In einer Zukunft, die nicht ganz so fern ist, wie man es sich wünschen könnte...
Die Stadt war nur ein Beispiel von vielen. Das gleiche Schema wie überall auf der Welt. Die reiche Elite in der abgeriegelten Oberstadt, und der Großteil der Bevölkerung in der Unterstadt, einem verwirrendem Gewirr aus Gassen und Stockwerken.
Diese Stadt war trotzdem etwas besonderes, denn sie war die Hauptstadt ihres Landes. Sie war auf den Trümmern der alten Stadt erbaut und da zu den Seiten vor lauter Fabriken und einigen natürlichen Hindernissen kein Platz mehr war, expandierte sie schon seit Jahren in die Höhe. Die Wolkenkratzer bekamen ständig neue Stockwerke oder ganze Gebäudekomplexe aufgesetzt. Schwindelerregend hoch über den Straßen liefen Stege, Brücken oder Glasgänge und verbanden die hohen Stockwerke miteinander. In der Oberstadt gab es den Geschichten zufolge Menschen, die nie auf die Straßen gehen mussten, sondern sich nur in den hohen Stockwerken bewegten, von der Geburt an bis zum Tod.
In der Unterstadt dagegen... die Gebäude waren hier nicht ganz so hoch, dafür standen sie näher zusammen. Oft war schlichtweg kein Platz mehr, um eine Brücke zum nächsten Gebäude zu bauen, und ehrlicher Arbeit konnte man sowieso nur auf den Straßen nachgehen, als Händler oder Postbote oder Straßenkehrer. Oder man wurde Kistenschlepper im Hafen. Man arbeitete lange und hart und konnte sich am Ende der Woche einen ganzen Laib Brot aus der Oberstadt kaufen.
Wenn man keine Lust hatte, sein Leben zwischen dem Dreck aus den Fenstern geworfener Bierdosen zu verbringen, dann wurde man ein Runner. Die Runner waren cool, mutig und gerissen. Sie nannten sich Runner, weil ihre Wurzeln im Parcours lagen, doch diesen Weg hatten sie verlassen, als die Technologien eine neue Ebene erreichten: Fortbewegung in der Luft. Airboards, Neo-Roller, Düsenjetpacks und ähnliches waren keine Seltenheit, und noch seltener waren Exemplare, die nicht illegal getuned waren. Die Runner gehörten natürlich zum Widerstand.
Und der Widerstand erhob sich jetzt. Zu lange hatte die Oberstadt ihren Handel kontrolliert, sie ausgesperrt und verachtet. Jetzt begann die Rebellion, die glorreiche Befreiung der Unterstädte. In jeder Stadt sollte es beginnen, in jedem Land. Diese Rebellion würde nicht scheitern, weder an der Macht ihrer Gegner, noch an der fehlenden Macht der Befürworter. Diesmal war das Feuer stark genug, diesmal hatte es diesen einen Funken gegeben, der zur richtigen Zeit am richtigen Ort den Waldbrand entfachte.
Die Runner liefen auf die Straßen, ihre Stimmen wurden lauter und zahlreicher. Die Flamme der Gerechtigkeit brannte durch das Land, und man musste wahnsinnig sein, wollte man sich ihr in den Weg stellen. Laut waren die Gesänge, die Gesichter grimmig und entschlossen.
Der Widerstand reckte die Faust zum Himmel, hob Plakate mit den Gesichtern seiner Märtyrer.
Die Zeit der Befreiung war endlich gekommen.
Die Gesichter der beiden mutigen Mädchen Camilla und Jo waren überall zu sehen. Das Blitzen in den grünen und blauen Augen stachelte die Widerstandskämpfer zu einem noch nie dagewesenem Krieg an. Die Flamme Camillas brannte jede Nacht, in jeder großen Oberstadt, gelegt von kleinen, schleichenden Dieben nach dem Vorbild Jos.
Die Märtyrer, Camilla und Jo, waren die Flügel der Revolution, die ihr Tod hervorgerufen hatte.
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Das ist natürlich kein Zwang und du solltest das nur tun, wenn du gerade etwas entbehren kannst.
So oder so bedanke ich mich vielmals für's Lesen!