ANNA
Beim Gedanken daran, dass uns nur noch wenige Stunden von diesem Kampf gegen das Böse trennen, spielt mein Körper verrückt. Übelkeit vermischt sich mit Aufregung und Angst. An den anderen scheint dies ebenfalls nicht spurlos vorüber zu gehen, auch wenn sie versuchen, die Aufregung zu verstecken. Zu meinem Glück habe ich heute wenigstens ein paar Stunden Schlaf gefunden. Auch, wenn ich in diesen Stunden immer wieder von Alex geträumt habe. Doch die Hoffnung, die mir Nathan gewährt hat, lässt mich einen kleinen Funken Glauben spüren, dass wir Alex wieder zurückbekommen könnten. Und dennoch habe ich Angst.
Angst, das alles schief geht. Das wir diesen Kampf verlieren und damit auch noch die Menschen, die mir am Herzen liegen.
Nachdem ich heute mit Lexa und Nathan gesprochen habe, hat Lexa einen Zauber gesprochen, der uns zu Alex's Überresten führen soll. Bei diesem Wort - Überreste ist mein Herz erneut gebrochen. Aber ich versuche daran zu glauben, dass wir seinen Körper, dass wir ihn finden. Darum habe ich jetzt auch diese Kette mit dem eisblauen Edelstein als Anhänger um meinen Hals.
Lexa sagte, dass mich dieser Stein zu seinem Körper führen wird. Je näher ich ihm komme, desto heller wird der Stein. Doch um nicht die komplette Welt nach ihm absuchen zu müssen, hat sie auch noch einen Ortungszauber gesprochen. Er, seine Überreste, sein Körper, befindet sich in der Nähe der Gruft und ich werde ihn finden. Ich muss ihn finden. Laut Nathan`s Aufzeichungen kann die Seele – Alex`s Seele, die ich jetzt auf meiner Brust trage, wieder mit seinem Körper vereint werden. Dafür muss ich einen Zauber sprechen. Nur die Seele, die eine andere trägt, kann ihn sprechen. Beim Gedanken an diese Aufgabe, schlägt mein Herz schneller denn je. Ich habe diese Aufgabe und ich darf sie nicht vermasseln. Ich muss es schaffen. Ansonsten ist er für immer verloren und ich muss mit dieser Schuld leben. Für immer.
Die Jungs machen sich gerade für die uns bevorstehende Aufgabe bereit und versuchen alles nochmal zu besprechen. Sie legen einige Waffen auf die Kücheninsel und teilen diese dann unter sich auf. Auch ich bekomme eine davon. Obwohl ich zuerst gar nicht will, versucht David mir die Waffe in die Hand zu legen. Ich weiß nicht einmal, wie ich sie benutzen soll und was dies für eine Waffe ist, denn es sieht nicht aus wie eine Waffe. Es ist lediglich ein Stück Holz mit einer Art Rune eingraviert. Doch David's Worte klären mich umgehend über den Gebrauch auf.
„Du legst es in deine Hand und falls du in Gefahr bist, drückst du es deinem Gegner fest an die Brust. Es wird ihn langsamer machen und sein Herz für einen Augenblick lähmen.“
Verwirrt und ohne, dass ich wirklich davon überzeugt bin, stecke ich es mir in meine Jackentasche und lasse meine Gedanken weiter hin und her schwirren. Ich blicke durch das Fenster in der Küche und zu den Bäumen am Waldrand. Sie bewegen sich sanft mit dem Wind und alles da draußen, vor diesem Fenster wirkt so friedlich. Es widerspricht sich mit dem, was wir heute Nacht erleben werden. Wir werden dem Bösen gegenüberstehen und kämpfen müssen. Wie sehr würde ich mir wünschen, dass ich mit Entschlossenheit in diesen Kampf gehen kann. Mit dem Wissen, dass wir sie besiegen werden. Aber genau das ist es, was mir Angst macht. Ich weiß es nicht. Doch ich muss bereit sein. Bereit zu sterben oder bereit zu überleben.
Die Stunden vergehen und alles um mich herum ist in einen dichten Nebel gehüllt. Irgendwie ist es alles so, als würde ich träumen. Als würde ein Film vor meinen Augen ablaufen und ich kann ihn nicht stoppen. Alles was ich tun kann, ist mit meinem Schicksal zu leben. Ihm zu folgen, wohin es mich führt, obwohl mein Schicksal eine richtige Bitch zu sein scheint.
Die Aufregung, als wir uns alle in der Küche versammelt haben, wirbelt wie eine dichte Staubwolke um uns herum. Die Anspannung ist greifbar. Die sogenannte Ruhe vor dem Sturm. Wir alle sind komplett in schwarz gekleidet. Zuerst dachte ich, sie wollen mich verarschen, aber sie meinten, das Schwarz am besten ist, da man uns in der Dunkelheit nicht sofort erkennt. Ich musste mich nach dieser Erklärung ihrer Meinung anschließen. Dann erhellt eine Stimme den Raum und alle blicken zu Lexa, die ein Messer in ihrer Hand hält.
„Ihr müsst unser Blut trinken. Das Blut derjenigen, die kein Wolfsgen in sich tragen. Wir müssen uns verbinden. Nur so können wir alle in der Gestalt eines Wolfes laufen und nur so können wir zusammenhalten. Also Anna, Nathan?“
Sie winkt uns zu sich. Für einen Moemnt zögere ich, um daraufhin ihren Worten zu folgen. Ich bewege mich auf sie zu und strecke ihr meine Hand entgegen. Im Gegensatz zu mir, zögert sie keine Sekunde und ich stöhne leise auf, als sie die kalte Klinge des Messers in meine Handfläche drückt und das rote Blut aus der Wunde fließt. Bevor ich noch mehr Blut grundlos verliere, kommt Peter auf mich zu und sucht meinen Blick. Der Ausdruck auf seinen Zügen, ist voller Trauer und dennoch Verständnis, als er mein Handgelenk ergreift und seine Lippen auf meine Handfläche presst. Ich spüre ein leichtes Brennen, doch es ist nicht schlimm und irgendwie vertraut. So, als würde mein Körper dies schon als Routine sehen.
Danach folgt Mike. Er nimmt ebenfalls meine Hand und trinkt mein Blut. Seine Augen verändern sich dabei und ich kann sehen, wie in ihnen so etwas wie schwarze Schatten auftauchen.
Als letzter ist David an der Reihe. Doch anstatt aus meiner Hand zu trinken, lässt er seine Zähne hervorschießen und beißt sich damit selbst in seine Hand. Ich schüttle meinen Kopf, als er seine Hand auf meine Lippen legen will, doch er lässt nicht locker.
„Anna, ich muss dein Blut nicht trinken. Ich bin doch schon längst mir dir verbunden. Aber nimm meines, damit der Schnitt schneller verheilt.“
Sein Lächeln beruhigt mich, so wie immer. In solchen Momenten fühle ich die Verbundenheit zu ihm. Er ist mein Bruder, und auch wenn ich ihn noch nicht wirklich lange kenne, weiß ich, dass ich ihn liebe.
Er gibt mir Kraft. Ich kann es jedes mal spüren wenn ich in seiner Nähe bin. Er sorgt dafür, dass ich stark bleibe. Fast so, wie es Alex getan hat. Nur das David mein Herz als mein Bruder erobert hat.
Die anderen trinken ebenfalls von Lexa's und Nathan's Blut. Nathan wirkt zwar nicht begeistert über diese Aktion, aber er lässt es über sich ergehen. Ich bin noch immer überrascht, dass er hier ist und uns wirklich helfen will. Mittlerweile habe ich die Theorie, dass er uns wieder belügt, abgelegt. Ich glaube, er will uns wirklich helfen. Denn jedes mal wenn irgendjemand von Salivana spricht, verändert sich seine Augenfarbe und seine Aura ebenfalls. Obwohl ich es nicht erklären kann und auch nicht geübt darin bin, eine Aura zu lesen, so spüre ich jedesmal Wut, wenn diese dunkle Aura um ihn auftaucht. Also versuche ich ihm zu glauben, auch wenn ich immer noch seinen Verrat in Erinnerung habe.
Nun sind wir soweit. Nachdem Lexa erneut einen Zauber gesprochen hat, der uns alle auf gewisse Art und Weise verbinden soll, sind wir bereit um aufzubrechen. Sie hat ihnen auch nochmal erklären müssen, weshalb sie das macht, da die vier Jungs Angst hatten, sie wären jetzt Ewig miteinander verbunden. Mike hat verärgert den Kopf geschüttelt als er Nathan's Blut getrunken hat. Dann hat er Lexa noch von der Seite schief angesehen und gefragt ob er den jetzt für immer mit uns verbunden sei.
Sie hat nur gelächelt und ihn damit beruhigt, dass es nur von kurzer Dauer ist und sich das Blut langsam wieder aus seinem Kreislauf verabschieden würde.
Als wir durch die Tür in die dunkle Nachtluft treten, überkommt mich ein Schauer. Die Gänsehaut an meinem ganzen Körper breitet sich aus und ich kann etwas spüren. Ich spüre Energie. Eine Energie die mich nicht mehr loslässt und ich weiß es. Ich bin mehr als nur bereit. Ich bin soweit. Und plötzlich fühlen sich meine Hände an, als würden sie brennen. Was bei einem Blick darauf jeglichen Zweifel auslöscht. Ich brenne. Verdammt ich brenne? Aber ich habe keine Angst. Habe keinerlei Schmerz. Ich bin einfach nur voller Energie. Ich bin Rein. Meine Gedanken sind klar. Ich habe Energie und ich fühle sie in jeder Pore meines Körpers.
Die anderen treten alle einen Schritt zurück und beobachten mich mit weit aufgerissenen Augen an. Außer David. Dieser kommt auf mich zu und legt seine Hände in meine. Ich spüre die unendliche Verbundenheit mit ihm und das grenzenlose Vertrauen, und plötzlich spüre ich die Verwandlung. Ich weiß nicht einmal was mit mir los ist, aber ich weiß, dass es zu mir gehört. Es gehört zu mir und ich fühle mich stark . Stärker als ich jemals gedacht hätte. Ich verwandle mich in einen Wolf und ich kann sehen wie Lexa den Kopf von Nathan mit ihren Händen berührt und etwas spricht, das zur Folge hat, dass sich Nathan ebenfalls in einen Wolf verwandelt. Sein Fell ist grau, so wie seine Augen. Er sieht in dieser Gestalt noch kraftvoller und stärker aus, als in seiner Menschengestalt.
Nach meiner Verwandlung spielen sich zwischen Mike und Lexa nochmals Szenen eines Zauber ab. Dann verwandelt sich auch Lexa in diesen, mir schon bekannten Wolf. Ihr silbernes Fell schimmert im Mondlicht und ihre Augen leuchten in einem Weiß, das jemand anderem sicherlich Angst einjagen würde. Aber nicht mir. Ich fühle keine Angst. Ich fühle nur die Energie der anderen.
Wir sind stark und eine gebündelte gewaltige Energie, die sich jetzt in Bewegung setzt. Unsere Beine treffen in einem atemberaubenden Tempo auf die Erde. Ich kann die anderen spüren. Spüre ihre Bewegungen und die Euphorie der Geschwindigkeit. Wir springen über Steine. Laufen so knapp an den Bäumen vorbei, dass ich spüren kann, wie mein Fell an der Rinde der Bäume streift. Es ist, als würden wir fliegen. Wir springen über Hindernisse, welche ein Mensch nicht einmal in seinen Gedanken überwinden könnte. Laufen durch ausgetrocknete Flussbeete. Springen über kleine Schluchten. Laufen über eine Lichtung und wieder in den Wald. Das satte grüne Gras, dessen Farbe ich in dieser Gestalt noch intensiver wahrnehme, legt sich an meine Pfoten und ich spüre den Mond. Ich spüre, wie der Vollmond uns Energie gibt. Er gibt uns Kraft und ich weiß nicht ob es Gut oder Schlecht ist, zu glauben, dass ich jetzt gerade, in diesem einzigartigen Moment, glaube unbesiegbar zu sein.
Wie aus dem Nichts erscheint dieses verfallene kleine Gebäude vor uns. So, wie ich es in Erinnerung hatte. Den Rosenbogen. Den Garten mit den Statuen. Alles ist so, wie bei meinem letzten Besuch und es fasziniert mich noch immer. Dieser Anblick lässt nicht nur mich für einen Augenblick innehalten. Es sind auch die anderen, die nun an meiner Seite stehen.
David, Nathan und Peter zu meiner Linken. Lexa und Mike zu meiner Rechten. Wir alle blicken uns an, als wir vor dem Rosenbogen und dem alten heruntergekommen Tor stehen. Ich kann sehen, dass auch sie diese Energie spüren. Wir sind bereit. Und plötzlich höre ich eine Stimme in meinem Kopf. Zuerst bin ich überrascht, aber mir wird klar, dass es David sein muss. Jedoch höre ich ihn nur in meinen Gedanken.
Hab keine Angst. Wir sind stark und wir werden ihn wieder zurückbringen und du wirst das schaffen.
Ich blicke zur Seite und in seine Augen, die, trotz das er ein Wolf ist, die Andeutung eines Lächelns erkennen lassen. Er kann mir seine Gedanken schicken? Dies ist etwas, das ich noch nicht kenne und wieder ist es pure Faszination, die sich in meine Gedanken legt.
Doch die Faszination schlägt in Panik um, als wir alle von einem Geräusch in Alarmbereitschaft versetzt werden. Wie aus dem Nichts tauchen drei riesige Wölfe aus dem Dickicht auf. Sie alle tragen eine Art Kette um ihren Hals. Langsam kommen sie auf uns zu. Scheinen uns umzingelt zu haben. Die Zähne gefletscht, bereit zum Angriff. Wir alle bilden einen Kreis um uns gegenseitig vor dem Angriff zu schützen.
Es sind Salivana`s Wachhunde. Es wäre dumm gewesen, zu glauben, dass sie keine Vorkehrungen getroffen hat.
Die Stimmung ist zum Zerreißen gespannt. Wir alle warten auf den entscheidenden Angriff. Doch die Jungs scheinen ihnen zuvor kommen zu wollen. Mit Geheul stürzen sie sich David, Mike und Peter auf die drei Wölfe. Jeder von ihnen auf einen. Wolf gegen Wolf. Gleich darauf höre ich Zähne, wie sie Haut durchbrechen und sich in das Fleisch bohren. Knochen brechen. Ich versuche den Kampf zu verfolgen und will mich bereits dazu entscheiden, Mike zu helfen, der gerade unter dem Gewicht des Wolfes gegen ihn ankämpft, da spüre ich einen dumpfen Schlag auf meinen Rücken. Ich werde zu Boden gerissen. Sofort versuche ich mich aufzurichten. Doch ich erstarre. Über mir, ebenfalls in Wolfsgestalt blicke ich in stahlblaue Augen, die sich tief in meine Seele bohren.
Ich kenne diese Augen. Ich kenne diesen Wolf und ich kann es nicht glauben, dass er es wirklich ist. Der Kristall um meinen Hals leuchtet so hell, dass er sich das Licht in den seinen Augen spiegelt und auf mich reflektiert. Noch nie habe ich etwas Schöneres gesehen und gefühlt. Er ist hier. Er lebt.
Doch meine Freude über diesen Anblick schwindet, als sich plötzlich seine Augen verdunkeln. Seine Zähne tauchen furchteinflößend unter seinen Lefzen auf. Knurren dringt aus seiner Kehle. Für einen Moment habe ich Angst, bevor Ruhe mich einhüllt, denn, wenn mich jemand umbringt, dann ist es diese Bitch von Schicksal, die es Alex`s sein lässt. Alex, der eigentlich keine Seele mehr hat. Alex, der mein Herz gestohlen hat. Alex, dem meine Liebe gebührt.
Sein Kopf schießt auf meine Kehle herab. Ich spüre die Spitzen seiner Reißzähne unmittelbar über meiner Haut, als er plötzlich verschwindet. Sein Körper wird von mir gerissen und ich finde mich in Menschengestalt am Boden liegend wieder. Der Schrecken muss den Zauber gebrochen haben und ich bin wieder Ich. Ich bin wieder ein Mensch. Eine Hexe. Der dieser Anblick ein Loch in das Herz gebohrt hat.
Dann blicke ich mich um und sehe, wie sich Nathan gerade über Alex's Körper beugt und seine Fänge in Alex`s Rückens schlägt. Ich hatte keine Ahnung zu was Menschen in Wolfsgestalt imstande sind, aber Nathan scheint seine Kraft bündeln zu können und hält ihn am Boden. Er scheint stärker zu sein als Alex. Doch als er seine Zähne in Alex's Kehle bohren will, höre ich meine Schreie. So laut ich nur kann. Mit voller Verzweiflung.
„Nathan, Stopp. Hör auf. Es ist Alex.“
Er stoppt. Mein Herz hämmert in meinem Brustkorb. Er blickt zu mir, dann wieder zu dem seelenlosen Wolf unter sich, der noch immer unter Nathan`s Kraft zu Boden gedrückt wird.
Für einen Moment scheint er seine Entscheidung abzuwägen. Doch dann, lässt er ihn los. In der Erwartung, dass er uns weiter angreifen wird, bringt sich Nathan in Kampfstellung. Doch Alex greift nicht an. Er läuft weg, ohne einen einzigen Blick zurück. Ohne Reue oder Gefühle zu zeigen. Er hat keine Seele. Ich kann keine Aura sehen. Es macht mir Angst. Ich weiß, dass es Alex`s Körper ist. Doch seine Seele ist nicht hier. Nicht bei ihm. Sie ist noch immer auf meiner Brust und scheint sich gerade noch tiefer in meine Haut zu brennen.
Alles um uns herum verstummt im nächsten Augenblick. Ich nehme die letzten Atemzüge der Wölfe wahr. Sie sind tot. Die Jungs haben gesiegt und Blut bedeckt die Erde um uns herum. Trotz ihres Sieges sehen die Jungs aus, als hätten sie gerade ihre Seele verkauft. Als würden sie um ihre Brüder trauern. Und schon ertönt ein Geräusch, das ich bis jetzt noch nie gehört habe. Ein Heulen erschüttert die Nachtluft und alle halten inne. Es wirkt fast so, als würden Peter, Mike und David den getöteten Wölfen die letzte Ehre erweisen.
Nach weiterem Heulen, das tief in mein Herz gedrungen ist, verwandeln sich alle von ihnen wieder in Menschengestalt. Sie alle wirken bestürzt. David scheint als Erstes seine Stimme wieder zu finden.
„Lexa, du, Anna und Nathan müsst in die Gruft. Mit diesem Abschied haben wir jetzt mit Sicherheit die Aufmerksamkeit auf uns gelenkt und der Rest von Salivana's Wachhunden wird bald hier aufkreuzen. Wir wollen sie nicht töten, aber sie werden kontrolliert. Wir haben keine andere Wahl, obwohl sie alle unschuldig sind.“
„Ihr könnt sie nicht alle besiegen.“
Lexa betrachtet die anderen mifühlend und auch, wenn mir diese Wölfe leid tun, habe ich dennoch eine Aufgabe. Ich muss Alex finden. Ich muss ihn retten. Und das kann ich erst, wenn Salivana besiegt ist.
„Darum müsst ihr schnell da rein und sie aufhalten. Je schneller ihr seid, desto weniger Wölfe müssen sterben. Sie kontrolliert sie. Sei es mit dem Amulett oder mit einem sehr starken Zauber. Nathan wird euch führen und wir werden zu euch aufholen wenn wir können. Wir wissen darüber Bescheid, wie wir zu euch kommen können. Aber ihr müsst jetzt los. Wir werden sie ablenken.“
In Mike`s Stimme schwingt Sorge mit. Sorge um Lexa, die er eingehend betrachtet. In seinen Augen ist plötzlich dieses Funkeln zu sehen. Er macht sich Sorgen um Lexa. So, wie ich mir Sorgen um die Jungs und Alex mache. Also müssen wir los. Ich weiß die Jungs können es schaffen. Sie sind stark. Also greife ich nach Lexa's Hand und ziehe sie mit mir. Wir blicken noch einmal zurück, was sich anfühlt wie ein Abschied. Ein trauriger Abschied. Bei dem man nicht weiß, ob man sich jemals wieder sehen wird. Dann hören wir Laufschritte und keine Sekunde später tauchen die Wachhunde auf und stürzen sich mit lautem Knurren auf die Jungs. Ich kann nur noch sehen wie Fleischstücke aus Körpern gerissen werden und sich noch mehr Blut über die Erde verteilt.
Ich höre noch David`s Schrei, bevor er sich vollständig in einen Wolf zurückverwandelt.
„Verschwindet“
Und dann erblicke ich seine feuerroten Augen und die langen weißen Reißzähne, die sich in die Kehle eines Wolfes bohren.
Nathan schnappt uns beide, an unserem Oberarm und wir laufen los. Wir laufen so schnell uns unsere Beine tragen können durch den Rosenbogen und über die zerstörten steinernen Statuen. Unsere Blicke richten sich immer wieder zurück. Zurück zu dem Ort, wo es gerade um Leben und Tod geht und wir nicht wissen ob es der Tod oder das Leben ist, das siegen wird. Wir sehen auch, dass hinter uns einer von Salivana's Wachhunden ist. Er folgt uns. Er ist uns dicht auf den Fersen. Wir versuchen schneller zu laufen. Doch, dann, ohne es zu realisieren, verschwindet der Boden unter unseren Füßen. Ich falle. Spüre wie Erde neben mir hinabrieselt und ich etwas mit meinen Schultern streife, bevor mein Körper von einem harten, dumpfen Schlag gestoppt wird. Ich röchle. Bekomme kaum Luft. Der Aufprall hat meine Lunge gelähmt.
Mein Kopf fällt zur Seite und ich blicke auf Lexa, die ebenfalls damit ringt, Luft in ihre Lungen zu bekommen und neben mir liegt. Der Einzige der aufrecht steht und aussieht, als hätte er damit gerechnet, ist Nathan. Er ist ebenfalls außer Atem und stützt seine Hände auf seine Oberschenkel.
„Es tut mir leid. Ich hatte keine Zeit, euch darauf vorzubereiten. Dieser verdammte Wolf war hinter uns her und ich bin ein scheiß Mensch. Verdammt, wie ich das hasse.“
Er holt nochmals tief Luft bevor er auf uns zukommt und uns seine Hände entgegenstreckt.
„Geht es euch gut?“
Nach kurzem Zögern nicken wir. Nun endlich bekomme ich wieder etwas Luft, obwohl meine Lunge noch bei jedem Atemzug schmerzt. Wir reichen ihm unsere Hände und er hilft uns aufzustehen. Während wir versuchen wieder normal antmen zu können, klopfen wir die Erde von unserer Kleidung.
Erst jetzt realisiere ich, dass es nicht nur ein Loch in der Erde ist, sondern auch eine Art Tunnel, der von diesem Erdloch wegführt und vom Licht des Vollmondes erleuchtet wird. Der Duft von feuchter Erde dringt in meine Nase und wir folgen Nathan, als er sich auf den Weg in die Dunkleheit macht. In diesen Tunnel, der in die Dunkelheit führt.
„Ihr bleibt immer in meiner Nähe. Ist das klar?“
Seine Ansage war deutlich und fordernd und wir beide nicken. Wir wissen, dass er nur versucht, auf uns aufzupassen. Also folgen wir ihm in das Unbekannte. Begleitet von Angst, Sorge und Hoffnung.