Dass sich die schwere Holztüre des Stalles öffnete, bekam Louis gar nicht bewusst mit. Er hörte zwar ein leises Knarren, aber in einem Stall, der in der Hauptsache aus Holz errichtet worden war, knarzte immer irgendwo mal etwas. Kein Grund, alarmiert zu sein. Als die Türe jedoch mit einem Knall zufiel, schrak der Vampir zusammen und als er Erics Stimme vernahm, verkrampfte sich alles in ihm. Er würde sich zwar das Blut aus dem Gesicht wischen können, aber wenn er den jungen Mann ansehen würde, würde dieser merken, dass etwas mit Louis nicht stimmte. Dass er ... anders war.
»Was tust du da?« Erics Stimme klang unsicher, aber trotzdem näherte er sich dem Stallmeister, der sich verstohlen mit dem Ärmel seiner Jacke über den Mund wischte, um zumindest die größten Spuren seiner Tat zu beseitigen. »Louis? Was zum Teufel machst du hier?«, wiederholte der Blonde seine Frage.
Der Vampir hörte, wie der Andere die Boxentür öffnete und dann knisterte das Stroh unter Erics Schritten.
»Verdammt noch mal, Louis, antworte mir.« Diesmal klang der Tonfall des jungen Mannes bittend. In dem Dunkelhaarigen tobte ein Chaos an Gefühlen und er war sich noch nie so unsicher gewesen, was er tun sollte. Als Eric die Hand auf seinen Rücken legte, zuckte der Stallmeister zusammen.
»Louis, bitte, was ist los?«, machte der Blonde einen weiteren Versuch und endlich reagierte der Andere. Langsam drehte er sich zu Eric um und sah diesen an. Für den Bruchteil einer Sekunde starrte der junge Mann ungläubig in die rotglühenden Augen seines Gegenübers, bevor er zischend die Luft einsog und ein Stück zurückwich, dann jedoch stehen blieb. »Was zum Teufel ...?«
»Ich ... Ich denke, ich sollte dir besser die Erinnerung an das hier nehmen und dann verschwinden.« Die Stimme des Franzosen war leise und er senkte den Blick. Was hatte er erwartet? Die meisten Menschen reagierten so, wenn sie einem Vampir begegneten. Die wenigsten konnten sich vorstellen, dass Wesen wie Louis friedlich und freundlich sein konnten. Für die meisten waren sie Monster, mehr nicht, und etwas, wovor man Angst haben musste.
Nachdem Eric sich von seinem ersten Schreck erholt hatte, atmete er tief durch, machte wieder einen Schritt nach vorne und legte einen Finger unter Louis‘ Kinn. Der Blonde hob es an und zwang den Anderen so, ihn wieder anzusehen. »Nein, das wirst du nicht tun. Keins von beidem. Denn dafür gibt es keinen Grund.«
»Nicht? Ich denke doch«, erwiderte der Stallmeister leicht irritiert. Er hatte tatsächlich mit allem gerechnet - dass der Blonde schreiend weglaufen oder ihn irgendwie abwehren würde, aber diese Reaktion seitens Eric verunsicherte Louis.
»Nein«, seufzte der Blonde, »nicht wirklich. Weißt du ...« Er zog seine Hand zurück und lehnte sich gegen die Boxentür. »... ich gehöre nicht zu denen, die sich anmaßen zu denken, die Menschen würde alleine auf dieser Welt existieren. Ich weiß, dass es Kreaturen, Lebewesen, gibt, deren Existenz man seit Ewigkeiten verleugnet. Trotzdem sind sie da. Zum Glück ist man heutzutage etwas offener und jagt diese nicht mehr mit Mistgabeln aus der Stadt oder Ähnliches, auch wenn es nicht alltäglich ist und es bestimmt einige gibt, die das gerne tun würden. Ich bin kein Fachmann, aber was du bist, ist offensichtlich. Aber warum die Pferde? Warum nicht ich? Ist das nicht untypisch für ... deinesgleichen?«
»Weil ich dir nichts tun will. Ich versuche zu vermeiden, euch Menschen als Blutspender zu missbrauchen. Das funktioniert zwar nicht immer und manchmal will das Raubtier in mir jagen, aber ich kann es die meiste Zeit kontrollieren. Und du würdest dich wundern, wie viele von meiner Art versuchen, so zu leben und es auch meistens ohne große Probleme schaffen. Es ist ein Fluch, irgendwie, aber man kann damit existieren, ohne unzählige Menschen zu töten.« Louis sprach leise und hatte den Blick erneut zu Boden gerichtet, weil er wusste, dass seine Augen immer noch nicht ihre Ursprungsfarbe haben konnten und rot-glühende Iriden nun einmal die meisten Menschen erschreckten. Egal, wie tough sie auch vorgaben zu sein.
