"Komm uns besuchen", sagt Juna, als ich mich von ihnen verabschiede. Die Sonne ist bereits aufgegangen und der Himmel ist klar. "Bist du dir sicher, dass ich dich nicht begleiten soll?", fragt Amon. "Ich schaffe das schon. Du musst bei deinem Dorf bleiben." Er nickt bloß. Zum Schluss trete ich vor die Großmutter. "Ich bin dir sehr dankbar, dass du mich aufgenommen hast und mir überhaupt eine Chance gegeben hast." "Ach Kindchen, ich habe doch nichts gemacht. Aber ich bete für dich, dass du eine sichere Reise haben wirst." "Danke." Ich umarme sie noch und ziehe mir die Kapuze über. "Denk an deine Deckung und an dein Vorteil, wenn du kämpfen musst", sagt Amon und auch er schließt mich in seine Arme. Wenn wir verwandt wären, oder ich ihn länger kennen würde, wäre er sicher wie ein Bruder für mich. "Danke Amon." Ich winke ihnen zum Abschied und verlasse das Dorf. Amon hat mir eine aktuellere Karte gegeben und laut dieser Karte, dauert es nur bis zum späten Nachmittag. Dann hätte ich auch mehr Zeit, um nach einem Gasthaus zu schauen. Ich laufe am Weg entlang und ab und zu kommen Pferdewägen an mir vorbei. Keiner beachtet mich. Ist eigentlich auch gut so, denn so habe ich keine Probleme. Die Sonne scheint bereits hoch am Himmel, aber da wir noch Frühjahr haben, ist es nicht zu warm. Gegen Nachmittag sehe ich den hohen Turm, von dem Amon mir erzählt hat. Das ist der Turm, der im Zentrum der Stadt steht. Es wird auch als Sonnenuhr bezeichnet. Ich bleibe kurz stehen um zu verschnaufen, denn mein erstes Ziel ist sehr nahe. Wenn ich jetzt noch etwa zehn Schritte gehe, betrete ich die Feuernation. Noch nie bin ich jemandem aus der Feuernation begegnet. Ich hole tief Luft und laufe weiter. So jetzt habe ich die Feuernation betreten. Ich laufe zum großen Tor, welches von zwei Männern bewacht wird. Sie haben rote Kriegerklamotten mit einem goldenen Gürtel an. Außerdem haben sie rote Gesichtsbemalung. Sie halten mich nicht auf. Juna hatte recht mit dem schwarzen Umhang. Sie haben mich kaum beachtet. Die Sonnenstadt ist sehr belebt. Ich laufe durch den Markt, um mir Proviant zu kaufen. Dann suche ich ein Gasthof, aber da ich mich hier überhaupt nicht auskenne, beschließe ich eine andere Elfe zu fragen. "Entschuldigt bitte, aber wo gibt es hier einen guten Gasthof?" Die Elfe schaut mich skeptisch an. Kein Wunder auch, hier habe eine Kapuze auf und man kann mein Gesicht kaum erkennen. Letztendlich zeigt sie auf ein Gebäude. "Vielen Dank." Ich laufe weiter. Als ich das Gasthaus betrete, wandern viele Blicke auf mich. Meine Augen müssen sich erst einmal an die Dunkelheit gewöhnen. Doch schließlich laufe ich zum Tresen. "Was darf es sein?", fragt der Wirt. Er ist schon etwas älter und ist sehr mollig. "Ich würde gern ein Zimmer für eine Person nehmen." "Für wie lange?" "Eine Nacht." "Nimm erst einmal die Kapuze ab, ich muss sehen, ob du gefährlich bist." Ich nicke und nehme meine Kapuze ab. Seine Augen weiten sich kurz, doch dann fasst er sich schnell wieder. Juna hat mir zwei Strähnen jeweils an einer Seite geflochten und hinten zusammengesteckt. Der Rest meiner schwarzen, langen Haare, fallen in Wellen über meine Schultern, bis zu meinem Kreuz. "Hier." Er reicht mir einen Schlüssel. "Danke." Ich kehre ihm den Rücken zu und sehe einen Elfen etwa in meinem Alter, vielleicht auch ein, zwei Jahre älter auf mich zu kommen. Beziehungsweise stolpert er an mir vorbei und fängt sich gerade noch so. Ich laufe zu den Treppen und sehe dann doch noch einmal