»Louis?«
Erics verunsichert klingende Stimme drang an die Ohren des Stallmeisters, der an der Wand des oberen Flures lehnte und immer noch überlegte, was er gegen seinen Blutdurst machen sollte. Vielleicht konnte er nach dem Essen unter einem Vorwand kurz zum Stall hinübergehen und einem der Pferde etwas Blut stehlen. Menschen würde er bei dem Sturm draußen keine antreffen und Eric war tabu.
Louis atmete tief durch. »Ja?«
»Alles in Ordnung mit dir?«
»Klar. Gib mir noch ein paar Minuten, dann bin ich wieder bei dir.«
»Okay, dann ...«
Den Rest des Satzes bekam der Franzose nicht mehr bewusst mit. Ihm war gerade etwas eingefallen. Er öffnete die Tür zu Rileys Zimmer, wo Lysander, wie er Louis per SMS vor dem Abflug noch mitgeteilt hatte, die Reisetasche seines Stallmeisters abgestellt hatte, und betrat dieses. Er hockte sich hin und öffnete das Gepäckstück, wühlte sich durch die Klamotten bis ganz nach unten. Zwischen den Handtüchern stießen seine Finger dann endlich gegen einen harten Gegenstand. Louis packte diesen und zog ihn aus der Tasche; eine kleine Flasche aus blauem Glas. Der Dunkelhaarige steckte die Hand erneut zwischen die Kleidungsstücke und holte ein weiteres Gefäß heraus. Natürlich! Dass er daran nicht sofort gedacht hatte. Diese zwei Flaschen enthielten je einen Viertelliter Blut und waren für den Notfall gedacht.
Beim Fliegen war es eigentlich nicht gestattet, solche Mengen Flüssigkeit mit sich zu führen, aber Lysander hatte entsprechende Verbindungen, sodass man sie am Zoll noch nie darauf kontrolliert hatte. Zur Not hätte man den entsprechenden Beamten halt manipulieren müssen, um unbehelligt in das Flugzeug zu kommen.
Louis erhob sich aus der gehockten Position und öffnete eins der Fläschchen. Er setzte es an seine Lippen und als die dunkelrote Flüssigkeit seine Kehle herunterrann, seufzte er leise und zufrieden.
Für den Moment war die Situation wieder unter Kontrolle. Auch wenn diese Menge Blut nur ein Tropfen auf dem heißen Stein war, war das Raubtier in Louis jedoch vorerst befriedigt. Und wenn alle Stricke reißen würden, konnte er später immer noch zu den Pferden gehen. Jetzt aber war seine Sorge, er könnte sich doch noch an Eric vergreifen, aus der Welt.
Louis verstaute die leere Flasche wieder in der Reisetasche und setzte sich auf das Bett. In so einer Situation war der Stallmeister lange nicht mehr gewesen. Eigentlich war er der Typ, der sich immer im Griff hatte. Das mochte daran liegen, dass er zwar genau wie Lysander ein Vampir war, aber eben nicht nur. In ihm gab es noch eine andere Seite. Eine, die schon von Geburt an zu ihm gehörte und die hielt das Raubtier die meiste Zeit erfolgreich in Schach. Louis strich sich nachdenklich über sein stoppeliges Kinn. Wie Eric wohl reagieren würde, wenn er herausbekam, mit was er es bei dem Stallmeister zu tun hatte? Wahrscheinlich würde der Junge schreiend laufen gehen. Genauso, wenn der sein, Louis‘, wahres Alter erfahren würde.
»Na ja, er muss es ja nicht wissen«, murmelte er und zuckte im nächsten Moment zusammen, als er Erics Stimme hörte. Diesmal ganz nah und Louis hob den Blick.
Der Blonde stand in den Rahmen der Zimmertür gelehnt und seine grünen Augen musterten den Anderen. Louis hatte ihn nicht mal gehört, als er den Raum betreten hatte, geschweige denn, als er die Treppe hinaufgekommen war. So sehr war der Franzose mit seinen Gedanken beschäftigt gewesen.
