Hallo ihr Lieben! :)
Da ich ein sehr großer Disneyfan bin, dach ich mir, wage ich mich mal an eine etwas andere Geschichte. Ich hoffe, euch gefällt meine Idee und ihr lasst fleißig Kommentare da :D
LG. UnaELina
„Im Dunklen Meer strahlt ein Licht.
Es strahlt für dich so klar.
Und träumst du dich nach Nimmerland,
dann wird dein Wunsch bald wahr.“
Sachte klang das Lied aus meinen Kopfhörern. Die ruhige Melodie und die langsamen Töne ließen meinen Körper entspannen und ich gab mich der Musik hin. Ab und zu sang ich ein paar Töne mit, weshalb mein Vater mich von der Fahrerseite des Autos lächelnd ansah. Ich schaute jedoch nur peinlich berührt aus dem Fenster und zählte die Regentropfen, welche schnell an dem Autofenster herunterrannten. Wie ein Schleier verdeckten sie mir die Sicht nach draußen. Ich kannte die Strecke schon in- und auswendig, weshalb mich die Landschaft eher langweilte, als ermunterte. Nicht einmal jetzt, im Herbst, eine meiner Lieblingsjahreszeiten.
Mein Vater bog in die, mir nur zu bekannte, Straße ein und hielt vor der Praxis.
„Praxis für Ergo – und Physiotherapie Dr. Juliana Seyman“
Ich machte die Musik aus, steckte meine Kopfhörer in meine Jackentasche und schnallte mich ab. „So Schatz, viel Spaß und mach wieder schön mit“, sagte mein Vater zu mir, als wäre ich eine achtjährige. Ich nickte nur und unterdrückte das Bedürfnis, meine Augen zu rollen. Spaß an Physiotherapie. Den Spaß hatte ich schon lange verloren.
Im Wartebereich sah es aus wie immer. Klapprige, alte Stühle, eine Ecke mit einer kleinen Kiste voller Spielsachen und eine Garderobe, welche auch etwas überholungsbedürftig war. Das Wartezimmer war im Grunde genommen der Flur und es roch nach Chlor. Während ich wartete, tippte ich ein bisschen auf meinem Handy herum. Sah mir meine Galerie an, schrieb dem ein oder anderen zurück und landete schließlich auf meiner Playlist. Diese war voll mit Klavier – und Geigenmusik. Alle ausschließlich von mir gespielt und nur verschiedene Soundtracks von einem gewissen Filmstudio.
Den Disney Studios.
Kurzerhand schloss ich meine Kopfhörer an mein Handy und hörte den Original Soundtrack von Vaiana „Ich bin bereit“. Während die sanften Glocken und Gitarrenklänge in meine Ohren trat, sah ich verträumt aus dem Fenster.
Meine roten Haare hingen mir ins Gesicht und ich strich sie mir hinters Ohr. An den Regentropfen versuchte ich immer wieder verschiedene Muster zu erkennen, um die Zeit herumzukriegen. Vaiana sang gerade davon, dass jeder Weg, jeder Stein, jeder Teil ihrer Heimatinsel ihr zu vertraut war und sich nichts sehnlicher wünschte, als dem Horizont übers Meer entgegen zu segeln und neue Welten zu entdecken, die es noch zu entdecken gab. In dem Fall hatten ich und das polynesische Südstaatenmädchen was gemeinsam. Der Drang nach etwas Neuem, nach Abenteuer und nach Freiheit. Jedoch wurde mir jedes Mal ein Strich durch die Rechnung gemacht, dank meiner Eltern.
„Roya? Du kannst jetzt kommen.“ Ich spürte einen leichten Streif an meiner Schulter, blickte auf und sah Mrs. Seyman neben mir stehen. Sie lächelte, als wäre sie der Sonnenschein in Person. Seufzend machte ich die Musik aus, stand auf und begab mich mit ihr in den Therapieraum.
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Ich lag auf dem Bauch, mein Rücken war komplett frei und ließ mich, unter Schmerzen, massieren. Die Frau wusste, wie man einem wehtut.
„Also erzähl doch mal Roya. Was war in letzter Zeit so los bei dir?“ fragte sie die Frage, die sie immer stellte. Ich erzählte ihr mit erdrückender Stimme, was sie hören wollte. Die Schule läuft, mit meinen Freunden ist alles in Ordnung, mit meiner Familie auch…
„Und hast du wieder ein Stück komponiert?“ fragte sie neugierig. Ich seufzte, drehte meinen Kopf auf die andere Seite und sah sie an. Mit den kurzen, braunen Haaren, ihrer Größe von 1.60m und den vielen Falten im Gesicht würde ich nie und nimmer glauben, dass sie erst 50 sein sollte. „Ich komponiere nicht. Ich schreibe Stücke nur in meinen Stil um.“
„Das ist doch so ähnlich. Wie läuft es damit?“
„Es läuft gut. Ich schreibe meine Lieblingslieder immer zu Klaviermusik um“, sagte ich neutral, da ich vor ihr nicht so offen darüber reden wollte.
