Gedanken zum heiligen Osterfest und der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus
Einleitung
Hoffnungsfest „Ostern“ – genau das hat der Theologe Dietrich Bonhoeffer in der schwierigsten und dunkelsten Zeit seines Lebens gesagt, kurz vor der Befreiung des KZ Flossenbürg durch die US-Armee. Warum? Weil Ostern die Hoffnung ist. Die Hoffnung auf neues Leben mit Blick auf Jesus Christus. Denn dunkel war die lange Nacht, bis der Auferstandene den Glauben an das Gute zu uns gebracht hat. Es heißt nicht mehr: „Der Tod ist Endstation.“ Gott ist das Leben! Er hat die finstere Düsternis besiegt. Es flammt ein Licht auf. Wir Christen dürfen glauben und hoffen, denn niemand kann uns das Leben so einfach stehlen...
I. Eigentlich ist Ostern wie ein Wunder zu verstehen. Wenn morgens die Sonne aufgeht und ich an meinem Fenster stehe oder mit dem Bus bzw. der Straßenbahn in Richtung Sonnenaufgang fahre. Erst wenn ich einmal nicht aufstehen könnte, würde ich spüren, wie quälend es doch ist, liegenbleiben zu müssen. Aufstehen dürfen, sich frei bewegen zu können, frei sein von allem, nicht auf fremde Hilfe angewiesen sein – welch eine Gnade, die mir und uns täglich neu geschenkt wird. Eigentlich müsste es doch selbstverständlich sein, denkt man. Die Ahnung dessen, was aufstehen bedeutet, hilft mir, ein Gespür dafür zu bekommen, was Ostern, das Fest der Auferstehung, meint. Denn hier geht es zuvor um ein gewisses „Liegen“, was den Namen „Tod“ trägt. Kein Mensch kann aus seiner eigenen Kraft vom Tode auferstehen. Hier kommen Jesus Christus und Gott ins Spiel. Aus dem Exitus kann man nur durch eine fremde, äußere, allesumfassende Kraft erweckt werden. Genau das ist allerdings der schier unglaubliche Glaube der Christenheit. Diesen Glauben haben wir uns nicht ausgedacht. Dieser Glaube ist ein Geschenk, sowie das Leben Jesu Christi selbst. Sind seine Taten und Werke nicht Präsent genug an diese Welt?
II. Die christlichen Kirchen würde es nicht geben, wenn nicht erste Christen durch Visionen und intensive Glaubenserfahrungen von der Auferstehung Jesu Christi überzeugt gewesen wären. Er war es, der uns aus Liebe und Sehnsucht zu den Menschen erlöst hat am Kreuz. Gott will das Leben! Max Beckmann, wohl der größte deutsche Maler des 20. Jahrhunderts, notierte in einem seiner Tagebücher den Satz: „Wenn man das Unsichtbare begreifen will, muss man so tief wie möglich ins Sichtbare eindringen.“ Diese Einsicht gilt auch für den Blick auf Jesus: Wenn wir ahnen wollen, wer Jesus wirklich war und ist, müssen wir so tief wie möglich in seine Menschheit eindringen: in seine Gleichnisse, seine Zeichenhandlungen, sein Leben, sein Sterben. Wenn wir sein Menschsein nicht in seiner ganzen Weite wahrnehmen, werden wir von dem Geheimnis seiner Person nichts erfassen können.
III. Ostern ist das Fest des Jubelns, des Dankes, des Singens. Wie die Osterfeuer den Abend erleuchten und wie die Sonne morgens neu mit ihrem hellen Licht aufgeht, so möge dieser Osterglaube an den Auferstandenen in den Herzen der Gläubigen neu aufgehen und Licht in diese Welt bringen. Wer dieser Botschaft vertrauen kann, darf Hoffnung haben: Hoffnung für seine Lieben, Hoffnung für die Menschen in den Krisengebieten der Welt – und für sich selbst. Denn die Hoffnung, so zerbrechlich sie mitunter scheint, kann Kraft geben für eine Liebe, die Berge versetzen kann. So war es auch bei Dietrich Bonhoeffer, der maßgeblich am Widerstand gegen den Nationalsozialismus und am gescheiterten Attentat Hitlers beteiligt war, was ihm schließlich 1945 das Leben kostete. Bonhoeffer ist durch seine Taten und Worte zur Symbolfigur des christlichen Widerstandes gegen das NS-Regime geworden. Vor allem seine Schriften, die er während seiner Inhaftierung in Berlin anfertigte, gelten heute als wichtigste Schriften über die Aufgaben der Kirche in der Zukunft und der kritischen Hinterfragung des christlichen Glaubens.
