Tiara:
Am nächsten Tag, gingen die Freundinnen in die Stadt. „Was glaubst du wird Damian heute mit dir unternehmen?“, fragte Tiara. „Ich habe keinen blassen Schimmer.“ Es war aber ihr anzusehen, wie sehr sie sich freute. Selena hatte sich zum ersten Mal verliebt. Und dann auch noch in jemanden wie Damian. Genauso stur und eigensinnig wie Selena. Eigentlich hieß es ja, Gegensätze ziehen sich an, aber bei den zwei, war es genau das Gegenteil. Wie auch Selena, trug Tiara ein Kleid. Es war hellgrün und der Rock bestand aus mehreren Schichten Tüll. Dazu waren noch Blumen in das Tüll eingenäht. Das Oberteil hatte sehr dünne Träger. Das Kleid reichte ihr bis zu den Waden. Wegen ihren tadellosen Manieren, trug sie ihr Diadem. Es war nicht besonders groß. Eher schlicht, aber das war auch besser so. Selenas Outfit war zwar schlichter, aber sah an ihr sehr elegant aus. Tiara hatte keine Ahnung, wie sie das schaffte. Selena versuchte immer die Farben vom alten Ephesos und Arthane zu kombinieren, was nicht immer leicht war. Heute trug sie ein Zweiteiler. Ihr Rock reichte ihr bis zu den Knien und bestand ebenfalls wie das von Tiara aus Tüll. Es war schwarz und vorne kürzer geschnitten, als wie hinten. Ihr Oberteil hingegen war ein richtiger Hingucker. Es saß eng an ihrem Körper und betonte ihr Körper. Es hatte Ärmel, die bis zu ihren Ellenbogen reichten und vorne war es sehr schlicht. Aber hinten hatte es ein wunderschönes Rücken-Dekolleté. Ihre Haare hatte sie ausnahmsweise offen gelassen. Im Gegensatz zu Tiara, trug sie nur bei besonderen Anlässen ihr Diadem, ansonsten trug sie, wie auch heute, eine Haarkette. „Wie schaffst du es eigentlich immer, mit so wenig Aufwand, so gut auszusehen?“, fragte Tiara ihre Freundin. Diese sah stirnrunzelnd an sich runter. „Gut aussehen?“, fragte sie lachend. Tiara verdrehte die Augen und gleichzeitig kamen sie in der Stadt an. Es ging fleißig zu. Viele Stände waren aufgebaut. „Ich liebe es, hier her zukommen“, murmelte Selena und zog ihre Freundin mit sich. Die Wachen folgten ihnen. „Denkst du, wir können sie abhängen?“, flüsterte Tiara ihr zu. Ein Grinsen breitete sich auf Selenas Gesicht aus. „Ich bitte dich, wann haben wir das nicht geschafft?“, gab Selena leise zurück. Sel nahm Tiaras Hand und deutete auf die Menschenmasse. Aber bevor sie sie erreichen konnte, legte jemand einen Arm um Selenas Schulter. Sie fragte sich wofür eigentlich die Wachen gut waren. Sie wollte schon losbrüllen, aber als sie in Alics Gesicht sah, hielt sie inne, und seufzte stattdessen. „Wollet ihr etwa wieder die Wache abhängen?“, fragte er belustigt. „Musst du immer dazwischen funken?“, gab seine Zwillingsschwester zurück. Auch wenn die zwei sich immer stritten, wusste Tiara, dass sie immer für einander da waren und es auch immer sein würden. Nun drehte sich Alic zu den Wachen um. „Ihr könnt jetzt gehen. Ich bleibe bei meiner Schwester und Prinzessin Tiara.“ Die Wachen sahen sich unschlüssig an, nickten schließlich, salutierten und gingen. „Da wären mir die Wachen lieber gewesen“, murmelte Selena. Alic warf einen kurzen Blick auf Tiara, dann setzte er ein Lächeln auf. „Du solltest dich lieber bei mir bedanken, Schwesterherz.“ Tiara sah ihn fragend an, während Selena ihn misstrauisch musterte. „Ich habe nicht vor, mein Tag mit euch zu verbringen.