Seit 10 Jahren waren sie nun verheiratet. Seit 10 Jahren. Und es kam ihr vor als wären es 20. Sie waren nicht nur ein Ehepaar. Nein, sie waren ein sich liebendes Ehepaar. Bei ihnen nahm die Liebe im laufe der Zeit weder ab noch zu. Höchstens vielleicht mal zu. Aber mehr nicht. Sie kannten sich nun schon lange. Sehr lange. Und jeder wusste über den anderen Bescheid. Jeder wusste alles. Sie waren nicht nur ein sich liebendes Ehepaar, nein, sie waren auch Freunde. Und jeder Tag den sie gemeinsam verbrachten schweißte sie immer mehr zusammen. Natürlich hatten sie ihre kleinen Reibereien. Aber das nicht zu oft und nicht zu viel. Im Vergleich zu anderen sogar relativ selten und nicht so heftig. Alles hatte seinen Platz. Alles hatte seinen Ablauf mit der Zeit bekommen. Morgends stand man auf, frühstückte, und ging, je nachdem ob man zur Arbeit musste oder nicht, arbeiten. Und trotz dieser Beständigkeit von Dingen war jeder glücklich, es wurde ihnen nie langweilig. Denn alles was sie gemeinsam taten wurde ihnen nie langweilig. Egal wie oft und mit welcher Regelmäßigkeit sie ihren Alltag so gestalteten wie immer, nie kam wirkliche langeweile auf bei dem was sie zusammen machten. Kinder hatten sie keine. Bis jetzt war auf beiden Seiten dieser Wunsch noch nicht erwacht. Trotzdem, heute würde sie ihm etwas sagen. Komme was wolle. Heute würde sie es tun, egal was seine Reaktion wäre, oder eben nicht. Sie ging in die Küche, in der ihr Mann schon dabei war das Frühstück herzurichten. Mit einem "Guten Morgen Schatz" kam sie in die Küche und half. Es wurde ein zärtliches (manche mögen auch sagen kitschiges) guten-morgen-küsschen ausgetauscht.
"Dir auch Liebling"
"Hast du schön geschlafen?"
"Ja. Du doch hoffentlich auch :)"
"Ja."
"Hast du heute auch eher frei wie die letzten Tage?"
"Nein. Ab heute ist alles wieder ganz normal"
"Oh, ok hätten sie sich auch sparen können. Diesen einen Tag. Heute ist Freitag, das bringts ja."
"Mmh, stimmt"
Würde sie es sagen? War es nicht ein Fehler, das zu sagen? Zeugte dies nicht von Kaltschnäuzigkeit und ja, auch ein wenig Egoismus? Aber sie musste es ihm näherbringen. Irgendwie. Und wachzurütteln war nun mal die beste (jedenfalls hoffentlich die wirkungsvollste) Möglichkeit ihm das näherzubringen. Wann würde sie es sagen? Wann sollte sie es sagen? Jetzt? Ja, wenn er nichts sagt dann jetzt. Bald zumindest. Nach einer kurzen Zeit, in der sie die angenehne Stille während des Frühstücks genoss, sah sie auf die Uhr. Es waren Fünf Minuten vergangen.
Und dann warf sie es einfach in den Raum:
"Ich hab dich mit dem Nachbarn betrogen."
Er sah auf. Ungläubigkeit, Entsetzen, Trauer, Wut und die Stumme Frage 'Warum?' in seinem Blick.
"Nein oder?" brachte er heraus. Ihre Antwort klang wie eine Mischung aus Angst, Trauer, Bedauern aber auch Hoffnung.
"Nein. Das zu sagen war nur die einzige Möglichkeit, eine Reaktion zu bekommen. Eine lebendige Reaktion."