Hiram führte den Grafen durch die nur mäßig beleuchtete Halle über eine Treppe nach oben und öffnete eine Tür. Das Zimmer, das sie betraten, duftete nach trockenem Holz, Kerzen und Rosmarin und so benebelt der junge Adlige auch war, er kannte diesen Duft.
»Das ist Euer Gemach, Lord«, murmelte er.
»Das stimmt. Ich wollte, dass Ihr Euch einen Moment hinlegen könnt, bis ein Raum für Euch bereit ist.« Der blonde Engländer lächelte, was der Graf in der Dunkelheit kaum sehen konnte. Er blinzelte, als Hiram einen Kerzenleuchter entzündete und die weiche Helligkeit über das Mobiliar glitt.
Mit zunehmender Wärme in seiner Brust, die nicht unbedingt etwas mit dem Wein zu tun hatte, bemerkte Viktor, dass die Bettdecke zurückgeschlagen war und die Laken darunter rein, weiß und einladend aussahen.
»Bitte, Graf. Setzt Euch. Nur keine falsche Scheu. Ich werde erst einmal ein Feuer entzünden, es ist doch ziemlich kühl hier drin.«
»Ich würde es vorziehen, ein eigenes Gemach zu haben«, nuschelte der Adlige mit weinschwerer Zunge und rasendem Herzen.
Sandringham, der die Glut im Kamin wieder entfacht und mit einigen Holzscheiten gefüttert hatte, erhob sich schmunzelnd, schloss im Vorbeigehen die Tür des Zimmers und schob dann den Grafen mit sanfter Gewalt auf das Bett zu.
»Viktor«, sprach er leise und vertraulich, »Ihr müsst mich für einen wirklich unehrenhaften Schweinehund halten. Ich will Euch nichts antun, ich denke an Euren Kopf.«
»Und ich begrüße es nicht sehr, wie ein Weib oder ein verweichlichter Schwächling behandelt zu werden, Lord Sandringham.« Der Graf knurrte, gab aber dem leichten Druck auf seinen Schultern nach und ließ sich auf der Bettkante nieder.
Hiram setzte sich mit gebührendem Abstand neben seinen Gast und kicherte leise. »Glaubt mir, ich begrüße sehr, dass es sich bei Euch nicht um ein Frauenzimmer handelt und ich würde Euch gern mit all meiner Kraft entgegen kommen, wie es sich bei einem Mann gehört. Aber auch mit meiner Leidenschaft, die ich für Euch hege. Was beides gleichwertig zu betrachten wäre.«
»Ihr seid ein Lüstling«, murmelte Viktor.
»Das sagtet Ihr bereits. Doch ich sehe noch immer nichts Schändliches darin, Euch meine Verehrung kundzutun. Euch zu sagen, dass ich mich kaum sattsehen kann an Eurer Gestalt, dass Euer Duft mich berauscht, ja erregt, und wie gern ich meine Arme um Euch legen würde.«
»Warum?« Die Stimme des Grafen war weich geworden. Der Alkohol schlug allmählich in die andere Richtung, die ihn von kichernd zu melancholisch werden ließ.
»Warum ist der Himmel blau? Es gibt manchmal Fragen, die man nicht zu beantworten vermag. Das macht es nicht weniger wahr.«
»Ich fürchte mich, Lord ... ich ... kann nicht so leicht aus meiner Haut wie Ihr und so tun, als wären diese Gefühle, dieses ... Begehren nicht etwas Falsches. Nicht etwas, das mich seit annähernd fünfzehn Jahren quält, überfordert, berauscht und niederdrückt.«
Der Engländer näherte sich nur ein kleines Stück weiter an den jungen Adligen heran. »Habt Ihr ihr jemals nachgegeben? Dieser Sehnsucht?«
»Ein Mal. Ich war noch ein Knabe. Die Reue darüber war so stark, dass ich ... mit dem Gedanken gespielt habe, mich von der Mauer zu stürzen. Damals fing es an.«
»Habt Ihr den Moment genossen, als es geschah? Als Ihr mit dem anderen Mann zusammen wart?«
Viktor nickte nur und Hiram konnte im Licht des Kamins und der Kerzen auf dem Tisch sehen, dass sich die Hautfarbe des Adligen etwas vertiefte, wie immer, wenn er errötete.
