Diese Geschichte spielt an Originalschauplätzen, Parallelen zu lebenden Personen sind möglich und selten unbeabsichtigt. Namen von der Autorin geändert.
Prolog
Keiner ahnte was in jener schicksalhaften Nacht passierte. Die Verderbnis kam leise und still in der Form eines geheimen und gemeingefährlichen Virusses, welches aus einem ACB Labor, nicht weit unserer Heimat, entwich. Ein Virus schrecklich und tödlich und doch… etwas musste schiefgelaufen sein, denn die Menschen welche von ihm befallen wurden, starben nicht sogleich, sie verwandelten sich, in etwas… das weder richtig lebendig, noch richtig tot war. Der Virus befiel zuallererst den äusseren Teil des Gehirns, so dass die Wahrnehmung der befallenen Wirte sich so weit veränderte, dass sie ihre Fähigkeit der Unterscheidung und der Selbstkontrolle gänzlich verloren. Wie gefährlich das werden sollte, würden wir bald am eigenen Leibe erfahren…
Ein seltsamer, nächtlicher Gast
Das Gebell unseres Hundes, weckte mich aus dem Schlaf auf. Etwas erstaunt richtete ich mich in meinem Bett auf und schaute was los war. Der Hund war ganz ausser sich und sein Bellen wirkte fast hysterisch. Er stand vor der einen Wohnungstür, die hinauf in unser Schulhaus führte. Wir waren seit nun mehr 13 Jahren Hauswart in dieser Schule und wohnten auch hier.
Mein Hund wollte und wollte sich nicht beruhigen, bis schliesslich auch mein Mann und mein Sohn davon aufwachten. «Was um alles in der Welt ist denn da los? » fragte mein Mann schlaftrunken und kam mit schlurfendem Schritt zu mir. «Irgendwas muss in der Schule los sein, » sprach ich und Furcht kroch in meine Knochen, als ich ein schepperndes Geräusch aus dem Schulhausgang über uns vernahm. Der Hund bellte noch lauter und mein Sohn bekam jetzt auch Angst. «Mami was hat Lucky bloss? Sowas hat er noch nie gemacht und was scheppert da oben? » Ich legte den Arm um meinen mittlerweile 11-jährigen Sohn und versuchte ihn zu beruhigen. «Ach, das wird wohl nicht so etwas Schlimmes sein, vielleicht die Typen von der Band (wir hatten eine Band, die in unserem Schulhauskeller jeweils probte). Womöglich sind sie ja besoffen und finden sich nicht mehr zurecht. » Diese Möglichkeit war gar nicht so abwegig, denn die Männer der Band hatten auch schon die Nächte in der Schule verbracht, manchmal sogar in weiblicher Gesellschaft. Als Hauswart bekommt man so das eine oder andere mit ;-). Doch das tut ja nichts zur Sache. «Wir sollten mal nachschauen, » sprach mein Mann mutig. «Abgeschlossen habe ich ganz bestimmt alles. Es müsste wirklich jemand von der Band sein, oder ein Lehrer, aber um 3 Uhr in der Nacht… ist schon seltsam. »
Er ging ins unser Schlafzimmer zurück und holte aus dem Schrank seinen selbstgemachten Kampfbumerang. Er war ein geschickter Handwerker und werfen konnte er den Bumerang natürlich auch. Allerdings hatte man diese Art Bumerang bei den Aborigines nur zur Jagd verwendet und manchmal auch als Keulen eingesetzt. Er war jedoch zu schwer und massiv um zu seinem Werfer zurückzukehren.
Ich blieb an der Tür und lauschte mit rasend klopfendem Herzen. Als es oben erneut schepperte, zuckte ich zusammen und der Hund begann erneut wie rasend zu bellen. «Willst du da wirklich rauf? » fragte ich meinen Mann ängstlich. «Ja klar, was soll das schon sein? Es kann niemand ins Schulhaus, ausser jemand mit Schlüssel und wer sollte hier schon einbrechen, es gibt ja nichts zu holen. » «Aber… warum scheppert es denn immer? Was ist es überhaupt was da scheppert? » «Kann ich auch nicht sagen. Ich schau jetzt mal nach. » «Ok, » gab ich zurück. «Aber ich folge dir in einem gewissen Sicherheitsabstand und halte das Handy bereit. Ausserdem nehme ich Lucky mit (Lucky war zum Glück ein ziemlich grosser Hund). Ich wendete mich an meinen Sohn: «Du bleibst hier unten Remo und schliesst dich ein, klar. Falls irgendwas passieren sollte, nimmst du dein Handy und rufst 117 an! Das ist der Polizeinotruf. » «Aber Mami… ich habe Angst! » «Bestimmt ist es nichts Schlimmes. Ich vermute wie gesagt ein betrunkenes Band Mitglied, oder einen betrunkenen Lehrer, obwohl… letzteres würde mich doch etwas nachdenklich stimmen…» murmelte ich vor mich hin.
