Die Spurensicherung und die Kripo waren fertig. Ein paar von den Leuten sprachen mir noch ihren Respekt aus. Keiner hatte sich vorstellen können, einen Bewaffneten einfach tot zu schlagen. Ich war und bin nicht stolz darauf. Viktor war stark angeschlagen gewesen und wenn es nach mir ginge, hätte ich lieber kein Menschenleben auf dem Gewissen, aber: Selina lebt! Das ist alles was zählt. Und es stimmt: Wenn ich überleben will, muss er vor mir sterben! Alles, was ich zu Selina Freitag Nacht gesagt hatte, hatte gestimmt. Nur hätte ich nie geglaubt, mit welcher Konsequenz sie mir folgte und wie stolz und felsenfest diese Frau hinter mir und meinen Entscheidungen stand. Das Palais leerte sich und nur Selina, ich und unsere treue Maria mit ihrem Georg waren zusammen in der Küche verblieben. "Leute, lasst uns in den Salon geh'n und zusammen frühstücken!" - "Wie zusammen?" fragte Maria. "So wie eine Familie! Maria, was soll ich tragen?" Unsere "Bediensteten" staunten nicht schlecht, als Selina und ich den Tisch decken gingen. "Aber , aber...das ist doch meine Arbeit!" maulte Maria und Georg kratzte sich am Kopf. "Der ist wirklich nicht übel, der neue König..." - "Georg!"
Der Tag hatte ursprünglich harmonisch begonnen, uns zwischenzeitlich das Grauen gelehrt und versprach sich nun wieder zu beruhigen. Das gemeinsame Frühstück war eine gute Idee gewesen. Für Georg und Maria war ich nun sowieso ein Held und meine geliebte Selina, freute sich mit mir auf unsere wiedergewonnene Freiheit. Natürlich stand uns noch viel Arbeit bevor. Aber wir würden das Tempo selbst bestimmen und unser Tagwerk würde etwas Befriedigendes haben. Wir konnten uns leisten, Gutes zu tun, ohne dabei arm zu werden. Mein Konto füllte sich immer wieder aus meinen bisherigen Erfindungen und ein paar Patentreife Entwicklungen lagen noch im Tresor in meinem Labor. Martin Bücker hatte seine Stiftung so angelegt, dass auch seine Tochter bis ans Ende ihrer Tage eine reiche Frau sein würde. Warum also, hätten wir auf Profit pochen sollen. Es gibt genug Bedürftige. Und was wir zu verschenken hatten, war etwas ganz Besonderes.
"Michael, ich möchte dir so gern eine Freude machen! Was hältst du davon, Tommy zu besuchen? Gleich morgen!" - "Ich weiß nicht. Ich möchte schon, aber... Es ist lange her, weißt du? Was wenn er mich nicht mehr kennt?" - "Ach was! Natürlich kennt er dich! Er wird sich bestimmt freuen! Du wirst sehn!" Es wäre schon schön, irgendwann vielleicht sowas wie eine Familie zu haben. Mit gemischten Gefühlen sah ich dem nächsten Tag entgegen.