Silvie wachte auf, als Tommy zu ihr ins Zimmer kam. Früher hatte er immer bei Mama geschlafen, aber seit sie wieder in die Wohnung gezogen waren, schlief Tommy in seinem eigenen Zimmer. Immerhin war er schon vier! "Mama, muss ich heute gar nicht in den Kindergarten?" Sie schaute auf den Wecker und sah, dass sie vergessen hatte, ihn zu aktivieren. "Oh, Gott, Tommy, heute müssen wir aber schnell sein! Mami hat verschlafen!" - "Hast du auch von Michael geträumt?" - "Ja,... Ähh, Nein! Wie kommst du darauf?" - "Weil du ihn gern hast!" - "Wie kommst du darauf?" - "Du hast ihn geküsst! Zwei Mal! Und du hast einmal gesagt, Nur ich bekomme einen Kuss, weil du mich lieb hast! Also musst du Michael auch gern haben, wenn du ihn zweimal küsst, ohne dass du ihn zu Bett bringst. Mich küsst du immer, wenn du mich ins Bett bringst!"
"Ganz so einfach ist das nicht, Tommy, aber ich mag ihn auch, da hast du schon recht, mein Liebling." Sie richtete schnell ein paar Brote und sah zu, ihn schnell in den Kindergarten zu bringen.
Anschließend fuhr sie sofort zur Arbeit, wo sie auch gerade noch rechtzeitig ankam, aber als sie sich an ihren Schreibtisch setzte und ihre üblichen Utensilien auspackte, stellte sie traurig fest, dass sie ihr Handy vergessen hatte. Das war ihr noch nie passiert und es hätte ihr normalerweise nichts ausgemacht. Sie war nicht der Typ, der ständig sein Handy kontrollieren muss. An jedem anderen Tag, wäre ihr das völlig egal gewesen, aber seit gestern hatte sich was geändert. Was, wenn Michael ihr geschrieben hat, sie vielleicht sogar anrief. Er wäre sicher enttäuscht, wenn sie einfach nicht antwortete. Sie hatte sich zwar vorgenommen, das nächste Mal auf seine Initiative zu warten, aber sie wusste, dass sie ihn spätestens Abends kontaktiert hätte. Wieder beschlich sie ein wehmütiges Gefühl, dass man als ein Ziehen in der Brust beschreiben kann... Sehnsucht?
Der Tag wollte nicht vergehen und ihre Konzentration war im Keller. Sie musste höllisch aufpassen, keinen Fehler zu machen, weil sie einfach den Kopf nicht frei brachte. Wenn sie doch wenigstens die Visitenkarte in die Tasche gegeben hätte... Endlich hatte sie Feierabend und fuhr sogleich zu Oma, um Tommy abzuholen. "Liebes, wieso gehst du denn nicht ans Telefon? Du musst mir unbedingt von diesem Michael erzählen. Tommy ist ganz begeistert von dem. Wart ihr wirklich in Seenot? Und hat der wirklich einen Porsche?" - "MAMA!" - "Im Ernst Kind, dein Sohn glaubt, dass du dich verliebt hast! Ist der eh nicht verheiratet?" - "MAMA! Du überfährst mich!" Ihre Mutter gab ihr einen Kuss. "Entschuldige, Silvia , aber ich platze vor Neugier!"
Silvia wollte eigentlich nur heim zu ihrem Handy, aber sie hatte keine Chance. Also erzählte sie ihrer Mutter was gestern vorgefallen war. In allen Einzelheiten und zum Schluss erzählte sie ihr sogar, dass sie unbedingt zu ihrem Handy wolle, weil sie den ganzen Tag nicht erreichbar gewesen war. Jedenfalls nicht für den Einzigen, von dem sie gern erreicht werden wollte. "Dann musst du gleich fahren und das Handy holen!" - "Mama..." - "Keine Widerrede, Tommy und ich warten mit dem Abendessen auf dich. Bitte!"
Silvia wollte eigentlich in ihre Wohnung und dort bleiben, aber sie ließ sich breitschlagen. Also fuhr sie hin und holte das Handy. Es lag noch auf dem Nachttisch und hatte keine Akkuleistung mehr. Sie konnte nicht einmal nachsehen. Sie nahm das Ladegerät mit und fuhr wieder zu den beiden zurück. Dort angekommen, wurde das Handy sofort angeschlossen. Sie hatte das Gefühl, es dauere ewig, bis sie die Pin eingeben konnte und das Gerät endlich verwendbar war. Keine Nachricht. Kein Anruf. Zumindest hatte er nicht umsonst angerufen aber... Sie schrieb eine Nachricht. "Michael?" - "Silvie?" Silvia und ihre Mutter fixierten das Display. Sie tippte: "Wie kann ich dir danken. Ich meine, hast du einen Wunsch?" - "Ja! Einen sehr großen. Es ist leider nicht meine Art, bescheiden zu sein, Silvie..." Silvia zeigte die SMS ihrer Mutter. "Silvie! Wie süß! Na los, frag ihn!" Sie tippte: "Sags mir!" Es dauerte ein Wenig..."Bitte schenk mir ein Wochenende mit euch beiden! Und noch was: Ich möchte deine Stimme hörn..."