Meine geliebte Kirschrote Couch
Teil 1
Meine Wangen sind tränenüberstromt und meine Augen haben schon seit Tagen nicht mehr ihre natürliche Farbe. Sie sind rot umrandet und dank der Tränen sehe ich nur noch Umrisse – Gott sei dank trage ich dazu nicht noch eine Brille, sonst würde ich nichts mehr sehen. Das Gesicht mit roten Flecken überdeckt und, genauso wie meine Augen, angeschwollen. Haare ungewaschen und wie man ohne rotze in der Nase atmet, habe ich schon längst verlernt.Alles in allem sehe ich schon seit 14 Tagen aus wie verfaultes triefendes Gemüse.
Wie soll ich nur weitermachen? Wozu überhaupt weitermachen? Ich sollte einfach alles sein lassen. Studium? Arbeit? Ohne die Liebe seines Lebens macht das Ganze doch eh keinen Sinn.
Riiing! Riiing! Das Telefon bringt mich zurück auf die Erde der Sterblichen, wo ich nur ein kleines unbedeutendes Lebewesen von vielen bin. Ich hebe den Hörer ab. „ Anna, ich fasse es nicht, dass du immer noch nicht aus dem Haus gehst! Na und, dann ist halt Schluss! Das war doch vorhersebar. Also hör auf Trübsal zu blasen!“ , schreit mich meine best Freundin Claire an. Schon wieder. Wütend lege ich auf ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben. Wie kann sie es wagen mich in diesem empfindlichen Zustand auch noch anzuschreien? Wieder füllen sich meine Augen mit Tränen. Das ist ja wohl das Letzte. Das nicht einmal mehr sie auf meiner Seite steht. Beleidigt und zugleich verletzt gehe ich in die Küche und reiße die Tür der Gefriertruhe auf. Scheiße! Kein Fertiggericht mehr und zum Kochen habe ich keine Lebensmittel. Zumindest keine bei denen das Verfallsdatum noch nicht abgelaufen ist. Außerdem darf man als Frau laut ungeschriebenem Gesetz in der Trauerphase nach der Trennung nicht kochen. Zumindest laut meinem Gesetz. Also muss ich mir etwas anderes überlegen. Unmotiviert gehe ich ins Wohnzimmer, dass direkt mit der Küche verbunden ist, lass mich auf meiner kleinen Kirschroten Couch fallen und sehe mich um. Enttäuscht stelle ich fest, dass die Couch das einzige Möbelstück ist das mir gehört. Zumindest kann ich stolz behaupten, sie sei das schönste Möbelstück im Raum. Obwohl, eigentlich der ganzen Wohnung. Tja, jetzt bin ich schon 23 Jahre alt und besitze gerade mal eine Couch.Wenn ich es mir so recht überlege passt sie gar nicht hier rein Dafür ist die Wohnung viel zu ranzig. Die Wände sind Taubenweiß, wie meine Vermieterin mir mitgeteilt hat – ich finde, sie sehen einfach nur schmutzig aus; die Möbel sind aus dunklem Holz, mindestens 40 Jahre alt und haben diesen unangenhmen Geruch nach alt. Auch hier hatt meine Vermieterin ihr Talent bewiesen grässliche Eigenschaften der Wohnung mit schönen, wenn auch verschleierten, Worten zu beschreiben indem sie in der Zeitung in der Rubrik Wohnungen, antike Möbel aus wunderschön verziertem dunklen Holz, veröffentlichen ließ. Auch wenn ich mir schon gedacht habe was mich erwartet, musste ich zugeben, dass ich mir eine Wohung die weniger „antik“ist leider nicht leisten kann.
So sitze ich jetzt auf meiner Couch und denke über meine Wohung nach, während das knurren im Bauch immer lauter wird. Ich muss mir etwas zu essen besorgen, denn wenn das mit dem hungern so weitergeht steht diese Wohung bald in einer ganz anderen Rubrik in der Zeitung. Ich schnappe mir das Telefon. Chinesisch oder doch eine einfache italienische Pizza? Na toll! Wieder so eine Lebensentscheidung. Wer soll mich dick machen? Die Chinesen oder doch lieber die Italiener? Ich eintscheide mich für die Italiener. Jetzt muss ich nur noch irgendwo den Flyer von dem kleinen Itainer, der am Ende der Straße steht, finden. Ich überlege, wo ich ihn das letzte Mal gesehen habe? Während ich so durch die Wohnung laufe und suche fällt mir wieder der Grund ein weshalb ich mit angeschwollenen Augen einen Flyer suche, der mir dabei behilflich sein soll meinen Frust in Pizza, Brusschetta und Spaggethi zu verschlingen. Natürlich finde ich den Flyer zwischen den Sitzkissen in meiner geliebten Couch. Ich wähle die Nummer auf dem Flyer und eine Frau meldet sich mit einer Stimme in der Hektik liegt. Sieht so aus als wäre da viel los. Kein Wunder, es ist Freitag Abend und alle glücklichen Pärchen sitzen sich in diesem Moment am Tisch gegenüber. Getrennt nur durch eine Kerze und ein romantisches Abendessen. Wieder beginnen sich die Trännen zu sammel, doch bevor es zum ausbruch kommt unterbricht mich die Frau am anderen Ende des Hörers: „Also, entweder bestellen sie jetzt oder ich lege auf!“. Wie unhöflich. Kann sie sich denn nicht denken, dass es mir vielleicht schlecht geht? Pff; ich bestelle eine XXl Portion Spagghetti Carbonara und einen italienischen Salat mit Hähnchenbrust und lege beleidigt auf. Was für ein unerfreudliches Gespräch.
Ich lege mich zurück auf meine Couch, starre die Decke an und warte.
Ariana Kaurin
K e