»Nun, das ehrt dich. Aber macht es den Pferden nichts aus? Schadet es ihnen denn nicht?«
»Nein. Diese Tiere sind sehr robust und ich nehme nicht mehr als ich brauche. Keine Sorge. Meine Liebe zu Pferden ist viel zu groß, als dass ich riskieren würde, eines von ihnen zu töten.«
»Offensichtlich kannst du dich tatsächlich sehr gut kontrollieren. Sonst würde ich wohl nicht mehr hier stehen, unversehrt.« Eric versuchte sich an einem zaghaften, wenn auch schiefen Lächeln, »vielleicht sollten wir ins Haus zurückgehen. Hier ist es mir ehrlich gesagt zu ungemütlich.« Zur Bestätigung rieb er sich die kalten Hände.
Louis hob den Blick. »Bist du sicher, dass du mich noch in deiner Nähe haben willst?«
»Ja! Ja, absolut. Komm, lass uns hier verschwinden.«
Zurück im Haus entledigten die beiden sich ihrer Jacken und Schuhe und während Louis sich auf das Sofa fallen ließ, verschwand Eric in der offenen Küche. Er holte zwei Gläser aus dem Schrank sowie eine Flasche Whisky und ging dann hinüber ins Wohnzimmer. Sich neben dem Stallmeister niederlassend, füllte er die goldfarbene Flüssigkeit in die Gläser und reichte Louis eines davon. Dieser nahm es an und leerte es in einem Zug.
»Wow, langsam. Ich will dich nachher nicht nach oben tragen müssen«, kicherte Eric und nippte an seinem Getränk.
»Keine Sorge, das wird nicht passieren. Ich wünschte gerade, es wäre anders, aber wir Vampire können nicht auf herkömmliche Art und Weise betrunken werden. Dafür müssten wir jemandes Blut trinken, der total blau ist und das nicht nur leicht, sondern derjenige müsste schon nahezu eine Alkoholvergiftung haben, damit es auf uns einen größeren Effekt hätte. Ich kann das Zeug also kippen und spüre maximal ein Kribbeln.«
Eric hob eine Augenbraue und musterte den anderen Mann. »Praktisch und gleichzeitig irgendwie blöd.«
»Ja, wie man‘s nimmt.« Louis nickte und schenkte sich nach. »Trotzdem! Ich mag den Geschmack.«
Er lehnte sich mit dem vollen Glas in der Hand an das Rückenteil des Sofas und ließ den Blick prüfend über Eric wandern.
»Was ist?«
»Ich weiß nicht. Ich verstehe einfach nicht, wieso du so cool mit der ganzen Situation umgehst. Die meisten wären schreiend davongelaufen.«
Mit den Schultern zuckend, erwiderte der Blonde: »Na ja, wie ich vorhin schon sagte, ich habe immer daran geglaubt, dass es Wesen wie dich gibt. Ich bin, ehrlich gesagt, etwas verunsichert, auch wenn ich nicht panisch reagiere. Doch irgendwas sagt mir, dass du mir nichts tun wirst. Also mache ich das Beste draus oder versuche es zumindest. Außerdem ...« Eric nahm einen großen Schluck, bevor er fortfuhr. »Außerdem mag ich dich. Irgendwie. Bei einem Fremden hätte ich wohl die Beine in die Hand genommen und geschaut, dass ich wegkomme.«
»So so, du magst mich also?!« Louis schmunzelte.
»Ja, sicher ... oder glaubst du, ich mach mit jedem einfach so rum? Ich bin ein gebranntes Kind und habe ehrlich gesagt keine Lust auf weitere Verletzungen in der Art, wie ich sie erlebt habe.«
»Was sich leider nicht immer vermeiden lässt. Beziehungen gehen nicht immer gut«, gab der Stallmeister zu bedenken.
»Das weiß ich auch, aber ... ich denke nicht, dass du so eine miese Ratte bist, wie mein Exfreund eine war. Aber lass uns davon aufhören. Über ihn auch nur ansatzweise nachzudenken, verdirbt mir die Laune.« Mit diesen Worten leerte der Blonde sein Glas, um sich sofort wieder neu einzuschenken. Eigentlich trank Eric so gut wie nie Alkohol und dementsprechend konnte er die Wirkung dessen schon sehr deutlich spüren. Aber es war ihm im Moment egal. Louis beobachtete ihn amüsiert.
