folgte ihm.
Sie liefen eine Weile. Dieser Marsch war für Maik schlicht unerträglich, es herrschte eine erdrückende Hitze und das Laufen im Sand war anstrengend. Erstaunlicherweise schien diese Hitze keiner Sonne zu entstammen, da solch eine am wolkenfreien Himmel fehlte. Es war nur ein kleines, sternenartiges Leuchten zu erkennen.
Maik konnte sich nicht vorstellen, dass der Graf in seinem dicken Frack nicht von der Hitze betroffen war. Jedoch lief dieser munter weiter, wobei er mit den Füßen nicht im Sand einzusinken schien.
Nun schafften sie endlich an dem Bauwerke anzukommen. Erst jetzt erkannte Maik, dass dieses Gebäude mitten im Bau zu sein scheint, da sich die einzelnen Ziegel auftürmten
„Das Gebäude wird noch gebaut, aber ich sehe keine Bauarbeiter“, sagte Maik und deutete auf die sich selbst aufbauenden Steine.
„Oh, diese Ziegel brauchen keine Arbeiter“, entgegnete der Graf. „Diese Steine haben ihren eigenen Willen; es gibt nur einen Baumeister, welcher den Grundstein ein jeder Ziegelreihe legen kann“.
„Wer ist dieser Baumeister?“, wollte Maik wissen.
„Ich will meinen du kennst ihn schon, Maik“, antwortete der Graf. „Du wirst ihn dort treffen“.
Er deutete auf ein kleines Pult, auf dem der kleine blond-blauäugige Junge, welchen Maik schon auf den anderen Reisen antraf stand.
„Ich werde dich nun dir selbst überlassen“, im selben Moment des Gesagten verschwand der Graf.
Maik bewegte sich auf das Pult zu. Der kleine Junge bemerkte ihn und begann zu Lächeln.
„Ah guten Tag, Maik!“, begann dieser. „Es ist schön dich wieder zu treffen“.
„Hallo, Kleiner“, antwortete Maik. „Was machst du hier?“.
Der Junge deutete in den Himmel und zeigte auf das Leuchten im Himmel: „Siehst du diesen Stern?“.
Maik nickte.
„Das ist die Halle Sjöfns...“, erklärte er. „...und mein größter Wunsch ist es sie zu erreichen, weswegen ich einen Turm erbauen lasse, der mich zu ihr führt“.
„Eine Halle?“, fragte sich Maik und fuhr laut fort. „Ist das nicht etwas weit oben?“.
„Ja, ja, ja. Es ist unglaublich weit oben und es wird ein langwieriger, anstrengender Prozess werden diesen gewaltigen Turm zu bauen, aber...“, der Junge hielt kurz inne, wobei ein fast unsichtbares Lächeln über sein Gesicht führte. „...es ist, als ob dieser Gedanke an den Turm, einmal in seiner Größe gefasst, nicht mehr verschwinden könne und als ob, so lange es mich gibt, der Wunsch da sein wird, dieses Werk zu vollenden“.
Maik war erstaunt über die Wortgewandtheit des Jungen und dessen Passion für dieses Vorhaben, obgleich es unvorstellbar zu sein scheint, faszinierte ihn. Er schaute auf den unfertigen Turm und wie sich dieser vor ihnen aufbaute.
„Aber, du baust diesen Turm nicht selber, oder?“, fragte Maik. „Ich meine, er baut sich doch von selber auf“.
„Nun...ich scheine den Bau zu verwalten und seine Richtung vorzugeben. Das funktioniert, jedoch nicht immer, wegen dieser schrecklichen Ziegel“, er schüttelte demonstrativ den Kopf. „Manchmal haben sie ihren eigenen Kopf und dann bauen sie anders, als ich es mir vorgestellt hatte“.
„Aber, du denkst, du bekommst das alleine hin?“
„Naja, ich habe unglaubliche Angst etwas falsch zu machen und einen Einsturz des Turmes zu verursachen“, antwortete der Junge. „Aber, ich habe dafür einen Mentor, welcher mich vor so etwas schützt“.
Der Junge schaute, von sich und von dem Pult aus, nach links, und somit auf der gegenüberliegenden Seite von Maik. Dort stand das Wesen, was der Junge einen Mentor nannte. Maik erkannte sofort, dass es sich um den schwarzhaarigen Pelzträger handelte, welcher schon als Türwächter und als Dorfschulze diente.
„Bist du dir sicher, dass er hilfreich ist?“, flüsterte Maik leise zu dem Jungen.
„Natürlich bin ich das“, antwortete der Mentor. „Ich halte den Bauherren davon ab, all zu viele Dummheiten zu machen“.
„Und ich mache bestimmt Dummheiten“, entgegnete der Junge.
