Es ist der fünfte Februar im Jahr Zweitausend-sechzehn und mein Name ist Paul Erichsfeld. Zumindest werde ich seit dem Beginn der Katastrophe so genannt, denn an jenem Tag verlor ich mein Gedächtnis. Ich konnte mich an nichts erinnern, nicht einmal meinen eigenen Namen oder mein Alter wusste ich noch. Ich wusste auch nicht, warum ich mein Gedächtnis verlor. Meine erste Erinnerung ist das Krankenhaus, in dem ich erwachte. Das Krankenhaus indem ich Wochen lang gelegen habe. Die einzigen Personen, die mich damals besuchten, waren jene die mich auch dort hinbrachten und die mir meinen Namen gaben. Man sagte mir, das ich in einer Seitengasse in Köln, nahe des Hauptbahnhofs mit schweren Verletzungen am ganzen Körper gefunden wurde. Später als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde adoptierten sie mich. Bereits während sie mich im Krankenhaus besuchten verstanden wir uns sehr gut. Hinzu kam, dass sie sowieso ein weiteres Kind adoptieren wollten. Ausser ihnen kümmerte es niemanden, was mit mir passieren würde. So bekam ich meine Famiie. Meine überaus fürsorgliche und liebenswürdige Mutter Claudia Erichsfeld(39). Meinen willensstarken und strengen Vater Heinz Erichsfeld(42) und meine kleine naive Schwester Henrietta Erichsfeld(14). Sie war ebenfalls adoptiert. Ich konnte 2 glückliche Jahre mit ihnen verbringen ohne auch nur zu ahnen, das jene erwähnte Katastrophe schwere Folgen mit sich brachte. Die Mayas wussten es! Sie wussten, das am einundzwanzigsten Dezember zweitausend-zwölf, der Tag an dem ich mein Gedächtnis verlor die Welt sich verändern würde und so war es auch, man bemerkte es nur nicht. Die Veränderung geschah, ohne das die Öffentlichkeit davon etwas mitbekommen hatte. Denn das war der Tag an dem Gott starb!
Ich weiß nicht ob man es als sterben bezeichnen kann, denn wir wissen nicht inwiefern Gott lebte. Tatsache ist, das „Der Gott“ danach nicht mehr existent war. Warum Gott starb wissen wir heute noch nicht. Was wir aber nun wissen oder viel mehr spüren sind die Auswirkungen jenes Vorfalls. Von diesem Tag an gab es nämlich Menschen mit besonderen Fähigkeiten! Als Gott starb tauchten diese Menschen zum ersten Mal auf. Sie charakteriesieren sich, indem sie eine besondere Kraft besitzen, wie beispielsweise die Kraft des Formwandelns, Telepathie oder unglaubliche Schnelligkeit. Jede Fähigkeit ist einzigartig und keine kommt doppelt vor. Zudem haben diese Menschen Halluzinationen und Sinnestäuschungen, welche auch sehr heftig sein konnten. Bei einigen veränderte sich auch das Aussehen. Einige bekamen Federn am ganzen Körper, andere die Ohren eines Fuchses oder auch die Augen eines Adlers. Andere waren völlig entstellt, ihre Körper mit Tentakeln oder Insektenpanzer gespickt oder einfach schleimtriefend wie eine Schnecke. Bis zum dreiundzwanzigsten Januar im Jahr zweitausend-vierzehn blieb das alles allerdings verborgen. Doch dann kam alles Schlag auf Schlag. Ein Kardinal der katholischen Kirche, der über vieles Bescheid wusste wendete sich an die Presse. Es wurde alles bekannt, was er wusste. Gottes Tod und das es nun Menschen mit übernatürlichen Fähigkeiten gab. Wie das alles unentdeckt blieb, kann ich mir bis heute nicht vorstellen. Am Anfang hielten alle den Kardinal für verrückt, auch ich und meine Familie, als wir damals die Live-Ausstrahlung sahen, denn schließlich gab es noch keine Beweise dafür. Erst als der erste Kampf zweier dieser Menschen von einem Hobbyfilmer zufällig aufgenommen wurde und man das Video auf Echtheit prüfte, glaubte ich es. Des weiteren wurde bekannt, das diese die man nun der Einfachheit wegen Götter nannte sich gegenseitig anziehen. Ein Gott kann die Anwesenheit eines anderen spüren. Die Götter bekämpfen sich gegenseitig absorbieren die Seele des jeweils anderen und erhalten so auch die Kraft des getöteten. Dies spornte viele dieser Götter an sich einem Kampf zu stellen und so immer stärker zu werden, doch es artete zu sehr aus.
Während sich die bescheideneren Götter weiterhin gegenseitig einzeln töteten suchten sich die schlauen Unterstützung. Es bildeten sich Gruppen die gemeinsam alle anderen töten wollten. Die bekanntesten entstandenen Gruppen waren „Gods Fist“ und „Die Absoluten“. Andere suchten sich Unterstützung bei normalen Menschen, meistens bei besonders einflussreichen, mächtigen oder auch bei den Reichen, die sich gerne ein „Haustier“ halten wollten. So bildeten sich kleine oder aber auch einige große Armeen um die Götter. Am dritten April zweitausend-vierzehn begann dann der dritte Weltkrieg. Es kämpften nicht nur Nationen sondern auch die Götter gegeneinander mit ihren Armeen. Die fünf größten Mächte waren erstens die Sunitischen Staaten vereinigten arabischen Emirate welche sich mit dem Gott Kamerun zusammenschlossen und eine riesige Armee aus Gläubigen aufstellte und Söldnern aufstellte. Zweite Großmacht waren die vereinigten afrikanischen Staaten, die sich der Göttin Osiria unterwarfen und große Armeen schlecht ausgerüsteter Soldaten ins Feld schickte. Die dritte Großmacht war der Gott Aleris der die kommunistischen Staaten vereinte Als viertes gibt es noch den Papst, der einen Großteil Amerikas und Europas als Verbündeten zählen durfte. Zu guter letzt war da noch Kalus, der mächtigste bekannte Gott. Er war ein Buddistischer Mönch und kontrollierte einen großen Teil Asiens. Zu Beginn des Krieges hielt ich mich mit meiner Familie in unserem Zuhause in einem kleinen Dorf nahe Köln auf. Die Regierung Deutschlands wollte so wie einige andere Staaten neutral dazu stehen und schloss sich keiner Fraktion an. Es erwies sich als großer Fehler und die Armee des Gottes Aleris griff Europa massiv an. Es kam in den Osteuropäischen zu Blitzkriegen, die schnell entschieden waren. Die deutsche Regierung die ihre Neutralität bewahren wollte stand vor einer ausweglosen Situation. Nachdem die Osteuropähischen Staaten erobert wurden, stand Aleris Armee im Osten. An der Westgrenze stand die Armee des Papstes. Schließlich kam es wie es kommen musste. Am dreiundzwanzigsten April Zweitausend-vierzehn griff Aleris Armee das gesamte Gebiet rund um Köln an. Doch unsere Bundeswehr leistete erheblichen Widerstand und konnte den Angriff zurückschlagen. Ich war erleichtert, als endlich die feindliche Armee wegen zu größer Verluste abzog und niemand aus meiner Familie verletzt oder tot war, doch dann kam alles anders. Denn bereits drei Tage später regnete es Bomben auf Köln. Es gab keine Warnungen oder Evakuierungen, ich frage mich bis heute warum? Eine traf das Nachbarhaus und durch die Druckwelle stürzte unser Haus in sich zusammen. Ich war währenddessen im Wohnzimmer und schaute Fern. Meine Mutter und Henrietta waren in der ans Wohnzimmer angrenzenden Küche und kochten an unserem Gasherd das Abendessen. Es sollte Hackbraten mit Pellkartoffeln geben. Mein Vater ging gerade in den Keller um sich ein Bier fürs Essen zu holen. Bis dahin war es ein ganz normaler Abend, doch im nächsten Augenblick fiel jene Verhängnisvolle Bombe. Ich hatte Glück, ich verlor lediglich mein linkes Auge. Es steckte ein rostiger Nagel darin. Er müsste etwa 3 centimeter lang gewesen sein, doch den Schmerz habe ich in dem Moment vollkommen ausgeblendet, denn die Angst um meine Familie war größer Auch wenn ich sie erst seit knapp über 2 Jahren kannte, waren es die einzigen Menschen, denen ich etwas bedeutet habe und sie waren für mich die wichtigsten Menschen auf der Welt. Sie hatten leider nicht so viel Glück wie ich. Vater war sofort tot nur eine reglose Hand schaute unter Trümmern hervor. Die Decke über der Kellertreppe war komplett eingestürzt und hatte ihn darunter begraben. Eine Sekunde später und er stünde im Wohnzimmer wo er überlebt hätte.
Der Unterleib meiner Mutter lag unter einem Holzbalken unserer Küchendecke eingeklemmt. Zudem hatte sie zahlreiche Verbrennungen vom Gasherd. Ihr rechter Arm und der rechte Bereich des Torsos war schwarz und die Haut war größtenteils nicht vorhanden. Auch in ihrem Gesicht waren Verbrennungen zu sehen. Ich will mir noch heute gar nicht vorstellen welche Schmerzen sie gehabt haben muss. Jeder andere Mensch wäre in Ohnmacht gefallen oder tot, doch sie war wach und schrie. Nicht nur wegen ihrer unerträglichen Schmerzen, die sie gehabt haben muss, sondern warscheinlich auch wegen Henrietta, die Bewusstlos daneben lag. Im Gegensatz zu Mutter war bei ihr nur ein Fuß eingeklemmt. Sie hatte auch nur kleinere Verbrennungen. Ich kann mir vorstellen, das Mutter sie vor den Flammen schützte, so wie es jede Mutter getan hätte. Sie sagte nichts, Sie schrie nur und schaute mich an. Mir war klar, was sie von mir verlangte. Danach wurde sie bewusstlos. Ich begann zu versuchen Henrietta zu befreien, aber ihr Fuß ließ sich nicht lösen. Er war unter dem selben Balken eingeklemmt wie Mutter. Ich wusste, dass ich sie schnell befreien musste, denn der Gasherd auf dem die Pelkartoffeln kochen sollten strömte wahrscheinlich noch Gas aus. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis wir alle tot gewesen wären. Da entschied ich mich für einen radikalen Weg ihr Leben zu retten. Ich müsste ihren Fuß abhacken, hatte aber keinen geeigneten Gegenstand dafür, wie ein Fleischerbeil also nahm ich als erstes mein Hemd, riss ein großes Stück davon ab und band ihr Bein so fest ich konnte ab direkt unter ihrem Knie und nahm dann einen Fleischweichmacher und schlug auf ihr Schienbein ein bis der Knochen durchgebrochen war. Dabei hatte ich auch ihre Haut unbeabsichtigt aufgerissen und das Blut spritzte mir ins Gesicht. Das Geräusch wie der Knochen zersplitterte, erinnerte an einen dicken Ast bei dem immer wieder ein kleines Stück abgebrochen wird. Es war schrecklich!
Dann nahm ich ein scharfes Küchenmesser und schnitt an der Stelle des Bruches den Fuß ab. Dabei verlor sie viel Blut, doch es ging nicht anders!
Ich war wirklich froh, das Mutter und Henrietta das nicht mitbekommen haben, sonst hätte ich mich wohl nicht dazu überwinden können. Aber auch für mich war das der schlimmste Moment meines ganzen Lebens.
Ich habe geweint.
Nachdem der Fuß abgetrennt am Boden lag, habe ich Henrietta aus dem Haus getragen und augenblicklich danach viel mir der Nagel in meinem Auge wieder ein. Ich versuchte ihn herauszuziehen. Es war schmerzhaft, doch letztendlich bekam ich ihn heraus. Von meinem Auge war nicht mehr viel übrig und da wo es ursprünglich war blutete es extrem. Ich riss einen weiteren Teil meines Oberteils ab und band damit mein Auge ab. Es half zwar nicht viel, war aber besser als gar nichts. Ich wusste, das ich die Blutung irgendwann stoppen müsste. Sonst wäre der Tod unabdingbar.
Nachdem ich uns beide erfolgreich verbunden hatte und sie in Sicherheit war bemerkte ich das Leid, das überall vorzufinden war. Überall war Feuer, überall lagen Leichen. Fast niemand lebte mehr ich sah den einen Nachbarsjungen, er war drei. Er saß neben seiner toten Mutter und weinte. Ich sah auch seinen Vater wie er wieder in ihr Haus reinging, vermutlich um auch den älteren Sohn zu holen, aber er kam nicht mehr raus und das Haus brach zusammen. Neben dem lauten explodieren der Bomben hörte ich überall die entsetzlichen Todesschreie und auch das Weinen der Zurückgebliebenen. In jenem Moment bemerkte ich auch das Blut an meinen Händen. Das Blut, welches das meiner Schwester war. Zuvor war ich wie paralysiert, doch nun war mein Geist klar. Es zerbrach mir das Herz so etwas zu sehen, das zu sehen, was ich meiner Schwester angetan habe. Obwohl ich wusste, das es notwendig war, zerfraß es mich innerlich. Auch der entsetzliche Geruch von verbranntem Fleisch stieg mir in die Nase. Es war jener schreckliche Geruch, den ich in Zukunft noch viel öfter riechen sollte. Als ich mich wieder zusammenreißen konnte, nahm ich meine verletzte Schwester auf die Schulter und den weinenden Nachbarsjungen zur Hand und ging los um uns in Sicherheit zu bringen. Der Junge wehrte sich heftig, wollte wohl bei seiner Mutter bleiben, doch ich hätte es nicht verantworten können ihn da gelassen zu haben und zog ihn hinter mir her. Er war gerade alt genug zum Laufen, weshalb wir nicht besonders schnell vorankamen. Nach zwei Stunden Fußmarsch hörte der kleine auf zu schreien und wurde müde. Er konnte nicht mehr weiterlaufen. Wir machten also eine Pause. Er schlief vor Erschöpfung ein, doch wer könnte es ihm verübeln. Vielmehr machte ich mir aber Sorgen um meine Schwester, denn sie war immer noch nicht wach. Ich nutzte die Gelegenheit und erkundete die nähere Umgebung. Mittlerweile waren wir außerhalb der Stadt und in mitten eines kleinen Waldes auf einem Weg. Da sah ich es. Am Wegrand stand ein Auto, es war noch fahrtüchtig. Der Fahrer, ein Mann, war alleine im Auto. Er war tot, hatte eine Pistole in der Hand und ein Loch im Kopf. Ich nahm die Pistole und steckte sie ein. Als ich mich weiter umsah, sichtete ich Lebensmittel und Wasser, die für Wochen reichen würden und eine Notiz. Darauf stand:“ Das hätte ich nicht tun dürfen, es tut mir Leid“. Den Rest konnte ich nicht entziffern. Was für eine Sauklaue.Was das nach seiner Reaktion zu bedeuten hatte wollte ich sowieso gar nicht erst wissen. Ich nahm die frische und nach Blut stinkende Leiche und schleifte sie weit weg vom Auto. Ich bemühte mich, sie nicht mit meinen Händen direkt anfassen zu müssen. Ich nahm etwas von dem Wasser und habe das Blut, das am Auto klebte abgewaschen. Da ich über ein Feld gelaufen war konnte ich mit dem Auto nicht zu Henrietta und dem Jungen zurükfahren, also begab ich mich zu Fuß, wissend, das ich mich beeilen musste, zurück zu Henrietta und dem Jungen. Ich trug beide einzeln zum Auto und setzte sie behutsam hinein und fuhr davon. Ich war zwar erst 16, hatte aber schon begonnen den Führerschein zu machen und konnte daher schon ein wenig Auto fahren. Wo wir hinfahren sollen, wusste ich nicht, also habe ich beschlossen in Richtung Westen zu fahren. Einfach nur weg aus dem Kriegsgebiet. Allerdings überkamen mich immer mehr Zweifel, als ich die stetig zunehmende Zahl an Flüchtenden sah, die aus dieser Richtung zu kommen schienen. Eigentlich sollten von dort keine Flüchtlinge kommen. Immerhin war Aleris Armee nur östlich von uns. Ich hielt an und fragte einen Flüchtenden mit seiner Familie:“ Wohin wollt ihr, was ist euch passiert?“. Der Mann sagte:“ Männer in schwarzen Kutten griffen an. Sie begannen einfach zu schiessen. Ihr müsst auch hier weg, sie verfolgen uns.“ Ich sah die Angst in seinen Augen und wollte ihn warnen:“ Ihr dürft aber nicht weiter in diese Richtung fliehen. Die Armee des Gottes Aleris hat Köln angegriffen. Dort findet ihr keine Hilfe“. Der Gesichtsausdruck des Mannes der zuvor noch mit Angst aber auch Hoffnung ausdrückte wandelte sich in abgrundtiefes Entsetzen.
To be continued