Runa:
Stimmen von unten weckten sie auf. Es hörte sich nach Chaos an. Was war denn nun passiert? Sie stand auf und band ihre Haare zu einem festen Zopf. Dabei zuckte sie zusammen. Ihr Oberarm schmerzte. Blöde Verletzung. Sie nahm eine Schmerztablette, schluckte sie runter und trat aus dem Zimmer. Sie lief langsam die Treppen runter und versuchte die Zwillinge nicht zu wecken, die im selben Gang schliefen. Der Morgen war erst aufgebrochen. „Was ist denn hier…“, Runa hielt mitten in ihrem Satz inne und sah den Mann an, der neben dem Kamin stand. Sie holte tief Luft, betete, dass er sie nicht wiedererkannte und trat zu den anderen. Tiara bemerkte sie als Erste. „Guten Morgen, haben wir dich geweckt?“, fragte sie. Obwohl es stimmte, verneinte Runa. „Oh, guten Morgen“, sagte auch Selena und somit landete Nialls Blick auf Runa. Er zog die Augenbrauen zusammen und trat näher. Oh nein, dachte Runa. Niall trat einen Schritt vor und sah sie genauer an. „Runa?“ Er hatte sie wiedererkannt. „Hallo Niall.“ Er sah verwirrt aus, sie konnte es ihm nicht verübeln. Als er sie das letzte Mal gesehen hatte, war sie noch brünett gewesen. Aber dann lächelte er und kam mit großen Schritten auf sie zu. Im nächsten Moment hatte er sie umarmt. Runa schluckte die Tränen runter und umarmte ihn. Sie hatte bis jetzt nicht geahnt, wie sehr sie ihn vermisst hatte. Sie krallte ihre Finger in sein Hemd. „Ich nehme das von gestern zurück, anscheinend hat sie nichts gegen Umarmungen“, flüsterte Damian Selena zu. „Du siehst ganz anders aus.“ Sagte er schließlich und lehnte sich zurück. „Ein neuer Image“, sagte sie bemüht locker. Aber Niall merkte, dass etwas nicht stimmte. „Deine Augen, die sind auch nicht mehr grün.“ „Ja, hab auch eine neue Augenfarbe bekommen. Cool, oder?“ „Ich schätze mal, das ist eine längere Geschichte, aber wo steckt denn dein Bruder? Schläft er noch?“ Runas Blick blieb Ausdruckslos. „Du hast einen Bruder?“, fragte Thea. Niall sah Thea an. „Ja hat sie. Aik. Er müsste jetzt elf oder so sein. Wo ist der Bengel?“ „Bei meinem Vater“, sagte Runa mit leiser Stimme. Nialls Augen weiteten sich. Denn er wusste, dass Runas Vater gestorben war. „Runa, was ist passiert?“, fragte er mit ernster Stimme. Luft holen fiel Runa immer schwerer. „Ich muss an die frische Luft“, sagte sie, aber Niall hielt sie fest. „Runa…“ Runas Unterlippe fing an zu zittern. Sie biss schnell darauf. Doch dann wurde ihr Blick ganz leer, als wäre sie in der Vergangenheit. „Es ging alles so schnell, Niall. Ich konnte nicht… Ich dachte ich könnte, aber…Ich war zu schwach“, sagte sie mit bebender Stimme. „Komm mal mit“, sagte er und zog sie mit sich. Sie verließen das Haus.