»Und das ist das Letzte, das wir wollen. Dass deine Laune in den Keller fällt. Nicht wahr, Chéri?!«
»Hmmm, auch wenn ich mir sicher bin, dass du sie ganz schnell da wieder rausholen würdest.« Eric grinste den Anderen frech an und nahm einen weiteren Schluck, bevor er das Glas auf dem Tisch abstellte. »Puh, es ist warm hier«, kicherte er.
»Ist das so? Dann musst du dich wohl ausziehen«, schnurrte Louis und seine Lippen zuckten.
»Bin schon dabei«, erwiderte Eric, zog sich den Pullover über den Kopf und warf ihn auf den Sessel rechts vom Sofa. Shirt und Jeans folgten. Nur seine Boxershorts ließ der junge Mann an. »Soo, das ist viel besser.«
Louis zupfte am Bund der Unterhose. »Und das hier ist das Anstandskleidungsstück?«
»Na, du kannst es mir ja versuchen auszuziehen, wenn es dich stört«, gab der Blonde zwinkernd zurück und räkelte sich lasziv auf dem Sofa herum.
»Provozier‘ mich ruhig weiter. Du wirst schon sehen, was du davon hast«, knurrte Louis leise. Er stellte sein Glas ebenfalls auf den Tisch und bevor Eric wusste, wie ihm geschah, lag er auf dem Rücken und der Stallmeister war über ihm.
»Und was wird das jetzt?«, kicherte er.
Louis beugte sich zu ihm herunter und streichelte Erics Lippen mit seinen, bevor er über dessen Wange zu seinem Hals wanderte und sich dort festsaugte. Der junge Mann wand sich leicht unter ihm und schlang die Beine um die Hüften des Vampirs.
»Du hast viel zu viel an«, brummte Eric leise.
Louis löste sich von ihm und sah ihm in die Augen. »Und du willst es anscheinend wirklich wissen, hm? Nun gut.«
Mit diesen Worten stemmte der Stallmeister sich hoch und stand auf. Nur um Sekunden später wieder in dieselbe Position über dem Anderen zurückzukehren, diesmal allerdings ohne die überflüssigen Klamotten zwischen ihnen. Nur Erics Boxershorts waren noch im Weg. Louis begann, die Brust des jungen Mannes mit Küssen und sanften Bissen zu bedecken, ohne ihn allerdings mit den Fängen zu verletzen, was diesen sich winden und leise stöhnen ließ. Er krallte sich mit einer Hand in Louis’ Haare und ließ die andere über dessen Rücken wandern. Auch wenn der Vampir sich noch vor gar nicht langer Zeit den Lebenssaft des Pferdes einverleibt hatte, spürte er, wie das Raubtier tief in ihm sich erneut zu Wort meldete. Zu verführerisch war der Duft von Erics Erregung und sein Herzschlag, der das Blut durch seine Adern jagte. Gequält stöhnte Louis auf. Bei ihrem ersten Mal vor ein paar Tagen, war es dem Stallmeister schon schwer gefallen, sich zu beherrschen, aber das hier war kein Vergleich dazu. Vielleicht, weil er wusste, dass er sich nicht mehr verstellen musste.
Louis atmete tief durch. Es brauchte seine ganze Beherrschung, seine Fänge nicht in Eric zu schlagen. Vielleicht sollte er, Louis, sich ein wenig vom Blut des Blonden stehlen, um Ruhe in sein aufgewühltes Inneres zu bekommen. Der Vampir schnaufte leise und streichelte weiter über die Haut des jungen Mannes, der die Augen geschlossen hatte und leise, wimmernde Laute von sich gab. Die Hände des Stallmeisters strichen an Erics Seiten entlang, während er mit den Lippen den direkten Weg von der Brust zum Bauch des Blonden einschlug. Dieser wand sich nun stärker und erschauderte heftig, als der Vampir mit der Zunge seinen Nabel bespielte und auch hier an der umliegenden Haut saugte und knabberte.
Eric war mittlerweile in einem Zustand höchster Erregung und seine Härte drückte gegen Louis‘ Brust. Langsam wanderte dieser weiter nach unten und löste seine Lippen schließlich von Erics Haut. Der Vampir packte den Bund der Boxershorts und riss sie mit einem Ruck entzwei. Eric zuckte kurz, sagte aber nichts zu der Aktion.
»Viel zu viel Stoff«, brummte Louis und lachte leise, »ich kauf dir eine neue.«
Als nun auch dieses letzte Hindernis beseitigt war, richtete er sich weiter auf und seine Hände strichen über Erics Hüften, bevor er die Finger an den Oberschenkeln entlang wandern ließ und schließlich an deren Innenseite wieder zurück in Richtung der Leistengegend glitt.
