Roana schritt in Gandars Gemach auf und ab, wie eine gefangene Raubkatze in ihrem Käfig. Wenn es darum geht, spurlos zu verschwinden, ist mein Oheim wirklich unschlagbar, ging es ihr durch den Kopf. Seit Tagen arbeite ich mich nun schon durch seine private Korrespondenz. Und was kann ich vorweisen? Nichts. Weder eine aufschlussreiche Nachricht - noch den kleinsten Hinweis, der mir helfen könnte, das Rätsel zu klären. Süßer Jesus, was soll ich nur tun?
Roana hielt abrupt in ihrer Wanderung inne und warf einen wütenden Blick auf die über den ganzen Boden ausgebreiteten Briefe ihres Oheims. Sie bückte sich wahllos nach einem Stapel Pergamente und hob ihn auf, um ihn ein weiteres Mal durchzusehen. Aber sie wusste schon, bevor sie nur das erste Blatt ansah, dass es sinnlos sein würde. Sie warf den Stapel beiseite und ließ sich erschöpft auf Gandars Lager sinken. Die fruchtlose Suche schien ihre ganze Kraft aufgebraucht zu haben, und sie spürte erst jetzt so richtig, wie sehr sie die Ereignisse der letzten Tage aufgewühlt hatten. Ihr ganzer Körper gab nach, sie fiel vornüber und vergrub ihr Gesicht in den Laken. So lag sie da, schlug nur immer wieder mit der geballten Faust auf das Bettzeug ein, schluchzte und murmelte wirres Zeug. Sie verfluchte Gandar, dem sie Rafaels Anwesenheit verdankte. Sie verfluchte Rafael und seinen Kuss, die unbekannten, aufwühlenden Gefühle, die er in ihr hervorgerufen hatte. Er beherrschte ihre Gedanken mit einer Leichtigkeit, die sie beängstigte. Sie wollte ihn vergessen. Aber es ging nicht. Seine Berührung hatte ein Verlangen in ihr geweckt, das vollkommen neu und so mächtig war, dass es ihre Welt aus den Angeln zu heben drohte. Und es gab absolut nichts, was sie dem entgegenzusetzen vermochte. Ob Gandar wohl ähnlich empfand, wenn er seine geliebte Gwenfrewi ansah?
Bei diesem Gedanken ging ein Ruck durch ihren Körper und sie setzte sich auf. So musste es sein! Wenn Liebe ein ähnliches Durcheinander an Empfindungen hervorrief, Empfindungen, die sich weder steuern noch beeinflussen ließen – dann konnte der Grund für
Gandars Verschwinden nur eine Nachricht von Madonna Gwenfrewi sein! Sie musste sie nur finden und …
Aber im gleichen Moment, in dem sie dies dachte, wusste sie, dass es hoffnungslos war. Nie und nimmer würde Gandar einen Brief Gwenfrewis zurücklassen. Sie sank auf das Bett zurück und weinte still vor sich hin, bis sie den Schmerz nicht mehr ertragen konnte und ihr Weinen in ein völlig trost- und hoffnungsloses Schluchzen überging.
Als sie schließlich einen leisen Ruf hörte, fuhr sie erschrocken hoch. Ihre Augen waren so tränenblind, dass sie anfangs meinte, es sei Omar, der Haushofmeister, der da besorgt auf sie herab blickte. Schon war sie daran, ihn beim Namen zu nennen, ihn anzufahren: »Wie kannst du es wagen, ungebeten hier hereinzukommen, Sarazene?«, da merkte sie erst, dass es gar nicht Omar war, sondern Manfred, ein Ritter aus Gandars Gefolge, der wie sie zum kleinen Kreis der Überlebenden von Navas gehörte.
»Darf ich näherkommen, Herrin?«, fragte der junge Ritter, und als sie stumm nickte, lehnte er seine Krücken an den Bettpfosten und ließ sich umständlich auf dem Bettrand nieder. Langsam, um sie nicht zu erschrecken griff er nach ihrer Hand und drückte sie zart und mitfühlend. »Nicht weinen, Madonna«, murmelte er.
