Deseis sah zu Anny, die erfolgreich das gesamte Schlachtfeld in einen unnatürlichen Gletscher verwandelt hatte: "Es gibt einen anderen Weg und du kennst ihn! Seit Jahrhunderten ist der neunte Kreis ohne Führung und jetzt hat jemand Anspruch auf seinen Thron erhoben! Du kannst das beenden ohne das noch jemand sterben muss!"
Anny sah zu ihm und lächelte: "Danke, Onkel! Du hast dich am Ende doch noch für die richtige Seite entschieden!"
Deseis starrte auf das Eis unter ihm: "Und doch haben sie noch einen Verlust zu ertragen von dem sie noch nicht einmal wissen. Ich werde es ihnen sagen, wenn alles vorbei ist!"
Anny seufzte tief: "Quält es dich so sehr, Onkel? Ist sie ein so großer Verlust für das Gute in unseren Welten?"
Deseis nickte und Anny sah ihn wieder weinen: "Der größte den du dir Vorstellen kannst!"
Anny schloss für einen Moment die Augen, dann begann sie zu sprechen, laut und deutlich damit jeder sie hören konnte: "Heute wurde wie so oft Blut vergossen in einem Krieg um Macht und Vorherrschaft! Der neunte Kreis ist gebrochen, zerrissen gewesen und diese Männer aus Schwarzwasser haben das Knie vor einem falschen König gebeugt! Er versprach ihnen Macht und genug zu essen für ihre Kinder! Church hat euch glauben lassen das alle Dämonen Monster sind, aber wir sind nicht mehr Monster als so mancher aus euren Landen! Vor hunderten Jahren gab es Frieden zwischen unseren Völkern, gemeinsam sind Elfen und Dämonen in die Schlacht gezogen, für ein höheres Ziel als das, für welches ihr heute gekämpft habt!"
Shanora, als einzige nicht gefangen im Eis, erhob sich: "Das mag stimmen, doch ist das Geschlecht Baal durchzogen von Lügnern und Verrätern, wie auf dem amtierenden König in Schwarzwasser! Wie sollten wir nach allem was geschehen ist, Frieden haben können?"
Anny ignorierte ihre Frage erst einmal und wendete sich an die Soldaten aus Schwarzwasser, die sie ehrfürchtig anstarrten.
"Ich bin die Erstgeborene Tochter von Baal und somit rechtmäßige Thronerbin! Mein Onkel, Deseis, kann dies bestätigen! Viele von euch fürchten mich und ich will ehrlich zu euch sein! Wenn ihr zurückkehrt nach Schwarzwasser, in Gaaps Palast, werdet ihr dort die Leichen aller verbleibender Soldaten, die nicht mit euch hier hergekommen sind finden. Ich habe sie getötet, um eine Weiterführung dieses sinnlosen Krieges zu verhindern!", Anny konnte das wachsende misstrauen in den Augen der Soldaten sehen.
Shanora starrte sie schockiert an, Stimmen wurden laut, entsetzen machte sich breit.
"Warum erzählt ihr uns das?", fragte Shanora sie und ging einen Schritt auf die vereiste Schlucht zu.
Anny sah Shanora ernst an und musterte die junge Königin: "Weil ich mit euch zusammenarbeiten möchte. Keine Kriege mehr zwischen Dämonen und Elensar, Frieden und eine gemeinsame Armee!"
"Was du sagst ist völlig unrealistisch!", empörte sich Claude, "Wie soll es nach all dem was passiert ist Frieden geben? Der Hass zwischen den beiden Rassen wird weiter bestehen, wie auch das misstrauen! Ihr könnt nicht erwarten das sich das aufhebt, weil ihr auftaucht und euch Königin nennt!"
Anny warf Deseis einen fragenden Blick zu, welcher ihr sofort zuflüsterte: "Das ist Claude, der letzte Druide und eine der intelligentesten Lebensformen auf die ich je traf!"
Anny nickte: "Weise sind eure Worte, Druide, und doch hoffe ich das die Königin ihnen kein Gehör schenkt! Schließlich geht es um mehr als den Konflikt unserer Rassen. Unnatürliches passiert in unseren Ländern und wir im Grunde hat Elensar keine Wahl. Wo ist eure Armee, Shanora?"
Noch bevor Shanora antworten konnte stürmte ein wütender Zwerg auf Anny zu, nur die Schlucht schien ihn davon abzuhalten mit seinem Streitkolben auf sie loszugehen.
Korgrim spuckte auf den Boden: "Die wurde von eurem widerlichen Volk zerschlagen, von diesem Ungeziefer welches ihr Bruder nennt! Und euer Onkel der hier neben euch steht, um euch irgendwelchen Schweinemist ins Ohr zu flüstern war auch dabei! Ich sage wir hacken ihnen die hässlichen Köpfe ab und machen sie Welt damit zu einem besseren Ort!"
Anny seufzte, ein Zwerg war nichts, mit dem sie sich herumschlagen wollte: "Überlegt es euch, Shanora! Ich gebe euch Zeit bis zum Morgengrauen!"
