Arya sank bei Delina auf die Knie und rüttelte sie leicht an der Schulter: "Wach auf Lina, wir haben keine Zeit zu verlieren, wir müssen die Verfolgung aufnehmen!"
Die Elfe spürte eine schwere Hand auf ihrer Schulter: "Gib ihr einen Moment..."
Claudes Stimme war ruhig und so voller Verständnis: "In der Nähe gibt es einen sicheren Unterschlupf für uns, dort sollten wir uns sammeln bevor wir verletzt und geschwächt einem unberechenbaren Feind folgen. Sie rechnen sicher damit dass wir das tun, es ist wichtig, dass wir überlegt handeln!"
Arya nickte traurig, der Druide hatte recht, auch ihr Körper schmerzte von den Strapazen und Delina schien völlig am Ende zu sein.
"Mein Gasthaus oder Druide?", fragte Badria schwer atmend, auch sie war erledigt.
Claude nickte: "Natürlich, schließlich habt ihr es mit einem Zauber belegt, sodass es nicht jeder betreten kann!"
Badria nickte, sie ließ sich auf die Knie fallen und fragte sich, warum auch ihr Herz so unglaublich schwer war. Gegen Church zu kämpfen war kein Problem für sie gewesen, sie hatte ihm immer misstraut und innerlich den Tag herbeigesehnt, an dem sie sich für das was er angetan hatte rächen konnte. Aber das was sie gesehen und gehört hatte, Delina hatte den Dunklen dazu gebracht sich so schwach und verwundbar zu zeigen. Als könnte sie ihn durch all seine Schwärze erreichen.
"Mein Licht...", das waren seine Worte gewesen und seine Stimme... Badria hatte das Gefühl, das diese gebrochene Gestalt bloß eine Marionette war die dazu benutzt wurde möglichst großen Schaden anzurichten. Ein lebendes Schutzschild für den Dunklen, aber die Person deren Körper diese Bürde zu tragen hatte, schien irgendwo tief darin noch zu existieren.
"Du hast mir den Raben geschickt, nicht wahr, Druide?", fragte Badria vorsichtig in ihr keimte ein beinahe unmöglicher Verdacht.
Claude schüttelte den Kopf: "Nein, ich verfüge über keinen Raben. Dieses Tier gehört zu jemand anderem, aber auch Deseis hat ihn nicht geschickt, so offensiv würde er nicht eingreifen. Außerdem hat er ernsthaft versucht Arya zu töten, ich denke nicht das er versucht hat dir zu helfen!"
Badria reichte Arya den Brief: "Du kennst die Handschrift von Churchs Onkel, ist sie das?"
Arya betrachtete die ordentlich geschriebenen Zeilen: "Nein, auf keinen Fall!"
Badria nickte und nahm den Brief wieder an sich, drückte ihn an sich und begann zu weinen.
"Badria, was hast du?", fragte Arya besorgt und erhob sich um auf sie zuzugehen, aber Badria hob abwehrend die Hände.
"Lasst mich jetzt bitte alleine!", ihre Stimme klang brüchig und sie weinte bittere Tränen, "Geht jetzt!"
"Wie konnte das passieren?", Church, der sich dank den Künsten des Hexenmeisters schnell regeneriert hatte, schoss seine Fäden durch die Gliedmaßen des Dunklen.
Dieser schien keinen Schmerz zu verspüren, machte keine Regung, blieb stumm.
"Hör auf du benimmst dich wie ein kleines Kind!", die Stimme des Hexenmeisters ließ Church innehalten, "Wichtiger ist es jetzt Annys Körper ausfindig zu machen und zu vernichten. Bevor unser Feind merkt wonach wir suchen!"
Church winkte ab: "Niemand weiß davon, niemand hat sie je gesehen oder von ihr gehört! Deseis hat nicht einmal Arya von ihr erzählt!"
Deseis mischte sich ein als er den dunklen Raum in Buldarak, in dem sie sich verschanzt hatten, betrat.
"Es gebe eine Möglichkeit davon zu erfahren, das weißt zu, Church!", der Rabe rieb sich genervt den Nasenrücken, wer hatte gedacht das Church Delina entkommen lassen würde. Wenn es ihnen nicht gelingen würde das Band, das sie extrem schnell zu Menschen aufbaute zu durchtrennen, könnte sie eine Gefahr darstellen.
"Das Flüstern...", die maskierte Gestalt des Dunklen brach zusammen, "Dunkelheit!"
Church riss die Augen auf: "Hexer, willst du nicht endlich etwas gegen diesen körperlichen Verfall unternehmen?"
Die Augen des Hexers blitzen kurz golden aus den Schatten heraus: "Das kann ich nicht, wenn wir keine Lösung für dieses Problem finden dann werden wir so oder so scheitern!"
Deseis überlegte: "Ein toter Körper ist nun mal nicht optimal, außerdem wird diese Runde irgendwann brechen, so wie bei Church! Also was zum grünen Höllenfeuer sollen wir dagegen tun?"
Der Hexer seufzte tief, er wollte nicht sagen, was er dachte, aber Deseis würde es sonst an seiner Stelle tun.
"Wir brauchen jemanden der über außergewöhnliche Heilkräfte verfügt, andere als die der Engel!", brachte er dann hervor.
Deseis nickte: "Jemanden den wir in unsere Gewalt bringen müssen, um das zu tun. Aber wir sind gerade ziemlich eingefahren, falls dir das entgangen ist. Claude... All die Jahre war er bloß ein Säufer. Warum muss er gerade jetzt wieder klar im Kopf sein. Er ist brillant, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht. Ein Stratege den man nicht unterschätzen darf, er hat alles, was wir geplant hatten vereitelt, weil er es vorausgesehen hat!"
Church raufte sich die Haare: "Warum konntest du ihn nicht einfach töten, wenn du wusstest das dieses Genie uns gefährlich werden kann?"
Deseis lächelte, sein kleiner Neffe hatte wohl keine Ahnung, wie viel Kraft in diesem Druiden steckte.
"Ich habe Claude nicht ausgeschalten...", er machte eine kurze Pause und seufzte tief, "Weil ich diesen Kampf verloren hätte!"
Church begann zu fluchen und verließ dann wütend den Raum, der Hexenmeister schien über Deseis Worte nachzudenken.
Dann aber wurde Deseis klar, dass er nur gewartet hatte bis Church außer Hörweite war.
"Was hat es mit Annys Körper auf sich, Deseis?", fragte der Hexer dann und sah ihn mit seinen golden funkelnden Augen an.
Deseis seufzte tief, die Erinnerung an Anny schmerzten ihn, er hatte ihre komplette Existenz tief in sich begraben, eine Türe die er nicht öffnen wollte, zumindest nicht bewusst.
"Ein Hexenmeister kann in den Geist eines anderen eindringen, oder?", fragte er deswegen.
Der Hexer nickte und näherte sich Deseis, dann legte er ihm eine Hand auf die Stirn woraufhin der Schatten das Bewusstsein verlor.
Zuerst verschwommen, aber dann ganz klar konnte der Hexer erkennen das Deseis, damals noch ein junger Mann, unentspannt vor einer Türe auf und ab lief.
Der Schatten sprang vor Schreck in die Luft, als die Türe aufgerissen wurde und sein älterer Bruder, Baal diese sogleich wieder hinter sich zuschlug.
"Baal...", Deseis musterte den kühlen Gesichtsausdruck des Schattenkönigs, "Was ist passiert? Geht es Eva nicht gut? Was ist mit dem Baby?"
Baal ballte seine Hand zu einer Faust und schlug gegen die Türe: "Es ist ein Mädchen!"
Deseis schien nicht zu verstehen, warum sein Bruder damit so ein großes Problem hatte.
"Ist sie gesund? Wie heißt sie? Darf ich sie mal halten?", der Hexer konnte kaum fassen welch liebevoll aufgeregten Gesichtsausdruck Deseis damals noch hatte, so voller Emotionen und Glück.
"Eva muss sich erholen, damit sie mir schnell Söhne gebären kann, was soll ich mit einem Mädchen anfangen?", Baal entfernte sich und Deseis schien unschlüssig vor der geschlossenen Türe zu stehen.
Dann klopfte der Schatten vorsichtig, fast schüchtern und trat ein.
Baals Frau, Eva, lag weinend in ihrem Bett, in ihrem Arm ein winziges Baby. Deseis riss die Augen auf und schien so ergriffen zu sein das ihm die Tränen kamen.
"Eva... Darf ich sie sehen?", fragte er schüchtern, traute sich nicht sich zu nähern.
Eva wischte sich mit ihre freien Hand die Tränen aus dem Gesicht und setzte dann ein freundliches Lächeln auf: "Natürlich darfst du das, Deseis!"
Deseis sprintete förmlich zum Bett und hielt einen Moment später das winzige Mädchen in seinen Armen. Sie öffnete kurz verschlafen ihr schwarzen Augen und Deseis konnte nicht anders, als das kleine Ding anzustrahlen.
"Hat sie schon einen Namen?", fragte er dann und Eva schüttelte traurig den Kopf.
"Der Tradition nach gibt der Vater seinem Neugeborenen einen Namen, aber als Baal gesehen hat das sie ein Mädchen ist, ist er davon gestürmt...", Eva kamen wieder die Tränen, "Einer Frau ist nicht gestattet ein Kind zu benennen. Sag Deseis, würdest du deiner Nichte einen Namen geben?"
In diesem Moment machte das Baby ein unheimlich niedliches fiependes Geräusch und Deseis lächelte die Kleine wieder an.
"Anny, ich finde Anny schön. Ein schöner Name für ein schönes Mädchen!"
Der Hexer empfand diese Szene als genug aus dieser Zeit, er musste weiter gehen. Anny schien keinen guten Stand bei ihrem Vater gehabt zu haben, aber ihr gehörten die Liebe ihrer Mutter und ihres Onkels.
Das Bild verschwamm, als er begann tiefer zu graben in den dunkelsten Erinnerungen von Deseis.
Er konnte ihn erkennen, auf Baals schloss zueilend, erwachsener als zuvor.
Schnell durchquerte er das Haus, schien seinen Bruder keines Blickes zu würdigen und eilte in dasselbe Gemach, in dem er Anny ihren Namen gegeben hatte.
"Eva!", Deseis eilte zu der in einer Ecke kauernden weinenden Frau, "Eva was ist passiert? Wo ist Anny?"
"Deseis!", Eva sah ihn erschrocken an, "Baal wird dich einsperren dafür das du ohne seine Zustimmung früher von der Front zurückgekehrt bist!"
Deseis war das scheinbar völlig egal: "WO IST ANNY, EVA?"
Diesmal schrie er sie an, Panik und Angst in seiner Stimme, Tränen stiegen ihm in die Augen.
"Er hat sie...", Eva schloss ihre Arme um ihren Körper und zog die Knie an sich, "Als er erfahren hat das ich schwanger bin... Er hat sie in die eisigen weiten geschickt, Deseis!"
Deseis sagte kein Wort mehr, eine Träne rann ihm über die Wange. Der Hexer war wirklich überrascht, der Schatten schien eine extrem innige Beziehung zu seiner Nichte gehabt zu haben.
Er beschloss weiter zu gehen, vorbei an dem großen Streit zwischen Deseis und seinem Bruder, weiter in das ewige Eis das einige Gebiete des neunten Kreises bedeckte.
Er sah Deseis, eingehüllt in warme Kleidung, wie er durch den Schneesturm, der um die Festung von Harmun tobte, schlug.
"Anny!", immer wieder schrie er verzweifelt ihren Namen, "Anny bitte sei nicht tot!"
Der Hexer sah Deseis verzweifeltes Gesicht, die beinahe gefrorenen Tränen auf seinen Wangen, plötzlich sah er ein Feuer, unweit in dem kleinen Wald vor der Festung.
Man konnte sehen, wie er zu hoffen begann und rannte, als ginge es um sein Leben.
Er näherte sich dem Feuer und entdeckte eine Frau, in Decken gewickelt, sie hatte ein kleines Mädchen mit roten Haaren am Arm, ihre orangenen Augen musterten Deseis interessiert.
"Verdammt!", entfuhr es dem Schatten, er schien dabei zu sein alle Hoffnung zu verlieren.
"Endlich bist du hier, Deseis!", die Frau sah ihn mit ihren ebenfalls orangenen Augen streng an, "Und doch muss ich dir sagen, dass du zu spät kommst!"
Deseis sah sie schockiert an: "Woher kennst du meinen Namen, Hexe?"
Die Frau starrte den Schatten nun misstrauisch an, dann zog sie eine Decke von ihrem Lager, auf dem Stroh darunter lag, zusammengekauert in einem dünnen Leinenhemd und einer kurzen Hose, barfuß, Anny.
Ihre Haut war nicht mehr einfach nur blass und kränklich, sie war bläulich und ihr davor schwarzes Haar schien nun ebenfalls eher in ein dunkles blau zu gehen.
"Wie könnt ihr grausamen Schatten ein Mädchen ohne Schuhe hier herschicken? Wolltet ihr das sie stirbt? Es war dein Name, Schatten, den sie gewimmert hat, als ich versucht habe sie wieder aufzuwärmen. Aber nichts hilft mehr, kein Feuer, keine Magie. Sie ist nun ein Teil der Kälte hier, berührt vom Atem des Harmura. Ich habe keine Ahnung warum ein Titan so etwas für ein einfaches Schattenmädchen tut, aber wenn sie diese Umwandlung überlebt hast du sie zurück, deine Anny!", die Hexe erhob sich wütend und nahm ihr eigenes Kind an der Hand, "Los Caja, wir gehen!"
Das kleine Mädchen riss sich los und lief zu Anny, streichelte ihr über die Haare: "Viel Glück..."
Dann folgte sie brav ihrer Mutter durch den Sturm in Richtung Harmun.
Deseis schien nicht in der Lage diese Informationen zu verarbeiten, er lief zu Anny und hob ihren schmächtigen Körper auf.
Der Hexer begann zu verstehen, Baal hatte sein eigenes erstgeborenes Kind in den Tod geschickt damit Church und Chrunch als seine Erstgeborenen galten. Es war auch nie etwas über Annys Existenz bekannt geworden dafür hatte man wahrscheinlich gesorgt.
Dann überlegte er, vor Jahrhunderten als noch Titanen durch die Welt streiften hab es einen der im Schnee in Gestalt eines riesigen Schneeleoparden durch die eisigen Weiten streifte, diese wahrscheinlich sogar erschaffen hatte. Der Name des Titans war Harmura gewesen und die Guren hatten ihre Festung nach dem mächtigen Wesen benannt.
Damit hatte Baal wahrscheinlich nicht gerechnet und die Folgen daraus dürften spannend sein. Der Hexer entschloss weiter zu gehen, er konnte Deseis erkennen, auf dem Schlachtfeld gegen die Heerschar des Dunklen.
Er schien umstellt zu sein, als es plötzlich zu schneien begann. Schwarzer Schnee wirbelte durch die Gegner, die reihenweise zu schreien begannen und dann einfach umfielen.
Deseis sah sich um und dann entdeckte er sie, durch die toten Gegner zu ihm schreitend. Anny.
"Danke, du hast mir gerade wirklich den Arsch gerettet!", sprach der Onkel zu seiner Nichte.
Annys Augen waren nicht mehr schwarz, sie strahlten in einem eigenartigen blau, nicht klar, sondern grau verschleiert.
"Ist das alles, was ich jetzt bin, Deseis?", sie sah sich traurig um, "Eine Waffe?"
Der Hexer spürte wie Deseis Geist rebellierte, er wollte sich nicht weiter erinnern, möglicherweise konnte er es nicht, weil es ihn brechen würde. Also ließ er nach, kehrte in die Realität zurück und war überrascht über das, was er sah.
Deseis stand vor ihm, weinend.
"Anny hat sich geweigert weiter zu kämpfen und mein Vater konnte sie nicht töten. Dieses schwarze Eis, eine Mischung aus den Kräften des Titanen und unseres Schattengifts, hat sie beschützt. Sie wollte sich umbringen, aber sie konnte nicht, hatte keine Kontrolle über die Schutzfunktion ihrer Kräfte. Aber sie traf jemanden der sie an einem geheimen Ort, den niemand je finden sollte mit uralter Runenmagie in ewigen Schlaf legte... Und das alles weil ich in diesem verdammten Gefängnis saß... Ich hätte...", Deseis brach ab, das er Anny nicht retten konnte schien ihm alles abzuverlangen.
"Finn!", stellte der Hexenmeister fest, "Er hatte Verständnis für Anny die nach Baals Fall von jedem als Waffe missbraucht worden wäre! Dann haben wir wirklich keine Zeit zu verlieren!"