»Was zum Teufel treibst du eigentlich hier oben und was muss wer nicht wissen?«
Louis grinste schief und erwiderte leise: »Mir war irgendwie nicht gut. Aber es geht schon wieder.«
»Wirklich? Sicher, dass alles in Ordnung ist?« Der Blonde machte ein paar Schritte in den Raum und blieb vor dem Bett stehen.
»Ja ... Ja klar. Mach dir mal keine Gedanken. Ich bin nicht so schnell kaputt zu kriegen.«
Mit immer noch leicht kraus gezogener Stirn nickte der Jüngere. »Na, das hoffe ich. Dann ... sollten wir wohl wieder runtergehen.«
»Ja, das sollten wir tun.«
»Gut, dann komm. Sonst wird das Essen kalt«, sagte Eric mit einem letzten abschätzenden Blick auf den Anderen, bevor er sich herumdrehte und auf den Weg nach unten machte.
Mit einem Schmunzeln erhob der Stallmeister sich vom Bett und folgte dem Jüngeren.
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In Paris hatte Lysander das Schlafzimmer nach dem kurzen Telefonat mit der Rezeption wieder betreten und schmunzelnd innegehalten. Riley lag in dem Wust aus Kissen und Decken und schlief wie ein Baby. Die freundliche Dame, mit der der Vampir wegen des Essens geredet hatte, hatte ihm versichert, dass es kein Problem war, dieses in der Suite einzunehmen und dass es natürlich auch hinaufgebracht werden konnte. Allerdings würde es schon noch eine gute Stunde dauern, da zu dieser Zeit des Abends Hochbetrieb in diesem Bereich des Hotels herrschte.
Seinen Freund beobachtend, fasste Lysander den Entschluss, dass er sich ja auch selbst auf den Weg zur Küche machen könnte. Das würde vermutlich schneller gehen als hier oben auf das Essen zu warten. Da Riley tief und fest schlief, wollte Lysander ihn nicht wecken und so legte der Unsterbliche einen Zettel mit einer kurzen Nachricht auf den Nachttisch, für den Fall, dass Rye während Lys‘ Abwesenheit aufwachen sollte.
Er schlüpfte in seine Sachen, brachte seine Haare in Ordnung und band diese zusammen, bevor er die Suite verließ. Während er den Gang entlang lief und schließlich die Treppe hinunterstieg, überlegte er, ob er nicht einen kurzen Abstecher nach draußen machen sollte, um ... Vielleicht, nein, ganz bestimmt würde er dort jemanden finden, der seinen Hunger auf Blut stillen konnte. Er müsste sich nur beeilen, damit das Essen nicht vor ihm in der Suite ankam. Denn was sollte der Unsterbliche Riley dann sagen, wo er, Lysander, gewesen war? Auf dem Zettel stand schließlich, dass er unterwegs zum Restaurant war.
Lysander blieb stehen und überlegte einen Moment, bevor er sich mit einem unwilligen Knurren in Richtung der Rezeption wandte.
Nein, er würde nirgendwohin gehen. Irgendwie würde er das alles schon überstehen, ohne durchzudrehen. In dieser Situation vermisste der Vampir seinen Stallmeister ganz extrem. Louis hätte gewusst, wie man das Ganze aus der Welt würde schaffen können. Der hatte bestimmt den üblichen Nottropfen für sie beide in seinem Gepäck. Das hätte zumindest gereicht, um die nächsten Stunden zu überbrücken. Warum hatte er, Lysander, daran nicht gedacht, als er die Reisetasche seines Stallmeisters vor der Abfahrt in Rileys Zimmer im Haus der Jungs gebracht hatte? Dann hätte der Vampir jetzt kein Problem und müsste sich nicht den Kopf zerbrechen, wie er seinem Blutdurst Herr werden sollte.
»Ich bin so ein Idiot«, knurrte er halblaut zu sich selbst.
»Alles in Ordnung, Monsieur Moreau?«, sprach ihn die junge Frau am Empfang an und lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich.
Lysander hob den Blick und nickte schließlich. »Ja, alles in bester Ordnung.«
»Ihr Essen ist in ein paar Minuten fertig. Als ich Sie die Halle betreten sah, habe ich in der Küche ein wenig Dampf gemacht«, erwiderte sie lächelnd.
