Werkatze wider Willen
Der kalte Nachtwind blies mir ins Gesicht, als ich an diesem Abend durch eine verlassene Seitengasse schlenderte. Ich zog mir die Kapuze enger ins Gesicht und beeilte meine Schritte. Bei einem Laternenpfahl, unter dem ein paar Mülleimer vor sich hin gammelten, hielt ich mir die Nase zu, damit ich den Gestank nicht länger aushalten musste. Gerade wollte ich um die nächste Ecke abbiegen, da schepperte hinter meinem Rücken ein Mülleimerdeckel auf den Gehweg. Ich wirbelte herum, im fahlen Schein der Laternenlampe zeichnete sich einen geschmeidiger Schatten an der Backsteinmauer ab, unmittelbar hinter den Eimern. Erst schnürte es mir die Kehle zu, als ich sah, wie gross und verzogen der Schatten an der Wand war. Ist das etwa ein Psychopath, der bei den Mülleimern lauerte? Dann erklang aber einen sanftes Miauen und eine schwarze Katze trottete ins Licht. Erst belächelte ich das zierliche Geschöpf mit den gebogenen Krallen. Aber, als ihre saphirblauen Augen meinen Blick auffingen, wurden meine Knie ganz weich. Diese stechenden Augen fesselten all meine Sinne und ich konnte mich kaum mehr von ihnen abwenden. Die Katze machte eine energische Kopfbewegung, fauchte und verschwand in einer Gasse. Ich starrte der zierlichen Gestalt nach, wie sie langsam über die mondbeschienenen Pflastersteine stolzierte. Mein Körper konnte sich nicht beherrschen und steuerte der Katze nach. Die Samtpfote bog in einen verlassenen Hof einer alten Fabrik ein und war wie vom Erdboden verschluckt, als ich einen Augenblick später im menschenleeren Hof ankam. Nachdenklich lehnte ich mich an die graffitiverschmierte Betonwand und fragte mich, wohin die seltsame Katze verschwunden war. Meine Finger vergruben sich vor Kälte in den Hosentaschen. War das wirklich so eine gute Idee einem stinknormalen Tier zu folgen? Ich wollte schon kehrt machen, da hörte ich ein dumpfes Knarren aus den Balken, oberhalb meines Kopfes. Meine verwirrten Augen entdeckten eine kauernde Gestalt auf den Balken sitzend und im nächsten Moment stürzte sich eine menschenähnliche Kreatur hinunter und drückte meinen Körper gegen die Wand. Das Herz klopfte mir bis zum Hals und ich traute mich nicht zu wehren. Die Kreatur besass schlitzige Augenpupillen, zwei langgebogene Eckezähne und Katzenohren. Anstelle von Fingernägeln hatte sie lange spitze Krallen. „ Wieso schleichst du mir nach, hssch!“, knurrte die Katzenkreatur. „ Ich wollte nur…“, stotterte ich verzweifelnd. „ Das sind einige Wörter zu wenig“, fauchte sie und entblösste die Zahnreihe. „ Was...bist du?“, wollte ich wissen, während meine Hände zitterten. „ Na was wohl, eine Werkatze“, gab sie zurück. Die schwarze Katze war also in Wirklichkeit eine Werkatze! , dachte ich fassungslos. „ Genug geplaudert“, fauchte die Werkatze. „ Lassen wir dich von meinen Krallen bestrafen Menschenkind.“ Ich wollte mich wehren, als die grauenvolle Werkatze mit ihren Krallen näher an meinen Hals rückte aber wegen meiner fuchtelnden Bewegungen drückte sie mich fester harte Wand. Ich sah die Krallen ein letztes Mal im Mondlicht aufblitzen, dann bohrten sie sich in meinen Hals und ich verlor die Besinnung. Bis ich wieder zu mir kam und ich mich wieder an die Begegnung mit der Werkatze erinnern konnte, jagte ich bereits über die Dächer dem Vollmond entgegen. Eine schwüle Brise durchfegte meinen Pelz und ich machte mich der Freiheit auf den Weg.