“ Ein Lächeln breitete sich auf Selenas Gesicht aus. „Danke, danke, danke!“ Sie umarmte ihn und Tiara sah, wie sie ihm etwas zuflüsterte. „Macht aber kein Unsinn.“ „Wir doch nicht“, sagte Tiara. Selena hakte sich bei ihrer Freundin unter und gemeinsam liefen sie zum Markt. Dort gab es immer soviel zu sehen. Was für die anderen selbstverständlich war, war für die zwei Prinzessinnen umso interessanter. Sie blieben an einem Stand stehen, welches Schmuck verkaufte. Als die Verkäuferin die Prinzessinnen erkannte, klappte ihr der Mund auf. „Schönen Tag“, sagte Selena. „My…Mylady“, stotterte die junge Frau. „Wie geht es dir?“, fragte nun Tiara. „Mir?“, fragte die Frau verblüfft. Tiara nickte lächelnd. „Gut, danke sehr.“ „Wie heißt du denn?“, fragte nun Selena. „Margot, Mylady.“ „Schön dich kennen zulernen, Margot. Du hast hier schöne Sachen. Von wo stammen sie?“, wollte Tiara wissen. Es interessierte sie wirklich. „Die habe ich selbst gemacht.“ Selena und Tiara sahen gleichzeitig auf. „Wirklich?“ Margot nickte. „Du bist sehr talentiert“, gab Selena zu und nahm ein Armband in die Hand. „Es sind doch nur Ketten und Ringe. Sie sollte lieber etwas verkaufen, welches sich auch kaufen lässt. So unnützes Zeug will doch kein Schwein haben“, hörten sie eine ältere Frauenstimme sagen. Selena und Tiara sahen sich gegenseitig an. Als Tiara dann Margot ansah, bemerkte sie, dass diese rot geworden war und ihre Augen glänzten. Anscheinend hatte es auch Selena bemerkt. „Also ich finde, dass sie das weiterhin machen sollte. Denn sie ist sehr talentiert“, sagte Selena mit lauter Stimme. „Das ist Schmuck für Kinder, wenn überhaupt. Ich sag doch unnützes Zeug, was kein Schwein kauft.“ Selena sah langsam rot. Tiara legte eine Hand auf ihr Unterarm. Sie war auch wütend, aber sie durften hier kein Aufstand machen. „Ich würde gerne wissen, wem diese Stimme gehört“, sagte Tiara im ruhigen Ton, während Selena barsch sagte: „Komm dahinten raus.“ Der Vorhang raschelte und eine Frau kam raus. „Was fällt dir ein du…“ Ihr Satz blieb unvollständig, als sie Selena und Tiara erkannte. Erst wurde die Frau ganz blass, dann hochrot. Wie eine Tomate, fand Tiara. Margot sah auf ihre Schuhe. Tiara merkte, dass sie Angst vor dieser Frau hatte. „Mylady…Ich wusste nicht, dass Ihr es seid…“ Fing die Frau nun in einem ganz anderen Ton zu reden. „Das ist noch lange kein Grund, so mit Kunden zu reden. Du solltest dich schämen, Margot so…“ Tiara stieß unauffällig ihr Ellenbogen, gegen Selenas Seite. Dann deutete sie auf Margot. Wenn sie jetzt nicht aufhören würde, würde diese Hexe, alles an der armen Margot rauslassen. Selena schluckte ihren Satz runter, dann wandte sie sich, mit einem Lächeln, an Margot. „Margot, hast du auch Haarketten?“, Selena deutete auf ihre Haarkette. Margot holte tief Luft und sah Selena an. „Leider nicht Mylady.“ „Hm. Kannst du sowas herstellen?“ „Ja, Mylady.“ Selena klatschte in die Hände. „Das ist super! Dann möchte ich welche haben. Kannst du eins mit solchen Steinchen machen?“ Selena zeigte auf die grünen Steinchen. Sie sahen aus wie Smaragde. „Natürlich, Mylady.“ „Was sind das überhaupt für Steinchen?“ Selena nahm eins in die Hand. „Das sind Kristalle, Mylady. Ich züchte sie selbst.“ Selena sah Margot an. „Das kannst du?“, fragte nun Tiara. Margot nickte. „Kannst du auch eines für mich machen? Selena, trägt immer eins und ich komme mir dann mit meinem Diadem so fehl am Platz vor.