»Willst du mich um den Verstand bringen? Fass ihn endlich an«, knurrte der Blonde gequält, griff nach einer Hand Louis‘ und legte sie auf seine Erektion.
»Hm, sehr schön«, schnurrte der Stallmeister und begann, ihn zu massieren. »Und ja, ich will und werde dich um den Verstand bringen.« Mit diesen Worten und einem Schmunzeln beugte Louis sich herunter und bespielte Erics Männlichkeit mit der Zunge, was diesem ein dunkles Stöhnen entlockte.
Nachdem der Stallmeister den jungen Mann eine Weile gereizt und zu einem sich windenden und zuckenden Etwas gemacht hatte, ließ er von ihm ab und küsste sich langsam wieder nach oben, während er seine Mitte, die inzwischen im gleichen Zustand wie Erics war, an dem Blonden rieb. »Wie sieht es aus? Bereit für etwas mehr?«, raunte der Vampir dem jungen Mann ins Ohr und biss ihn sanft.
Keuchend drängte der sich an Louis. »Schon lange«, erwiderte der Blonde und wie zur Bestätigung schlang er die Beine um den Stallmeister, um ihn näher an sich zu ziehen.
Louis lachte leise. »Hast du auch irgendwo etwas, das es leichter macht? Mir tut es nicht weh, aber für dich könnte es unangenehm werden, schätze ich.«
»Im Badezimmer, in dem Schrank unter dem Waschbecken. Würdest du? Ich … bleib besser liegen. Ich trau meinen Beinen nämlich nicht.«
»Nun gut.« Louis stand auf. »Ich bin sofort wieder da. Beweg dich nicht von der Stelle.«
»Hatte ich nicht vor, nein«, grinste Eric und strich sich über die erhitzte Haut. Dieser Kerl würde ihn noch wahnsinnig machen. »Beeil dich lieber.«
Der Stallmeister verschwand in Richtung Bad und kam wenige Minuten später wieder zurück, in der Hand eine Flasche Massageöl.
»Was anderes hab ich auf die Schnelle nicht gefunden.«
»Passt schon. Oder dachtest du, wir haben da Gleitgel rumstehen?« Der Blonde lachte leise und zwinkerte dem Anderen zu. »Du wolltest etwas, das es leichter macht und das da tut es.«
»Okay, dann … dreh dich um«, erwiderte der Vampir ebenfalls zwinkernd. Immer noch vor sich hinschmunzelnd, tat Eric wie gewünscht und Louis positionierte sich zwischen seinen Beinen. Der Stallmeister rieb den Blonden und sich selbst großzügig mit dem wohlduftenden Öl ein, bevor er den Hintern des Anderen ein Stück anhob und sich langsam in ihn schob.
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In der Stadt der Liebe hatten Lysander und Riley derweil ihr Abendessen beendet.
»Das war sehr gut. Ich bin pappsatt und meinem Kopf geht es auch um Welten besser.« Rye hatte sich auf die Matratze geschoben und auf den Rücken fallen lassen, während Lysander das Geschirr zum Servierwagen brachte und alles vor die Tür der Suite schob, wie mit dem Hotelangestellten besprochen.
»Na, das ist doch perfekt. Satt, ohne Kopfweh … jetzt fehlt nur noch eine heiße Dusche und anschließend eine schöne Massage.«
»Oh ja, da bin ich ganz deiner Meinung«, erwiderte der Dunkelhaarige und stemmte sich auf die Unterarme.
»Na, dann komm.« Der Unsterbliche streckte Rye eine Hand entgegen, die dieser ergriff und sich vom Bett hochziehen ließ. Er prallte gegen Lysanders Brust und schnurrte: »Willst du tatsächlich erst duschen gehen?«
»Ja! Ich fühle mich irgendwie schmutzig. Und ich möchte, dass du mitkommst«, erwiderte der Vampir leise und zog den Anderen für einen Moment so eng an sich, dass dieser nach Luft schnappte.
»Hey, erdrück mich nicht«, protestierte Riley lachend und befreite sich aus der Umarmung, »was ist denn heute bloß los mit dir?« Er sah in Lysanders heterochrome Augen, die ihn immer wieder faszinierten, und glaubte einen traurigen Ausdruck darin zu erkennen. Langsam hob Riley eine Hand und strich über die Wange seines Gegenübers, bevor er mit sanfter Stimme fortfuhr: »Du kannst mit mir über alles reden, ja? Egal, was dich belastet.«
»Ich weiß«, seufzte der Unsterbliche, »aber es ist nichts. Alles ist gut. Lass uns duschen gehen.« Er hauchte Rye einen Kuss auf die Lippen, bevor er sich abwandte und in Richtung des Badezimmers davonging.