„Ach wie schön. Man findet heutzutage ganz wenig junge Menschen mit einem so außergewöhnlichen Hobby, wie dich.“
Dann redete sie wieder von ihrer Zeit als Jugendliche und ich hörte schon nach dem zweiten Satz gar nicht mehr zu. Ihr Leben konnte ich wohl mittlerweile Rückwerts in einem Schulvortrag widergeben.
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„Was ist der Preis? Ich zahl‘ ihn gern‘.
Wär‘ ich am Ziel, am Ziel dort oben.“
Sang ich leise vor mich hin, während ich meine Finger über die Tasten meines Klaviers gleiten ließ. Ich spielte es, als würde ich es atmen. Die zarten Töne von „Part of your World“ drangen in meine Ohren und ließen mich von Note zu Note besser fühlen. Als ich von der Physiotherapie nach Hause gekommen bin, habe ich mich sofort wieder ans Klavier gesetzt, um an dem Lied weiterzuarbeiten. Außer mir und meiner Schwester war niemand im Haus, was hieß, ich hätte halbwegs meine Ruhe. Meine Sammlung an Klaviermusik war mittlerweile enorm, seit zwei Jahren spielte ich, was das Zeug hielt und hatte mittlerweile knapp einhundert Disneylieder, die ich zur Klaviermusik umkomponiert hatte. Part of your World würde die Krönung meiner Sammlung sein, wenn ich es endlich schaffen würde, eine gute Komposition dafür zu finden würde. Viel zu oft saß ich an dem Lied, jedes Mal dem Verzweifeln Nahe, da ich jedes Notenblatt sofort in den Mülleimer beförderte. Entweder passte die Note doch nicht oder die Reihenfolge der Töne klang einfach nur dämlich.
Als ich nach weiteren zwei Stunden die letzte Note auf mein Notenblatt geschrieben habe, betrachtete ich das Blatt, als wäre darauf der Lottogewinn. Das Gefühl, welches sich nach einem vollendeten Projekt in mir ausbreitete, war unfassbar gut für meine Seele. Vor allem, wenn es so viele Versuche gekostet hat. Ich wusste auch schon, welchen Disneysong ich als nächstes umschreiben würde. Jedoch verriet mir ein Blick auf die Uhr, dass es bereits halb acht am Abend war. Und meine Mathehausaufgaben warteten sehnsüchtig darauf gemacht zu werden, also setzte ich mich widerwillig an meinen Schreibtisch und fing an zu rechnen.
Ich war schon mit der Hälfte der Aufgaben durch, als auf einmal meine Tür aufging.
„Roya?“ fragte Stephanie, meine kleine Schwester. Genervt drehte ich mich zu ihr um. „Was?“
„Kann ich mir mal kurz deinen Computer leihen?“ fragte sie und tippte dabei auf ihrem Handy herum. Stephanie war erst vierzehn, benahm sich manchmal aber wie die Königin der Welt. Die Pubertät ging ganz schön mit ihr durch. Ich drehte mich wieder dem Aufgabenblatt hin und antwortete schlicht: „Nein.“
„Warum nicht?“ fragte sie leicht genervt.
„Weil ich den jetzt für meine Hausaufgaben brauche, darum nicht.“
„Pff, du brauchst den doch nur, um deine Kinderlieder zu hören!“
„Nur, weil es Disney ist, sind es noch lange keine Kinderlieder.“
„Disney ist für Kinder!“
„Und Erwachsene. Und Jugendliche, wie mich. Würde dir bestimmt auch nicht schaden, mal wieder Arielle zu schauen. Vielleicht erinnerst du dich dann, was es heißt, wertvolle Kindheitserinnerungen zu hüten.“
„Und dir würde es guttun, normale Filme zu schauen.“
„Wenn normale Filme meinen Verstand so aufweichen, wie sie es bei dir getan haben, lehne ich dankend ab.“
Daraufhin hörte ich, wie sie ein genervt stöhnte und die Tür zuknallte, woraufhin ich zusammenzuckte.
Manchmal wünschte ich, ich könnte mich irgendwo hinbeamen, wo ich mich endlich besonders fühle. Irgendwohin, wo ich sagen kann, hier werde ich geschätzt und hier fühle ich mich wie zu Hause. Meine Eltern arbeiten den ganzen Tag, weshalb ich meistens mit Steph alleine bin. Und ich war, wie alle anderen Mädchen.
Ich ging zur Schule, bin durchschnittlich gut, habe nicht viele, aber dafür enge und treue Freunde, die weiter weg lebten, habe eine Mutter, einen Vater und eine kleine Schwester, lebte in einem normalen Haus mit normalem Garten…
Kurz gesagt: Mein Leben ist stinklangweilig. Und ich würde alles tun, damit mehr Schwung in meinen Alltag kommt. Vielleicht mal ein neues Hobby suchen? Oder ein Wochenende alleine wegfahren, oder irgendwohin, wo es so schön ist wie… wie, wie im Disneyschloss höchstpersönlich.
Nachdem ich die Hausaufgaben fertig hatte, ging ich ins Bett, ich wollte, dass die Woche so schnell, wie möglich vergeht. Während ich einschlief, hörte ich von meinem Handy aus eine ruhige Orchesterversion von „Colors of the Wind“ und ließ mich langsam in einen schönen Traum hinabgleiten.
Kommis?