Gedanken zum heiligen Osterfest und der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus
I. „Ob ich schon einmal in einer sehr dunklen Höhle gewesen sei“, das fragte ich mich immer wieder in der Passions- und Fastenzeit. Genau dort, wo man die eigene Hand nicht vor den Augen sieht, aber plötzlich doch von einer gewissen Fremde ein helles Licht aufflammt. So ist für mich das heilige Osterfest und die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus am besten zu beschreiben. Ein Licht, das die Dunkelheit erhellt, ein tröstendes und wegweisendes Licht mitten in unserer Mitte. Ja! Ein Zeichen für die Person, die für uns am Kreuz gestorben ist und die Christenheit erlöst hat, die in unsere Dunkelheit gekommen ist und die schwarze Macht des Todes auf sich genommen hat.
II. Kein Frühlingserwachen der Natur wird hier geschildert, kein Osteressen, kein Konzert eines Posaunenchores oder einer Kantorei, kein fröhliches Zusammensein. Nichts davon wird hier erzählt. Ostern war für die Jünger Jesu wie ich denke ganz anders und auch völlig überraschend. Die Jünger waren wahrscheinlich außer sich und völlig von der Rolle. Angst war die Grundstimmung unter ihnen. Auch die Verunsicherung unter denen, die Jesus ans Kreuz gebracht hatten und die Verunsicherung über das, was sie an diesem Tag erlebt hatten. Die Erscheinung ihres Herrn und Meisters. Er soll leben! Eine unfassbare Situation, die bis heute für mich meinen Glauben prägt und gestärkt hat. Dieses Ereignis ist das, an was wir Christen eigentlich glauben. Die Nacht der Nächte. Die Erscheinung des unversehrten Leibes von Jesus Christus, er soll leben. Wie das denn? Ein Gekreuzigter kann doch nicht leben, er ist tot! Brutal ermordet, so dachte man. Und so schreibt Johannes in seinem Evangelium im 20. Kapitel im 19. Vers: „Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!“ Was für ergreifende Worte! Was haben wohl die Jünger gedacht, die in der Dunkelheit saßen und die Türen und Fenster verrammelt hatten? „Der Friede sei mit euch!“ Mitten in der Angst ist der auferstandene Jesus da. Eigentlich doch eine wunderbare Situation, oder?
III. Dieses Osterfest ist irgendwie anders als sonst. Die Temperaturen draußen gehen rauf und runter. Mal ist es warm, mal kalt… Viele Leute hätten vielleicht an Weihnachten gerne Schnee gehabt, doch jetzt passt er uns nicht ins Konzept. Dieses Fest hätte viel schöner sein können ohne Schnee?! Das denken sich jetzt wahrscheinlich die Leute irgendwo am Meer, an der Nordseeküste. Schade, das Leben hätte so viel schöner sein können. Wenn ich einen anderen Beruf gelernt hätte, wenn ich nicht so oft krank gewesen wäre, wenn ich irgendwann meinen Traummann gefunden hätte…meine Liste ist echt lang. Viele Menschen haben ihre ganz eigene persönliche Liste, was bei ihnen dumm gelaufen ist. Viele Menschen sind aber auch enttäuscht. Auch ich ringe immer wieder mit mir und meiner jetzigen Lebenssituation.
IV. Thomas war sicherlich auch enttäuscht. Jesus ist erschienen und die anderen haben ihn gesehen. Er war nicht dabei. So ein Mist aber auch. Das er ausgerechnet in diesem trächtigen Moment nicht da war… Typisch, das passt mal so richtig zu ihm. Immer an den entscheidenden Momenten am falschen Ort und verpasst das unfassbare Glück. Die anderen Jünger hatten wohl einen besseren Riecher. Oder sie sind einfach naiv und dumm. Vielleicht haben sie sich das alles auch nur eingebildet? Es ist jemand erschienen der gestorben ist? Ist das denn möglich? So ein Quatsch! Der soll auch noch durch die Tür ins Haus gekommen sein? Wollen die Jünger es nicht wahrhaben, dass ihr Herr nicht mehr da ist? Wenn Thomas das glauben soll, dann muss man es ihm erst einmal beweisen. „Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich’s nicht glauben“, so seine Worte.
