Liam wachte sehr früh auf, jemand hämmerte, aufgrund des einfachen Fehlens einer Türe, gegen den übrig gebliebenen Türstock. Er setzte sich stöhnend auf und wäre fast auf Vernon getreten, der zusammengerollt auf dem Boden schlief. Liam bemerkte das sein Mund blutverschmiert war und beschloss ihn später darauf an zu sprechen. Ihm zwang sich der Gedanke auf das Vernon nun seit sicher einem Monat fast nur auf Boden oder Sessel geschlafen hatte, weil er, wie selbstverständlich, in seinem Bett gelegen hatte. Liam dachte sich wieder, dass er an seiner oft egoistischen Art abreiten musste, das erneute laute Hämmern lies ihn das aber auf später verschieben. Selbst Vernon begann davon wach zu werden: "Was ist das? Ein Gewitter?" Liam reichte es, normalerweise könnte man doch die Höflichkeit besitzen und es später erneut versuchen wenn augenscheinlich niemand an die Tür kam, wo man doch in dieser Welt so viel Wert auf Anstand legte. Er stapfte zornig zur Tür und schrie: "Was ist? Wer will mir in aller Früh schon auf die Nerven gehen? Wehe ihr seit wieder irgendwelche Nordgeister die mich abholen wollen!" Liam verstummte schlagartig als er bemerkte das es sich bei dem Unruhestifter um eine Art Elfe handelte. Einer solch zierlichen Person hätte er ein so hartes Klopfen nicht zugetraut. Liam konnte nicht anders als sie anzustarren, sie sah aus wie einem Fantasyposter entsprungen. Das braune Haar zu einem strengen Zopf gebunden, mit einer paar Federn im Haar. Ihr Gesicht wurde von einigen Blättermotiven geziert und auf ihrem Hals war der Kopf einer Eule zu sehen. Sie ging ihm gerade mal bis knapp unters Kinn, ihre Augen leuchteten gelb und ihr Gesicht wirkte unschuldig und ebenmäßig.
Ein lauter Knall lies ihn aufschrecken, er fuhr herum und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Vernon hatte mit dem Stuhl das Fenster eingeschlagen und winkte ihm hektisch zu: "Wir müssen hier weg, lauf endlich!" Liam drehte sich wieder zu der Elfenfrau die mittlerweile verschlagen grinste. Ihre gelben Augen funkelten finster, sie holte aus und verpasste Liam einen Schlag der ihn einen Meter nach hinten fliegen lies wo er schmerzhaft gegen die Wand prallte. Er war sich kurz nicht sicher ob sein Bewusstsein anwesend bleiben würde, sein Kopf brummte. Vernon war zu ihm geeilt und zog ihn hoch: "Darum sagte ich wir müssen hier weg!" Die Elfe war blitzschnell in den Raum gelangt, ihr nächster Schlag traf Vernon in die Seite, auch er prallte gegen die Holzwand die zu bersten begann. Liam bemerkte mit Sorge das er sofort einen Schwall Blut ausspuckte. Liam raffte sich auf und zog Vernon mit sich, dieser brach aber nach den ersten paar Schritten zusammen und spuckte mehr Blut. Verzweiflung stieg in ihm auf, er wusste, dass ein Kampf gegen diese Elfe mehr als sinnlos, und zu lange wäre. "Wir müssen hier weg...", flüsterte er "bitten Ramon Skkylar, Geist von Amergyn, rette uns!"
Liam drehte sich um, die Elfe hatte sie fast erreicht. Ein Brüllen lies sie inne halten, es erschütterte den Boden. Aus dem Wald schritt gemächlich Yoricks Tiger, mit leicht geöffnetem Maul fixierte er die Elfe und lies ein tiefes Grölen erklingen.
"Ich wusste nicht...", stammelte sie und lies die Arme sinken "verzeiht Herr, verzeiht mir, ich wurde her geschickt um euch auszuschalten!"