»Warum nicht, Manfred? Sage mir einen Grund warum nicht.«
Er sah sie lange an. Sein Blick war voll Sorge und Trauer.
»Es sieht dir nicht ähnlich, so mutlos zu sein, Herrin. Zu weinen, als gäbe es keinen Hoffnungsstrahl mehr. Du warst es doch, die uns Männer gelehrt hat, niemals aufzugeben. Damals vor Navas. Weißt du noch?«
Sie setzte sich auf. Wandte ihm ihr Gesicht zu und starrte ihn an. Lange. Schließlich flüsterte sie: »Denkst du, so etwas vergisst man? Selbst wenn ich achtzig werden sollte – die schrecklichen Träume wären erst mit meinem letzten Atemzug wirklich vorbei. Vielleicht nicht einmal dann. Vermutlich würden sie mich selbst in der Hölle noch verfolgen … geschähe mir nur recht, wenn ich -«
»Herrin«, unterbrach er sie, »du darfst dich nicht so -«
»–quälen? Doch Manfred, ich muss. Nur so kann ich das Böse in mir austreiben. Und jetzt sage mir: Was hältst du von Dom Gandars und Ahmads Abwesenheit? Mache ich mir umsonst Sorgen?«
Er blickte sie forschend an. »Ich fürchte nicht. Dom Gandar hat seit mehr als einem Jahr seine Ländereien nicht mehr verlassen. Weder hat er seine üblichen Reisen unternommen, noch ist er den beharrlichen Einladungen des Königs an den Hof nach Apulien gefolgt. Für mich sieht das nicht so aus, als hätte er vorgehabt, an seiner selbst gewählten Einsiedelei etwas zu ändern.«
»Trotzdem hat er es getan«, sagte Roana.»Und es gefällt mir nicht,
dass weder Zippora noch Omar sich sonderlich Gedanken darüber machen, was geschehen sein könnte …«
»Nun, Gandar ist ein Herzog und der Herr von Rodéna«, erwiderte Manfred sanft. »Er kann tun und lassen, was er will.«
»Diesbezüglich teile ich Deine Ansicht, Manfred. Weitgehend. Aber du musst zugeben, dass die Dinge bei Dom Gandar ein wenig anders liegen. Darum mache ich mir so schreckliche Sorgen. Ohne Madonna Gwenfrewis Hilfe hätte er nach seiner Rettung aus Navas wahrscheinlich den Verstand verloren. Seitdem leidet er – am Leben. An der schrecklichen Last sich jeden Morgen von seinem Lager erheben, und einen neuen Tag in Angriff nehmen zu müssen. Und das reime ich mir nicht einfach nur zusammen. Das ist eine Tatsache. Das weißt du so gut wie ich.«
Manfred lächelte traurig.
»Gandar ist krank an Herz und Seele«, fuhr Roana fort. »Er gleicht einer zu stark beanspruchten Schwertklinge, die jederzeit brechen kann. Ich frage mich ohnehin, wie er dieses Leben aushält. Ich denke, das erfordert einen eisernen Willen, der schon heroische Ausmaße haben muss.
»Madonna-«, setzte Manfred an.
»Du glaubst mir nicht?«
»Doch, Herrin. Um bei der Wahrheit zu bleiben: Ich rechne schon seit längerer Zeit damit, dass Dom Gandar etwas – hm … plant.«
Sie sah ihn an. »Hat sein Verschwinden mit Madonna Gwenfrewi zu tun?«
»Ich glaube da liegst du falsch, Herrin«, sagte Manfred stockend.