Shanora nickte nur, dann zogen sich ihre und Kameons Leute hinter die Mauer zurück.
"Du denkst, sie wird dem zustimmen?", fragte Deseis Anny dann.
Diese nickte lächelnd: "Sie hat keine Wahl! Elensar hat keine Armee und ihre größte Beschützerin ist mittlerweile wahrscheinlich eine Mumie. Geh mit ihnen, sie haben dir schon einmal vertraut! Sie werden es wieder tun, vor allem die Elfe in der goldenen Rüstung!"
Deseis blickte zu Boden: "Arya..."
Anny klopfte ihm auf die Schulter: "Geh zu deiner Arya! Und schick mir meine Ina damit ich wie du bei meiner Liebsten sein kann!"
Deseis sah nun zu Church: "Was ist mit ihm?"
Anny winkte ab: "Keine Sorge, ich kümmere mich mit all meiner schwesterlichen Liebe um ihn, er wird noch Großes verbringen für sein Volk!"
Deseis vertraute ihr und sprang mit einem Satz über die eisige Schlucht, rannte auf die Mauer zu um mit den Freunden zu sprechen, die er verraten hatte.
Anny entfernte Church in der Zwischenzeit den Knebel: "Nun zu uns, deine Seele ist so voller Hass und Wut... Sie ist genau richtig für meine Zwecke..."
Church sah sie verunsichert an: "Was hast du vor?"
Anny lächelte ihn zuckersüß an: "Ich sichere den Fortbestand unserer Rasse, was denkst du den, Brüderchen?"
John saß bedrückt auf dem sandigen Boden der ägyptischen Wüste, er hatte die Nachricht von Sassys Tod erhalten. Sie war niemand gewesen den er kannte, doch war ihr Tod mehr als unnatürlich gewesen, wie vieles das hier geschah.
"Die Frage ist!", Catheriné trat neben ihm und strich sich ihr weißes Haar zurück, "Ob wir wirklich mit diesen heidnischen Göttern verhandeln sollten! Seth kann einen Engel ohne Probleme vernichten, das weißt du!"
John nickte: "Das war mir bewusst, als ich herkam, allerdings bin ich sicher, dass er uns bereits getötet hätte, wäre das sein Wunsch!"
Catheriné nickte und sah in die Richtung des Tempels, aus welchem Klagelieder in der altägyptischen Sprache drangen.
John erhob sich, im selben Moment donnerte es und er sah sich erschrocken um, dieser Klang konnte nur eines Bedeuten.
Der Gott der Zerstörung war gekommen.
"Was wollt ihr lächerlichen Wichte in meinem Reich!", grölte die finstere Stimme von Seth, bevor er, riesig und seine Fäuste wütend geballt, vor ihnen erschien.
"Wir möchten mit euch über eure Priesterin sprechen!", Catheriné sah dem zornigen Gott in seine glühenden Augen, "Und über das Gleichgewicht, welches außer Kraft gesetzt wurde!"
Seth schien mit dem Gedanken zu spielen die beiden Engel auf der Stelle zu zerquetschen, allerdings ließ er die Fäuste sinken und betrachtete sie nun durchaus interessiert.
"Was interessiert das Gleichgewicht die hohen Himmel? Euch sind die Belangen jener, die auf der Erde wandeln schon immer gleichgültig gewesen!", fuhr er die Engel an und sein Zorn entflammte von neuem.
John traute sich kaum zu sprechen, trotzdem versuchte er sich zu erklären: "Wir sind interessiert am Gleichgewicht... Vor tausenden Jahren war es schon einmal wie jetzt, ihr wisst das, Seth! Es könnte eine Bedrohung für uns alle werden!"
Seths Augen flammten auf: "Und ihr habt damals nichts unternommen! Was wollt ihr heute tun, außer einen alten Gott um Hilfe anzuflehen!"
Catheriné ergriff nun das Wort: "Einst wurden heilige Relikte erschaffen, um diese unnatürlichen Wesen zu töten oder zu bannen. Durch die Kreuzung mit Menschen und anderen Lebewesen gelang es sowohl der Rasse der Dämonen als auch den Wiedergekehrten ihrem Schicksal zu entgehen. Nun haben sie einen König, bereit unter dem Deckmantel der Notwendigkeit die Rache seiner Vorfahren endlich zu vollführen. Einst waren die Hüter stark, aber auch sie wurden mit den Jahren schwächer..."
Seth unterbrach die Geschichtsstunde des Engels: "Ich war da vor 3000 Jahren, ich selbst habe gesehen wozu sie fähig waren! Aber einen neuen Hüter zu erschaffen? Das wäre ein neues Ungleichgewicht!"
John schüttelte den Kopf: "Nein, nicht wenn wir seine Lebenszeit begrenzen, ihn an die Lebenszeit von einer würdigen Person binden! Ein langes Leben, lange genug um die Titanen endgültig zu vernichten! Aber doch beschränkt, wenn der Hüter außer Kontrolle gerät, müsste man nur..."
