Anny erhob sich wütend: "Du bist ein unverbesserlicher Narr, Finn!"
Finn lachte nur: "Nein, du bist der Narr, Anny! Wenn du auch nur eine Sekunde geglaubt hast, ich lasse zu das du ihn tötest!"
Anny wendete sich an Shanora: "Das bedeutet Krieg, ich hoffe, das ist dir bewusst!"
Finn legte Shanora eine Hand auf die Schulter: "Ich hoffe, du drohst meiner Schwerster gerade nicht, das wäre nicht gesund für dich! Das würde meinen Zorn nach sich ziehen!"
Plötzlich wurde die Zeltwand hinter ihnen durchbrochen, Delina schnellte auf Finn zu: "Was tust du da? Willst du uns alle umbringen?"
Finn und Shanora waren sichtlich überrascht über ihr unwirsches eindringen: "Was tust du den hier?"
Delina tippte Finn mit dem Finger auf die Brust: "Wie konntest du für uns alle entscheiden das Church es Wert ist einen Krieg zu führen?"
Claude trat nun nach Delina in das Zelt: "So ist er eben, Delina. Er würde nie auch nur einen von uns im Stich lassen, egal was wir tun! Ich finde diese Eigenschaft bewundernswert und sie gibt mir eine Sicherheit das er immer der eine sein wird dem ich folge!"
Shanora war trotzdem wütend: "Warum kannst du mich nicht einmal in eine Entscheidung miteinbeziehen?"
Finn zuckte mit den Schultern: "Hättest du ja gesagt? Hättest du in deinem Zorn über das, was man mir angetan hat daran gedacht, wie oft er dich gerettet hat? Wie oft er mich gerettet hat?"
Shanora wurde plötzlich still und auch Delinas Zorn verflog, er hatte recht. Niemand hatte mehr unter Church gelitten als Finn, wer sonst dürfte diese Entscheidung also treffen?
Finn sah nun auch zu Delina: "Denkst du er wurde böse geboren? Nein, ich wurde böse geboren und mir vertraut man, nach allem was ihr über mich wisst! Church hatte seine Gründe mich zu quälen und euch anzugreifen! Und eines sage ich euch, ich werde Elensar selbst angreifen, wenn sich meine Befürchtungen bestätigen!"
Mit diesen Worten ließ er die drei Frauen stehen und verschwand aus dem Zelt, vorbei an einer verwirrt aussehenden Arya.
Anny folgte ihm, eilte zu ihren Wachen: "Seht sofort nach, ob mein Bruder noch in seinem Gefängnis ist!"
Finn ging lächelnd von dannen: "Ich bin lieber ein Narr bevor ich einen Freund im Stich lasse!"
Arya fing in der Zwischenzeit Delina ab, die ebenfalls das Zelt verließ: "Was ist da drinnen passiert?"
Delina seufzte tief: "Er hat Church befreien lassen!"
Arya sah sie ungläubig an: "Er hat bitte WAS? Ist er noch normal im Kopf oder dreht er völlig durch? Ist sein Hirn verschimmelt oder warum hat er diesen Verräter befreien lassen? Wer wäre außerdem so dumm sein Leben zu riskieren, um diesen miesen Dämon zu retten?"
Im selben Moment erreichte Deseis die beiden: "Amelie ist verschwunden, Allister hat auch Mitteilung von den Wachen bekommen, James hat seine Zelle verlassen!"
Arya raufte sich die kurzen Haare: "Das gibt es doch nicht! Was ist hier los?"
Claude kam lächelnd mit Shanora aus dem Zelt: "Er hat die einzige Person um Hilfe gebeten, die nichts zu verlieren hat und Church nahe steht, nicht blöd von ihm, wirklich. So konnte er sich sicher sein das James ihr dabei hilft und Church in Sicherheit kommt!"
Deseis sah in ungläubig an: "Church ist in Sicherheit?"
