"Konter konter konter", flüsterte Liam zu sich selbst und atmete tief ein. Nun begann auch der Boden um ihn Risse zu bekommen und eisiger weißer Rauch stieg auf. Dieser erschuf weiß glänzende Skelette, an denen Eiszapfen hingen. "Pah!", die Stimme von Nica riss ihn aus seiner Faszination für seine eben erschaffenen Wesen "deine haben nicht einmal Schwerter!" Liam bemerkte wie er wieder ruhiger wurde, sein Herzschlag wurde langsamer, er entspannte sich. "Dafür sterben deine jetzt", entgegnete er ihr mit spöttischer Stimme "los, angreifen!" Die weißen Skelette fielen zusammen und formten sich zu einem mit Eissplittern versehenem kleinen Hurrikan der durch den Saal fegte und die Schattenskelette verschlang. Der Hurrikan raste auf Nica zu, diese wich ihm geschickt aus. Um niemanden zu gefährden lies Liam ihn zusammen fallen, weißer Stauf regnete auf das begeisterte Publikum, dass ihm nun schon mehr zugetan war. Nica packte die Wut, sie zog ein Schwert, welches dem der dunklen Skelette glich, um sie herum schien sich eine Aura aus Schatten aufzubauen, bereit ihren Gegner tödlich zu treffen. Liam konzentrierte sich, ein brennen in seinem Nacken ermutigte ihn, er schien das richtige im Sinn zu haben. Nica raste ohne zu zögern auf ihn zu und holte zu einem starken Schlag mit dem Schwert aus. Liam reagierte nicht wie sie erwartet hatte, keine Abwehrhaltung, keine Furcht, stattdessen breitete er noch seine Arme aus. Das Publikum johlte, niemand schien zu verstehen was der junge Prinz vor hatte. Nica schlug zu, aber sie konnte keinen Widerstand spüren. Ihre Hände waren leer, ihr Schwert hatte sich in Schneeflocken verwandelt, die durch den Raum wehten. Schockiert betrachtete sie ihre Rüstung, auch die begann sich aufzulösen, und als Schneeflocken von ihr herab zu regnen.
Nun stand sie in einem Leinenhemd und einer dünnen Hose aus schwarzem Stoff vor Liam, gebannt von seiner unglaublichen Macht. "Ich bin unterlegen!", rief Nica aus "ich ergebe mich und trete meinen Anspruch auf Yoricks Thron nun an Liam Zoi ab!" Liam betrachtete sie nun das erste mal ohne Rüstung. Ihre Haare waren schwarz wie seine, und er war sich nicht sicher ob er sich das einbildete, aber er fand sie ähnelte seiner Mutter ein wenig.
Liam hörte den Applaus des Publikums bis in den Thronsaal, in den er sich mit seinem Vater und den Beratern zurück gezogen hatte. König Alric blickte zu seinem Thron: "Vor zwei Tagen kannte dich hier niemand, jetzt ruft das Volk deinen Namen mein Sohn!" Die Schlangenlords starrten mit mürrischem Blick zu Liam, er erwiderte diesen kühl: "Ich möchte neue Berater einsetzen!" Alric zog die Brauen hoch: "Bist du sicher mein Sohn? Es ist deine Entscheidung, aber du solltest die Berater erst kennen lernen!" Liam lachte: "Malwyn und Larelina Raafe sind hiermit aus ihrem Amt entlassen. Ich möchte das die Elfe Catt und Nica Vidar meine obersten Berater werden!"
Nica und Catt hatten sehr erfreut über diese Entscheidung reagiert. Nica hatte so das Gefühl, das auch wenn sie auf den Thron verzichten musste, sie doch ein wichtiges Mitglied des Königsstabs war. Catt war froh nicht mehr als Söldnerin Aufträge erfüllen zu müssen, und niemandem mehr außer dem König dienen zu müssen.