"Catt aus dem Land der Elfen, du bist hier fern ab der Heimat. Ein Söldner!", die mystische Stimme des Tigers lies alle erschaudern "geh nun und berichte dem König, dem du die Treue geschworen hast, von dem was du hier gesehen hast!"
Catt blickte sich erschrocken um: "Ich bin nur die Vorhut, eine Gruppe von 20 Rittern der Raafes ist auf dem weg um Vernon Raafe und seinen Gehilfen zu töten!" Der Tiger nickte ihr zu, darauf lief sie lautlos in den Wald und verschwand um den Auftrag des mächtigen Wesens auszuführen.
"Ramon!", schrie Liam "wir können nicht warten und kämpfen, du musst uns hier weg bringen, ich brauche einen Arzt, oder Heiler, oder Medizinmann, egal wie man das in dieser Welt nennt!" Er hatte sich auf den Boden gekniet und hielt Vernon, der immer mehr Blut hustete in den Armen. Der Tiger musterte den Halbblütigen kritisch. "Bitte Ramon, hilf ihm!", flehte Liam den weißen Tiger an, Tränen liefen ihm über das Gesicht. "Ich kann nicht!", der Tiger blickte ihm tief in die Augen "aber du kannst. Bedenke nur eines, wenn du eines anderen Leben vor dem Tod bewahrst wirst du auf ewig mit ihm verbunden sein, kein Band ist stärker. Aber wie ich sehe ist eure Verbindung auch jetzt schon außergewöhnlich" Liam hatte ihm nicht einmal fertig zu gehört, er war schon in sich gegangen auf der Suche nach der Antwort. Plötzlich merke er wie ein fast Schemenhafter Teil von ihm seinen Körper verlassen zu schien. Ein Schemen seiner Hand, die kraftlos zu Boden sank. Er bagann sie zu bewegen, aber nur der Schemen tat was er versuchte auszuführen. Instinktiv fuhr er Vernon damit über die Stelle an der ihn die Elfe getroffen hatte. Leber, Lunge und eine Niere, er konnte einfach hindurch fahren und die inneren Blutungen stoppen. "Pass auf Liam!", ermahnte ihn der Tiger "nichts kostet so viel Kraft wie die Heilung anderer!"
Liam blieb stur wie immer, bis er keine Kraft mehr hatte versuchte er alles zu reparieren was er an Schäden in Vernons Körper fest stellen konnte, bis dieser die Augen aufriss und ihn von sich stieß: "Verdammt Liam, willst du dich umbringen? Dann gewinnen wir beide nichts!" Liam versuchte aufzustehen, er konnte hören wie sich die von Catt versprochenen 20 Ritter näherten. "Ich kann euch ein Stück tragen!", Ramon eilte zu ihm, Vernon half ihm auf den Rücken des Tigers zu klettern und folgte ihm dann. Ramon stieß sich vom Boden ab und erhob sich in die Lüfte. Vernon hatte viel damit zu tun Liam, der kurz davor war sein Bewusstsein zu verlieren, und sich selbst auf dem Rücken des Tigers zu halten.