»Dann erinnert Euch daran. Nicht an das Schuldgefühl hinterher. Es zählt nur der Moment, in dem wir glücklich sind.«
»Ketzer«, flüsterte der Graf, lächelte aber leicht.
»Wenn es Sünde ist, dass ich in Leidenschaft und Verehrung zu Euch entbrannt bin, dann nehme ich die Flammen der Hölle gern in Kauf, um im Leben Euer Geliebter sein zu dürfen.«
Viktor wandte den Kopf zu dem blonden Mann um, der sich nach vorn neigte und seine Lippen auf die des Grafen legte, ganz sanft nur, und doch durchfuhr es den Adligen wie ein Blitzschlag, der sein Herz zum Rasen brachte.
»Sandringham«, keuchte er und erhob sich, »nein ... nein.«
Er wollte ein paar Schritte machen, merkte aber, dass der Engländer das Ende seines locker geflochtenen Zopfes in den Fingern hielt. Der junge Graf wollte sich nicht die Blöße geben und diesen wie ein zickiges Mädchen aus dessen Händen reißen, also blieb er stehen.
»Viktor«, hörte er den weichen Akzent des anderen Mannes, der ebenfalls aufstand und hinter ihn trat. Angespannt biss der Graf die Zähne aufeinander, als er das sanfte Zupfen an seinen Haaren spürte und die warmen Fingerspitzen, die die Haut seines Halses streiften, als der Lord die losen Strähnen zur Seite schob.
Ein Gefühl der Wärme durchdrang den Adligen, als er merkte, wie der Engländer die Wange an seinen Nacken legte, die Nase in seinem Haar. Der warme Atem des Mannes glitt wie ein Streicheln über Viktors Haut und der seufzte innerlich.
Wie leicht wäre es, einfach loszulassen und zu nehmen, was Sandringham ihm anbot. Er sagte, er würde ihn verehren, sich leidenschaftlich verzehren - konnte es mehr geben, was der Graf sich wünschen konnte? Er stand mit einem Bein über einem Abgrund und bräuchte sich nur fallen zu lassen.
Und er fiel.
Unfähig, sich weiter zu erwehren, lehnte er sich mit dem Rücken an die Brust des Mannes, der ihn nicht direkt berührte, nicht umschlossen hielt mit seinen Armen, der nur die Wange auf seine Schulter gelegt hatte und mit den Fingern die Spitzen von Viktors Zopf festhielt.
»Ich bin es leid«, murmelte der junge Adlige erschöpft. »Ich kann nicht mehr kämpfen ...«
»Das müsst Ihr nicht. Nicht hier.« Hiram ging langsam um den jungen Mann herum, dessen dunkle Augen verwundbar aussahen und einen feuchten Schimmer hatten, als bedauerte er soeben den Verlust seiner Seele.
Sanft strich der Engländer mit dem Zeigefinger über Viktors Gesicht und die Lippen, die sich einen Moment zu einem Strich zusammenpressten, doch sich dann entspannten und ein kleines Stück öffneten. Neckisch war der Kuss, den Hiram auf sie setzte, verspielt, um die Anspannung des Grafen zu lindern, die sich über Jahre in diesem angesammelt hatte.
Geschickt löste Sandringham den eingefassten Edelstein und die Schalkrawatte um Viktors Hals und ließ beides zu Boden gleiten, um ihm dann die Hand auf die dargebotene Haut zu legen und ihn näher an sich zu ziehen. Der Graf glühte förmlich und Hiram konnte das Blut in dessen Adern rauschen hören, als er diesem erneut die Lippen auf den Mund presste, diesmal ernsthaft, ohne Schalk, intensiv, fordernd und leidenschaftlich.
Viktor knickten beinahe die Beine weg, als sich ihre Zungen berührten und sich der Boden unter ihm zu drehen begann. Hiram hielt ihn am Hals und an der Hüfte fest, damit er nicht zusammensackte, und der Adlige krallte seine Finger in den azurblauen Gehrock des Engländers.
