Grau und nass sieht der Tag ins Zimmer. Die Vorhänge sind noch zugezogen. Der trübe Morgen lässt kaum Licht hindurch. Der Regen prasselt lautstark ans Fenster.
Es ist ganz und gar ungemütlich. Es wird sich kaum lohnen auch nur einen Fuß vor die Tür zu setzen. Ob es sich lohnt, überhaupt aus dem Bett zu kriechen, ist eine ganz andere Frage. Die sich mir stellt, kaum dass ich die Augen kurz geöffnet habe. Sofort presse ich sie wieder zusammen. Im Bett ist es wenigstens warm. Und sicher. Hier kann mir die Welt nichts anhaben.
Ein langer freier Tag liegt vor mir. Viel zu lang, wenn ich es überdenke. Ich will gar nicht hier sein. Die Erkenntnis drückt mir tonnenschwer auf die Brust. Viel lieber wäre ich ganz woanders. Aber es lohnte sich nicht. Am Abend zuvor ging kein so später Flug mehr und mit dem ersten heute Morgen wäre ich erst am späten Vormittag am Ziel gewesen. Nur um mit der 22-Uhr-Maschine den Rückweg anzutreten. Keine 12 Stunden also. Jetzt denke ich, dass es besser als nichts gewesen wäre. Wobei die kurzfristige Buchung ein großes Loch in den Geldbeutel gerissen hätte. Aber ist das die Liebe nicht wert?
Gut, zudem hatte ich die Verpflichtung auf der anderen Seite verdrängt. Netto wären es somit nur noch 7 Stunden gewesen. Immer noch besser als den langen, trüben Tag hier alleine. Mein Herz zieht sich unangenehm zusammen. Ich kämpfe gegen die Tränen, die sich heiß in meine Augen stehlen wollen. Nein, verdammt.
Ich drehe mich energisch zur Seite und starre zum Fenster. Es ist furchtbar still in der kleinen Wohnung, in der mich zahlreiche Gegenstände eindrücklich daran erinnern, dass ich an und für sich nicht alleine bin. Eben nur in diesen Wochen.
Grundsätzlich ist mir auch von Anfang an bewusst gewesen, dass es immer wieder diese Phasen geben wird. Ehrlicherweise mehr, als dass wir zusammen an einem Ort sein können.
Meistens können wir beide damit gut umgehen. Mal mehr, mal weniger. Aber die jetzt schon fünfwöchig andauernde Trennung und das schlechte Wetter zerren an meinem Gemüt. Irgendwann kann dir kein Telefonat der Welt die körperliche Nähe ersetzen.
Mir fehlt es, dass wir uns nicht richtig beim Reden ansehen können. Ich vermisse es, dass du neben mir liegst. Mal ein Kuss, mal eine Berührung. Die Gewissheit, dass noch jemand hier in den Räumen ist. Im Bad sich die Zähne putzt, in der Küche Kaffee kocht und nochmal zu mir ins Bett kuschelt.
Es ist viel zu lange her. Mir fehlen Geruch und Wärme. Geborgenheit. Zärtlichkeit. Dein Atem hinter meinem Ohr, wenn du dich an mich schmiegst. Dein "Hallo" wenn ich die Wohnung betrete.
Wie ich es hasse, für mich alleine zu kochen, geschweige denn alleine zu essen. Mir schmeckt schon gar nichts mehr. Gebe mir kaum noch Mühe, was die Nahrungsaufnahme betrifft.
Dagegen gibt es wenig Schöneres, als sich gegenseitig zu bekochen oder miteinander in der Küche zu stehen. Gemeinsam zu essen ist mir unglaublich wichtig geworden. Das kannte ich so nicht mehr, aus keiner anderen Beziehung.
Es ödet mich an, alleine auf der Couch zu sitzen oder im Bett zu liegen und in den Fernseher zu starren. Es langweilt mich gar zu lesen, weil ich besondere Lesensmomente nicht spontan mit dir teilen kann.
Es macht mich traurig, alleine spazieren zu gehen. Die Wege, die wir so oft zusammen gegangen sind, verdeutlichen mir nur, dass es gerade nicht in Ordnung ist. Du fehlst mir so unglaublich dabei, dass mir schon die Luft wegbleibt.