zurück. Er stützt sich am Tresen und redet auf den Wirt ein. Dieser sieht ziemlich wütend aus. Kopfschüttelnd laufe ich die Treppen hoch und betrete mein Zimmer. Es ist sehr, sehr schlicht und einfach eingerichtet. Ein einzelner Bett steht an einem Fenster. Daneben ist ein kleines Nachttisch mit einer Schublade. Außerdem steht ein Schreibtisch und eine Kommode im Zimmer. "Besser als draußen zu schlafen", sage ich zu mir selbst und schließe die Tür. Ich laufe zu dem Bett und lege meine Tasche darauf. Ich brauche etwas zum Anziehen, was nicht aus grünem Stoff besteht. Unter dem grünen Kleid habe ein noch ein dünnes, etwas längeres Tunika an, welches schwarz ist. Rot wäre natürlich besser, also beschließe ich, noch schnell zum Markt zu gehen. Immerhin ist es noch nicht dunkel. Ich lasse mein Proviant, was ich eingekauft habe in meinem Zimmer und verlasse es schließlich. Von dem betrunkenen Elfen ist keine Spur mehr zu sehen. Ich gehe zum Tresen. "Entschuldigt bitte, wo kann ich hier Kleidung kaufen?" "Auf dem Markt gibt es viele Stände. Dort findest du sicher etwas." "Dankeschön." Ich ziehe meine Kapuze über und verlasse das Gasthof. Ich laufe die Straße entlang und halte gleich am ersten Stand an, welches Kleidung verkauft. "Hallo", begrüße ich die Elfe hinter dem Stand. "Hallo, wie darf ich behilflich sein?" "Ich suche nach einem Kleid, in dem ich mich gut bewegen kann. Am besten in einer Farbe, in der in nicht so sehr auffalle." "Das wird schwer. Ihr wisst doch, dass unsere Nation die Farbe rot trägt." Ich überlege kurz. Ich werde überwiegend durch die Feuernation reisen, also wäre die Farbe keine schlechte Wahl. "In Ordnung, habt Ihr etwas da?" "Ja, wie wäre es hiermit?" Sie zeigt mir ein weinrotes Kleid, welches vorne kürzer geschnitten ist, als wie hinten. Die Taille wird mit dem selben Stoff, welches angenäht ist, umrahmt. Die Ärmel sind lang und fallen ab dem Ellenbogen weit aus. Die sind aus einem transparentem Stoff. Darunter könnte ich eine schwarze Leggings anziehen. "Das nehme ich. Wie viel kostet es denn?", frage ich schließlich. "10 Silberstücke." Wow, das ist ganz schön teuer. Ich habe gerade mal 30 Silberstücke bei mir und mein Weg ist noch weit. Aber ich komme nicht weit, wenn ich mich nicht anpasse. Also bezahle ich. "Habt Ihr eine Umkleide hier?" "Ja, hier hinten. Wollt Ihr es gleich anziehen?" "Ja." Ich gehe hinter den Stand in eine selbst angefertigte Umkleide und ziehe mich um. Danach verabschiede ich mich von der Verkäuferin und laufe Richtung Gasthaus. Als ich an einer Seitenstraße vorbei komme, sehe ich wie drei Männer einen Mann in die Ecke drängen. Ich erkenne den Elfen. Das ist der, der vorhin im Gasthaus betrunken war. An seinem Zustand hat sich dem Anschein nach auch nichts geändert. Ich überlege, ob ich ihm helfen soll, aber was kann ich denn gegen drei muskulöse Männer anrichten? Außerdem sollte ich nicht auffallen. Ich will weitergehen, aber da werde ich schon am Arm gepackt. "Lasst los", rufe ich und versuche mich aus seinem Griff zu befreien. Ohne dass ich es gemerkt habe, ist ein weiterer Elfe aufgetaucht. "Wen haben wir denn da?", lallt er und sein Atem stinkt nach Alkohol. Er zerrt mich zu den anderen. "Lasst sie gehen, sie kennt mich nicht einmal", sagt der Elfe, der in die Ecke gedrängt wurde. Eine große Hilfe wird der mir nicht sein. Kaum zu glauben, dass mir das hier passiert. Ich dachte, die Gefahr würde mich außerhalb der Stadt erwarten, aber da habe ich mich wohl geirrt. Mein Herz