Ohne ihre Verbindung zu lösen, verschwanden nach und nach die Kleider von des Grafen Körper, bis nur noch das geöffnete Hemd seinen Oberkörper bedeckte. Viktor versuchte, nicht die Haltung zu verlieren und schnaufte nur, als Hiram von seinem Mund aus nach unten zu seinem Hals und dem Schlüsselbein wanderte. Leise lachend strich der Engländer mit den Fingerspitzen über die warme, dunkle Haut des Grafen und bewegte sich von dessen Brust zu seinem Rücken, lehnte sich an diesen und ließ das weiße Hemd des jungen Adligen wie ein Streicheln von dessen Schultern zu Boden gleiten. Zusammen mit dem Stoff glitten auch Hirams Lippen über die Wirbelsäule bis zum Bund der Hosen, die den Rest von Viktors Körper noch verhüllten.
Der Graf zitterte bereits aufgrund der lange entbehrten Berührungen und feine Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gesammelt. Er lehnte sich an den Oberkörper des Anderen, als dieser um seine Hüften herum fasste und geschickt die Knöpfe öffnete, die seine Beinkleider verschlossen.
»Zieht Eure Stiefel aus, Viktor«, sprach der Engländer leise in sein Ohr und hielt ihn, während der Graf dieser Bitte nachkam.
Wieder in sündhaft sinnlicher Weise Viktors Rücken liebkosend, fasste der Engländer schließlich den Bund der Hosen und ließ diese ebenso langsam und genussvoll nach unten gleiten wie zuvor das Hemd, das nun missachtet und unordentlich am Boden neben den Stiefeln lag. Auch Lord Sandringhams schwerer blauer Mantel hatte inzwischen dort seinen Platz gefunden.
Der Graf erstarrte, als er seiner Kleider schließlich ledig war und Hiram sanft streichelnd mit den Händen über seine Hüften und die Brust glitt. Er ging wieder um den Adligen herum, um ihn im weichen Licht des Kamins betrachten zu können. Sanft strichen seine Finger dabei über Viktors noch schlummernde Männlichkeit, was diesen lustvoll die Luft einziehen ließ.
»Wie ich es mir dachte. Ihr seid schön wie ein Gott«, knurrte der Engländer tief und hörbar erregt, als er wieder näher an den Anderen herantrat und diesen an sich zog.
»Ihr seid ein Ketzer«, kicherte Viktor, doch Hiram verschloss seinen Mund mit einem intensiven Kuss, während er sich an seinen Körper presste.
Der raue Stoff von Sandringhams Hose rieb sich dabei lustvoll an Viktors nackter Haut und er stöhnte leise auf, als er die Hände des Engländers spürte, die über seinen Rücken strichen und auf seinem Gesäß zum Liegen kamen.
»Mir scheint, Euch gefallen meine Zuwendungen, mein Fürst«, gluckste Hiram amüsiert, als er nur zu deutlich spüren konnte, dass die Lust des Grafen offenbar vollends erwacht war.
Anstatt zu antworten, war es nun Viktor, der das Hemd des anderen Mannes öffnete und mit den Fingern über dessen haarlose Brust strich, über die Schultern fuhr und den Stoff von dessen Körper schälte.
Er leckte sich über die Lippen, als der Geruch von Rosmarin und Holz in seine Nase stieg, ein Duft, von dem er niemals geglaubt hätte, ihn so berauschend und erregend zu finden.
»Ihr riecht gut, Sandringham«, murmelte er und presste seine Nase und die Lippen an das Schlüsselbein des Anderen. Dieser knurrte lustvoll und legte den Kopf nach hinten.
»Das kann ich nur zurückgeben, Viktor.« Kosend und schmusend schob der Engländer den jungen Grafen schließlich nach und nach zurück in Richtung Bett und Viktor erschrak leicht, als die Kante in seinen Kniekehlen ihn veranlasste, sich zu setzen. Verunsichert, doch mit einem unverkennbaren Glühen in den Augen, wie nur Lust es verursachen konnte, blickte der Adlige zu dem Engländer hoch, der ihn einen Moment lang nur ansah. Die geröteten Wangen, die Lippen, die vom Küssen und Hirams Bart etwas geschwollen waren, die leicht behaarte und muskulöse Brust, auf der sich bereits rote Flecken gebildet hatten, weil Hiram dort an der Haut gesaugt hatte, die deutlich sichtbare und schwere Erektion, das Zittern seiner Hände. Dieser Mann war schön wie die Sünde, auch wenn er dies nicht hören wollte.