“ „Natürlich kann ich auch eins für Euch machen.“ „Wenn du damit fertig bist, bringe es ins Schloss. Ich werde es dann entgegennehmen.“ „Wie Ihr wünscht.“ Tiara sah sich nun die anderen Schmuckstücke an. „Schau mal, Sel. Freundschaftsbänder.“ Tiara nahm sie in die Hand. „Sie sind wunderschön.“ Es war ganz schlicht. Sie waren weiß geknüpft und hatten in bestimmten Abständen Perlen. Das eine hatte weiße, glitzernde Perlen und das andere grüne. Arthane und Thalia. „Perfekt für uns.“ Selena nahm das mit den grünen Perlen und befestigte es um Tiaras Handgelenk. Tiara machte das gleiche mit dem anderen Armband bei Selena. „Wieviel kosten sie?“, fragte Tiara, da Selena ihres gerade bewunderte. „Es ist ein Geschenk“, sagte Margot schnell. Nun sah Selena auf. „Rede doch kein Unsinn. Du hast dir dafür sehr viel Mühe gegeben. Natürlich werden wir sie bezahlen“, Sel klang verärgert. „Was Selena damit meint, ist, dass wir genau wie die anderen, dafür zahlen. Also, wieviel kosten sie?“ „Vier Silberstücke.“ „Geht doch“, sagte Tiara lächelnd und holte ihr Geld raus. „Ich regele das mit dem Geld“, sagte die Frau und streckte die Hand aus. Tiara wollte wiederwillig ihr das Geld geben, als Selena sie aufhielt. „Nein tust du nicht. Dieser Stand gehört Margot. Sie stellt die Schmuckstücke her und verkauft sie, also hast du keinerlei Mitspracherecht.“ Die Frau wurde erneut rot. Diesmal vor Wut. Unbeeindruckt fuhr Selena fort. „Sollte ich je herausfinden, dass du dich doch in Margots Sachen einmischt, wirst du nirgends mehr ein Stand haben. Ich lasse es dir um Margots Willen durchgehen, dass du die Tochter von deinem König und die Tochter von Königin Flanna beleidigt hast. Das auch noch mehrmals. Normalerweise gehe ich damit nicht offen vor. Wäre mein Bruder noch dabei gewesen, hättest du höchstwahrscheinlich Bekanntschaft mit dem Kerker gemacht. Sei froh, dass du Margot hast.“ „Auf wiedersehen, Margot“, sagte Tiara. „Auf wiedersehen, Mylady.“ „Ach und bevor ich es vergesse.“ Selena sah die Frau an. „Ich habe überall Augen und Ohren.“ Danach hakte sie sich bei Tiara unter und verließ den Stand. „Denkst du, sie hat es mir abgekauft?“, fragte Sel, als sie außer Hörweite waren. „Wenn ich dich nicht kennen würde, hätte ich es dir abgekauft“, antwortete Tiara und lachte leise. „Gut! Wie ich solche Leute nicht ausstehen kann. Die arme Margot, sie hat Angst vor dieser Frau, sonst hätte ich solche bösen Dinge gesagt!“ „Ich weiß, Sel. Aber ein Glück, dass du es nicht getan hast.“ Sel nickte bloß. „Aber eine Frage habe ich.“ Sel sah ihre Freundin fragend an. „Warum hast du Alic miteinbezogen? Er hätte sie doch nie ins Kerker gesteckt.“ Selenas Mundwinkel zuckten. „Das weißt du und ich. Jemand anderes nicht, also…“ Selena unterbrach sich selbst, als ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Sie sah sich um, aber sah nichts ungewöhnliches. Merkwürdig. „Sel?“ Tiara schüttelte ihre Freundin am Arm. „Hm?“ „Was ist los?“ Selena blinzelte ein paar mal. „Ich dachte, ich hätte etwas…gespürt“, murmelte sie. „Gespürt?“ „Ja, so eine seltsame Aura oder so.“ Nun sah sich auch Tiara um. Aber auch sie sah nichts ungewöhnliches. „Das hast du dir bestimmt nur eingebildet. Komm, wir machen ein wenig Werbung für Margots Stand.“ Selena nickte und lief mit ihrer Freundin los.