Seth schlug mit seiner Faust nach John, der gerade noch ausweichen konnte: "Ihr widerlichen Geschöpfe, denkt ihr dürft entscheiden, wer würdig ist und wer nicht. Auf meine Hilfe könnt ihr nicht zählen, eher beuge ich das Knie vor meinen Brüdern und ergebe mich ihnen! Verschwindet oder die Wüste wird euer Grab werden!"
Catheriné sah John ernst an: "Wir müssen gehen, jetzt!"
Dieser hatte bereits seine Flügel ausgebreitet und beide brachten sich so schnell sie konnten in Sicherheit bevor die Wüste hinter ihnen von unzähligen Blitzen erschüttert wurde.
"Das hast du gut gemacht!", sagte Catheriné dann, "Es bleibt zu hoffen das Seth tut, was wir wollen, ansonsten habe ich wenig Hoffnung für deine elensarischen Freunde und die Lichtelfe!"
Arya starrte auf die Verwüstung vor der Mauer, auf welcher nun Ruhe eingekehrt war. Vereinzelte Wachposten behielten die Dämonen im Auge, allerdings schienen sie wie versprochen nicht anzugreifen. Die Sonne ging gerade unter und tauchte alles in ein warmes orangefarbenes Licht, trotzdem konnte Arya spüren das irgendetwas vorging. Etwas das sie noch nicht verstehen konnte, etwas das sie noch nicht dem Guten oder Bösen zuordnen konnte.
"Arya!", als sie ihren Namen hörte, drehte sie sich lächelnd herum, vor ihr stand Claude, er trug immer noch die Rüstung der Vila und schien sich noch nicht auf Frieden eingestellt zu haben.
"Du trägst noch deine Rüstung?", fragte sie und grinste ihn breit an, spielte mit ihren Händen und wartete darauf das er etwas Bestimmtes sagte.
"Ich trage sie, weil etwas geschieht, ich spüre es in jedem Luftzug...", murmelte er, "Aber wie durch ein Wunder haben wir diesen Tag überlebt!"
Arya nickte schnell und war froh, dass er ihre roten Wangen nicht sehen konnte: "Ja, das haben wir und ich denke du weißt was das bedeutet!"
Claude schien gerade überhaupt nicht daran gedacht zu haben und sah plötzlich extrem verlegen aus: "Du meinst wegen dem was du sagtest? Wegen diesem äh.... Gespräch vor der Schlacht?"
Arya seufzte: "Wann wenn nicht jetzt sollten wir darüber reden? Du hast gesagt ich soll dir, falls wir überleben, sagen, ob ich jetzt immer noch so denke!"
Claude verschränkte die Arme: "Ja, so etwas habe ich wohl gesagt... Aber du musst nicht jetzt nach allem was passiert ist sofort..."
Er wurde unterbrochen von einem weiteren Mann der Aryas Namen rief und mit eiligen Schritten auf sie zu kam. Claudes Miene verhärtete sich und er legte Arya eine Hand auf die Schulter: "Ich lasse euch alleine. Du und ich, das hätte so oder so nicht funktioniert!"
Mit diesen kühlen Worten wollte er gehen, als Deseis an ihm vorbei stürmte beherrschte er sich ihn nicht mit der Faust aufzuhalten.
"Arya!", Deseis packte Aryas Hände und sah sie glücklich an, "Es ist endlich vorbei! Ich habe mich so darauf gefreut dich wiederzusehen! Es tut mir leid was ich tun musste, um meine Familie zu beschützen, aber wir haben Zeit. Wir sind beide unsterblich und du wirst einen Weg finden mir zu verzeihen, nicht wahr?"
Arya starrte ihn mit offenem Mund an, dann löste sie ihre Hände sanft von den seinen und antwortete mit sanfter Stimme: "Deseis, dank dir habe ich erfahren was wahre Liebe ist. Ich bin froh, dass ich nun die Gelegenheit bekomme dir all meine Emotionen zu zeigen!"
Deseis stiegen die Tränen in die Augen, bereit sie zu küssen schloss er die Augen und näherte sich ihr.
Claude glaubte in diesem Moment das sein Herz in tausend Teile zerbrach, rügte sich dafür auch nur eine Sekunde geglaubt zu haben sie würde sich für ihn entscheiden.
Plötzlich hörte er einen lauten Schlag, als wäre der Mond auf die Erde gestürzt und ein starker Luftzug riss ihn beinahe zu Boden.
"Küss meinen Streitflegel, du widerliches Arschloch!", hörte er Arya dann erschöpft seufzen, "Und du, blutverschmierter verschwitzter Druide! Bleib sofort stehen oder du fliegst als Nächstes zum anderen Ende dieser Mauer!"
Claude drehte sich wieder zu Arya um, die schwer atmend auf ihn zulief und dann ihre Arme um seinen Hals schlang: "Idiot!"
Claude stand da wie versteinert: "Aber Deseis..."
Arya seufzte genervt: "Ist mir egal! Deseis ist ein guter Vergleich dafür wie Liebe nicht sein sollte. Dafür habe ich mich höflicherweise bedankt!"
Claude lachte: "Bevor du dafür gesorgt hast das er die Schallmauer durchbricht!"