»Perfekt! Vielen Dank. Ich weiß Ihre Bemühungen sehr zu schätzen, Madame.«
Die junge Frau nickte ihm noch einmal zu, dann widmete sie ihre Aufmerksamkeit einem anderen Gast.
Der Unsterbliche ließ sich auf einem der bequem aussehenden, roten Sessel nieder und beobachtete die Menschen, die die Eingangshalle durchquerten. Einige kamen von oben und verschwanden in dem Restaurant des Hotels, andere verließen das Gebäude, um sich ins Pariser Nachtleben zu stürzen. Wäre Riley nicht so erschöpft gewesen und eingeschlafen ... Lysander hätte mit dem jungen Mann gerne einen kleinen Spaziergang durch die nächtlichen Straßen gemacht. Aber vielleicht konnte er Rye ja noch davon überzeugen. Vielleicht würde das Essen ihm seine verbrauchte Energie zurückgeben. Lysander konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Riley war manchmal schon ein kleines Sexmonster.
»Monsieur, Ihr Essen«, die angenehme, dunkle Stimme eines Bediensteten des Hotels, riss den Unsterblichen ein weiteres Mal aus seinen Gedanken.
Langsam erhob er sich aus dem Sessel, ließ den Blick erst über den jungen Mann vor sich und dann über den Servierwagen neben diesem wandern. Für einen Moment überlegte Lysander, wie er diesen nach oben schaffen sollte. Tragen war natürlich keine Option. Jedoch hatte der Unsterbliche bisher nirgendwo einen Aufzug gesehen, aber die Bediensteten des Hotels mussten sich ja irgendwie durch das Gebäude bewegen, wenn sie den Zimmerservice ausführten.
Anscheinend hatte der junge Mann Lysanders Zweifel bemerkt, denn er ergriff erneut das Wort: »Soll ich Ihnen die Sachen nicht doch nach oben bringen, Monsieur? Ich fühle mich gar nicht wohl dabei, einem Gast abzuverlangen, dass er dies selbst tut. Das ist eigentlich gegen die Philosophie unseres Hauses«, sagte der junge Mann und nestelte sichtlich nervös an seiner Uniform herum.
»Nein, ich ...«, setzte Lysander an, bevor er schmunzelnd innehielt und sein Gegenüber erneut musterte, »vielleicht haben Sie recht. Vielleicht sollte ich Sie nicht um Job und Trinkgeld bringen. Nun gut, dann wollen wir meine Begleitung nicht länger warten lassen. Diese hat genauso viel Hunger wie ich. Bitte, nach Ihnen«, erwiderte der Unsterbliche und deutete dem Angestellten mit einer Handbewegung an, sich auf den Weg zu machen. Als der junge Mann an Lysander vorbeiging, sog der dessen Duft tief in sich auf. Die ganze Situation schien sich doch noch positiv für den Vampir zu entwickeln. Jetzt konnte er nur hoffen, dass im oberen Bereich des Hauses, in den Gängen zu den Zimmern, kein Betrieb war. Doch so voll, wie das Restaurant war, wie Lysander durch die Türen im Foyer hatte sehen können, waren die meisten Gäste gerade dort. Er hoffte es zumindest. Ein Lächeln umspielte Lysanders Lippen, als er dem jungen Mann folgte.
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Währenddessen erwachte Riley aus einem unruhigen Schlaf. Ein wenig verwirrt schaute er sich um, bis ihm klar wurde, wo er sich befand. Er setzte sich auf, schwang die Beine über die Bettkante und rieb sich erst einmal über das Gesicht, bevor er die Fernbedienung nahm, um das noch immer in unverminderter Lautstärke plärrende TV-Gerät leiser zu stellen. Dann lauschte er in den Nebenraum, konnte von dort aber keine Geräusche wahrnehmen. Der junge Mann wollte gerade nach Lysander rufen, als sein Blick auf den Nachttisch fiel, auf dem ein Zettel lag.
»Nanu, was ist denn das?« Verwundert nahm er das Papier und las die Worte, die in feiner, geschwungener Schrift darauf geschrieben standen.
