"Was wollt ihr?", James Stimme klang bissiger als beabsichtigt. Die Vila in ihrem weißen Gewand setzte sich nun auf den Stuhl ihm gegenüber, auf dem er gewartet hatte, seit die Wachen ihn zurück in den zweiten Kreis der Hauptstadt gebracht hatten. In ein Zimmer einer Herberge, eingesperrt wie ein Tier.
"Ich wollte noch einmal mit euch sprechen James!", ihre Stimme klang fast unwirklich, wie auch ihre Erscheinung. Die Kunstvolle Flechtfrisur aus schneeweißem Haar, dazu die leuchtenden grünen Augen. Ihr Gesicht wirkte jugendlich, sie schien nicht zu altern. "Alleine diese Förmlichkeit, ich bin euer Sohn, nicht irgendjemand!", fauchte James die Vila an. Ihr Gesicht verzog keine Miene, sie lächelte sogar: "Das Temperament habt ihr von eurem Vater! Es tut mir leid, ich erfülle wohl eure Erwartungen nicht. Darüber wollte ich auch nicht sprechen!" James kannte den Namen der Frau, die sie auf die Welt gebracht hatte. Lumeris, die Lichtbringerin, jetzt wohl auch Hochfürstin der Vila, aber er konnte so gar nichts mit der emotionslos wirkenden Dame anfangen. Er legte genervt den Kopf in den Nacken, entschied einfach zuzuhören was sie ihm zu sagen hatte.
"Dein Vater war ein wirklich stattlicher und guter Mann, ich traf ihn einst am Hof des verstorbenen Königs der Menschen, in der Welt in der du aufgewachsen bist!", begann sie zu erzählen "damals war ich noch jünger, wir beide wussten das unsere Beziehung nicht geduldet werden würde, darum hielten wir sie geheim. Ich habe versucht ihn zu retten als er dem Wahnsinn verfiel, aber ich konnte nicht. Ich bemerkte, dass ich schwanger war, niemand außer dem König und Magister Isac von den Vila wurde darüber informiert. Du kamst zur Welt und noch am selben Tag hat der Magister dich zu deinem Vater gebracht. Zum Schutz!" James rollte mit den Augen, was sollte ihm diese Geschichte weiter helfen. Sein Vater war einer der schrecklichsten Menschen im ganzen Land gewesen und hatte ihn nicht wirklich gut behandelt, behütet oder beschützt hatte er sich nie gefühlt. "Zum Schutz für mich oder VOR MIR? Um euch die Schande zu ersparen das erste und einzige Halbblut zur Welt gebracht zu haben?", fragte er harsch. Lumeris lächelte wieder, James hätte ihr das Grinsen am liebsten aus dem Gesicht geschlagen: "Beides mein Lieber!"
James seufzte, er hatte wirklich keine Lust mehr sich weiter mit dieser Person zu unterhalten: "Wie wäre es, wenn ich jetzt einfach gehen dürfte? Ich habe Dinge zu erledigen!"
Lumeris sah nun verärgert aus: "Du wirst nirgends hingehen, für die Rettung von Mondfall wirst du als einer der Vila akzeptiert werden!"
James grinste: "Da muss ich euch enttäuschen, ich gehöre einer interessanten Gruppe an, ich gehöre lieber zu ihnen! Und jetzt tretet zur..."
Die Türe wurde aufgerissen, ein Soldat des Königs stürmte auf Lumeris zu: "Hochfürstin, wir werden angegriffen! Von innen und von außen!"
James sah den jungen Vila, der beinahe lächerlich in seiner Rüstung wirkte, ernst an: "Was meinst du damit? Spuck schon aus!"
Der Soldat sah ihn panisch an: "Jemand hat viele Soldaten getötet und ist in den Thronsaal eingedrungen! Und vor den Toren der Stadt stehen Soldaten der Dämonen!"
Lumeris reagierte sofort: "Holt alle in den zweiten Kreis! Gebt die Stellungen auf, sie werden die Mauer kaum überwinden können!"