»Oh nein, Manfred, das tue ich nicht. Du hast nie miterlebt, wie Dom Gandar reagiert hat, sobald ein Brief von Madonna Gwenfrewi ankam. Dieser schrecklich gequälte und doch so gierige Blick – wie ein Sterbender auf das Essen und Trinken blickt, das sein Leben retten könnte, wenn er nur in der Lage wäre, es bei sich zu behalten … ich dachte, dass …«
»Madonna Gwenfrewi ist vor Gott und den Menschen Graf Richards Gemahlin«, sagte Manfred. »Zwischen ihr und Herzog Gandar darf nichts sein, Roana, das begreifst du doch, nicht wahr?«
Sie schüttelte den Kopf. »Die Liebe zwischen Gandar und Gwenfrewi ist für immer, Manfred. Sie wurde in der Hölle von Navas geprüft und gehärtet. Sie hört nicht einfach auf.«
Manfred sah sie an. Lange Zeit. Sehr lange Zeit. Als er endlich sprach, klang seine Stimme tief und traurig.
»Madonna Gwenfrewi möchte ihr Sakrament ehren, Roana. Und gerade weil Dom Gandar sie liebt, hat er geschworen, diesen Wunsch zu respektieren. Die beiden sind übereingekommen, sich in diesem Leben nicht mehr zu sehen.«
»Ich glaube dir nicht«, sagte sie in nüchternen Ton. »Ich hätte nämlich lange davon erfahren, wenn es der Fall wäre. Also hör auf, mich
mit diesem Unsinn zu quälen.«
»Es ist kein Unsinn«, sagte Manfred. »Diese Vereinbarung wurde bei Dom Gandars letzten Besuch in Germanien getroffen. Deshalb hat Madonna Gwenfrewi mich auch aus ihren Diensten entlassen. Sie konnte niemanden mehr um sich haben, der sie an Gandar erinnert.«
»Er hat mir nichts davon gesagt!«, entgegnete Roana zornig. »Ich bin – wieder einmal – das dumme Mädchen, dem man nichts zu erzählen braucht.« Sie senkte den Kopf und ließ ihr hüftlanges Haar nach vorne fallen, bis es ihr Gesicht vollständig bedeckte.
»Warum?«, flüsterte sie. »Oh Gott, warum?«
Manfred antwortete nicht, aber als sie den Kopf wieder hob, konnte sie seine Augen sehen. Sie verrieten Unsicherheit und machten auch sie unsicher.
»Manfred«, murmelte sie mit heiserer Stimme, »was glaubst du, was zwischen den beiden passiert ist? Es muss doch eine Erklärung dafür geben, warum sie das getan haben …«
»Der Einzige, der dir da vielleicht helfen könnte, ist Rafael«, sagte Manfred. »Er war damals Gandars Knappe. Ich an deiner Stelle würde mich bemühen, mit ihm zu reden. Ich rate dir allerdings dringend, diesmal deine Messer nicht mitzunehmen. Vor allem nicht dieses grässlich scharf geschliffene Ding, das du für gewöhnlich in deinem Ärmel trägst.«
»Na schön. Ich werde versuchen, mit ihm zu sprechen. Vielleicht. Er ist ein Mann mit vielen Gesichtern. Ich traue ihm nicht.«
»Nun, der Herzog vertraut ihm. Aus ganzer Seele. Aber wenn ich ehrlich bin, es hat Momente gegeben, da ich mich gefragt habe, ob ich – ob es klug wäre-«
»Das wäre es nicht«, sagte sie in nüchternem Ton. »Mein Oheim kann zuweilen ein schrecklich weichherziger Narr sein.«
Manfred gab einen unwilligen Laut von sich. »Urteile nicht vorschnell, Herrin. Rede mit Rafael und höre dir an, was er zu sagen hat. Vielleicht siehst du danach klarer. So langsam ist es nämlich nicht mehr zum Aushalten mit dir. Man kann wohl verlangen-«
»Schon gut, Manfred, schon gut. Ich werde mit Rafael reden. Es gibt ohnehin ein paar Dinge, die wir klären müssen.«
Es gab diese Dinge wirklich, aber sie waren wahrscheinlich anderer Natur als die, von denen Manfred gesprochen hatte. Rafaels Anmaßung zum Beispiel, sämtliche Freiheiten, die ihr unter Gandars Führung zugebilligt worden waren, zu widerrufen. Eine Tatsache, die sie keineswegs hinnehmen würde. Doch das sagte sie Manfred besser nicht.