Einzig und allein beim Sport kann ich gut mit mir allein sein. Aber da bin ich gerade momentan ziemlich eingeschränkt. Eine Zerrung in der Schulter bremst mich gewaltig aus.
Und so weiß ich zur Zeit nicht wohn mit meiner negativen Energie, die mich zudem lethargisch macht. Vermutlich gehe ich meinen Kollegen gerade ziemlich auf die Nerven. Bin anstrengender, als sie es von mir gewohnt sind.
Hätte ich fliegen sollen?
Nun, jetzt ist es sowieso zu spät.
Die Alternative wäre ein anderes Ziel gewesen, aber auch dort wären kaum 12 Stunden Aufenthalt geblieben. Daher kam von dort direkt eine Absage. Mit der Bitte um Verständnis. Welches mir zunehmend schwerer fällt. Immer öfter solche Ausreden. Dabei versuche ich wirklich meine derzeit knappe Freizeit fair aufzuteilen. Das ist schwer genug, es geht mir an die Substanz, da sind Vorwürfe in der Empfindung tiefe Messerstiche. Immer öfter fühle ich mich zerrissen und muss Entscheidungen treffen, die mir eigentlich nicht gefallen. Entweder oder. Anstatt miteinander. Es zermürbt. Ich schiebe den Gedanken schnell weg.
Wenn ich mir jetzt die Decke über den Kopf ziehe, wird mich heute vermutlich niemand vermissen. Die Verlockung, einfach hier liegen zu bleiben, ist riesengroß.
Durch die Vorhänge sehe ich den Regentropfen zu, die langsam an der Scheibe herunterlaufen. So wie die Tränen, die sich mittlerweile nicht mehr haben zurückhalten lassen. Ja, weinen kann befreiend und reinigend sein, mir aber wird das Herz immer schwerer. Ich höre mich selbst aufschluchzen.
Vermissen ist schlimm.
Heimweh nach einem Menschen grausam.
Mir tut es fast körperlich weh.
Ich fühle mich heimatlos.
Unvollständig.
Unbrauchbar.
Und ich kann das Gedankenkarussell nicht aufhalten, das in meinem Kopf an Fahrt aufnimmt. Ich schmecke das Salz, nehme fast verwundert wahr, dass ich zittere.
Nein, ich liebe und bin todunglücklich. Weil ich liebe?
Wäre es ohne einfacher?
Was macht dieses Gefühl nur aus uns?
Bestimmt eine Stunde bin ich unfähig mich zu rühren. In meinem Magen hat sich ein Klumpen gebildet. Mir ist schlecht.
Vor dem Fenster hat es aufgehört zu regnen. Es stehen Pfützen auf den Straßen. Hier und da höre ich Autos, die hindurchfahren. Ein paar Singvögel nutzen die Regenpause und trillern unermüdlich ihr Lied.
Normalerweise liebe ich dieses Geräusch. Doch heute dringt es nicht zu mir durch.
Das Grau in meinem Kopf und meiner Seele lässt sich nicht so leicht verscheuchen.
Es ist ja nicht so, als würde ich das nicht kennen. Meistens weiß ich, wie ich mir selbst helfen kann. Eine kleine Stimme sagt mir, dass liegenbleiben der größte Fehler sein könnte.
Ich sollte stattdessen aufstehen, ins Bad gehen, Kaffee kochen frühstücken und mir etwas Bewegung besorgen. Vielleicht jemanden vor Ort anrufen, hinzuziehen.
Ich sollte - tu es aber nicht.
Immerhin taste ich nach meinem Handy, das noch immer lautlos gestellt ist.
Drei verpasste Anrufe.
Eine Nachricht.
Alles von dir.
Ich öffne die Nachricht. Ein ausführlicher Gutenmorgengruß. Darin verpackt die Information, dass du mit Freunden spontan zum Brunch bist. Du hoffst, dass wir später telefonieren und schlägst nach 14 Uhr vor, da solltest du zurück sein und vor der Arbeit ausreichend Zeit haben.
Meine Uhr zeigt gerade erst 11.
Ich seufze, lege das Handy wieder auf die Nachtkonsole und lasse mich zurück ins Kissen fallen. Nochmal das Geräusch nasser Reifen, dann ist es wieder still.
