Tom beobachtete seinen Gegner, der sich das schweißnasse blonde Haar mit beiden Händen zurückstrich. Tänzelnd kam er auf Thomas zu, die Fäuste geballt und erhoben. Er selbst hielt die Hände offen, abwehrend vor sich. Wann immer sich ihm eine Faust näherte, blockte er sie mit den Händen ab. Er versuchte die Handschuhe des anderen zu greifen, doch sein Gegner zog die Hände schnell zurück. Er wusste was Thomas vorhatte.
Immer wieder schnellte eine Faust auf Thomas zu, doch noch gelang es ihm auszuweichen oder zu blocken. Die Augen seines Kontrahenten schnellten für den Bruchteil einer Sekunde zur Toms Mitte. Er wusste, was der andere vorhatte: einen Treffer auf seine Verletzung, die ihm bereits das Atmen zur Qual machte. Er reagierte instinktiv, bog den Oberkörper von seinem Feind weg, drehte sich leicht in die Seite und trat ihm mit aller Kraft in den Bauch.
Sein Gegner verlor das Gleichgewicht und stolperte einige Schritte rückwärts, fiel jedoch nicht. Thomas folgte ihm, bevor der andere seine Balance wiederfand und setzte ihn mit einer flinken Kombination aus Schlägen auf den Kopf am Rande des Rings fest. Mit angewinkeltem Arm, schmetterte er seinen Ellenbogen gegen den Wangenknochen des Blonden, griff seinen Kopf, drückte ihn Richtung Boden und rammte ihm sein Knie ins Gesicht. Doch sein Gegner weigerte sich noch immer zu Boden zugehen. Stattdessen schlangen sich seine massiven, vom Schweiß glitschigen Arme um Thomas Hüfte. Tom drosch zweimal mit der Rechten auf sein Gesicht ein, das gegen seine Bauchmuskeln und, vermutlich angeknackste, Rippen drückte. Als die Attacken nicht die gewünschte Wirkung erzielten, windete Tom seinen Arm durch die Lücke, die der Ellenbogen seines Gegners an seiner Hüfte bildete. Er hebelte den Arm nach oben, über seine Schulter und schlüpfte mit dem Kopf durch die Schlinge.
Sein Kontrahent grunzte, holte mit der rechten aus und traf Tom mit voller Wucht mit der Linken, bevor er wusste wie ihm geschah. Er krachte mit dem Rücken auf die Matte und ihm wurde erneut schwarz vor Augen.
Er bemerkte nicht mehr, wie der Lärmpegel an- und abschwoll, wie Jannik und Peter zu ihm stürmten und wie er schließlich auf einer Trage vom Ring abtransportiert wurde.
Dumpf nahm er die Stimmen seiner Freunde war, die sich über irgendetwas zu streiten schienen. Sie schienen ihn anzusprechen, doch er war nicht in der Lage zu antworten. Einer der beiden entfernte sich und der andere, Thomas meinte es war Jannik, begann sein Gesicht und seinen Oberkörper mit einem kühlen, feuchten Tuch vorsichtig abzutupfen, als ihn die wohltuende Schwärze erneut in ihre schmerzfreie Tiefe zog.
Allmählich, ohne die geringste Ahnung, wie viel Zeit seit seiner Niederlage durch K.O. vergangen war, kam er wieder zu sich. Kalte Hände tasteten behutsam über seine Rippen. Leise Stimmen unterhielten sich und ohne bereits die Bedeutung der Worte richtig im Kopf zusammenzusetzen, wusste er, dass er das Thema der angespannten Konversation war. Außerdem war eine neue Stimme hinzugekommen, die einer Frau.
„Er muss auf der Stelle ins Krankenhaus!" – „Das will er nicht. Er hat immer wieder betont, dass er auf keinen Fall ins Krankenhaus will, bevor sie es nicht eindeutig anordnet." – „Mädchen, er hat dich als Notfallkontakt angegeben. Bist du qualifiziert diese Entscheidung zu treffen? Kannst du ihm helfen?" „Ja, ich hab ihn schon ein paar Mal zusammengeflickt. Es sieht übel aus. Einige Rippen sind gebrochen, haben seine Lunge aber nicht angeritzt. Sonst wäre seine sie längst kollabiert oder seine Atmung zumindest extrem eingeschränkt." – „Okay, also kein Krankenwagen. Was machen wir dann jetzt?" – „Ich tape ihn erstmal, gleich hier, um seinen Brustkorb zu stabilisieren. Du hilfst mir. Roll ihn vorsichtig auf die linke Seite und hebe seinen rechten Arm über seinen Kopf."