Der Soldat nickte: "Der König hat gerade dasselbe befohlen!"
James nutzte den Moment und stieß den Soldaten zu seiner Mutter, dann rannte er durch die offene Türe auf die Straße zurück. Er konnte schwarzen Rauch aufsteigen sehen, es kam eindeutig aus dem ersten Kreis.
Wie er gedacht hatte, Mauern würde die Soldaten kaum aufhalten und dank seiner aufdringlichen Mutter hatte er noch keine Chance gehabt herauszufinden was ihre Kräfte blockierte.
James rannte so schnell er konnte, dank der Aufregung über den Angriff schien ihn niemand zu bemerken und er konnte zurück in den dritten Kreis gelangen.
Er bemerkte das die Tore und Türen bis zum Thronsaal durchbrochen worden waren, überall klebte Blut an den Wänden.
Es blieb ihm nur zu hoffen, dass es seiner Truppe gut ging.
"James!", Arya sah ihn überrascht an, als er im Thronsaal ankam.
"Arya!", James atmete auf, "Bitte sag mir das es den anderen gut geht!"
Arya nickte: "Ein paar Schrammen, Ation ist mit ihnen im Speisesaal!"
Kameon betrachtete James abfällig: "Das ist also das Halbblut, raus aus meinem..."
Er wurde von einem wütenden Zwerg unterbrochen, der in den Thronsaal gestürmt kam: "So jetzt reicht es mir mit euch feigen kleinen Maderhunden!"
Arya hätte gerne versucht ihn zu beruhigen, aber sie war einfach zu ausgelaugt, um es nun mit dem schlecht gelaunten Zwerg aufzunehmen.
"Vor euren verfluchten Toren steht eine kleine Armee, die der Meinung ist hier alles platt machen zu können!", brüllte der Zwerg weiter, "Und das Schlimme daran ist, dass sie das können weil der König der Vila die Sache lieber aussitzen möchte, anstatt wie ein Mann zu kämpfen! Jede meiner Ziehtöchter ist mehr Mann als ihr! Ihr seid ein entgräteter Fisch, stinkt aus jeder Pore nach Angst und Verrat aus Angst!"
James seufzte, dieser Zwerg war einfach unverbesserlich: "Ich muss dem abgebrochenen Riesen ausnahmsweise recht geben! Die Mauern werden die Soldaten nicht aufhalten! Außerdem werden unsere Kräfte von irgendetwas gedrosselt und blockiert! Nicht aber die der Dämonen!"
Kameon sah wütend auf den Zwerg herab: "Wenn ihr darauf besteht, werde ich mir die Situation ansehen!"
Korgrim schnappte nach Luft, sein Kopf war mittlerweile hochrot: "Ihr habt euren Thronsaal wohl schon zu lange nicht mehr verlassen! Euch König zu nennen... Das ist unwürdig, wie ihr herrscht! Jeder Schweinehaufen besitzt mehr Ehre als ihr! Dreckiger verlogener schweineschmusender Grützkopf!"
Arya schluckte kurz, als sie die Belagerungsmaschinen der Truppen aus Schwarzwasser sah. Kameon stand neben ihr, sein Blick verriet, dass er sich nicht mehr so sicher war das seine Mauern dem Standhalten würden.
Korgrim umfasste seinen Streitkolben, den man ihm wieder ausgehändigt hatte: "Seht ihr jetzt was ich meine?"
Greta klammerte sich an Amelies Arm: "Als wir von zu Hause aufgebrochen sind, war ich so wild auf ein Abenteuer. Jetzt wäre ich gerne wieder daheim, in Sicherheit!"
James grübelte und warf ihr dann einen finsteren Blick zu: "Niemand ist mehr sicher!"
Kameon warf einen Blick zurück auf seine Soldaten: "Wohin sollen sie fliehen?"
Arya war überrascht als ihr Bruder und Claude die Treppen hinauf zur Mauer beschritten.
"An Flucht solltet ihr nicht denken!", Claude konnte zwar nicht sehen, was sich vor den Mauern abspielte, allerdings konnte er es sich vorstellen, "Wir haben keine Zeit mehr die Stadt zu evakuieren, wir müssen sie aufhalten!"