Mein Blick klebt an der Decke. Meine Gedanken verlieren sich. Hohe Decken, Stuck, knarzende Holzdielen - der Charakter der Wohnung hat mir von der ersten Sekunde an gefallen. Mir ausgerechnet hier etwas Festes zu suchen war eine spontane Entscheidung gewesen und hat sich im Nachhinein vollkommen als richtig erwiesen. Wir hatten hier ein Nest, als sich unsere Wege überraschend beruflich kreuzten.
Stundenlang haben wir auf dem Zweisitzer in der Küche gesessen und uns unsere Leben erzählt. Die Liebe ist über uns gekommen wie ein Orkan. Mächtig. Wild. Ungestüm. Und nicht aufzuhalten. So sehr wir es auch versuchten.
Oft hat nur eine Kerze gebrannt und eine Flasche Wein auf dem Tisch gestanden.
Hier hatte ich es nach langem Zögern und einigen erfolglosen Versuchen gegen meine Gefühle zu kämpfen geschafft, mich dir anzuvertrauen. Mit Haut und Haar. Herz und Hirn. Mitten in der Nacht hatte ich damals die Tränen geweint, von denen ich nicht geahnt hatte, dass sie so tief in mir saßen.
Du warst da, hast zugehört, mir Raum und Zeit gelassen und mir immer und immer wieder das Gefühl gegeben, dass es in Ordnung ist. Du hast die Scherben, die ich dir präsentiert habe wieder zusammengeklebt und meine Narben versorgt.
Dein "Ich liebe Dich" waren die schönsten Worte gewesen, die ich seit langer Zeit gehört hatte. Dein "Wir schaffen das" war so pur und kraftvoll. Ich stand am Abgrund, aber du hast meine Hand genommen und mich einfach festgehalten.
Deine Liebe, dein Glauben an uns und deine Art zu lieben und zu leben waren eine völlig neue Erfahrung für mich. Du bist bis heute mein Fels, mein Hafen, meine Heimat. Du hast mir das Lachen und die Freude zurückgebracht. Mir das Leben geschenkt, das ich gesucht habe. Und als ich dir sagen konnte, was ich so lange schon für dich empfand, liefen dir Tränen der Rührung über dein Gesicht. Du hast das Eis um mein Herz zum schmelzen gebracht, und ich empfand wieder so etwas wie Glück.
Ich bin immer noch wehrlos gegen deine Lebensfreude. Deinen Optimismus. Deinen Zauber, der dich umgibt. Der dich für so viele Menschen zu einem Anziehungspunkt macht. Wärst du jetzt hier, du würdest den grauen Schleier einfach heben, den Schatten mit einer Idee für diesen trostlosen Tag verscheuchen. Und ich wäre machtlos dagegen, weil du immer stärker bist als meine Ängste.
Du bist ein Zauberwesen, so habe ich dich mal genannt. Du hast gekichert und wissen wollen, ob ich dich jetzt als Ritter in glänzender Rüstung oder als Prinzessin Lillifee sehe.
Liebe ist Magie.
Die einzige Medizin für mich.
Jetzt will ich einfach nur in deinen Armen liegen und dich bei mir haben. Aber das geht nun einmal nicht.
Es wird 12, dann 13 Uhr. Ich komme nicht hoch, nicht runter von meiner Insel. Nur kurz habe ich dir geantwortet. Dir viel Spaß gewünscht. Geäußert, dass ich sehnsüchtig auf deinen Anruf warte, auf deine Stimme. Und weil die Stille laut in meinem Kopf dröhnt, mache ich irgendwann den Fernseher an. Mir ist egal was läuft, aber ich brauche diese Untermalung. Wieder regnet es. Diesmal windet es außerdem. Sonne. Ich rede mir ein, dass ich bei Sonnenschein längst irgendwo draußen wäre. Das Wetter ist schuld.