Maik erkannte, dass es seine Aufgabe sein musste, diesen Mentor im Auge zu behalten.
Der Bau des Turmes schritt voran. Es schien zuerst, als ob es keine Probleme gäbe und der Junge sich als Bauherr zu bewähre; auch der Mentor blieb vorerst ruhig.
Doch dann erkannte Maik, dass an dem, nun schon etwas gewachsenen Turm, eine Stellen eine merkwürdige Architektur aufwies und dadurch teilweise bröckelte.
„Pass auf!“, wandte er sich an den Jungen „Ich glaube dort ist ein Fehler am Turm, es sieht sehr instabil aus“.
Der Mentor erhob nun die seine Stimme: „Wie kannst du es wagen, seinen Baustil anzuzweifeln“, sagte dieser in Rage. „Er darf doch wohl diesen Turm bauen, wie es ihm gefällt“.
„Erinnerst du dich, was der Baron uns sagte?“, fragte der Junge rhetorisch und kümmerte sich danach wieder um seine Baute.
Maik wurde unsicher, solle er nun die Geschehnisse seiner letzten Reise vergessen? Mit einem Male und wie gerufen stand der Graf nun hinter seinem Rücken und beugte sich über ihm, sodass dessen Stimme direkt in Maiks Ohr gelangte.
„Gibt es ein Problem?“, fragte dieser in einem Ton, welcher sowohl streng, als auch mitfühlend klang.
„Ja, der Bau des Turmes ist wahrscheinlich fehlerhaft“, sagte Maik. „Jedoch besteht er darauf, in seinem Stil weiterzubauen, wie es der Baron sagte“.
„Ach ja, die Lehren des Barons beißen sich in keinem Falle mit meinen“, erklärte der Graf. „Der Baron hat definitiv recht, in allem was er sagte, jedoch hat jede eigene Architektur, in allen Gebäuden, Fehler. Ob diese Fehler schlecht oder akzeptabel sind, entscheidet allein der Architekt“.
„Aber ist es akzeptabel, dass der Turm zusammenbrechen könnte?“, fragte Maik hastig.
„Das liegt nicht in meiner Entscheidung“, antwortete der Graf. „Weißt du, Maik, wenn du Fehler in deiner Konstruktion verbesserst, verbannst du damit einen Teil deines Stiles. Es daraus jedoch ein komplett neuer Stil erwachsen. Ob dieser schlechter oder besser ist, wird dadurch entschieden, welche Prioritäten man setzt“.
Der Graf blickte nun zu dem Jungen.
„Es ist also nun Aufgabe des Subjektes zu entscheiden, welche Konsequenzen es tragen will: Einen Stilbruch oder einen Zusammenbruch“, schloss der Graf ab und verschwand erneut.
Maik ging nun zu dem Jungen und stellte sich vor seinen Pult.
„Okay, ich rate dir wirklich, deine Bauweise zu ändern“, sagte er zu diesem.
„Du hast darüber jedoch keine Entscheidungskraft“, mischte sich der Mentor ein.
„Das stimmt!“, sagte der Junge. „Außerdem mag ich diese Architektur, sie ist einfach und angenehm zu bauen“.
„Ja, aber diese Bauweise wird den Fortschritt des Turmes aufhalten, wenn dieser nicht sogar zusammenstürzt“, redete Maik auf den Jungen ein, wobei dieser nun genau hinhörte. „Du musst entscheiden, was findest du schlimmer? Einen komplizierteren Stil anzuwenden oder die Zerstörung des Turmes zu riskieren?“.
Der Junge schaute auf den gewachsenen Turm und erkannte nun auch seine brüchige Konstruktion.
„Ich muss es unbedingt korrigieren!“, sagte dieser zu sich selbst.
„Bauherr, lasst euch doch nicht, von ihm zwingen“, sagte der Mentor, obgleich der Junge ihm gar nicht zuhörte.
„Nein, er hat recht, dieser Turm darf niemals zerstört werden“, sagte der Junge. „Der Untergang des Turmes wäre auch mein Untergang“.
Die Bauziegel des Turmes formierten sich um, es bildete sich nun ein festeres Fundament für den Turm. Die brüchigen Stellen wurden geschlossen und das gesamte Konstrukt gewann an Stabilität.
Der Bau konnte nun fortgeführt werden. Nach einer Weile nahm der Turm eine beachtliche Höhe an und dies erfreute den kleinen Bauherren, obgleich das Ziel noch unglaublich weit entfernt schien.
Plötzlich lief der Mentor zu dem Jungen und flüsterte ihn etwas ins Ohr. Der Junge nickte darauf und bestätigte des Mentors Aussage mit „Das ist eine gute Idee!“.
Ab diesem Moment hörten die Ziegel auf, sich nach oben aufzuhäufen. Stattdessen hingen sie sich nun seitlich an den Turm heran.
