Und wieder sah sie mich so an. Sie mochte Recht haben, dass ich sehr empfindlich war, was sie und meine Tochter betraf. Auch wollte ich keine Frau, die bedingungslos zu Kreuze kriecht und einfach nachgibt um mich zu besänftigen. Nein! Das war meine Selina. So wie ich sie liebte. Klug, stark genug, ihren Standpunkt zu vertreten und lieb genug, wieder Frieden herbei zu führen. "Du möchtest von einem, nach Knoblauch und Whiskey stinkenden, überängstlichen Dickschädel geküsst werden? Bist du sicher?" - "Wenigstens wüsste ich dann, dass du mich wieder lieb hast..." - "Selina, es gab keine Sekunde seit der Nacht im Seehaus, in der ich dich nicht geliebt hätte! Ein Weibchen ohne eigenen Charakter hätte mir nicht lange Freude bereitet. Es ist deine Stärke, deine Liebe und das Knistern zwischen uns, das uns nie verlassen hat; das dich so unersetzbar für mich macht... Dass ich dich abgöttisch liebe! Daher kommt diese Angst um dich, Selina! Es gibt Keine, die dir das Wasser reichen kann! Dich zu verlieren würde mein Dasein sinnlos machen, mich zurückwerfen in jene kalte Welt, aus der du mich gerettet hast, damals! Lieber würde ich sterben, als mein altes Leben ohne dich zu leben!" Ich fasste in ihr wallendes rotes Haar, wischte mit dem Daumen ein Tränchen aus ihrem Gesicht und zog sie an mich. Sie wippte auf die Zehen und küsste mich. Zögernd erst, dann leidenschaftlich. Dann legte sie den Kopf an meine Brust und hielt mich fest. "Ich kann es spüren, wie sehr du mich liebst, Michael und ich liebe dich genauso. Bitte gib mir etwas mehr Spielraum! Was uns heute passiert ist, hätte nicht sein müssen... Ich weiß, ich hätte dich nicht hintergehen dürfen, aber ich fühlte mich eingeengt und ich hatte Angst, du würdest die Vortragsreihe platzen lassen, nur um mich zu beschützen." - "Ich respektiere deinen Wunsch, Sel! Ich werde versuchen, nicht mehr so eine Glucke zu sein, aber du musst mir dabei helfen. Es wird nämlich nicht leicht für mich!"
Wir gingen wieder zu meinem Sessel und Selina stupste mich an, so dass ich in den Sessel fiel. Sie setzte sich rittlings auf meinen Schoss und schmuste mich einfach nieder. Am Anfang einer Beziehung tut man so etwas wohl öfter. Aber Selina hat dieses Ritual über all die Jahre bis heute nicht sterben lassen und jedes Mal wieder vermittelt es mir ein Hochgefühl. Das Hochgefühl der Geliebte dieser einzigartigen Frau zu sein, auch noch Jahre nach der Hochzeit...