14 Uhr, ich überprüfe jetzt alle paar Minuten, dass ich das Handy wieder eingeschaltet habe. Du meldest dich eine halbe Stunde später. Nach dem Brunch warst du noch mit auf einen Spaziergang und ich kann dir das nicht übel nehmen. Warum auch? Deine Stimme streichelt meine Seele. Du erzählst von dem Hundewelpen, dass sich Freunde zugelegt haben. Von der Buffetauswahl, von den Tischgesprächen und ich höre dir einfach nur zu. Bete, dass es nicht aufhört, weil ich schon jetzt Angst vorm Auflegen habe. Du fragst natürlich, was ich an meinem freien Tag mache. Ich flunkere. Ausgeschlafen, ausgiebig gefrühstückt und mich mit einem Buch beschäftigt. Für dich warte ich auf das Ende des Regenschauers, damit ich eine kleine Runde um den Block drehen kann. Es sieht dir ähnlich, dass du nachfragst. Es ist der Moment, in dem ich unfassbar dankbar bin, dass du ohne Videofunktion angerufen hast. Denn dich anzulügen, während mich deine wunderschönen Augen ansehen, nein. Das könnte ich nicht. Doch so versichere ich dir, dass es schon in Ordnung sei und mir nur der Tag lang wurde. Deinen, so rechtfertige ich mich mir selbst gegenüber, will ich dir nicht verderben. Du musst in etwas mehr als zwei Stunden bei der Arbeit sein, darauf sollst du dich konzentrieren. Und spätestens dann wäre sowieso unsere Zeit an diesem Tag vorbei gewesen.
Die Stille nach Beendigung des einstündigen Telefonats ist erdrückend. Ganz kurz warst du hier bei mir, war dein Lachen ganz nah und dein Temperament greifbar. Mir wird klar, dass es immer noch zwei Wochen dauert, bis ich dich in meine Arme schließen kann. Drei Tage haben wir dann. Drei Tage mit Abzügen weil hier und da Verpflichtungen anstehen. Für einen Moment denke ich, dass ich das nicht aushalten kann. Wie von selbst öffne ich am Handy die Seite mit den Flugdaten. In dem Wissen, dass ich hier nicht einfach alles stehen und liegen lassen kann. Morgen früh erwartet man mich pünktlich. Die Preise tun ihr übriges. In mir zieht sich alles zusammen und wieder einmal denke ich, dass wir es besser beenden sollten. Lieber ein Ende das quält, als eine Qual, die mich permanent wieder an diesen Abgrund führt.
Ja, wir haben nicht nur einmal darüber gesprochen. Auch du hattest schon Momente, in denen dich das Vermissen fest im Griff hatte. Doch zusammen kamen wir immer wieder zu dem Schluss, dass unsere Liebe stärker ist. Etwas besonderes. Einmaliges. Und dass man mit Liebe und Vertrauen alles schaffen kann. Dein Credo. Schon immer. Seitdem ich dich kenne. Wenn du es aussprichst, hast du einen stolzen Glanz in deinen Augen. Dir ist kein Berg zu hoch, kein Weg zu weit, kein Problem zu groß. An guten Tagen kann ich mithalten. Versetze mit dir diesen Berg und gehe den Weg gar voraus. Lache über die Probleme, die unsere Beziehung torpedieren wollen.
Du schickst eine Nachricht und schreibst, dass du bei deinem Arbeitsplatz angekommen bist und dich später nochmal meldest. Sofern ich dann noch wach sei. Es ist 17 Uhr geworden und ich habe das Bett nicht verlassen. Ich hasse mich selbst dafür. Werde wütend auf mich, die Umstände und all das, was mich zu dem Menschen gemacht hat, der ich heute bin. Überrascht stelle ich fest, dass die Wut mich aus der Lethargie reißt. Ich finde mich im Badezimmer wieder und fixiere mein Spiegelbild. Willst du wirklich verlieren? Das Leben? Gegen dich selbst? Diese Liebe? Die Fragen formulieren sich stumm in meinem Kopf und ich atme durch.
Dann steige ich endlich unter die Dusche. Lasse das warme Wasser über meinen Kopf, den Rücken und die Brust laufen. Schließe die Augen und lasse den Tränen freien Lauf. Sage mir immer wieder, dass Aufgeben keine Option ist. Dass ich meinen Kampf nicht zu deinem machen darf. Dass nur ich für mich verantwortlich bin.
Mit einer sauberen Jogginghose und einem frischen Shirt sitze ich wenig später am Küchentisch, vor mir etwas Obst und eine Kanne Tee, ein Buch und eine Kerze. Ich muss mich zusammenreißen, keine Frage, aber ich bekomme diesen Abend über die Bühne. Abends fühle ich mich vollkommen erschlagen, beinahe verkatert. Und obwohl ich fast den ganzen Tag nur gelegen bin, bin ich hundemüde. Sehne mich nach Schlaf, Erholung und verfluche mich dafür, dass ich diesen Tag nicht dafür genutzt habe. Ich werde es nicht schaffen wach zu bleiben, bis du dich nochmal melden kannst. Es ärgert mich, aber trotzdem schreibe ich dir, dass ich früh schlafen gehen werde.