„Was tust du da?“, fragte Maik den Jungen. „Wieso baust du jetzt in die Breite?“.
„Mein Mentor gab mir die gute Idee nicht direkt auf Sjöfns Halle zuzubauen, sondern einen kleinen Umweg einzuschlagen“, fing dieser an zu erklären. „Wenn ich es auf direktem Weg tun würde, könnte es passieren, dass ich in der Halle angekommen bin, bevor Sjöfn eingezogen ist. Dies wäre unglaublich unangenehm!“.
Maik schaute auf den Turm. Er sah, dass durch das zusätzliche seitliche Gewicht, der nun obere Teil des Turmes Risse bekam. Er ging in sich und bat seinen Begleiter um Hilfe. Der Graf stand, so schnell, wie er immer verschwindet vor Maik.
„Stets zu deinen Diensten, Maik“, sagte dieser und verneigte sich theatralisch. „Was gibt es?“.
Maik erklärte dem Grafen die Problematik und zeigte auf den Turm.
„Oh Nein!“, entglitt es dem Begleiter, als er das Gebäude erblickte. „Welch absonderliche Dummheit!“
„Was sollen wir jetzt tun?“, fragte Maik hastig.
„Ich würde vorschlagen...“, der Graf räusperte sich. „...absolut gar nichts“.
„Was?“, Maik war verwirrt. „Warum das denn?“.
„Der beste Lehrer einer Person ist die Konsequenz!“, antwortete der Graf. „Dieser Fehler wird den Turm nicht zerstören, aber den Schaden, denn er verursachen wird, bringt den Jungen vielleicht von diesem grauenhaften Mentoren ab“.
Maik gefiel diese Idee nicht, aber er versuchte diesen Plan umzusetzen.
Nach einer Weile des Baus knackte es im Gehäuse des Turmes. Die Spitze brach und löste sich vom Rest des Turmes. Die riesige Masse an Ziegeln fiel auf den Boden, wo sie mit einem lauten Knalle zerschellte.
„Nein!“, rief der Junge, wobei ihm Tränen in den Augen standen. Er vergrub beide Hände in den Armen und schluchzte.
„Alles okay?“, fragte Maik zaghaft.
„Alles ist verloren!“, rief der Junge mit gedämpfter Stimme.
Maik schüttelte den Kopf: „Nein, ist es nicht. Der Turm steht noch, du könntest ihn weiterbauen“.
„Aber wie? Er wird nie wieder so sein, wie er war“, sagte der Bauherr. „Ich werde die Halle niemals erreichen!“.
„Ich glaube schon, du müsstest dich nur von deinem Mentoren lösen. Der ist nämlich an allem Schuld“, erklärte Maik. „Ich könnte dein neuer Mentor sein und mit dir den Turm vollenden“.
Der Junge schaute auf: „Wirklich?“.
Maik nickte.
„Nun denn!“, sagte der Bauherr und zeigte auf den Mentoren. „Du bist aus deinem Dienst entlassen und Maik ist mein neuer Mentor“.
Der ehemalige Mentor warf sich flehend zu Boden, wobei er immer weiter schrumpfte bis er nicht mehr erkennbar war.
Maik und der Junge führten den Bau fort. Sie achteten beide darauf, dass sie sowohl ein festes Fundament, als auch eine sichere Konstruktion bauten.
Die Zeit verstrich. Eine Zeit, welche einer Ewigkeit glich. Doch nun endlich war es vollbracht, der Turm erreicht den Stern, auf dem sich die Halle Sjöfns befand.
Maik und der Junge standen am Fuß des gewaltigen Bauwerkes. Der Junge bedankte sich, er habe dank Maik das wundervollste Ziel erreicht, was sich eine Person vorstellen könne. Der Junge betrat nun den Turm und erklomm ihn.
Maik blieb an dessen Grund stehen. Der Graf befand sich neben ihm.
„Das ist eine harte Arbeit die Sjöfns Halle zu erreichen“, sagte dieser. „Er ist mit viel Freude und Satisfaktion, aber auch mit viel Leid und Schmerz verbunden“.
„Kann ich sie erreichen?“, fragte Maik.
„Kommt drauf an, ob du die Lehren umsetzten kannst“, sagte sein Begleiter.
„Ich hoffe es“, Maik seufzte.
„Maik, manche Dinge, die du gelernt hast, waren dir vielleicht schon bekannt“, erklärte der Graf und fasste Maik freundschaftlich auf die Schulter. „Aber, eine Lektion der heutigen Reise wirst du noch erfahren, und ich kann dir sagen, dass dies eine schmerzvolle sein wird“.
Mit diesem Satze verließ der Graf den Turm und schloss dessen Tore. Mit einem Male war der Raum dunkel und Maik verlor das Bewusstsein.