„Hervorragende Arbeit, Zephyr. Ich bin begeistert.“, lächelnd betrachtete der bärtige Mann die goldene Kette in seinen Händen. Sie wog schwer und hatte eingefasste Saphira mit einem Rubin in der Mitte als Krönung. „Es ist mir immer wieder ein Vergnügen eine Arbeit für den König zu erledigen.“, erwiderte der angesprochene Zephyr und seine blauen Augen strahlten. Eigentlich war er Forscher und fertigte Reiseberichte an, doch beschäftigte er sich ebenso als Erfinder und Schmied, wie es sein Vater und sein Großvater vor ihm waren.
Der König blickte auf und schmunzelte. Er war hochgewachsen und sein langes dunkles Haar wetteiferte sich mit einem dichten Bart, der bereits ein paar graue Strähnen aufwies. „Lassen wir doch die Förmlichkeiten. Meine Königin ist eine Cousine von dir und nur weil sie mich geheiratet hat, bin ich noch kein König.“, meinte er ruhig und legte die Kette in die samtene Schatulle zurück. „Ihr, du, bist dennoch der König des Landes. Auch wenn der Weiße Thron offiziell nur von einer Frau bestiegen werden kann.“, Zephyr zuckte mit den Schultern, „Sie mag eine Verwandte von mir sein, jedoch über ein paar Ecken.“ „Gehen wir wieder?“, mischte sich eine dritte, kindliche Stimme in die Unterhaltung. Zephyrs Blick wanderte zur Tür, wo der Urheber der Frage stand. Ein junges Mädchen mit einem Zopf aus blauem Haar, gekleidet in das Gewand einer Priesteranwärterin und einem Stab, der eine Mondsichel trug. Ihre dunkelblauen Augen blickten ungeduldig und ihr Gesicht wirkte hart, obgleich es von Sommersprossen geziert war. Zephyrs Blick ging zurück zum König: „Darf ich fragen, wer deine Begleitung ist? Sie kommt mir bekannt vor.“ „Das ist Odins Mündel Ladira. Sie und ihre Schwester sind die letzten Erben des Grauen Thrones.“, erklärte dieser und meinte an Ladira gewandt, „Bald gehen wir. Sei nicht so ungeduldig. Lehrt dich dein Meister denn nicht Geduld zu wahren?“ „Schon, aber das ist langweilig. Ich verstehe auch nicht, warum ich so viel lernen soll. Pyrofera muss ja auch nicht so viel machen.“, folgte eine trotzige Antwort.
Zephyr lachte und fuhr mit der einen Hand durch sein kurzes rotbraunes Haar: „Gefällt mir, das Mädchen“ Der König warf Ladira einen mahnenden Blick zu, worauf diese ihm den Rücken zuwandte und auf die Straße hinaus blickte. „Du wolltest mich aber nicht nur wegen der Kette sprechen, nicht wahr?“, versuchte der Schmied das Thema zu wechseln. „Ja.“, der König raffte seinen purpurnen Mantel und durchmaß den Raum, um sich auf dem einzigen freien Stuhl niederzulassen. Wie konnte man hier nur arbeiten?, fragte er sich und ließ seinen Blick durch den Raum wandern. An den Wänden lehnten hohe Regale gefüllt mit Büchern, Schriftrollen, Glasern mit Tinkturen, Töpfen und Kästchen. Der Boden war bedeckt mit einer Mischung aus Stroh, Staub, weiteren Büchern, Papierstücken mit Skizzen, die wohl vom Tisch heruntergefallen waren. Ferner gab es an einem Ort des Raumes eine große Feuerstelle, die sich zum Schmieden eignete. Entsprechende Werkzeuge waren daneben an der Wand befestigt und es gab kleinere Tische voll seltsamer Apparaturen. Zephyr selbst räumte gerade einen zweiten Stuhl frei, der unter einem Haufen Leder und einer Kiste mit Halbedelsteinen verborgen gewesen war. Der König grinste. Man konnte wirklich schwer glauben, dass seine pingelige Gemahlin mit dem Haus- und Hofschmied verwandt war. Er hatte Zephyr die Kette in Auftrag gegeben, um ihre Laune etwas zu bessern, denn letzte Woche hat sie ein Kind geboren. Erneut ein Junge. Keine Erbin für den Thron. Er wusste, dass sie jedes ihrer drei Kinder von Herzen liebte und sich gut um jene kümmerte, doch langsam wurde sie mürbe, denn das Land brauchte einen Erben.
„Also, worum geht es?“, riss Zephyrs Stimme ihn aus seinen Gedanken. Er räusperte sich kurz, ehe er anhob: „Nun, es geht um eine Reise in die Außenwelt. Ich habe gehört, dass in dem heißen Land, das sie Ägypten nennen, ein neuer Herrscher den Thron bestiegen hat. Ein gewisser Amenophis III. hat die Regierung angetreten und sein Bestreben ist es offenbar den dort verbreiteten Amun-Kult einzudämmen.“ „Du willst, dass ich hingehe und mir ein Bild davon mache, was da vor sich geht, nicht wahr?“ „Es wäre wünschenswert, wenn wir mit ihm unsere diplomatischen Beziehungen am Laufen halten können. Unser Land ist abgeschottet genug und es kommt niemand rein, der nicht elensarisches Blut in sich trägt oder als Gast mitgenommen wird. Dennoch sollten wir uns nicht völlig von der Außenwelt abgrenzen.“, der König zuckte mit den Schultern, „Noch glaubt die Außenwelt an Götter und Magie. Odin meinte, dass dies bald enden würde.“ „Bald ist relativ. Wir rechnen die Zeit anders, weil wir anders altern.“, Zephyr lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und stieß einen Seufzer aus, „Na schön. Wann soll ich aufbrechen?“