"Verflucht! Wo ist ein Heiler, wenn man einen sucht?", Celles zog den verletzten Phil mit sich durch verschlungene Gänge, "Wo ist Mari? Sie ist die beste Heilerin, die ich kenne. Ich kann nur die Hitze aus der Verbrennung entziehen und sie kühlen."
Phil blickte zu ihr auf. Sein Arm war von ihr sorgfältig in einen kühlenden Verband gelegt worden, doch er pochte noch immer. "Wer ist Mari?", fragte er und beeilte sich Schritt zu halten. Kaum zu glauben das eine Frau ein dermaßenes Tempo vorlegen konnte. Noch dazu mit den hohen Absätzen ihrer Stiefel.
"Mari ist meine Schwester. Sie ist die Quintessenz der Natur selbst. Sie kann Leben erschaffen und vernichten, aber zu einem hohen Preis", erklärte Celles und öffnete erneut eine der zahlreichen Türen, die in die Wände des Ganges eingelassen waren, "Ist hier jemand?"
"Cel?", ein junger Mann, der ein Tuch um den Kopf geschlungen hatte, erhob sich von einem Sessel im Raum. Er trug ein lockeres Leinenhemd und Kniebundhosen samt ausgelatschten Stiefeln. "Cel! Willkommen daheim!", er trat mit einem breiten Grinsen auf sie zu und umarmte sie.
"Sethos", Celles grinste zurück, "Was macht mein Lieblingscousin hier?"
"Ich war vertieft in ein paar Bücher über Navigation. Finn hat mein Schiff versenkt und jetzt sitze ich hier am Land fest, bis das Neue fertig ist", er fuhr sich verlegen durch die längeren braunen Haare, die so wirr wie Zephyrs unter dem Tuch hervorlugten, "Und wen hast du hier mitgebracht?"
"Ich bin Phil", beeilte der Junge sich zu sagen und streckte den Arm aus, zuckte jedoch zusammen, als der Schmerz in seinem Oberarm sich meldete, "Autsch... Mann nächstes Mal verbrenn bitte wen anderen, Celles."
"Verbrennen?", Sethos' ebenfalls braune Augen nahmen einen besorgten Ausdruck an, als sie Phil betrachteten, dann einen vorwurfsvollen an Celles, "Du hast dem armen Kerl den Arm verbrannt? Was hat er dir getan?!"
"Es war ein Unfall! Ich war wütend und es tut mir leid. Wir suchen einen Heiler für ihn", nuschelte Celles, die die Schultern hängen ließ.
Sethos schüttelte seufzend den Kopf und legte einen Arm auf Phils Schulter. "Komm mit. Ich bin zwar kein Heiler, aber ich hab eng mit meinem Schiffsarzt gearbeitet. Ich kann es mir ja mal ansehen und schauen, was ich tun kann", er drückte ihm sanft die Schulter und führte ihn in den Raum, "Geht ja nicht, dass so ein hübscher Junge wie du mit Brandnarben herumlaufen muss. Das muss scheusslich wehtun, oder?"
Hübscher Junge?, Phil hob beide Brauen an und ein Schauer ließ seine Nackenhaare aufstellen.
Der Raum war schlicht eingerichtet. Vor einem erloschenen Kamin stand ein großer gemütlicher Sessel und ein runter Tisch, auf dem sich Bücher stapelten. Das oberste lag verkehrt herum, aufgeschlagen. Phil erhaschte einen Blick auf den Titel, bevor Sethos ihn mit sanftem Nachdruck in den Sessel schob und begann den Verband von seinem Arm zu lösen.
"Celles!", fauchte er und schenkte der Frau mit dem Feuerhaar einen zornigen Blick, "Wie wütend warst du bitte?!"
Phil beobachtete beinah amüsiert wie Celles' Wangen sich vor Scham rot färbten. Er zuckte zusammen, als Sethos die verbrannte Stelle berührte.