Mein Sohn nickte und schloss die Tür der Wohnung wieder hinter sich. Mein Mann hielt seinen Bumerang wurfbereit und ging langsam die Treppe, aus roten Klinkersteinen, empor. Ich hatte Lucky am Halsband neben mir und das Handy griffbereit in der Tasche. Die Nummer der Polizei war bereits eingestellt. Ich musste nur noch den grünen Hörer drücken und schon war ich mit selbiger verbunden. Wieder schepperte es. «Das kommt aus der Küche, » flüsterte mein Mann und hielt seinen Finger vor den Mund. «Bleib mit Lucky etwas mehr zurück! » Ich nickte und wartete bis mein Mann oben an der Treppe angelangt war und vorsichtig um die Ecke schielte. Auf der linken Seite neben unserem Reinigungsraum, befand sich die Schulküche. Mein Mann bedeutete mir langsam zu folgen, Lucky war jetzt ziemlich ruhig geworden, als ob er ahnen würde, dass wir möglichst unauffällig bleiben wollten. Die Gedanken wirbelten wild in meinem Kopf. Was um alles in der Welt, konnte das sein? Jemand den wir kannten, oder doch irgendwelche Einbrecher oder Vandalen?
Mein Mann schlich der Wand entlang und ich folgte ihm. Immer mal wieder, hielt er den Finger vor den Mund, um mich zur Stille zu ermahnen. Auch unser Hund ging angespannt aber still neben mir.
Bald waren wir bei unserem Reinigungsraum angelangt worin alle Gerätschaften für die Schulhausreinigung lagerten. Leise, ganz leise bewegte sich mein Mann vorwärts. Immer bereit zuzuschlagen. Ich war richtig stolz auf ihn, er wirkte sehr behände und selbstsicher. Man merkte, dass er mal Kampfsport und Schwertkampf gemacht hatte, denn er wusste was er tat. Ich versuchte mich daran zu erinnern, was ich einst in meiner Zeit im Ju Jitsu gelernt hatte. Doch irgendwie war mein Kopf leer und ich erinnerte mich an gar nichts mehr. Mein Mann jedoch, hatte noch immer dieses Körpergefühl. Er war nun an der offenen Küchentür angelangt und wartete einen Augenblick. Seine Finger umklammerten den Bumerang und dann wagte er einen verstohlenen Blick in den hell erleuchteten Raum.
Doch sogleich als er das getan hatte, entspannte er sich und liess den Bumerang sinken. «Peter du? Was machst du denn da? Peter war tatsächliche eines der Bandmitglieder, eines der Umtriebigsten noch dazu, denn er war es hauptsächlich, welchen wir schon öfters morgens früh mit fremden Frauen an der Seite angetroffen hatten. Er fuhr ein weisses Jaguar Cabrio und war auch sonst ein richtiger Lebemann, der mit Vorliebe blütenweisse Hemden anhatte und eine «gesunde» Solarium Bräune zur Schau trug. Er sah nicht übel aus und bestimmt war er als Musiker beliebt bei den Frauen. Was er sonst für einen Job hatte, wussten wir nicht. Jedenfalls musste er sicher genug verdienen, um so einen Wagen zu fahren.