Kameon sah den Druiden ernst an: "Werdet ihr an unserer Seite kämpfen, Druide?"
Claude nickte: "In der Vergangenheit hat sich keiner von uns mit Ruhm bekleckert, König der Vila! Aber hier sind unzählige Zivilisten und Church will euer Volk auslöschen. Euer Verrat an Elensar gibt ihm Gewissheit das euch niemand retten wird!"
Kameon sah zu Boden: "Wahrscheinlich haben wir dieses Schicksal verdient! Sagt mir nur, was ist aus dem Prinzen geworden? Er gehört nun zu einer verfluchten Rasse, ein Untoter. Und doch scheint er nicht euer Feind zu sein!"
James biss sich auf die Lippe: "Jeder Schwarzblütige ist unser Feind, aber wir kümmern uns später um dieses Problem!"
Arya warf ihm einen vernichtenden Blick zu: "Hüte deine Zunge! Sie sind nicht alle schlecht! Ich kenne eine Vampirin, die mehr für das Gute gekämpft hat als sonst jemand!"
Amelie riss sich von Greta los und verließ die Mauer fluchtartig, was James stutzig werden ließ.
Arya schüttelte den Kopf: "Du bist ein Idiot, James! Aber was habe ich von Finns Schüler erwartet?"
Amelie bahnte sich ihren Weg durch die versammelten Soldaten, James Worte hatten sie tief getroffen. Schwarzes Blut, es floss auch durch ihre Adern.
Ziellos wanderte sie durch die Straßen, bis sie an einem kleinen Fluss ankam, über den eine steinerne Brücke führte.
Sie hielt inne, als sie eine bekannte Stimme hörte: "Halt still, ich muss dir das Blut aus dem Gesicht waschen!"
Langsam, bedacht kein Geräusch zu machen, überquerte sie die Brücke und entdeckte dann unter dieser Finn und Delina.
"Damit niemand sieht, dass ich ein Monster bin?", fragte Finn, dessen Augen unheimlich rot glühten.
Amelie stockte der Atem, es war also wahr, Finn war wie man ihr gesagt hatte ein Untoter.
Ein Wesen von schwarzem Blut, finsterer als jeder Dämon, wahrscheinlich sogar finsterer als der Dunkle selbst.
"Nein, aber wenn es trocknet, sieht es ekelhaft aus, findest du nicht?", Delinas Stimme klang so sanft wie sie mit ihm sprach.
Auch Finns Stimme schien sanfter zu werden: "Wenn du das sagst... Sag mal... Hat sich bei dir etwas verändert jetzt wo ich... Jetzt wo ich getan habe was..."
Delina unterbrach ihn: "Du hast die Kontrolle verloren, weil du wusstest das Arya und Claude in Gefahr sind! Verurteile dich nicht dafür, jeder von uns hätte sich den Weg freigekämpft um sie zu retten!"
Amelie ließ den Kopf hängen, es tat ihr weh zu sehen, wie viel Hoffnung Delina hatte. Hoffnung, die sie selbst gehabt hatte, als sie Finn damals angegriffen hatte.
Plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf, ihre normalen Kräfte funktionierten nicht, aber die ihrer dunklen Gene sehr wohl.
Es gab etwas das diese blockierte, etwas von schwarzem Blut das nicht in der Lage war diese Art von Fähigkeiten zu unterdrücken.
Was wenn sie in der Lage war es aufzuspüren und zu vernichten, sodass alle wieder über ihre Kräfte verfügen konnten?
Delina wäre dann wahrscheinlich alleine in der Lage die Belagerungstürme niederzureißen und Arya würde die Truppen aus Schwarzwasser besiegen.
"Warum ich immer noch an deiner Seite bin?", hörte sie Delina sagen, "Weil ich dich liebe, Finn!"
Amelie lächelte, die beiden waren vereint und nur das zählte. Vielleicht konnte das Finn die Kraft geben gegen den Fluch des Untots anzukämpfen.