"Eine Krone im Nacken, dass passt zu dem Sinn, den das Duell hatte!", Vernon strich Liam sanft mit dem Finger über sein drittes Symbol, welches er nun für immer am Körper tragen würde. "Bist du glücklich?", die beiden spazierten über den Friedhof und betrachteten den Sonnenuntergang. "Ich sollte es sein oder?", Liam blieb stehen und lies seinen Blick zu den Obstbäumen, zwischen denen die Portale zu anderen Welten lagen, schweifen. Er hatte seinen Vater gefunden, war offiziell kein Waise mehr und sollte eines Tages König werden. Trotzdem hatte er das Gefühl das dieser Ort nicht das Ende seiner Reise sein sollte. "Ich wünschte wir könnten zurück in die Hütte im Wald!", Vernon riss ihn aus seinen Gedanken, seine grauen Augen lagen fragend auf Liam. Diesem war der Gedanke auch schon durch den Kopf gegangen, klar hatten sie keine einfache Zeit in dieser Hütte erlebt, doch waren sie sich dort immer gute Verbündete gewesen und hatten den anderen zu schätzen gelernt. Liam fiel auf das er Vernon kaum noch zu Gesicht bekam, die letzte Woche hatte aus Ratssitzungen, Vorbereitungen für das Fest von dem sie sich davon gestohlen hatten und vielen Vorstellungen vor so genannten wichtigen Familien bestanden. Vernon hatte sich in dieser Zeit hinter Büchern vergraben und war deutlich stiller geworden. "Ich vermisse dich in der Zeit in der mich dieses Prinz-Sein verschlingt!", Liam sah ihm in die Augen "ich möchte nach dem Fest mit meinem Vater reden und mit dir fort gehen! Nach Argeshire, das liegt südlich von Amergyn! Finn ist dort, ich denke er könnte unsere Hilfe gebrauchen!" Vernon lächelte: "Ich vermisse dich auch! Sehr sogar! Aber Finn helfen? Der Tölpel hat sich nicht gerade von seiner besten Seite gezeigt!" Liam überlegte warum ihm der Gedanke seit seinem Besuch bei Did Cinda im Wald der 1000 Gefahren nicht mehr los gelassen hatte. "Es ist nur so ein Gefühl Vernon, scheust du etwa ein Abenteuer?", er boxte seinem Freund neckisch in den Bauch. Vernon hielt seinen Arm fest und zog in näher an sich: "Mit dir an meiner Seite auf keinen Fall, was kann uns schon auseinander bringen nach allem was wir erlebt haben?"
Liam spürte wie ihm die Situation Unbehagen bereitete, er dachte an den jungen Finn, der beim Anblick ihrer Umarmung auf genau diesem Friedhof einen peinlichen Zwischenruf gestartet hatte. Er genoss Vernons Nähe einerseits, andererseits fühlte es sich komisch an, nicht wie mit Robert in Kenses City. "Wir müssen zurück, mein Vater gibt dieses Fest mir zu ehren, da sollte ich nicht zu lange fehlen, das wäre unhöfflich!", Liam zog Vernon mit sich, dieser begann laut zu lachen: "Seit wann verstehst du etwas von Höflichkeit?"
Die beiden erreichten die große Halle, in der eine Woche zuvor das Duell zwischen Liam und seiner jetzigen Beraterin Nica statt gefunden hatte. Die Bediensteten hatten viele Bänke und Tische aufgestellt und diese mit den bunten Blumen aus den Gärten geschmückt. Girlanden in hellem Blau zierten die Wände, genau wie die Banner des Tigers. Liam gesellte sich wieder zu Nica und Catt, welche ihn sogleich in ein Gespräch verwickelten. Vernon ging an die Seite des Saals und betrachtete die Situation aus einiger Entfernung.
Er konnte sich selbst nicht erklären warum er sich so Leer und verloren fühlte, er war ein Mitglied der Königsfamilie geworden, und doch hätte er lieber noch Stunden mit Liam am Friedhof verbracht.
Liam schien sich prächtig mit Catt zu unterhalten, wer konnte es ihm verübeln, die Elfe sah in ihrem weißen Abendkleid einfach zauberhaft aus, und doch versetzte es ihm einen Stich. In deinen Gedanken versunken hatte Vernon nicht bemerkt das sich Nayda ihm von der Seite genähert hatte. Er erschrak als sie ihn breit angrinste: "Bruder, wir sollten mit einander reden, sonst werden wir unsere Konflikte nie mehr lösen können!" Vernon starrte sie misstrauisch an, sie und ihre Eltern hatten sich in der letzten Woche ruhig verhalten, nicht protestiert gegen die Neubesetzung ihres Amtes. Waren sie etwa zur Einsicht gekommen, nach all den Jahren? "Warum solltest gerade du ein Interesse an einer Lösung unserer, wie nanntest du es, Konflikte, haben?", fauchte Vernon sie an. Ihre Miene verdunkelte sich deutlich, und doch lies sie nicht locker: "Ein Sparziergang durch den Wald vor dem Schloss mein Bruder, nur um zu reden. Danach lasse ich dich in Ruhe weiter den Prinzen anschmachten, versprochen!" Vernon fühlte sich ertappt und blickte auf den Boden: "Ist das so offensichtlich?" Nayda lachte schallend: "Vernon, das war schon in unserem Kerker offensichtlich!" Vernon überlegte, sollte er das Fest verlassen und eine Aussprache mit seiner Halbschwester versuchen? In diesem Moment fiel sein Blick wieder auf Liam, Catt schien ihm etwas ins Ohr zu flüstern was ihn zum grinsen brachte. "Gehen wir, ich bin froh einen Grund zu haben um von hier zu verschwinden!"