Doch jetzt da wir ihn hier in der Küche erblickten, sah er gar nicht gut aus. Er war bleich und mehrere Pfannen standen und lagen herum. Von diesen war wohl das Scheppern gekommen. «Was machst du denn da? » fragte mein Mann erneut. «Was ist mit all den Pfannen? » Peter schaute uns aus glasigen Augen an und seine Hände zitterten leicht. «Ich… wollte eigentlich etwas kochen, aber… ich weiss nicht welche Pfanne ich nehmen soll…» Er wirkte seltsam verwirrt und entweder hatte er wirklich eine ganze Menge Alkohol intus, oder sogar noch Schlimmeres. «Aber… du kannst doch mitten in der Nacht nicht hier kochen! Wir dachten es seien Einbrecher im Haus, » sprach ich ungehalten. «Ja, » erwiderte mein Mann, allerdings ein wenig ruhiger und besonnener (wie es meistens der Fall war). «Das geht wirklich nicht Peter. «Du musst doch nach Hause. Es ist drei Uhr nachts. » Peter gab keine Antwort, er blickte irgendwie seltsam in die Leere und musste sich sichtlich anstrengen dem was wir sagten zu folgen. «Jaja…» stammelte er, «es tut mir leid. »
Sein Blick wanderte hinüber zu einem Stück blutigem Fleisch, welches neben dem Herd lag. Es war weder ein Teller noch ein Brett darunter und das Blut hatte schon die ganze Abtropffläche des Waschbeckens vollgeschmiert. Es wirkte schon ziemlich grausig. Etwas stimmte da nicht, mein Magen krampfte sich seltsam zusammen und ich wollte das Fleisch möglichst schnell entfernen. Doch Peter griff gierig nach dem Stück und funkelte mich voller Futterneid an. «Das ist meins…! Wenn ich nicht kochen darf, dann esse ich es eben so.» Er nahm das rohe Stück Fleisch in seine beiden Hände und biss herzhaft hinein. «Ach du meine Güte! » dachte ich, während ich zusah, wie der blutige Saft des Fleisches, Peter aus den Mundwinkeln übers Kinn hinunterlief und auf den blauen (frisch gereinigten) Linoleumboden tropfte. «Nimm bitte wenigstens einen Teller darunter! » rief ich. Ich nahm einen grossen Teller aus dem Schrank und forderte den Musiker auf, das Fleisch dort drauf zu legen. Er schaute mich erneut verwirrt und irgendwie komisch an, gehorchte dann jedoch. Seine Bewegungen waren seltsam mechanisch. Unser Hund liess ein leises Grollen hören und musterte den Mann mit gesträubtem Fell. «Was will er denn von mir? » fragte Peter und legte seine Hand beschützend über das blutige Stück Fleisch. «Will er mir mein Essen wegnehmen? » «Das glaube ich eher nicht, » gab ich ärgerlich zurück «du kommst ihm wohl einfach komisch vor. » Mein Mann warf mir einen tadelnden Blick zu, doch Peter war doch wirklich komisch. Wie sollte man damit umgehen, ausserdem hatte unsere Nachtruhe empfindlich gestört und das konnte ich gar nicht leiden.
«Setz dich doch einfach mal etwas hin! » sprach mein Mann zu Peter «Iss… dein… Fleisch fertig und dann… gehst du nach Hause, ok? » «Ja…ja, das sollte ich wohl tun…» murmelte Peter. «Noch etwas Wasser dazu? » fragte ich leicht ironisch, ging zum Wasserhahn, füllte ein Glas und reichte es dem seltsamen, nächtlichen Gast. Dieser nickte und leerte das ganze Glas in einem Zug hinunter.
Doch dann auf einmal, wurden seine Augen glasig, er kippte, völlig unerwartet vom Stuhl und blieb reglos liegen. «Oh nein! » rief ich aus. «Hätte ich ihm das Wasser nicht geben dürfen? Ich meine… ich dachte nur so könne er das zähe, rohe Fleisch vielleicht etwas besser und schneller runterkriegen. » «Mein Mann beugte sich zu Peter hinunter und überprüfte seine Vitalfunktionen. «Ich denke eher, der schläft jetzt seinen Rausch, von was auch immer dieser herrührt, aus. Er atmet jedenfalls recht gleichmässig. Er ist einfach ohnmächtig geworden. » «Aber was machen wir jetzt mit ihm? » «Wir bringen ihn am besten in den Singsaal rüber, dort hat es ja Klappmatratzen, darauf können wir ihn legen und einfach mit einer Wolldecke zudecken. » «Wir transportieren wir ihn? » «Wir nehmen einfach das Wägelchen vom Mittagstisch. Komm, hilf mir ihn hochzuheben! » Ich liess Lucky los und packte mit an. Ziemlich bald hatten wir Peter auf den blauen Wagen gelegt und fuhren nun mit ihm rüber zum Singsaal, der sich auf dem gleichen Stockwerk befand. Dort richteten wir Peter ein Lager her und liessen ihn dann dort zurück, um seinen Rausch auszuschlafen. Nichts ahnend, dass wir damit wohl einen Fehler begangen hatten…