Claude nickte: "Finn hat dich nicht aufgegeben, denkst du wirklich, dass er dann seinen besten Freund aufgibt?"
Deseis lächelte: "Auf ihn ist immer verlass! Dieser Finn ist ein Teufelskerl!"
Arya verdrehte die Augen: "Mir wäre es recht, wenn er weniger Idioten retten würde, das wäre gut für das Weltklima!"
Claude legte ihr eine Hand auf die Schulter: "Solange wir nicht alle Hintergründe kennen sollten wir nicht urteilen!"
Church starrte auf sein Gefängnis aus schwarzem Eis, eine Berührung mit den Zellenwänden, ein Versuch auszubrechen und er wäre auf der Stelle tot, schlimmer noch, das Eis würde sich von seiner Macht nähren und die Frau, die ihn eingesperrt hatte, noch stärker machen.
Seine Lippen waren mittlerweile Blau, die Kälte war ihm in die Knochen gekrochen und er wusste, das Anny ihn nicht einmal zu töten brauchte. Er würde erfrieren oder es selbst tun, wahrscheinlich wäre ihr beides recht.
Church dachte zum ersten Mal seit Jahren an seine Mutter, er hatte kaum eine klare Erinnerung an sie. Nur das Bild als sie sich dem Dunklen, der gekommen war, um sein Herz zu holen, in den Weg stellte. Und ihren Todesschrei, der ihn lange verfolgt hatte. Den Tod seines Vaters hatte er nicht mitangesehen und sein Onkel galt lange als verschollen.
Erst in Harmun hatte er ihn getroffen, als Finn versucht hatte Deseis, den Raben, zu bekehren.
"Das hast du für mich getan, du verdammter Idiot!", fluchte Church und schlug auf den vereisten Boden, "Du wolltet mir meinen letzten lebenden Verwandten zurückgeben!"
"Warum so wütend?", die süffisante Stimme von Julopatra ließ ihn herumfahren. Da lehnte sie, an der Wand seiner eisigen Zelle.
"Du bist nicht hier!", er raufte sich die Haare, "Du kannst nicht hier sein!"
Julopatra zuckte mit den Schultern: "So wie deine Tochter nicht hier ist und nie erfahren wird was du wirklich empfunden hast! Du stirbst hier! Ganz alleine!"
Church schüttelte den Kopf: "Nein... Nein! NEIN!"
Dann sah er wieder zu der Wand, Julopatra war verschwunden.
"Was passiert hier?", rief er wütend aus und drehte sich im Kreis, um sich zu vergewissern, das er alleine war.
"Du verlierst den Verstand!", plötzlich stand neben ihm ein blonder Junge mit einer lächerlichen Diorbrille, kurzen Hosen und einem pinken Poloshirt.
"Finn?", Church begann zu zittern, "Was willst du hier?"
Finn, eher die sehr junge Version von Finn grinste: "Naja meinen besten Freund besuchen, damit er nicht gänzlich den Verstand verliert!"
Church schlug nun mit den Händen um sich: "Hör auf! Ich verdiene deine Gnade nicht! Ich verdiene es nicht das du hier bist!"
Finn lachte darauf nur: "Aber denkst du wirklich niemand wird sich an die Prophezeiung erinnern?"
Church hielt sich die Ohren zu und schloss die Augen: "Hör auf! Verschwinde!"
Plötzlich wurde die Türe seiner eisigen Zelle geöffnet, eine alte Bekannte, Ina, starrte ihn wütend an: "Halt die Klappe und ergib dich deinem Schicksal, sonst entledige ich mich selbst deiner erbärmlichen Existenz!"
Church sah sie flehend an: "Lass mich hier raus! Ich muss Anny davon abhalten einen Fehler zu machen! Ich muss Shanora beschützen!"