Achana und Kian hatten Yoricksstadt erreicht und betraten die am Stadtrand stehende Schlossanlage des Königs Alric. Sie eilten an den Wachen und Bediensteten vorbei und erreichen schließlich den Thronsaal. Sie liefen an den Beratern vorbei und knieten vor Alric nieder. Das Gesicht des mageren Königs war wie immer durch seine blutunterlaufenen bernsteinfarbenen Augen gekennzeichnet, dunkle Schatten verrieten das er seid Jahren nicht mehr genug Schlaf fand. Sein dunkelblondes Haar war von grauen Strähnen durchzogen und wurde von der goldenen Krone, auf der das Siegel der Familie Zoi, der Tiger, zu sehen war gebändigt. Alric stammte aus dem Geschlecht der Vidar, ein stolzer Löwe war das Wappen seiner Familie gewesen, welches er nach der Hochzeit mit Liana abgelegt hatte. "Was habt ihr zu berichten?", fragte er die Nordgeister und deutete ihnen sich zu erheben. "Mein König", begann Kian zögerlich "wir haben euren Sohn getroffen!" Alric erbleichte, er wankte zurück, lies sich auf seinen Thron fallen. Lord Raafe mischte sich ein, er schritt aus dem Bereich der Berater hervor: "Müsst ihr den König mit eurem Geschwätz quälen Nordgeister? Seht ihr nicht wie er leidet seit ihm vor 18 Jahren Weib und Kind genommen wurden?" Achana schüttelte wütend den Kopf, der Schlangenlord war nicht darüber informiert gewesen, dass sie und Kian Liam vor 18 Jahren gerettet hatten. Es wurde Zeit dem König zu berichten was in jener Nacht passiert war. "Was ich nun berichte trug sich vor über 18 Jahren zu", Achana blickte in die müden Augen des Königs "wir überflogen den Norden, Königin Liana war mit eurem Sohn unterwegs zu den Werwölfen um über den Frieden der Völker zu verhandeln. Aber sie wurden angegriffen, von Söldnern aus dem fernen Elensar. Verbannte die einst dem dunklen Thron dienten. Jemand hat sie bezahlt um die Leibgarde und die Königin zu töten. Wir schossen hinab um ihr zur Hilfe zu eilen, sie floh vor den Angreifern! Aber sie schickte uns weg um ihren Sohn in Sicherheit zu bringen!" Die grauen Augen des Schlangenlords blitzten auf: "Aber wir haben die verbrannten Leichen der Leibgarde und der Königin entdeckt, warum habt ihr es all die Jahre geheim gehalten, falls ihr die Wahrheit sagt Geisterwesen?"
"Weil die Königin uns darum gebeten hat, es war ihr letzter Wunsch das Prinz Liam in Sicherheit aufwachsen würde!", mischte sich Kian ein "schließlich wurde Liana von ihren eigenen Leuten verraten!" Der König hob den Kopf, Tränen standen in seinen Augen, er begriff das sein Sohn allem Anschein nach noch am Leben war, und er all die Jahre umsonst an seinem Grab getrauert hatte. "Lasst mich alleine!", zuerst flüsterte Alric, dann erhob er seine Stimme und schrie "lasst mich alleine, raus mit euch!" Seine Berater und die Nordgeister verließen eilig den Thronsaal, nachdem das Tor geschlossen wurde brach Alric der Löwe weinend in sich zusammen.
Liam blinzelte, er wollte die Augen nicht öffnen, sein Kopf dröhnte, er fühlte sich wie frisch durch einen Fleischwolf gezogen. "Liam, LIIIIAAAAAM!", eine schrille Männerstimme zwang ihn dazu es doch zu tun. Er blickte in türkise Augen, der junge Mann der über ihn gebeugt stand grinste verschlagen. Sein zerzaustes blondes Haar wurde von einer Sonnenbrille der Marke Dior aus seinem Gesicht gehalten. Liam setzte sich verwundert auf, der Fremde wich zurück. Er betrachtete ihn genauer, ein teurer aussehender, perfekt sitzender Anzug mit einer nicht besonders ordentlich gebundenen Krawatte schmückten die athletische Figur des Blonden. "Du bist nicht aus dieser Welt!", stellte Liam verdutzt fest "du bist ein Mensch!" Das schrille Lachen des Mannes verwirrte ihn, er betrachtete die Augen genauer, sie schienen etwas magisches an sich zu haben, wie die von Vernon, aber auf eine viel mächtigere Art und Weise. "Ich gehe da hin wo es mir passt!", erklärte der Blonde "ich bin unabhängig von Welten oder Verpflichtungen, immerhin bin ich reich!"
"Finn hör auf so einen Unsinn zu reden!", eine strenge Frauenstimme lies beide zusammen zucken "bring den jungen Prinzen nicht aus der Fassung, er muss sich schonen, er hat seine Kräfte überbeansprucht! Davon verstehst du nichts!"