Aber selbst nachdem Roana den Entschluss gefasst hatte, mit Rafael zu reden, fühlte sie sich weder beruhigt noch erleichtert. Im Gegenteil. Es gab zu viele Dinge, die keinen Sinn ergaben, zu viele Fragen, auf die sie vielleicht niemals eine Antwort bekommen würde. Und Rafael selbst machte es ihr auch nicht einfacher. Sie wusste, dass er längst wieder aufstand und sogar schon ritt. Wenn auch noch nicht seinen eigenen temperamentvollen Hengst, so doch immerhin ein Pferd. Das war aber auch schon alles, was sie herausbekam. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass er ihr ganz bewusst aus dem Weg ging. Und das Gandars gesamter Haushalt ihm dabei half.
Soll mir recht sein, dachte sie, während ein grimmiges Lächeln um ihre Lippen spielte. Das hält ihn immerhin davon ab, sich in meine Angelegenheiten zu mischen.
An diesem Morgen war der Bote zurückgekehrt mit den Dingen, die sie, angeblich für die Reise nach Morra, von ihrem eigenen Gut angefordert hatte. Sie verwahrte in ihrem Gemach nun ein ansehnliches Arsenal an Waffen, Männerkleidung und genügend Münzen, um einige Wochen damit auszukommen.
Und was das Wichtigste war: Der Bote hatte zwei Pferde aus ihrem Besitz für sie mitgebracht und in einem Meierhof nur einen kurzen Fußmarsch von Rodéna entfernt untergestellt.
Blieb nur noch die Frage zu klären, wer sie begleiten sollte – nachdem sie sich zähneknirschend eingestanden hatte, dass sie eine Suche, die sie in Gott weiß, welche Gegenden führen mochte, nicht ohne männliche Hilfe durchführen konnte. Manfred wäre ihre erste Wahl gewesen, aber obwohl seine Genesung rasche Fortschritte machte, war er doch für eine anstrengende Reise noch nicht kräftig genug. Einen Herzschlag lang zog sie sogar Ahmads jüngeren Bruder Amaro in Betracht, verwarf diesen Gedanken aber sogleich wieder. Amaro befehligte Gandars Wachsoldaten und würde diesen Posten unter keinen Umständen verlassen. Wen also sollte sie fragen?
Im Grunde ist die Antwort ganz einfach, überlegte Roana. Es müssen Männer sein, die die Hölle von Navas mitgemacht haben. Julian von Ora. Lauris von Segeste. Wer sonst würde mir glauben, wenn ich behaupte, mein Oheim sei im Begriff etwas ganz und gar Unüberlegtes zu tun?
Zorn kochte in ihr hoch. Vielleicht würden nicht einmal diese beiden sie ernst nehmen. Die Bewohner von Rodéna schienen übereingekommen zu sein, sie zu ignorieren, solange Herzog Gandar nicht da war und ihnen etwas anderes befahl.
Wie sie diesen Zustand hasste! Sie musste Gandar einfach finden, um dem Status der ungeliebten Verwandten zu entkommen.
Sie rief eine Dienerin herbei und trug ihr auf, den Haushofmeister Omar zu ihr in den Innenhof zu schicken.
Während sie wartete, wanderte sie unruhig auf und ab. Schlurfende Schritte kündigten Omars Herannahen an. Roana ließ sich eilig auf dem Diwan nieder und nahm eine würdevolle Haltung ein.
»Du hast mich rufen lassen, Herrin?«, sagte Zipporas Gemahl wenig später. Er sprach Latein, aber Roana wusste, dass er die ungeliebte Sprache nur benutzte, um gebildeter zu erscheinen.