klopft wie wild und ich versuche mich erneut zu befreien, aber dadurch verstärkt er nur seinen Griff und ich verzerre vor Schmerz mein Gesicht. "Nimm ihr die Kapuze ab", sagt einer der Elfen. Daraufhin zerrt mir der Elfe, der mich festhält die Kapuze runter. "Oh, wie hübsch die ist", lallt er. "Wir können die verkaufen, was meint ihr?" Verkaufen?! "Los lassen!", sage ich nun lauter. "Die kann ja reden", sagt einer und alle anderen fangen an zu lachen. Ich will um Hilfe rufen, aber der Betrunkene merkt es und hält mir schnell den Mund zu. Ich sehe Hilfe suchend, den Mann an, der ebenfalls von den Männern bedrängt wird. "Ich sage es nicht noch einmal. Lasst das Mädchen los", sagt er mit fester Stimme und erhebt sich. Okay, auf einmal lallt er nicht mehr und scheint auch klar denken zu können. Vielleicht habe ich doch noch eine Chance, hier lebend zu entkommen. "Was willst du denn machen?", sagt einer der Elfen lachend. Ich erkenne in seinen Augen, dass er viel machen kann. Plötzlich entflammt ein Feuer und der Elfe lässt mich los. Ich stolpere zurück und drücke mich an die Wand um nicht von dem Feuer erwischt zu werden. Feuerbändiger, schießt es mir durch den Kopf. Ich sehe zu, wie er einen nach dem anderen kampfunfähig macht. Doch der letzte, der Anführer ist ebenfalls ein Feuerbändiger. In seinen Händen entflammt ebenfalls Feuer in Form von Dolchen. Doch bevor er angreifen kann, entstehen Blitze um den Elfen, der sie rettet. Sofort erlöschen die Flammen von dem Anführer und er starrt den Mann vor sich an. "Du...du bist...du...Inaki." Gleich darauf rennt er davon. So wie der reagiert hat, sollte ich wohl auch auf der Hut sein. Ich entferne mich einige Schritte von ihm, während er das Feuer löscht. "Wenn ich dir etwas tun wollen würde, hätte ich es bereits getan. Also entspann dich." Ich räuspere mich. "Dann, danke ich dir." "Was suchst du überhaupt in einer Seitenstraße? Weißt du nicht, dass hier keine guten Elfen unterwegs sind?" "Naja, ich stamme nicht von hier." Er kommt auf mich zu. "Du weißt jetzt wer ich bin, aber du wirst schön schweigen. Ist das klar?" "Was?", frage ich verwirrt. Er seufzt. "Ich habe dir dein Leben gerettet. Als Gegenleistung könntest du einfach schweigen." "Wem sollte ich denn von dir erzählen? Ich kenne dich nicht einmal." "Du hast gesehen, wie ich Blitze erzeuge", sagt er und nimmt an, dass das eine Erklärung wäre. "Ja, denn ich habe Augen im Kopf. Ich wusste nicht, dass Blitze zu Feuerbändigern gehören", murmele ich. Denn davon habe ich wirklich noch nie etwas gehört. "Du weißt wirklich nicht, wer ich bin", stellt er schließlich fest. Ich nicke. "Obwohl, der Typ hat dich mit Inaki angesprochen. Ich nehme an, das ist dein Name." "Mein Deckname." Ich frage nicht nach seinem richtigen Namen, denn ich habe das Gefühl, das mir das Ärger einhandeln würde. "Ich gehe dann. Nochmals danke dass du mir geholfen hast." Ich wende mich ab, ziehe mir erneut die Kapuze über und laufe los. "Warte." Er hält mich am Handgelenk fest. "Ich sollte dich wenigstens begleiten, bis du sicher bist." "Nicht..." Er ignoriert mich und zieht mich bloß hinter sich mit. "Ich kann auch alleine laufen." Nachdem wir wieder auf der Hauptstraße sind, lässt er mich los und verschwindet, ohne etwas zu sagen in der Menschenmenge. Was für ein seltsamer Typ. Ich laufe zurück zum Gasthaus. Völlig erschöpft betrete ich mein gemietetes Zimmer und lege mich schlafen. Morgen werde ich sehr früh aufbrechen. Ich schlafe auch sehr schnell ein.