Nach dem Essen fragte Sel "Wo kriegen wir heute noch Brot oder Brötchen her? Die zum Aufbacken sind aus!" - "Ich besorg welche. Kommst du mit?" Tom war natürlich sofort dabei. Wir gingen raus und am Mercedes vorbei. Ich öffnete "Papas Garage". "WOW! Ich werd verrückt! Tom erstarrte in Ehrfurcht vor diesem "Museum" ausgesuchter mobiler Raritäten. "Du hast tatsächlich einen Miura? Und einen Lancia Stratos?" Wir gingen die Garage ab. Er erkannte die meisten der abgedeckten Autos an der Shilouette. "Wahnsinn! Ein Ford GT!" Vor einem blieb er stehen. "Du hast ihn noch? Ehrlich, ist er das? Er hob die blaue Plane etwas an und erblickte den weißen Stoßfänger. Fahren wir mit dem? Bitte!" Wir deckten ihn ab. Der weiße 911 Targa. "Es gibt nur einen Porsche! Deinen! Alle anderen sind Spielzeug gegen den mit deinem Antrieb!" - "Das weißt du noch?" - "Ob ich das noch weiß? Ich war der Erste der mit einem Montarantrieb mitgefahren ist! Das hast du mir damals gesagt, als du mich über den Splitboden zum Auto getragen hast!" Von diesem Auto hab ich immer geträumt, immer! Selbst als ich böse auf dich war!" Wir legten die Plane zusammen und stiegen ein. "Vielleicht fährst du ihn später mal. Ich werde ihn auf jeden Fall nie verkaufen. Ich liebe ihn!" Wir fuhren zur Tankstelle einen "Umweg über die Autobahn". "Mach mal Sound!" Ich stellte den Soundgenerator an und gab einmal kräftig Gas. Der Wagen schoss unter infernalischem Gebrüll nach vorn. Das machte wirklich Spaß, zu zweit noch mehr! Beinahe hätten wir den Grund unseres Ausflugs vergessen, besannen uns aber eines Besseren und kamen ausgelassen mit den Brötchen wieder ins Palais.
"Ja, Fanni, Jungs sind leicht zu unterhalten. Gib ihnen ein paar alte Autos und du hast deine Ruhe. Aber Eines liebe ich an Michael besonders. Wenn Fußball kommt, stellt er den Fernseher aus und sagt "Lass uns heute mal früher schlafen gehn, Schatz!" - "Ich freue mich so sehr für den Jungen, dass Michael ihm vergeben hat, Selina." - "Weißt du Fanni, er hat die beiden wirklich über alle Maßen geliebt. Als Tom ihn damals verjagte traf ihn jedes Wort wie ein Peitschenhieb. Aber Tom war ihm immer wichtig. Er wird auch dafür Sorge tragen, dass er eine gute Ausbildung erhält! Jetzt ist alles gut, Fanni. Wenn du die beiden anschaust, kommst du nicht darauf, dass zehn Jahre Funkstille herrschten bis heute Vormittag.
Ich verbrachte fast den ganzen Tag mit Tommy und machte mir ein Bild davon, wie eng wir noch zusammengehörten. Überraschender Weise war durchaus noch eine starke mentale Verbindung zwischen uns und mir wurde klar, das unsere ungewollte Trennung den kleinen Jungen damals ja zumindest genauso hart getroffen hatte, wie mich. Nachmittags verbrachten wir ein paar Stunden bei den Oldtimern und kamen dabei zu einem Gespräch, von dem ich nie geglaubt hätte,dass wir es, wenn überhaupt, so bald führen würden. Tom hatte sich fast alles aus unserer kurzen gemeinsamen Zeit gemerkt. Ich hätte nicht geglaubt, dass sich ein vierjähriger Zwerg alles merken kann, was er erlebt, Er wusste auch noch, dass er mich beim letzten Abschied auf die Wange geküsst hatte und "Tschüss Papi!" gesagt hatte. Für ihn war es zu diesem Zeitpunkt fix gewesen, dass ich nun sein Papi war. Auch erzählte er mir, dass er zu Silvie beim ersten Erklärungsversuch gesagt hatte: "Du lügst, Mama! Warum lügst du mich an? Ich glaube dir nicht! Michael wollte mein Papa sein! Er würde niemals ins Ausland gehen ohne dich und mich!" Doch nachdem ich nicht mehr auftauchte und damit sein großer Traum von Papi damit ausgeträumt war, begann er, Silvies Ausrede zu akzeptieren und mich für den Verrat an ihm zu hassen. Er entwickelte dieses Feindbild soweit, dass er auch keine gegenteiligen Beweise mehr sehen, geschweige denn akzeptieren wollte. Aus diesem Grund hatte ich damals von vorn herein nicht die geringste Chance gehabt, als ich mit Selina zu ihm ins Reihenhäuschen gekommen war. Auf diese Weise hatten wir weitere vier Jahre verloren...