Thomas spürte einen leichten Zug, als ihn jemand auf die Seite drehte, doch er war noch immer zu weggetreten, um sich zu wehren. Nur ein leises Stöhnen drang durch seine Lippen, doch niemand hörte es. Er hatte das Gefühl, sich selbst von außen zu beobachten. Als wäre sein Geist aus seinem Körper geschlüpft und stünde neben ihm. Doch mit eingeschränkter Wahrnehmung. Er wusste, dass Jannik und Peter im Raum waren. Und er wusste genau, wer sie war. Dass nur sie es sein konnte. Unsicher, was dieser Umstand auslösen würde, wenn er vollständig zu sich kam, pendelte er zwischen der Freude, dass sie gekommen war und der Bitterkeit, die ihre Anwesenheit für ihn bedeutete.
„Seine Haut muss sauber und trocken sein, sonst hält es nicht. Habt ihr was zum Waschen hier?" „Ja, warte kurz, ich hol dir was aus dem Duschraum. Da drüben ist Thomas Spind, da ist seine Tasche drin. Er hat sicher ein Handtuch dabei."- „Bleib bei ihm, Mädchen, ich such sein Handtuch raus." – „Danke."
Tom hörte Schritte die sich entfernten, das Quietschen seiner Spindtür und das leise Rauschen von Wasser, dass aus einem Hahn strömte und in einem Gefäß gesammelt wurde.
„Also, ähm. Was genau ist das hier eigentlich für eine Veranstaltung?"
„Oh, ääh, also ...", druckste Peter herum. „Das weißt du gar nicht?"
„Ich hab ihn nie direkt gefragt, hatte das Gefühl, es wär ihm nicht recht."
„Verstehe... ähm. Tja, Tom ist Amateur MMA-Kämpfer."
„MMA", wiederholte sie langsam. „Mixed Martial Arts?"
„Genau. Er kann gut einstecken. Auch gut austeilen. Aber war heute deutlich unterlegen. War in der zweiten Runde beinahe schon mal K.O., aber ist wieder auf die Beine gekommen. Hätte vielleicht doch tappen sollen... Aber ist viel zu stolz, der Junge."
„Tap...pen?"
„Oh, äh, abklopfen. Aufgeben", erklärte Peter.
„Hier, Ari, ich hab auch ein bisschen Seife ins Wasser getan."
„Danke, ...?"
„Jannik", vollendete sein Sparringspartner und Thomas konnte sich das sofort aufgelegte, charmante Lächeln nur zu gut vorstellen, mit dem er Ari gerade anstrahlen musste.
„Jannik", wiederholte sie leise. Tom fragte sich, ob sie zurück lächelte. Doch wenn sie es tat, schenkte sie ihm zumindest nicht lange ihre Aufmerksamkeit, denn er hörte schon ein leises Plätschern, als sie ihre Hände in das gebrachte Wasser tauchte und gleich darauf die Feuchtigkeit auf seiner Haut.
Das Wasser war warm und Ari schien irgendeinen Stoff zu nutzen, seinen malträtierten Körper von Schweiß und Blut zu befreien. Sie spülte das Tuch mehrfach aus, bis sie mit ihrem Werk zufrieden war und ihn mit dem Handtuch abtupfte. Anschließend wartete sie noch eine Weile, bis die Haut vollständig getrocknet war.
„Kampfsport also. Ich hab mir schon sowas gedacht. War das eine Art Turnier heute und all die anderen Male?", nahm Ari das Gespräch mit Peter wieder auf.
„Naja, ja. Hier in der Halle finden alle paar Monate offizielle Wettkämpfe statt. Thomas hat seit fast einem Jahr keinen davon verpasst."