Es dauert, bis ich zur Ruhe komme. Das Karussell in meinem Kopf kommt nur langsam zum Stillstand. Jetzt fehlst du mir ganz besonders und ich wehre mich dagegen, mich diesen hoffnungslosen Emotionen erneut hinzugeben. Das kostet Kraft. Nur zögerlich kann ich meine Gedanken darauf lenken, was ich dir zu unserem Wiedersehen kochen möchte. Ich male mir aus, wie ich den Tisch schmücke und welchen Wein wir dazu trinken. Darüber falle ich endlich in einen traumlosen, unruhigen Schlaf.
Als ich nach Mitternacht wach werde, weiß ich nicht, was mich geweckt hat. Vielleicht ein Traum? Schlaftrunken taste ich auf die andere Bettseite, erst dann fällt mir ein, dass du gar nicht hier bist. Ich rolle mich zusammen, ziehe die Decke bis an mein Kinn und widerstehe dem Drang, die Einsamkeit zuzulassen. Ich schließe die Augen und stelle mir dein Gesicht vor. Deine Augen. Deine Lippen. Und dann ist da der Moment, in dem ich deine Finger auf meiner Wange spüren kann und es fühlt sich so echt an, dass ich erschrecke.
Dein Flüstern, dass ich ruhig weiterschlafen soll.
Dass du ja jetzt da bist und alles gut wird.
Ein Rascheln.
Irritiert nehme ich wahr, dass ich deinen Körper spüren kann.
Also so richtig.
Wärme.
Weich.
Zart und sanft.
Mit allen Rundungen, die ich so sehr begehre.
Ein Kuss auf meine Stirn.
Mir wird warm und kalt.
"Was?", murmle ich.
Ein Streicheln.
"Sch, sch. Alles gut."
Obwohl du flüsterst, kann ich die Worte sehr deutlich hören.
Ich fahre hoch und öffne die Augen.
Du bist da.
Zu mir gekommen, weil du dir Gedanken um mich gemacht hast.
Mein Verhalten hat dich zunehmend alarmiert, so dass du direkt von der Arbeit zum Flughafen bist. Die 22-Uhr-Maschine, die uns eigentlich getrennt hätte, hat dich zu mir gebracht.
Ich ziehe dich fest an mich. Atme den vertrauten Geruch ein und möchte den Moment anhalten. Stattdessen dreht sich die Welt weiter. Ich bin froh, so froh, dass du hier bist. Natürlich entschuldige ich mich, ich wollte dir keinen Kummer bereiten. Du küsst mich wieder. Erklärst mir, dass es aber nun mal so laufe in einer Partnerschaft. Den Kummer aussprechen, teilen und versuchen zusammen zu lösen. Deswegen bist du hier und du kannst zwei Tage bleiben. Du hast zwei wertvolle Tage deines Kontingents hierfür geopfert.
Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, bin einfach nur sprachlos. Mein Herz hämmert wild und ich kämpfe mit mir, meinen Gefühlen und dann lasse ich los. Denn du bist gekommen, obwohl ich dich nicht gebeten habe. Du kennst mich zu gut, du weißt längst, dass dieser Tag ein Horror für mich war. Und du willst helfen. Du meinst das ernst. Sowieso wirst du mich nicht davon kommen lassen. Das hast du nie, wenn ich mich hatte verstecken wollen.
Denn du bist mein Fels.
Mein Hafen.
Meine Heimat.
Der Mensch, der mich bedingungslos liebt.
Der mich nicht aufgibt und der einzige, der mir offen ins Gesicht gesagt hat, dass er jederzeit und ohne zu zögern mit mir durch den Sturm geht.
Weil auch das Liebe ist.
Mit dir wird das Grau wieder bunt.
Mit dir finde ich mich wieder.
Mit dir möchte ich barfuss durchs Scherbenmeer gehen.
Ich liebe dich.
Für dich würde ich alles tun.
Durch dich nehme ich an, was ich alleine nicht kann.
Ohne dich bin ich nichts.
Ohne dich bin ich hoffnungslos verloren.
Ohne dich bin ich heimatlos.