Da saßen wir nun.
Der See vor uns schimmerte wie ein Schatten, in dem Sterne brannten, in der Ferne standen Bäume. Weiter hinten leuchtete die Fabrik, deren Lichter im See tanzten.
Die Feuchte des Grases kroch durch meine Jeans.
Die Decke, auf der wir saßen, war kalt, genau wie meine Finger, die ich in seine Hände legte.
Es war romantisch.
Fast.
Irgendwie auf eine Art und Weise, die mich zum Lachen gebracht hätte.
Und doch.
Wir berührten uns flüchtig und taten so, als wäre es bedeutungslos. Waren uns nah. Irgendwie. Und doch nie nah genug.
Wir erzählten von unwichtigen Sachen, die nicht wichtiger hätten sein können. Wir lachten, bis es den Schmerz in meinem Bauch betäubte und ich mich in der Freiheit wälzte. Statt mich in ihren Ketten zu beugen.
Wir waren Freunde. Und mehr.
Wir waren.
Und sind.
So hatten wir schon lange nicht mehr miteinander geredet.
Frei und doch. Diese Spur mehr. Unverfänglich verfänglich.
Nah. Aber nicht zu nah. Nah, aber nie nah genug.
Da saßen wir nun.
Im Auto. Nur er und ich.
Ich schwieg.
»Ich fand, es war'n schöner Abend«, meinte er in die Stille, während er das Auto fuhr und geradeaus sah und ich suchte einen Augenblick, was er wohl sah.
»Ich auch.«
Aber ich fand es nicht.
Ich wollte fragen, ob er gern mit mir Zeit verbrachte. Ob er mich deshalb gefragt hatte, weil er mich irgendwie vermisste. Oder ob er sich darüber nicht mehr den Kopf zerbrach.
Doch die Antwort war zu offensichtlich.
Ich schwieg.
Ich wollte fragen, ob er immer noch so fühlte; so wie ich.
Ich wollte fragen, ob seine Freundschaft noch immer mehr war als das, aber nicht genug Liebe. Ob er es bereute.
»Ich liebe dich«, wollte ich sagen. »Ohne Erwartungen, ohne Zukunft. Nur heute. Nur diesen einen Augenblick noch.«
»So was können wir mal wieder machen«, sagte ich statt all dem und strich mir eine Strähne hinters Ohr, schaute aus dem Autofenster und zählte die Laternen, an denen wir vorbeibrausten.
»Was?«, hakte er nach.
»Na, so mit dem Weiher und so. Aber nicht, wenn's so kalt is.«
»Oder wir nehmen uns mehr Decken mit«, erwiderte er.
Ein Lächeln kroch über meine Lippen.
»Oder das.«
Wir hielten.
Ich schnallte mich ab, öffnete die Beifahrertür und umarmte ihn dann, als würde mein Bauch nicht brennen, meine Adern sich von innen auflösen, als würde nicht jeder Gedanke in mir schreien.
»Danke«, flüsterte ich gegen seine Wange, atmete ein und schloss für einen Moment die Augen, ohne dass er es sah.
»Wofür?«, fragte er und zuckte die Schultern.
»Fürs Fahren«, erwiderte ich, ließ ihn los und grinste.
»Kein Problem.«
Und er lächelte dieses schiefe Lächeln.
Wir waren Freunde. Und mehr.
Wir waren.
Und sind.
Kopfschüttelnd stieg ich aus, schloss die Beifahrertür und ging.
Am Himmel funkelten Sterne, in manchen Fenstern brannte ein Licht und ich schaute nicht zurück, als ich hörte, wie er davon fuhr. Ich zwang mich dazu, ihn gehen zu lassen. Aber ich wusste, sobald er zurückkam, würde ich lediglich mehr Decken einpacken in der stumpfsinnigen Hoffnung, dass es die Kälte vertrieb.
Ich vermisste nicht einmal, wie es vorher gewesen war.
Ich vermisste, was hätte sein können.
© Jaelaki 2009