„Monate?", fragte Ari skeptisch und Thomas meinte das Rattern von Zahnrädern hinter ihrer Stirn beinahe hören zu können. „Aber das ist schon das sechste Mal, dass ich ihn derart zerschmettert von diesen Kämpfen vorfinde. Und manchmal lagen keine vier Wochen dazwischen. Und vorher hat meine Mutter ihn mindestens einmal behandelt. "
„Tja... eeeh. Ja, ich hab ihm auch ständig gesagt, dass er sich übernimmt und es übertreibt und die Herausforderungen nicht annehmen soll."
„Herausforderungen? Außerhalb von offiziellen Wettkämpfen? Ist das nicht illegal?"
„Grauzone", sprang Jannik ein, der seinem Kumpel sofort den Rücken deckte. „Es sind immer ein oder zwei Referees und die Trainer dabei." Wie er Ari kannte, warf sie Jannik gerade diesen vernichtenden Blick zu, den sie von ihrer Mutter geerbt und perfektioniert hatte. Furchterregend. Aber auch irgendwie niedlich. Sie würde sprichwörtlich aus der Hose schnippen vor Wut, wenn er ihr das ins Gesicht sagen würde.
„Außerdem ist er nicht schlecht. Hat mit der Pleite von heute erst dreimal verloren."
„Unglaublich", seufzte Ari resignierend, doch voller Missbilligung. „So, Jannik, jetzt halt seinen Arm leicht gedehnt über seinen Kopf."
Jannik griff sofort nach Toms Handgelenk und Ellenbogen und brachte seinen Arm in Position. Währenddessen glitten Aris kühle Finger über seine Haut. Sie tasteten seine Rippen ab. Suchten die Schwellungen und das abnormalen Hervortreten von Knochen unter der Haut, die Brüche verrieten.
„Thomas", flüstere sie in sein Ohr. „Wenn du mich hörst, atme langsam und so tief du kannst ein."
Als ihre Worte vollständig in sein Bewusstsein durchgedrungen waren, öffnete er die Augen einen Spalt breit und atmete. Sie klebte zwei breite Streifen kinesiologisches Tape über die unteren Rippenbögen und rieb mit der Hand einige Male über das elastische, textile Material, um die selbstklebende Wirkung mit Wärme zu fördern.
„Sehr schön, du kannst seinen Arm wieder auf seine Seite legen, aber nicht direkt auf den Körper. Danke."
„Kein Ding. Und jetzt?", fragte Jannik.
„Jetzt warten wir. Er ist schon fast wieder da. Dann müsst ihr mir helfen, ihn zu meinem Auto zu bringen."
„Okay, gut und woher weißt du, dass er bald aufwacht?", wollte Peter wissen.
„Ich hab ihm gesagt er soll tief einatmen und er hat darauf reagiert. Das ist ein gutes Zeichen."
„Super, bist du Krankenschwester oder wo hast du das alles gelernt?", hielt Jannik das Gespräch am Laufen.
Ari lachte verlegen. „Naja, nee, meine Mutter ist Krankenschwester, sie hat mir alles beigebracht, was für die Behandlung an Menschen, das heißt, eigentlich was ich für die Behandlung von Tom so brauchen könnte."
„Direkt auf Tom zugeschnitten?", neckte Peter.
„Ja... naja... ich studiere eigentlich Veterinärmedizin. Behandlung von Menschen war nie vorgesehen... bis vor etwa einem halben Jahr."
„Achso? Und wenn deine Mutter, als richtige Krankenschwester, ihn vorher behandelt hat, wieso machst du das dann jetzt, wieso bist du sein Notfallkontakt?"
„Ich wusste ehrlich gesagt nicht, dass ich das bin. Hätte offen gestanden auch nicht damit gerechnet... Äh, und... meine Mutter muss viele Nachtschichten im Krankenhaus machen", stammelte Ari. „Deshalb hat sie mich dann immer zu ihm geschickt. Weil er ja immer spät abends die Hilfe braucht. Und so."
„Und so", wiederholte Peter vielsagend und Thomas konnte das Grinsen in seiner Stimme hören. Jannik sagte nichts dazu. Vielleicht dachte er das gleiche wie sein alter Trainer und ihm war das Grinsen vergangen.