Wenn du wach wirst und mich vermisst, ich bin nach unten gegangen, um unser Essen zu holen. Bis gleich.
Okay, so weit so gut. Zumindest hatte Lysander eine Nachricht hinterlassen, auch wenn Riley nicht verstehen konnte, warum der Andere das nicht dem Zimmerservice überlassen hatte. Dafür hatte Lys doch in der Hotellobby angerufen - damit man das Essen hier raufbrachte. Aber es sollte ihm, Riley, gleich sein. Vielleicht wollte Lysander auch die Gelegenheit nutzen, um sich ein wenig umzusehen. Schulterzuckend erhob sich der junge Mann von der Matratze und wankte noch etwas schlaftrunken hinüber ins Badezimmer.
Nachdem er sich dort eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht geworfen und die Zähne geputzt hatte, fühlte er sich sofort wieder fitter. Er kehrte zurück ins Schlafzimmer und schlüpfte in Jogginghose und Pullover, bevor er sich wieder auf das Bett setzte und den Fernseher lauter drehte. Lysander würde ja keine Ewigkeit wegbleiben und so lange wollte Riley noch ein wenig durch die Kanäle zappen.
Schließlich rief er sich das Wetter im Videotext auf. In Schweden schien mal wieder ein heftiger Schneesturm zu toben. Hoffentlich war in Visby alles in Ordnung. Einen Moment lang spielte der Dunkelhaarige mit dem Gedanken, Eric anzurufen, verwarf die Idee aber sofort wieder. Vielleicht wäre das gerade unpassend und sein Kollege beschäftigt - schließlich war Louis bei ihm. Nein, Riley wollte nicht stören. Die beiden würden auch ohne seine Hilfe und Anweisungen klarkommen. Er konnte von hier aus sowieso nichts tun.
Also ließ er Wetterbericht Wetterbericht sein und schaltete kurzerhand den Fernseher aus. Es lief sowieso nichts, das ihn interessierte. Nach einem kurzen Blick auf seine Armbanduhr, die ebenfalls auf dem Nachttisch lag, stand er wieder auf und ging hinüber an das Fenster, von wo man einen Blick auf den Vorhof des Hotels hatte.
»Zu Hause geht die Welt unter und hier … nur ein paar Wolken«, murmelte der junge Mann zu sich selbst. Ein dumpfes Geräusch an der Tür der Suite, das wie ein zögerliches Klopfen klang, zog Rileys Aufmerksamkeit auf sich - weg vom Fenster.
Ob Lysander schon zurück war und vielleicht, weil er die Hände voll hatte, die Tür nicht aufschließen konnte? Das wäre natürlich möglich. Riley beschloss nachzusehen.
Er durchquerte das Schlafzimmer und den angrenzenden Wohnraum, als es ein weiteres Mal dumpf pochte. Riley blieb stehen und horchte erneut. Das hatte sich nicht wie ein Klopfen angehört, eher so, als ob etwas gegen die Tür gefallen war. Rye setzte sich wieder in Bewegung, diesmal wesentlich schneller. Hoffentlich war mit Lysander alles in Ordnung. Mit einem Ruck öffnete der Dunkelhaarige die Türe der Suite und blieb im nächsten Augenblick wie erstarrt stehen.
Keine zwei Schritte von ihm entfernt lag ein dunkelhaariger Mann in Hoteluniform auf dem Boden. Seine Augen waren geschlossen und unter seinem Kopf hatte sich auf einer Seite eine kleine dunkle Lache gebildet. Am schwachen Heben und Senken des Brustkorbs konnte Riley erkennen, dass der Mann anscheinend nur das Bewusstsein verloren hatte. Jedenfalls lebte er noch. Ein Stück von dem Hotelangestellten entfernt stand ein Servierwagen, auf dem ein paar abgedeckte Teller standen. Also hatte der junge Mann wohl das Essen liefern wollen, für ihn und Lysander. Aber wo zum Teufel war dann der abgeblieben?
Laut der Nachricht auf dem Nachttisch, hatte Lysander das Heraufbringen doch übernehmen wollen. Riley verstand überhaupt nichts mehr.