IV. Wer Ostern kennt, der weiß, dass dieses höchste Fest der Christenheit nicht ein Fest der Verzweiflung ist, sondern es heißt stattdessen: „Sich unbändig freuen, sich einzustimmen in das österliche Halleluja.“ Halleluja, was übersetzt aussagt: JUBELT ÜBER GOTT! Natürlich nicht nur an Ostern, auch darüber hinaus. Diese Zeit bereitet uns so viel Grund zur Freude, da würde es überhaupt nicht ausreichen, alles nur an ein paar Tagen zu praktizieren. Freut euch ihr Christen, der gegenwärtige Christus ist unter uns. Verehrt von uns Gläubigen. Beeindruckend und tief berührend. Da müssten einem salopp gesagt die Worte fehlen.
V. Während der Messe in der Osternacht heißt es im Exsultet
Dies ist die Nacht, von der geschrieben steht:
„Die Nacht wird hell wie der Tag,
wie strahlendes Licht wird die Nacht mich umgeben.“
Der Glanz dieser Heiligen Nacht
nimmt den Frevel hinweg,
reinigt von Schuld,
gibt den Sündern die Unschuld,
den Trauernden Freude.
Weit vertreibt sie den Hass,
sie einigt die Herzen
und beugt die Gewalten.
Sie leuchte, bis der Morgenstern erscheint,
jener wahre Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht:
dein Sohn, unser Herr Jesus Christus,
der von den Toten erstand,
der den Menschen erstrahlt im österlichen Licht;
der mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit.
Tiefergreifende Worte. Das Exsultet preist Christus als das Licht der Welt und stellt eine Verbindung von seiner Auferstehung zu dem im Alten Testament geoffenbarten göttlichen Heilsplan her. Leider ist hier der Verfasser des Textes nicht bekannt. Aber wie ich herausgefunden habe, soll wohl Ambrosius von Mailand beteiligt gewesen sein. Christus das Licht der Welt… Hier wird nochmals eine Einladung zur österlichen Freude ausgesprochen, mit der Bitte des Diakons um göttlichen Beistand. Auch die Erlösung der Menschheit bekommt hier einen eigenbändigen Charakter. Preis und Dank dafür stehen im festen Zusammenhang mit dem auferstandenen Christus. Die heiligende Wirkung der Osternacht verspricht Opfer unseres Lobes. Die Osterkerze, die aus dem Wachs der Bienen bereitet wurde, wird Jesus Christus aus der Hand der kirchlichen Diener dargebracht. Genau die Osterkerze, die zuvor am lodernden Feuer entzündet wurde zum Ruhme des Höchsten und zur Erhellung der Nacht. Himmel und Erde werden in der Nacht mit dem Menschen verbunden in und durch das Gebet, was alle vereint. Die Kerze soll leuchten, bis der Morgen angebrochen ist. Auch der Morgenstern, der zum Vorschein kommt und in Ewigkeit nicht untergeht. Auch mein Glaube nicht. Ich bin nicht der Überzeugung, dass nach dem Tod irgendwie eine unsterbliche überpersönliche Seele weiterexistiert. Sondern ich bin der Überzeugung, dass der Mensch in der Identität seiner Person wiedererkennbar ein ewiges Leben bei Gott hat. Diese Untrennbarkeit ist in der Schöpfung begründet: Gott hat den Menschen erschaffen als sein Ebenbild, mit seinem Leib, mit seiner Seele und mit seinem Geist. Diese Hoffnung begründet sich in der Auferstehung Jesu. Im Neuen Testament wird an verschiedenen Stellen beschrieben, dass der Auferstandene für seine Jünger wiedererkennbar derjenige ist, den sie zuvor kennen- und lieben gelernt hatten. Genau davon bin ich überzeugt! Das Bekenntnis der Menschen zu Gott und Jesus Christus, seinem von ihm gesandten Sohn.
Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. (Joh 3, 16)