"Ich werde dir etwas weiteres zur Kühlung auftragen und eine Salbe, die ein wenig helfen sollte, aber wir sollten Mari aufsuchen", erklärte Sethos ruhig und durchmaß den Raum zu einer hölzernen Kommode, um dort einen Tiegel aus einer der Laden zu holen.
Wenig später trug er eine intensiv nach Kräutern riechende Salbe auf Phils Arm auf. Dieser spürte sofort eine Linderung an der Stelle.
"Wer bist du?", fragte er, als der Schmerz im Arm nachließ und er sich daran erinnerte, dass Celles den Mann Sethos nannte, aber mehr wusste er ja nicht. Außer, dass er ein Schiff gehabt hatte, nach eigener Aussage.
"Er ist mein Sohn, Sethos. Geboren in Ägypten zur Zeit Echnatons, falls dir das weiterhilft. Du musst unser anderer Besucher sein", ertönte eine andere Stimme und Zephyr betrat den Raum. Er trug noch Shorts, die bis zu den Knien gingen und ein offenes Hemd. Seine Suche nach Celles war erfolgreich, wie er feststellte. Die hatte sich neben dem Kamin niedergelassen und machte ein schuldbewusstes Gesicht.
"Echnaton?", Phil blickte zwischen dem Neuankömmling und Sethos hin und her, "Der war doch... boah. Wann war der? Irgendwann vor Christi Geburt?"
"Um 1300 v.Chr. um genau zu sein", grinste Sethos und zwinkerte ihm zu, "Zephyr, mein Vater, hat dort meine Mutter kennengelernt. Was machst du hier Dad?"
"Celles suchen. Mit Erfolg", Zephyr trat näher heran an die beiden, "Allerdings gibt es wohl schon mehr Schaden als ich dachte. Das System ist instabil geworden. Unser kleiner Feuerteufel hat die Fantasy-Abteilung gesprengt."
"Das hab ich gesehen!", platzte Phil heraus, "Sie hat alles niedergebrannt."
"Schon gut, schon gut! Ja, ich gestehe, ich hab alles zerlegt!", fuhr Celles auf und wandte sich dann schmollend ab.
"Meine Liebe, du solltest dein Temperament besser zügeln", entgegnete Zephyr ruhig und holte das eigenartige Gerät aus seiner Hosentasche, "Dein Feuer hat sich ausgebreitet und es war schon vorher Dank Käsekrainer Chaos. Ich muss überprüfen was alles betroffen ist. Sethos, kannst du den Jungen auf die Insel bringen? Dort ist unser anderer Besucher. Sein Name ist Felix. Ich fürchte der Ort hier wird demnächst auch durcheinander gewirbelt und es ist nicht sicher."
"Felix? Geht es Felix gut?", Phil sprang auf die Beine. Er war schließlich hier um nach Felix zu suchen. Außerhalb von Kathys Gehirn war sein Zustand bedenklich gewesen.
"Er ist ohnmächtig geworden, aber scheint ihm ganz gut zu gehen", Zephyr lächelte mitfühlend, "Du machst dir Sorgen um ihn oder? Ist er dein Freund?"
Phil sah aus den Augenwinkeln, wie Sethos' Miene sich zu einer niedergeschlagenen Maske verzog und fragte sich, was mit dem Typen los war.
"Nein. Nein. Wir sind Freunde, ja, aber nicht so. Kathy machte sich Sorgen, weil sie meint den Kontakt zu euch verloren zu haben", beeilte er sich zu sagen und fuchtelte abwehrend mit den Händen. Er bekam nicht mit, wie Sethos' Augen wieder zu funkeln begannen.
"Alles klar. Dann mach dir am besten selbst ein Bild. Ab auf die Insel mit euch beiden und wir", er wandte sich Celles zu, "gehen los und versuchen dein kleines Feuerchen zu bremsen."