Er machte einen Schritt aus dem Zimmer und war gerade im Begriff, sich neben den Verletzten zu knien, als er unsanft wieder auf die Beine gezogen wurde.
»Hey! Pfoten weg!«, knurrte Riley seinen vermeintlichen Angreifer an und drehte sich mit geballten Fäusten herum. Sein ganzer Körper stand unter äußerster Spannung, um sich im Extremfall wehren zu können. Doch was der Dunkelhaarige zu sehen bekam, ließ ihn regelrecht in seiner Bewegung einfrieren. Vor ihm stand kein Geringerer als Lysander und doch wieder nicht.
Riley blickte in rote anstatt der gewohnten heterochromen Augen und als sein Blick weiter nach unten wanderte, blieb er an den blutigen Lippen seines Gegenübers hängen. Diese waren leicht geöffnet und Rye konnte verlängerte, spitze Fänge erkennen.
Sich über die Lippen leckend, machte der Unsterbliche einen Schritt auf Riley zu, doch dessen Erstarrung löste sich just in dieser Sekunde wieder, als hätte jemand einen Schalter umgelegt und keuchend wich er vor Lysander zurück.
»Nein! Bleib weg von mir.«
In seiner Bewegung innehaltend, entgegnete der Unsterbliche leise: »Riley bitte, ich werde dir nichts tun. Ich ...«
»Ja? So, wie du ihm da auch nichts getan hast?« Damit deutete der Dunkelhaarige auf den Mann am Boden.
»Das war ... Er wird wieder. Er hat sich nur erschrocken, ist gestolpert und hat sich den Kopf angeschlagen. Er lebt noch. Ich habe ihm nur ganz wenig ... Riley, bitte, ich musste das tun. Ich bin ...«
»Ich weiß, was du bist, Lysander. Ich bin nicht blind und auch kein Idiot. Du bist ein verdammter Blutsauger. Halt dich fern von mir.« Mit diesen Worten wollte Riley an dem Anderen vorbeihuschen, um sich in der Suite zu verschanzen, aber so weit kam er nicht.
Die Hand des Unsterblichen legte sich wie eine Stahlklammer um Ryes Unterarm und riss den jungen Mann förmlich aus der Vorwärtsbewegung zu sich herum.
»Aua, was soll der Scheiß? Lass mich gefälligst los!«, protestierte der Dunkelhaarige und versuchte, sich aus dem Griff des Vampirs zu befreien. Jedoch vergeblich.
In Riley machte sich Verzweiflung breit, gemischt mit einem Hauch von Wut. Nicht, weil der Unsterbliche ihn daran hinderte, vor ihm zu flüchten - der Dunkelhaarige hatte keine Angst, er empfand eigentlich gar nichts in diese Richtung.
Nein! Dieses Gefühl bezog sich darauf, dass Lysander nicht ehrlich gewesen war. Auch wenn er das nicht wissen konnte, war er nicht der erste Vampir, mit dem Rye in Kontakt gekommen war. Es ging dem jungen Mann nicht darum, was Lysander war. Das alleine war kein Grund für Riley, um schreiend die Flucht zu ergreifen, denn er wusste, dass es so einige Wesen gab, von deren Existenz die Menschen nichts wissen wollten.
Sicherlich, es hätte eine Weile gedauert, Lysander zu vertrauen, nachdem er sein wahres Wesen offenbart hätte - mehr noch, als es ohnehin dauerte, denn Rye tat sich generell schwer damit, Vertrauen zu fassen, nach der Sache mit Tyler und Jeremy. Dennoch war er mit dem Unsterblichen auf einem guten Weg gewesen. Und jetzt?
Riley konnte einfach nicht begreifen, was hier passierte und hoffte, dass er gleich wach werden und merken würde, dass das alles nur ein böser Traum war.
Lysander spürte, wie aufgewühlt der Dunkelhaarige war und fasste einen Entschluss.
Die Stimme des Unsterblichen war emotionslos, als er Rye zu sich zog und sagte: »Es tut mir leid, aber ich muss das jetzt tun.«