Sie ließ die beiden alleine, ohne sich bemerkbar zu machen, bereit ihre Aufgabe zu erledigen.
Ina schlug die Augen auf, fuhr aus ihren Träumen hoch und starrte den Mann, nein, den Elf der an ihrem Bett saß an.
"Keine Sorge, Ina!", seine Stimme klang so warm und gütig, "Du bist in Sicherheit! Mein Name ist Allister, ich bin ein Freund von Anny. Erzähl mir doch, was du gesehen hast!"
Ina nickte: "Ein Mädchen, halb erfroren, ihre Haut schon Blau, neben ihr ein riesiger Schneeleopard, mit glühenden Augen! Aber da war noch jemand, ein Mann, seine Haare schwarz, die Augen glühten wie die von Anny heute... Er hat irgendetwas gemacht, sie berührt bevor der Schneeleopard sie verteidigte... Dasselbe hat er wieder getan, in der Welt der Menschen, aber irgendetwas war anders, es schien, als wäre seine Essenz in diesen Menschen, oder Magier, ich weiß es nicht, geflossen! Dann war da diese Frau, sie hatte ganz besondere Haare. Eine Seite schwarz, die andere rotbraun! Sie hielt sich die Hand über ihr rechtes Auge, es blutete, entsetzlich! Das andere war Wasserblau und starrte hasserfüllt auf jemanden... Spiegel, sie benutzte den Spiegel, bevor sie dahin zurückkehrte..."
Allister schien damit zufrieden zu sein: "Danke dafür! Erzähl mir alles, was du erlebt hast, wo wart ihr, Anny und du? Ich dachte, ich würde sie persönlich treffen, aber sie schickte nur dich als Antwort auf meine Bitte!"
Ina hielt sich den Kopf, das Blut ihres Meisters zu trinken hatte ihre Sinne völlig vernebelt.
"Vlad, ein Vampirlord nahm mich mit nach Schwarzwasser in ein altes Schloss. Dort sollte ich ihm zu seiner Belustigung dienen, aber alles kam anders! Plötzlich stand sie in der Türe und ich ging mit ihr, als wäre es das einzig richtige! Sie wurde meine Geliebte, beschützte mich und fürchtete keinen der Schatten. Sie wollte das ich den Raum verlasse, als ihr Onkel kam. Deseis, sie nannten ihn dort immer den Raben. Es kam mir vor, als hätte Anny mich nur ins Bad geschickt damit er frei spricht... Sie hat ihm gedroht und wollte ständig mit dem Kopf dieses Feldzuges gegen Elensar sprechen.
Das war also keiner der beiden Schatten, aber ich weiß auch nicht wer es dann sein sollte! Sie hat Vlad getötet und mich damit befreit, gab mir sein Blut zu trinken...", Ina hielt sich noch einen Moment den Kopf. Damm plötzlich schoss eine Welle aus Energie durch ihren Körper und sie fühlte sich stärker als je zuvor, sie stand auf und betrachtete das kleine Zimmer durch ihre geschärften Sinne.
Eine Elfe war länger hier gewesen, aber auch ein Zwerg, das konnte sie riechen.
"Danke, du hast uns sehr geholfen!", Allister lächelte freundlich, "Und du musst Anny wirklich wichtig sein, sie hätte auch diesen Laufburschen der dich gebracht hat schicken können. Allerdings wollte sie das du in Sicherheit bist, falls man dahinter kommst das sie mich mit Informationen versorgt!"
"Wirklich?", Anny umarmte den Elfen stürmisch, "Das freut mich! Danke das du das gesagt hast!"
Allister war überrascht, wie viel Kraft die Vampirin hatte, sie brach ihm beinahe die Rippen: "Vorsicht ich ersticke, du musst deine Kraft ganz neu einschätzen!"
Ina ließ ihn los: "Das tut mir leid!"
Allister lächelte freundlich: "Deine Sinne sollten nun ausreichen um mir zusagen, wohin die Bewohner dieses Zimmers gebracht wurden!"