Liam entdeckte eine alte Frau hinter Finn, sie trug einen langen weißen Zopf, ihre Augen leuchteten gelb. Liam setzte sich auf, er bemerkte das die Wiese auf der er lag Teil eines Friedhofs war. Es wirkte nicht wie ein Ort zum trauern, Schmetterlinge flogen um die blühenden Bäume. Weiße Grabsteine mit edlen Verzierungen reihten sich aneinander, eines Stach hervor, ein steinerner Tiger zierte es. Finn rannte zu dem Grabstein und versetzte dem dort sitzenden Vernon einen Tritt: "Alter, du kannst hier nicht am Grab der Königin chillen! Böser Hund!" Vernon rieb sich genervt den Bauch: "Du bist ein Alptraum, kaum zu glauben das so jemand ein Prinz vom weißen Thron sein soll!"
Liam blickte zu der alten Dame: "Dieser Schnösel ist ein Prinz?"
"Ich bin übrigens Did Cinda, und ja, das ist der einzige noch lebende Prinz von Elensar!", die alte Dame lachte "aber er ist wie sein Vater, ich denke darum wurde bestimmt das nur eine Frau den weißen Thron besteigen kann!" Liam betrachtete seine Umgebung genauer, der Friedhof lag im Innenhof eines riesigen Schlosses, die Mauern erstreckten sich über viele Meter und bestanden aus hellem Stein. Überall waren Fahnen mit dem Siegel des weißen Tigers zu sehen. "Sind wir bei meinem Vater?", fragte Liam gespannt. Nervosität überkam ihn, er wusste nicht wie er diesem Mann gegenüber treten sollte, er kannte ihn nicht. Er fragte sich wie er wohl aussah und ob sie sich verstehen würden. Liam versuchte den Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen, es war zu spät um einen Rückzieher zu machen.
Vernon hatte seinen Streit mit Finn bei gelegt und war vor ihm in die Hocke gegangen, seine grauen Augen funkelten: "Zeit aufzustehen kleiner Prinz, wir müssen mit dem König reden!" Liam lächelte und griff dankbar nach der Hand die ihm Vernon entgegen streckte. Dieser zog ihn mit Leichtigkeit hoch. "Du scheinst wieder fit zu sein!", bemerkte Liam. Vernon umarmte ihn stürmisch: "Dank dir dummer Idiot, bring dich nie wieder wegen mir in Gefahr, hörst du?"
"SCHWUL!", der laute Zwischenruf von Finn lies Liam erröten und die Umarmung beenden. Er warf dem blonden Taugenichts einen finsteren Blick zu, dieser streckte ihm bloß die Zunge heraus. "So, Finn es wird Zeit das wir aufbrechen, dein Strafdienst wurde nur kurz unterbrochen um dem Prinzen von Amergyn zu helfen!", Did zwinkerte ihnen zu "viel Glück euch beiden, vielleicht führt uns das Schicksal eines Tages wieder zusammen!" Finn zeigte ihnen zum Abschied seinen Mittelfinger, dann verschwand er mit Did hinter den blühenden Bäumen.
"Was war das für ein Idiot?", Liam schüttelte den Kopf "wir sind doch nicht schwul!" Vernon lachte: "Nein, ich denke nicht! Finn ist wirklich ein Prinz aus einem weit entfernten Land, aber er sprengt ständig Schiffe, Städte und anderes in die Luft, darum muss er mit der Meisterin Did Cinda durch die Welt reisen um Gutes zu vollbringen!" Liam versuchte nicht über das was Vernon erzählte nach zu denken, sein Kopf war schon voll mit dieser neuen Welt, er konnte sich nicht mit einer möglichen anderen neuen Welt befassen.
Außerdem musste er sich um das Treffen mit seinem Vater vorbereiten, er blickte in Richtung des großen Tores welches wohl in die Hallen des Schlosses führte.
"Bist du bereit?", fragte Vernon. Liam überlegte kurz: "Nein, ehrlich gesagt nicht!"
"Ich bin an deiner Seite!", Vernon nahm seine Hand "lass uns gehen!"