»Einen schönen guten Tag-«, setzte sie an und ließ ein paar Augenblicke verstreichen, bevor sie Messér Omar anfügte. Sie tat dies mit Absicht, denn zu den Dingen, die sie von Omar wusste, gehörte auch, dass man am besten mit ihm zurechtkam, wenn man ihm den Status eines Mannes von edler Abkunft zusprach.
»Guten Tag«, erwiderte Omar. »Was ist es diesmal, Herrin? Wieder Schwierigkeiten mit Herrn Peire? Ich verstehe es einfach nicht. Bei der Mühe, die er sich gibt, dir aus dem Weg zu gehen …«
Roana presste die Lippen aufeinander. Zorn und brennende Scham drohten sie aus der Fassung zu bringen. Sie war es nicht gewohnt, sich demütigen lassen zu müssen.
»Ich habe einen Auftrag für dich«, erklärte sie knapp, »von dem ich erwarte, dass er umgehend ausgeführt wird.«
Sie unterbrach sich und blickte Omar streng an. »Und ich wünsche, dass dieses Gespräch unter uns bleibt.«
»Du weißt, Herrin«, sagte Omar, indem er sich würdevoll emporrichtete, »dass du dich auf meine Verschwiegenheit verlassen kannst.«
»Ja«, gab Roana widerstrebend zu, »das kann ich wohl. Also schön. Um es kurz zu machen: Es handelt sich um dringende Nachrichten an die Herren Julian von Ora und Lauris von Segeste. Ich habe zwei Briefe geschrieben, die umgehend zugestellt werden müssen. Kannst du das für mich in die Wege leiten?«
»Ich fürchte nein, Herrin.«
»Und warum nicht, wenn ich fragen darf?«
»Herrin, es dürfte nahezu unmöglich sein, Dom Julian im Augenblick zu erreichen. Er befindet sich auf See - auf dem Weg nach Afrika …«
»Süßer Jesus! Wozu denn das?«
»Der Herzog hat von einer noch nie gesehenen Vogelart erfahren, die er für meine Gemahlin zu erwerben wünscht. Du weißt ja selbst, Herrin, wie lange sich so etwas hinziehen kann.«
»Und Dom Lauris?«, fragte sie misstrauisch. »Ist der auch – auf Reisen?«
»Leider ja, Herrin.«
»Ich hoffe, mein Herr Oheim hat ihn wenigstens nicht ans Ende der Welt geschickt …«
»Dom Lauris ist auf dem Weg nach Segeste, zur Burg seines Vaters.«
»Was dem Ende der Welt ziemlich nahe kommt«, murmelte sie und dachte dabei: Bei allen Heiligen, lieber Oheim du hast deinen Abgang wirklich gründlich vorbereitet. Hast mit fadenscheinigen Aufträgen die Männer aus Rodéna entfernt, die dich gut genug kennen, um Verdacht zu schöpfen. Wolltest mich abschieben, indem du mich von Rafael nach Morra eskortieren lässt … Aber hier geht deine Rechnung nicht auf, geliebter Oheim. Weil ich mich wie ein Bluthund auf deine Spur setzen und nicht eher ruhen werde, bis ich weiß, was du vorhast …
Roana saß still da – eine lange Zeit. Schließlich entließ sie Omar, der nicht so recht zu wissen schien, was er von der ganzen Sache halten sollte.
Roana ging zum Essen und begab sich danach in ihr Gemach. Ihre Kammerzofe schickte sie fort, sie sei unpässlich und wünsche, vor dem nächsten Mittag nicht mehr behelligt zu werden.
Sobald sie allein war, begann sie ernsthaft darüber nachzudenken, wie sie unbemerkt aus Rodéna verschwinden konnte. Sie ging an die Sache heran, als gälte es, ein strategisches Problem zu lösen. In der nächsten Stunde füllte sie mehrere Reisetruhen mit Gewändern, Pelzen, Daunenkissen, Schleiern und Hauben. Rafael würde ganz und gar nicht erbaut sein, wenn er den Umfang ihres `Frauengepäcks´ sah. