Amelie lehnte genervt an einem der überwucherten alten Bestandteile der lang vergangenen Druidenstadt. Arya und Claude diskutierten, weil sie nach ewigem Suchen endlich die "Türe" in eines der zerstörten Gebäude gefunden hatten. Claude behauptete tief überzeugt das dort eine Menge alter Bücher und Schriftstücke über druidische Alchemie sein müssten. Arya, die im Vollbesitz ihrer Sehkraft war, konnte allerdings nur umgestoßenen Krempel ausmachen.
Amelie beobachtete die beiden, es sah lustig aus wie Arya um Claude herumwuselte und wild gestikulierte, um dabei immer wieder auf Sachen zu zeigen, die er sowieso nicht sehen konnte.
Ihre blonden Haare standen zu Berge, weil sie sich diese so oft gerauft hatte in der Diskussion.
Dann begann sie wieder durch die Sachen zu wühlen und hielt plötzlich inne. In Schutt und anderen alten verstaubten Dingen schien sie etwas Interessantes gefunden zu haben.
Amelie wäre am liebsten in die Luft gesprungen und hätte Halleluja gesungen, schnell eilte sie zu den beiden, um den Fund zu betrachten.
Sie hatte nicht viel erwartet und war dennoch enttäuscht.
"Wow!", Arya starrte auf das Leinentuch, welches wohl mit einer öligen Farbe bemalt worden war. Darauf war, perfekt getroffen, Deseis abgebildet, der neben einem Faxen machendem Typ mit Fuchsmaske stand. Silas, eindeutig. Im Hintergrund war die verfallene Festung von Windun zu sehen, es schien aus der Zeit zu stammen, als Diliculum noch existiert hatte.
"Schätzchen, Claude kann nicht sehen!", Amelie verschränkte die Arme, "Und ich sehe ein langweiliges Bild auf einem Stofffetzen, das meiner fachkundigen Meinung nicht viel mit Alchemie zu tun hat!"
Claude griff in die Luft, um das Bild an sich zu bringen: "Das gehört mir und beweist schon einmal das wir im richtigen Raum sind!"
Arya betrachtete, wie detailgetreu Deseis darauf zu sehen war: "Hast du das gemalt?"
Amelie seufzte erneut: "Wen interessiert das Leute? Wir brauchen die Rezepte und so wie es hier aussieht ist Claude entweder ein Schwein das sein persönliches Versteck, wie einen Saustall mag oder jemand war hier und verkauft gerade fröhlich den Stoff aus dem unsere 'wir besiegen die Bösen' Träume sind auf Ebay!"
Claude verschränkte beleidigt die Arme: "Hier war es immer sauber und aufgeräumt! Und was ist Ebay?"
Amelie seufzte tief: "Der Markt von Schwarzwasser in der Menschenwelt! Egal, ich denke ich weiß wo wir unsere Sachen wieder bekommen! Ich breche auf, wartet..."
Sie zog Zettel und Stift aus ihrem kleinen Rucksack und schrieb Arya eine Adresse in Schwarzwasser auf: "Hier treffen wir uns in drei Tagen! Da ist in Schwarzwasser ein riesiges Kostümfest, ihr solltet es also schaffen nicht aufzufallen. Wenn Church und Deseis nicht total dumm sind haben sie dort schon längst ein Kopfgeld auf euch ausgesetzt! Also tut mir einen Gefallen und gebt euch so viel Mühe das ihr die betrunkenen Vandalen dort täuschen könnt und wir nicht wie immer in einen grausamen Kampf geraten und von diesem Hirschmaskenfreak und seiner Gang gejagt werden!"
Arya verdrehte die Augen, Amelies Art konnte sie nicht ab, sie tat immer so, als stünde sie über den Dingen und war allem Anschein nach nicht in der Lage irgendeine Form von Feingefühl an den Tag zu legen.
"Gut, in drei Tagen also!", Claude schien froh zu sein die Grünhaarige loszuwerden, "Arya und ich werden da sein, pass auf dich auf und versuche nicht getötet zu werden. Bei deiner liebreizenden Art kann das leicht passieren, Herzchen!"
Arya konnte nicht anders und lachte laut los, diese Ansage hatte Prinzessin Amelie dazu veranlasst sich umzudrehen und einfach ohne ein weiteres Wort, bloß mit einer abfälligen Geste zu verschwinden.
"Das hat gesessen, jetzt war sie sprachlos!", Arya klopfte Claude auf die Schulter, der zu grübeln schien.
"Woher kennt ihr diese ausgesprochen entzückende Person eigentlich? Und warum hilft sie uns?", Claude schien irgendetwas an Amelie nicht zu gefallen. Arya überlegte: "Ein Freund hat uns zusammengebracht, ich habe keine Ahnung warum sie uns hilft! Aber sie kann die Gedanken eines jeden Wesens spüren und manipulieren. Was zugegeben bei verwesten Katzenmonstern nutzlos war, die haben ja nicht viel Verstand!"
Claude kratzte sich am Kinn und seufzte: "Also ist es möglich, dass sie sowohl Churchs als auch Deseis Gedanken gespürt hat? Und woher hat sie diese Fähigkeit? Sie ist ein Mensch, das riecht man. Gewöhnlich und sterblich!"
Das überraschte Arya und sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Andererseits blieb ihnen in ihrer Situation nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen das John ihnen keinen Feind in die eigenen Reihen geschummelt hatte. Arya vertraute John, meistens zumindest.
"In der Zeit kann ich dir ja helfen hier alles wieder aufzuräumen, ich sage dir, was ich in der Hand habe und du sagst mir an welchen Platz es gehört!", Arya war ganz begeistert von ihrer Idee, möglicherweise würde sie noch mehr Bilder und andere interessante Gegenstände finden.
"Dieser Ort war meine Festung, immer wenn ich dachte ich müsste durchdrehen war ich hier, Umgeben von meinen Bildern. Aber was bringt das jetzt noch, ich kann sie nicht mehr sehen! Und so spannend sind sie nicht, tu dir also nichts an mit meinem Kram!", Claude winkte ab.
Arya aber dachte nicht daran sich von ihrem Plan abbringen zu lassen: "Setz dich, ich fange an. Und deine Bilder sind wunderschön, sie nicht wieder auf einen Rahmen zu spannen und aufzuhängen wäre eine Verschwendung deiner Kunst!"
Deseis saß in Allisters selbst eingerichtetem Krankenzimmer in der Festung der Schatten und starrte auf den Patienten, der durch verschiedenste medizinische Aperaturen überwacht wurde und durch eine Infusion ruhig gestellt war.
Was für eine erbärmliche Kreatur, ähnlich erbärmlich wie er sich selbst fand.
Er hatte lange mit Church geredet, darauf bedacht das er Fragen stellte, die ihn keinen Verdacht schöpfen ließen. Church hatte Anny gesehen, aber ohne zu wissen, wer sie war. Auch Delina war ihr begegnet, in Finns Versteck in den Bergen. Diesen Ort hatten sie, bis auf die Grundmauern niedergebrannt, nachdem sie nichts gefunden hatten. Und nebenbei hatte ihre Invasion des alten Königreichs der Vila begonnen. Es war nur eine Frage der Zeit bis sie die Verteidigung der durch Jahrelange Abschottung langsam gewordenen Vila dem Erdboden gleich machen würden. Aber wichtiger war die Liste weiterzuverfolgen. Die Schläfer, wie sie genannt wurden, waren wahrscheinlich mit Finn die letzten die von Annys Existenz wussten. Zwei Überlebende eines Supersoldatenprogramms von Finn, welches Ladira ihm verboten hatte. Beide waren gefährlich und beide wussten zu viel. Vor allem aber sorgte es Deseis das sie nirgends die Unterlagen zu Finns Forschung fanden. Damit war alles, was sie wussten das Anny und Finn Kontakt gehabt hatten bevor sie von der Bildfläche verschwunden war. Und damit konnte es sein das Finn Anny dabei geholfen hatte ihr Leben zu beenden. Deseis seufzte tief und wurde aus seinen Gedanken gerissen, als die Türe aufflog und ein Elf eintrat.
Deseis vermutete Allister, bis er plötzlich von einem Lichtblitz an der Schulter getroffen wurde und das Bewusstsein verlor.
"Ein guter Schlag, aber etwas anderes habe ich von meinem Schüler nicht erwartet!", Allister trat nun ebenfalls durch die Türe und klopfte Ation auf die Schulter, der Deseis hasserfüllt anstarrte.
"Darf ich diesem Ekel ein Ende bereiten?", der Elf sammelte bereits Kraft für seinen nächsten Angriff.
"Nein!", Allister sah auf Deseis hinab, "Sie würden wissen, dass wir es waren. Du musst mich nun ebenfalls ausschalten und tun worum ich dich gebeten habe!"
Ation seufzte tief: "Aber Allister... Es ist unsere Chance sie zu töten, beide! Church schaffen wir zu zweit, wenn wir ihn alleine erwischen, so wie seinen verfluchten Onkel hier!"
Allister aber schüttelte erneut den Kopf: "Nein, bitte vertraue meinem Plan. Es wird Zeit das wir dieser Geschichte eine Chance geben sich zu entwickeln und mein Instinkt sagt mir das Deseis noch eine Rolle zu spielen hat!"
Ation nickte widerwillig: "Wie du meinst. Aber ist es wirklich vernünftig nichts weiter zu tun?"
Allister lächelte ihm aufmunternd zu: "Nicht nichts, Ation. Aber wir müssen alles über die Pläne der Schatten erfahren. Sie auszuschalten hält nicht mehr auf was sie angezettelt haben. Und wir sind verpflichtet den anderen zu helfen, nicht wahr?"
Delina starrte mit Tränen in den Augen auf alles, was von ihrer Kindheitserinnerung an Finns Villa in den Bergen übrig geblieben war.
Verkohltes Holz, alles eingestürzt und vernichtet.
"Sie waren vor uns hier...", Treplew ballte die Hände zu Fäusten, "Diese Mistkerle!"
Newra legte Delina eine Hand auf die Schulter: "Es tut mir so leid Delina!"
Delina starrte weiter auf das zerstörte Gebäude, Erinnerungen fluteten ihren Kopf. Cara und sie die durch die großen Räume flitzten und die Nebelkatze jagten, die Delina erschaffen hatte.
Der Sensenmann wie er ihnen Frühstück mit einer lächerlichen Hausmädchenschürze zubereitete während sie beide sich einen Kakao hinunterstürzten, um dann sofort im Pool zu verschwinden.
Finn der immer wieder im Keller verschwunden war, um zu arbeiten und so ein ernstes Gesicht gemacht hatte.
Bis zu dem Tag als sie beschlossen hatte zu verschwinden und zu Marbas gegangen war. Was wäre passiert, wenn sie geblieben wäre?
Delina wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel, der Schneesturm um sie wirbelte ihr immer wieder eisige Flocken ins Gesicht und sie wusste, das es hier nichts mehr gab.
Nur verbrannte Erde.
Treplew schien plötzlich sehr angespannt zu sein, er starrte auf einen bestimmten Punkt der Ruine im Schneegestöber.
"Da bewegt sich doch etwas!", er deutete auf einige Balken, durch die plötzlich ein schwarzer Eisstachel schoss und diese zersplittern ließ.
Eine Gestalt schien aus der Ruine zu steigen oder eine Kreatur, die Form wirkte wenig menschlich.
"Was ist das?", Newra kniff nervös die Augen zusammen, "Ein Verstoßener?"
Treplew fuhr seine Klauen aus: "Wir können Fragen stellen, wenn er oder es Kampfunfähig ist!"
Dann schoss er nach vorne noch, bevor Delina etwas sagen konnte. Sie hörte seine Klauen klirrend auf etwas Hartes treffen, irgendetwas schien dabei zu brechen. Schnell rannten sie und Newra zu ihm, er stand zitternd vor einem eigenartigen Konstrukt aus schwarzen riesigen Knochen, das sich um das Wesen gebildet hatte.
Kleine Kerben hatte er darin hinterlassen, aber zwei seiner Klauen waren einfach abgebrochen.
"Was ist das?", fragte er schockiert, "Was ist das für ein Ding?"
"Wenn du Leben möchtest!", eine kühle Frauenstimme kam aus dem Inneren der Knochenformation, "Solltest du mich nicht angreifen. Ich kann kaum steuern was dann mit dir passiert, kleiner Elf!"
Delina riss die Augen auf, sie hatte diese Stimme schon einmal gehört, genau an diesem Ort.
"Du warst mit Finn befreundet, richtig?", rief sie dem Wesen entgegen, "Ich bin hier, weil er mich geschickt hat!"
Darauf lösten sich die Knochen einfach auf, wurden zu schwarzen Schneeflocken und mischten sich munter unter die weißen, bis sie gänzlich verschwanden.
"Du bist doch das kleine Mädchen, das hier wohnte! Die Nebula aus Osilia die Finn mitgenommen hat!", der Schneesturm kam plötzlich zum Erliegen und nun konnte man erkennen, das es sich um eine Frau handelte, die eine andere, wahrscheinlich verletzte Person geschultert trug.
Newra und Treplew starrten gebannt auf die beiden und Delina versuchte sich an einen Namen zu der Stimme zu erinnern, es schien ihr aber so als wäre keiner genannt worden.
"Das ist T.!", die Frau legte die Bewusstlose ab, "Sie kann euch mit Informationen versorgen. Ich muss gehen, ich habe Dinge zu erledigen!"
Delina starrte die Frau an, sie sah genauso aus wie in ihrer Erinnerung. Blaugraues Haar, welches die Hälfte ihres Gesichts verbarg und diese eigenartigen eisigen Augen in denen sie keine Pupille ausmachen konnte. Dazu die bläulich blasse Haut die beinahe zu seiner Toten gehören zu schien.
Delina seufzte tief: "Wer bist du? Und wie konntet ihr das hier überleben?"
Die Frau warf ihr einen kurzen Blick zu: "Hast du nicht zugehört? Nirgendwo geht tiefer!"
Dann war sie verschwunden, wie weggeweht, eine eisige Brise schien alles zu sein, was sie hinterließ, mit dem bewusstlosen Körper von T.
Delina musterte diese, sie schien asiatischer Herkunft zu sein und trug eindeutig einen Laborkittel.
"Nirgendwo geht tiefer!", murmelte sie, dann rannte sie zu der Stelle, aus der die beiden Frauen gekommen waren. Ein Loch, ein Loch das tiefer als bis zu dem bekannten Keller reichte.
"Sie wünschen?", Delina schrie auf als plötzlich der Sensenmann neben ihr erschien, "Ich muss leider mitteilen, dass ich keinen Tee mehr vorrätig habe. Die Obergeschosse, das Erdgeschoss und die Keller wurden vollständig zerstört. Tee gab es nur in diesen Bereichen, die alten Höhlen verfügen über keine nennenswerten Vorräte!"
Newra, die ebenfalls einen riesigen Schreck bekommen hatte, starrte den Sensenmann schockiert an: "Was ist das den? Und warum redet er nur von Tee?"
Treplew schien genau zu wissen worum es sich handelte: "Ein Sensenmann, Finn hatte ihn wohl an diesen Ort gebunden. Aber warum?"
Delina zog eine Braue hoch: "Weil er wirklich perfekte Frühstückseier machen konnte? Egal wir müssen da runter, wer weiß was wir dort finden werden!"