Ina lachte laut und spöttisch bevor sie ihren tödlichen Blick auf ihn richtete: "Du musst nur noch sterben, damit der Anspruch meiner Königin auf den Thron unangefochten ist!"
Church sah sie nun trotzig an: "Das war der meiner Königin, der einzig wahren Königin, immer!"
Ina kniff die Augen zusammen: "Das bereust du! Stirb jetzt!"
Doch noch bevor sie einen Schritt auf Church zumachen konnte stach ihr jemand von hinten, schwer atmend, einen Holzpfahl in den Hals, riss diesen heraus und durchbohrte ihr Herz.
"Nein, du wirst das bereuen!", keuchte Amelie und ließ den sich zu Asche verwandelnden Leichnam neben sich zu Boden fallen.
"Würdest du bitte mitkommen?", James erschien hinter Amelie, "Ich will nicht unnötig viele Wachen töten!"
Church nickte und folgte ihnen durch die aufgeschlagenen Zelte der Dämonen, bis an die erste Mauer und darüber hinaus.
Erst als sie außer Sicht- und Hörweite der Dämonen waren, hielten sie an.
"Es ist schön dich zu sehen!", Church klang kleinlaut und rieb sich die Handgelenke. "Ich würde ja etwas Ähnliches erwidern!", Amelie warf ihm einen abfälligen Blick zu, "Aber das wäre glatt gelogen!"
James seufzte: "Amelie ist hier, weil sie nicht wollte das diese irre Tussi dich einfach so tötet! Nicht bevor du ihr nicht deine Version der Geschichte erzählt hast!"
Church sah beide fragend an: "Er schickt euch, nicht wahr? Er hat mich nach allem, was ich getan habe nicht aufgegeben!"
Amelie nickte, Finn hatte zwar nur kurz mit ihr geredet, allerdings klar vermittelt das wenn sie nicht interessiert daran war er ihn höchstselbst aus seinem Gefängnis befreien würde.
"Er sagte zu mir das er eher sterben würde, als dich hier verrotten zu lassen!", Amelie verschränkte die Arme und hustete, ihr ging es zunehmend schlechter.
"Dieser Narr!", empörte Church sich, "Er wird niemals aufgeben, egal was ihm sein naives Vertrauen in unsere Rasse einbringt!"
Dann beobachtete er Amelie aufmerksam: "Was ist mit dir, du siehst beschissener aus als ich und warst nicht in einem Tiefkühler gefangen!"
James klopfte Amelie, die wieder hustete, auf die Schulter: "Church... Ich konnte dich wirklich noch nie leiden! Eigentlich warst du einer der Gründe warum ich die Jäger damals verlassen habe. Trotzdem bitte ich dich jetzt um eine Sache! Belüge Amelie nicht, nicht jetzt! Sie ist deine Tochter und ihr bleibt nicht mehr viel Zeit!"
Churchs Blick wurde bestürzt, er wischte sich mit dem Handrücken den Dreck von der verschwitzten Stirn: "Was meinst du damit? Glaub mir auch ich habe eure Abneigung vom ersten Tag an gespürt! Von jedem von euch! Denkst du das war einfach für mich? Ich war ein Kind, James! Kaum älter als ihr und ohne eine Familie! Beziehungsweise wurde meine Familie abgeschlachtet um mich und meinen Bruder zu schützen! Ich werde nie den Schrei meiner Mutter vergessen als er sie getötet hat, nur um mir danach mein Herz aus der Brust zu reißen! Und mein Vater wurde dazu gezwungen sich vor den Augen seines Bruders umzubringen, um mein Überleben zu sichern! Denkst du das hinterlässt keine Spuren? Ich war so überladen mit Schuld das ich keine Wahl hatte, als meine Menschlichkeit abzulegen und nur noch auf den Dämon in mir zu hören! Ich war dazu verpflichtet zu überleben, ansonsten wären sie umsonst gestorben! Nicht nur äußerlich bin ich voller Narben, James! Mein Herz habe ich zurückerlangt, aber es ist kalt und schwer. Sag mir, wer außer mir hätte besser die Rolle des Bösewichts in unserer Geschichte einnehmen können?"