Ich glaube, Thomas weis oft nicht genau wie er sich verhalten soll. Er ist meiner Ansicht nach unintelligent und borniert. Er versteckt das hinter großspurigen Reden, umschreibt viele Gegebenheiten und tut so, als ob die anderen salopp gesagt „blöd“ wären. Man kennt diese Situationen oft bei Unsicherheit und Ratlosigkeit. Man möchte alles perfekt machen und erkennt schließlich, dass das was man tut doch nicht das Richtige war. Man stößt an einen Stein, läuft vor eine Mauer.
V. Irgendwann bekommt Thomas seine Aufmerksamkeit. Nach acht Tagen erscheint Jesus im Jüngerkreis. Diesmal ist er dabei! Jesus grüßt alle mit einem Friedensgruß: „Friede sei mit euch!“ Dann richtet er sich sofort an Thomas. Ohne Tadel oder Anlehnung an unintelligente Augenblicke. Ohne Belehrung. Stattdessen zeigt Jesus auf seine Wundmale, zeigt sie Thomas und deutet an:“ Lege deine Hand hierher, du kannst mich ruhig berühren, wenn du möchtest. Siehe meine Wunden!“
Warum tut er das? Warum zeigt er seine Wunden? Er hätte sie doch auch verstecken können. Sein Anblick wäre dann bestimmt schöner gewesen. Jesus, der makellose Sieger. Strahlend schön. So wie man sich einen Sieger vorstellt. Eine überirdische Lichtgestalt. So hätte er erscheinen können. Aber er hat es anders getan. Er hat seine Wunden gezeigt. Er wollte, dass die Jünger ihn erkennen. Aber ich denke, es ging um mehr. Gerade der Thomas sollte es erfahren. Schau her, Thomas. Schau: „Ich bin kein strahlender Sieger. Ich bin verwundet. Und das bleibt mir. Auch jetzt, wo ich die Grenze des Irdischen überschritten habe. Ich trage die Spuren des Leides an meinem Leib.“
VI. Thomas muss zu diesem Zeitpunkt total überwältigt gewesen sein. „Mein Herr und mein Gott“, sagt er. Diese Worte sind für mich in völliger Ehrfurcht, voller Anerkennung und Liebe ausgedrückt worden. „Du bist der Richtige für mich, du kannst mich verstehen. Ich bin ein Häufchen Elend!“ Wie könnte ein strahlender Sieger Thomas verstehen? Jesus kann es! Ihm kann er vertrauen.
VII.
Frohlocket, ihr Chöre der Engel,
frohlocket, ihr himmlischen Scharen,
lasset die Posaune erschallen,
preiset den Sieger, den erhabenen König.
So steht es im Wortlaut des Exsultet am heutigen Karsamstag. Christus ist glorreich auferstanden vom Tod, vom Tod am Kreuz. Sein Licht vertreibe das Dunkel der Herzen. Diese Worte berühren mich immer wieder. Wenn die Osterfeuer bei Einbruch der Dunkelheit entzündet werden und der Ruf „Christus das Licht“ durch den düsteren Kirchenraum erschallt, ja… dann weis ich, woran ich glaube; an das Geheimnis des Glaubens, an die Verkündigung von Tod und Auferstehung. In dem Glauben, dass alles so stattgefunden hat und dass es möglich ist, liegt der Grundstein des Christentums. Es ist das Bekenntnis der Menschen zu Gott und Jesus Christus, seinem von ihm gesandten Sohn. Gott will das Leben! Die Auferstehung besiegt den Tod. Jeder Mensch, der an Gott, Jesus und den Heiligen Geist glaubt, überwindet Schmerz, Trauer und Tod. Er muss sich vor nichts mehr fürchten.