„Seid ihr fertig, über mich zu reden, als wär ich nicht anwesend?", meldete er sich endlich selbst, mit brüchiger Stimme zu Wort und drehte sich langsam und vorsichtig auf den Rücken. Sofort sprangen Jannik und Peter an seine Seite und beäugten ihn besorgt. Ari jedoch blieb ruhig und mit gesenktem Blick sitzen. Er streifte sie mit einem kurzen, unsicheren Blick. Es war viel Zeit vergangen, seit sie sich zuletzt gesehen hatten. Zeit, die zwischen ihnen stand und sie genauso, wie die Umstände ihres letzten Treffens, voneinander entfernt hatte. Auf seinen letzten Ruf hatte sie nicht mal reagiert und stattdessen ihre Mutter zu ihm geschickt. Er hätte sich noch heute für die ganze Aktion ohrfeigen können und konnte nur hoffen, dass es ihr inzwischen besser ging. Dass sie dieses schreckliche Ereignis in jener Nacht überwunden hatte.
Er hatte sie damals vermutlich vor dem Schlimmsten bewahrt und nach Hause gebracht und war über Nacht bei ihr geblieben. Seither haben sie kein Wort mehr miteinander gewechselt, bis auf eine kurze Textnachricht, in der sie sie ihm verboten hatte, mit irgendjemandem darüber zu reden.
Und nun saß sie hier, in einem kleinen Nebenraum der Umkleidekabine, einer mittelgroßen Sporthalle, in der er sich regelmäßig zu Brei schlagen ließ. Aber immerhin trotzdem meist siegreich gewesen war. Er konnte sich vorstellen, dass es sie ziemliche Überwindung gekostet haben musste, herzukommen. Doch Conny schien zu arbeiten und so blieb ihr wohl keine Wahl, auch wenn sie keinen hippokratischen Eid geschworen hatte.
Und auch er selbst schwankte nicht nur unter seinen Verletzungen und der bleiernen Erschöpfung, sondern auch unter gemischten Gefühlen. Er hatte immer versucht sich von ihr zu distanzieren. Emotional und physisch. Und war immer wieder an diesen selbstauferlegten Zwängen gescheitert, sobald sie ihm gegenüberstand. Warum noch mal hab ich das gewollt? Keine Zeit, kein Geld. Mutter todkrank. Bescheuert.
Er zuckte geistig mit den Achseln und brachte sich in eine halbwegs aufrechte Position. Jannik und Peter griffen sofort nach seinen Schultern und halfen ihm. Er schwang die Beine von der Liege und stellte sie auf den Boden.
„Also, können wir?", fragte er leichthin und hoffte die anderen würden das Zähne-Zusammenbeißen hinter seinen unbeschwert klingenden Worten nicht hören.
Ari erhob und sah ihn endlich an. Sie schürzte die Lippen. Natürlich konnte er sie nicht mit seiner aufgesetzten Sorglosigkeit täuschen, doch sie sagte nichts. Auch nicht, als er unsicher aufstand und ungelenk in die Ärmel seines burgunderroten Obey the Brave Zippers schlüpfte. Als er Anstalten machte, sich auf seinen Spind und zu seinen restlichen Sachen zuzubewegen, hielt sie ihn jedoch mit erhobener Hand auf und holte an seiner statt, die Sporttasche und zusammengeknüllte Jacke. Jannik eilte an ihre Seite und nahm ihr beides ab. Er lächelte sie an und sie nickte lächelnd zurück. Tom kniff die Augen zusammen und beobachtete seinen Kumpel argwöhnisch, obwohl ihm klar war, dass er Jannik eigentlich dankbar sein sollte.
Ari drehte sich zu ihm um und sah ihn fragend an. Er verzichtete darauf, sich ebenfalls zu einem Lächeln zu zwingen, das in seinem Gesicht wohl eher dem grusligen, verzerrten Grinsen eines Massenmörders gleichkäme und nickte einfach nur. Jannik, ganz der Gentlemen, deutete eine leichte Verbeugung an und bedeutete ihr mit einer Geste voranzugehen.