James starrte ihn einen Moment fassungslos an, dann geschah etwas das er nicht erwartet hatte. Church rannen Tränen über die Wangen, sein Blick war voller Verzweiflung: "Und jetzt willst du mir sagen das meine Tochter stirbt!"
Amelie sah ihn verwirrt an: "Du klingst gerade so, als würde ich dir etwas bedeuten!"
Church schloss für einen Moment die Augen: "Ich will, das du mir genau erzählst, was passiert ist! Versprich mir das du mir sagst, was mit dir nicht stimmt... Dann verspreche ich dir Antworten, Amelie! Auf all deine Fragen!"
Amelie riss die Augen auf und spürte, wie ihr selbst die Tränen kamen: "Ich verspreche es... Church!"
Dann löste sie den Verband von ihrem Hals, entblößte die Bisswunde: "Ich wurde von einem Vampir verletzt... Durch sein Blut habe ich ein paar Stunden gewonnen, allerdings bin ich nicht bereit ein solches Wesen zu werden. Ich habe mich entschieden zu sterben!"
Church riss in Trauer und Wut die Augen auf: "Nein... Das darf nicht sein!"
Dann wendete er sich, gefährlich zitternd an James: "Du..."
Amelie stellte sich sofort zwischen die beiden, wollte etwas sagen, aber ein weiterer Anfall starken Hustens verwehrte ihr das.
"Es gibt nichts was ich in meinem Leben mehr bereue als sie verletzt zu haben!", flüsterte James, und begann zu weinen, "Ich wünschte ich könnte dir erlauben mich dafür zu töten, Church! Aber Amelie hat einen anderen Wunsch... Sie will das ich lebe und für das gute, für Elensar kämpfe!"
Church atmete tief durch: "Dann wirst du mir jetzt bestimmt nicht in die Quere kommen!"
Er legte seine Hände auf Amelies Wangen und schloss die Augen, sodass ihre Augen von dämonischer Schwärze erfüllt wurden.
"Was tust du da?", rief James empört aus, beobachtete, wie rote Energie durch Churchs linken Arm in seinen Körper floss und schwarze durch seinen rechten Arm in Amelies Körper.
"Ich rette ihr das Leben!", sagte Church sichtlich angestrengt, "Ich tue das richtige, James!"
Amelies Augen schlossen sich und sie viel zwischen den beiden Männern zu Boden.
"Bring sie weg von hier!", Church hielt sich die Brust, "Bring sie in die Welt der Menschen, in die Stadt in welcher der gefallene Engel gelebt hat! Du wirst auf dem Friedhof eine Gruft finden, unsichtbar für die Augen von Sterblichen! Dort wird sie alle antworten finden!"
James musterte ihn fragend: "Warum beantwortest du sie ihr nicht selbst?"
Church seufzte tief: "Ich werde nicht mehr da sein, wenn sie aufwacht! Erzähl ihr von ihrem Bruder, Atep! Er ist ein guter Junge und wird nicht verstehen, was ich getan habe. Er braucht auch diese Seite der Familie, jemanden der ihn lehrt mit den Schatten zu leben! Und versprich mir, das du Amelie beschützen wirst so lange sie lebt! Ich verspreche dir etwas im Gegenzug! Solltest du sie noch einmal verletzen wird mein Geist dich heimsuchen und ich werde dich in Fetzen reißen!"
James nickte: "Ich verspreche es, Church! Und noch etwas! Du solltest wissen das Amelie dir vergeben wollte, nachdem du ihre Fragen beantwortet hast!"
Church begann wieder zu weinen: "Verschwinde jetzt! Bring sie hier weg!"
James hob Amelie behutsam auf: "Church... Danke!"