»Ich halte es für einen unlauteren Vorteil, dass Ihr als Einziger noch halbwegs bekleidet seid«, murrte Viktor leise, was Hiram mit einem Nicken bestätigte.
»Da habt Ihr Recht. Das sollten wir schleunigst beheben, meint Ihr nicht?« Mit diesen Worten warf der Engländer seine Stiefel von sich und entledigte sich mit einer Bewegung auch seiner Hosen. Viktor errötete und leckte sich über die trockenen Lippen, als sich Sandringshams Gemächt vor ihm eröffnete. Obgleich der Graf den Anblick bei sich selbst hunderte Male vor Augen gehabt hatte, war es bei einem anderen Mann, einem, der sein Blut in Wallung gebracht hatte und der ihm die Erfüllung seiner Sehnsüchte zu versprechen vermochte, etwas ganz anderes. Hitze wallte durch seinen Körper.
»Gefällt Euch, was Ihr seht? Oder beunruhigt es Euch?«
Der Graf schob sich weiter auf das Bett und streckte die Hand nach dem Engländer aus. Dieser ließ sich nicht zweimal bitten, kniete sich auf die weiche Matratze und nahm die Lippen Viktors wieder in Besitz. Hiram umfasste seinen Nacken, wo die langen Haare des Grafen, die sich aus dem Zopf gelöst hatten, ihn kitzelten. Erregt konnte er spüren, wie die Finger des Adligen ihn streichelten und hitzig über seine Haut strichen.
Sandringham löste sich von dem Mund des jungen Mannes, der süß und verheißungsvoll für ihn war, und wanderte küssend, saugend und leicht knabbernd an dessen Hals hinunter.
Viktor, durch das aufregende Spiel am Rande eines Zusammenbruchs, ließ sich in die Kissen sinken, während der Engländer über dessen Brust glitt. Ein unterdrücktes Seufzen entrang sich der Kehle des Adligen und er bog einen Augenblick den Rücken durch, als Sandringhams Lippen über seine Brustwarzen strichen. Er wand sich, als der Lord, dessen Hände die Haut des Grafen kraftvoll und doch sinnlich massierten, sich an seinem Bauchnabel festsaugte und stöhnte überrascht, erschrocken und lustvoll auf, als er dessen Mund schließlich warm und sündig an seiner Männlichkeit spürte.
»Was ...?«, keuchte er nur und presste seinen Kopf in das Gänsefederkissen. Der Lord kicherte nur und ergab sich in die Liebkosungen, die dem Grafen fremd waren und doch leise, hilflose Geräusche der Lust entlockten.
Mit einem Lachen zog der Engländer sich wieder zurück, als Viktor mit einem unterdrückten Schrei einen Höhepunkt erreichte und sich heiß über die Finger Sandringhams ergoss, die ihn umschlossen hielten.
Schelmisch grinsend leckte Hiram diese ab und wanderte wieder nach oben, um den hilflos zuckenden jungen Grafen zu küssen.
»Ich hoffe, ich bin nicht wieder einen Schritt zu weit gegangen«, flüsterte der Engländer ihm anschließend ins Ohr und saugte an dessen Ohrläppchen.
»Ich ... das ... noch nie hat das jemand bei mir getan ...«
»Nun, Ihr seht, dass es möglich ist. Und sehr lustvoll, nicht wahr?«
Viktor nickte und wischte sich einige feuchte Haarsträhnen aus dem Gesicht, die sich dorthin verirrt hatten, als er dieses während des Höhepunktes in das Kissen gepresst hatte.
»Ich hoffe, Eure Energie ist noch nicht verbraucht, mein Fürst. Es gibt da noch einige Stellen Eures verführerischen Körpers, die ich zu gern erkunden würde.«
Der Graf hob die Hand an die schimmernden, goldenen Haare des Engländers und wand sich eine Strähne um den Finger. Er schüttelte auf die Frage des Mannes den Kopf und ergab sich diesem seufzend, als ihre Lippen sich erneut trafen und er das Gewicht Hirams wohlig und sinnlich an seiner Haut und auf seinem Körper spüren konnte.