Vernon und Nayda waren eine Weile wortlos durch den Grauwald, welcher sich vom Schloss am nördlichen Ende von Yoricksstadt, bis hin zu den drei angrenzenden Gebieten erstreckte geschlendert.
"Ich freue mich, auch wenn ich das nicht gerne zu gebe, dass du dich dazu entschlossen hast mit mir so ein Gespräch führen zu wollen!", begann Vernon vorsichtig ohne seine Schwester anzusehen. Diese starrte ebenfalls auf den Boden: "Ich war, weißt du, immer darauf trainiert dich zu hassen, alles zu hassen um genau zu sein. Ich weiß nicht warum mir Hass immer so leicht gefallen ist, vielleicht weil Vater mich immer dafür gelobt hat!" Vernon lächelte verächtlich, das konnte er sich nur zu gut vorstellen, er würde nie vergessen was ihm dieser Mann angetan hatte. "Liams Worte, damals im Kerker", sprach sie weiter "und die Tatsache das du ihn davon abgehalten hast mich zu töten, haben mir zu denken gegeben. Ich war so grausam zu dir Bruder, und du hast mich verschont, genau wie der Prinz! Ich bewundere deine Größe!"
Vernon riskierte nun doch einen Blick zu ihr, sie erwiderte diesen lächelnd. Ihm war nie aufgefallen das sie wirklich beinah identische Augen hatten, helles grau mit einem dunklen Ring herum. "Du bist zumindest meine Halbschwester, und noch dazu jünger, es ist doch meine Pflicht dich irgendwie zu beschützen!"
Daraufhin mussten beide herzlich lachen, sie gingen immer weiter gerade aus, schlossen Frieden und Nayda schlug vor noch weiter zu gehen um die neu gewonnene Freundschaft zu besiegeln. Sie holte eine Flasche Tigerschnaps, aus den Birnen der Obstbäume zubereitet, die um das Schloss herum wuchsen, aus ihrer Tasche und schlug vor unterm gehen immer einen Schluck zu trinken und sich dabei fragen zu stellen, auf die man ehrlich antworten musste. Vernon stimmte zu, und nach einer weiteren Stunde war er voll auf betrunken. Ihm war entgangen das Nayda jeden einzelnen Schluck wieder ausgespuckt hatte.
Vernon hatte Mühe sich auf den Beinen zu halten, aber Nayda lockte ihn immer tiefer in den Wald. Erst als dieser sich zu lichten begann hielt sie an und wartete ungeduldig auf ihren Bruder. Der kam neben ihr zum stehen und hielt sich an einem der noch vereinzelt wachsenden Bäume fest: "Mir ist schlecht, ich denke wir müssen eine Pause machen!" Nayda grinste hämisch: "Dagegen habe ich etwas für dich!" Sie zog eine aufgezogene Spritze aus ihrer Tasche, sowie ein langes Seil. Vernon erstarrte beim Anblick der Spritze, er schüttelte den Kopf: "Nein, das kann ich Liam nicht antun, nicht nach allem was er mit mir durch gemacht hat!" Nayda hatte mit Widerstand gerechnet und sich gut auf diesen Fall vorbereitet, sie legte ihrem Bruder einen Arm auf die Schulter: "Armer Vernon, so verliebt in den kleinen Prinzen, aber wo ist er nur, ich kann ihn nirgends entdecken, ach stimmt, er vergnügt sich gerade mit einer hübschen Elfe! Ich werde ihm nichts verraten, er muss es nie erfahren!" Sie konnte in seinen Augen sehen wie sein Widerstand zu bröckeln begann, Nayda reichte ihm die Spritze und das Seil: "Komm schon Vernon, ein letztes mal!" Ihr Plan hatte erfolg, Vernon lies sich am Stamm des Baumes herab sinken und tat was er sich selbst versprochen hatte nie wieder zu tun. Nachdem er fertig war schloss er die Augen und lehnte seinen Kopf an den Stamm. Nayda begann in in diesem Moment mit dem Seil an den Baum zu fesseln. "Nayda", flüsterte Vernon "warum bist du so glücklich?"
"Mein lästiger Bruder wurde an einen Baum gebunden und von wilden Tieren zerfleischt, er ist einfach zu weit von Zuhause weg gegangen!", meinte Nayda kalt. "Oh, trauriges Schicksal für deinen Bruder!", murmelte Vernon und sank in einen betäubenden Schlaf. "Dummer Idiot!", Nayda betrachtete ihr Werk "ich habe schließlich nur diesen einen störenden Bruder!"