Michael machte es wirklich Spaß, mit Mirko allerlei Gerätschaften der Dorfbewohner zu reparieren. Auf diese Art erlangte der "Montar-Junge" auch so etwas wie einen guten Ruf bei den Leuten, die allesamt Renates Verhalten zutiefst mißbilligten. Hatten sie ihn vorher mit gemischten Gefühlen betrachtet, so machte er nun als höflicher, hilfsbereiter Gehilfe Mirkos eine gute Figur und erfreute sich innerhalb kurzer Zeit großer Beliebtheit. Mal am Sonntag der alten Huberin den Rollstuhlreifen zu flicken, mit dem sie ohne Luft aus der Kirche rollte, oder andere kleine "Notfälle", für die er kein Geld nahm, ließen auch den guten Charakter des Jungen erkennen. Auch sein Freundeskreis hatte sich erweitert. Gerd, der Schreiberling war zu ihnen gestoßen. Er war der, der immer die schönsten Aufsätze schrieb. Er träumte davon, später mal eine eigene Zeitung herauszugeben. Bertie würde natürlich Anwalt werden, aber Michael wusste nicht recht, wie er zu einer Ausbildung kommen sollte. So fragte er abends Mirko, auf dessen Wort er am meisten Wert legte. "Weißt du, Mirko, ich kann sowieso nur eine Lehre machen, für ein Studium hab ich sowieso kein Geld. Aber wie krieg ich eine Lehrstelle?" - "Was für eine Art von Techniker möchtest du denn werden, Micha?" - "Ich möchte auch so mehr oder weniger alles können, so wie du!" - "Ha, ich kann bei weitem nicht alles, aber ich kann dir vielleicht trotzdem helfen, mein Junge, Ich hab nämlich schon mal für dich darüber nachgedacht." - "Danke Mirko, du bist super!" - "Wenn du möchtest, red ich mit unserem Herrn Schliermann. Dann kannst du vielleicht mal in den Ferien drei oder vier Wochen bei uns arbeiten. Da kannst du dir ein Wenig Geld verdienen und vielleicht kriegst du sogar eine Lehrstelle. Ingeneur Schliermann ist unser oberster Boss, aber er ist sehr zugänglich und ein kluger, gerechter Mann!" - "Oh Mirko, das wäre klasse!" - "Ich seh mal, was ich für dich tun kann." - "Danke, vielen Dank!"
Mirko hatte längst mit Horst Schliermann gesprochen, weil ihm das Weiterkommen des Jungen sehr am Herzen lag. Er hatte sich sogar schon vorgenommen gehabt, Michael den Vorschlag zu machen. So aber war es ihm noch lieber, weil er wusste, dass es wirklich Michaels Wunsch war, einen technischen Beruf zu erlernen. Mira und Mirko bemühten sich wirklich um den Jungen, aber sie konnten Renate nicht in alles reinreden. Das Meiste war ihr ohnehin egal, aber man musste vorsichtig agieren. Wenn sie sich übergangen fühlte, schaltete sie auf stur und verweigerte einfach ihre (leider wichtige) Zustimmung als Erziehungsberechtigte. Es war eine seltsame Situation, in der sich die Beteiligten hier befanden. Michael hatte den Satz: "Ich wünschte DU wärst meine Mutter!" völlig ernst gemeint und mittlerweile brachte er seinen "Leiheltern" auch tatsächlich große, aus Respekt und Dankbarkeit erwachsene Zuneigung entgegen. Mirko hatte das anfangs nicht so deutlich gefühlt wie Mira, mittlerweile aber spürte er sehr wohl, dass Michael nicht nur zu ihm aufsah, sondern ihn auch sehr gern hatte. Seine Entscheidung, mit Schliermann zu reden, war, ohne es zu wissen, die Beste, die er je getroffen hatte, aber das sollte sich erst einige Zeit später zeigen...