Thomas schloss für einen Moment die Augen und fragte sich, ob hier gerade tatsächlich geschah, was er zu sehen meinte. Flirtete Jannik mit Ari? Mehr, als er sonst mit jedem hübschen Mädchen herum schäkerte, das seinen Weg kreuzte?
Peter schien Toms geschlossene Augen zu missdeuten und packte ihn haltgebend an den Schultern.
„Junge! Geht's?"
„Ja, schon gut... Geht schon wieder."
Sein in die Jahre gekommener Trainer war offensichtlich nicht beruhigt. Er wich ihm nicht von Seite und legte sich sogar Toms linken Arm um die massige Schulter. So bugsierte ihn der Ältere durch einen Gang zu einem der Hinterausgänge, um sich nicht durch die letzten biertrinkenden Besucher und Zuschauer des Wettkampfs zu schleppen. Die Tür stand noch offen und die Außenbeleuchtung brannte, aktiviert vom Bewegungssensor, als Ari und Jannik ihn passiert hatten.
Zusammen traten sie hinaus in die kalte Oktober Nacht. Thomas hatte keine Ahnung wie spät es war. Es war bereits dunkel gewesen, als er am späten Nachmittag bei der Halle angekommen war. Um zum Parkplatz zu gelangen, mussten sie links, um die Ecke des Gebäudes. Der Platz war von einigen altern Straßenlaternen erleuchtet. Viele Autos waren nicht mehr da und so entdeckte er Ari sofort, die gerade seine Sachen in den winzigen Kofferraum des Minis ihrer Mutter warf. Jannik stand daneben und unterhielt sich leise mit ihr. Thomas fragte sich, ob sie über ihn redeten. Und wenn nicht, worüber sonst.
Als Thomas und Peter nah genug waren, um der Unterhaltung folgen zu können, verstummten die zwei. Ari wich seinem Blick aus, ging um den Dreitürer herum und öffnete die Beifahrertür. Sie bückte sich und ließ den Sitz so weit nach hinten gleiten wie es ging. Peter brachte ihn bis zur Tür und half ihm beim Einsteigen und Anschnallen. Wortlos ging Ari wieder um den Mini herum, während Peter sich von ihm verabschiedete.
„Lass dich aber nochmal richtig durchchecken, klar? Gute Besserung, Kleiner."
„Danke Peter", antworte er und ging nicht auf die Aufforderung ein. Ari ließ sich auf den Fahrersitz gleiten und ihren Sicherheitsgurt einrasten.
„Macht's gut, Leute. Gute Besserung, Tom, und auch wenn die Umstände scheiße sind, freut es mich sehr dich kennengelernt zu haben, Ari. Hoffentlich sieht man sich mal wieder."
„Ja, danke, euch beiden. Bis irgendwann, vielleicht", erwiderte sie freundlich und Tom biss griesgrämig die Zähne zusammen.
Peter und Jannik entfernten sich ein Stück und winkten, während Ari den Wagen anließ und schließlich langsam fahrend das Gelände verließ. Sie rollten eine Weile in unangenehmen Schweigen dahin. Tom hielt den Blick gerade aus, statt aus seinem Seitenfenster zu starren, um ihr kein Gefühl der Ablehnung zu vermitteln. Er überlegte krampfhaft, was er sagen könnte, als die Stille zuerst unterbrach.
„Meinst du, du schaffst die Treppen?"
Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Bis zu seinem Bett hatte er drei Stockwerke zu überwinden, während es in Aris Haus einen Fahrstuhl gab. Implizierte ihre Frage eine Art Einladung? Wollte oder durfte er diese denn überhaupt annehmen? Es war jetzt schon angespannt und merkwürdig zwischen ihnen, eine weitere Übernachtung bei ihr, wäre vermutlich nicht förderlich. Andererseits war es fraglich, ob oder wann sie sich wiedersehen würden, wenn sie ihn einfach bei sich ablieferte. Er hatte keine Ahnung, wie er antworten sollte. Rational betrachtet, würden die Treppen eine Qual werden. Doch er konnte auch schlecht bei ihr bleiben, bis seine Rippen ihm keine Probleme mehr machten. Früher oder später musste er sich den Stufen stellen.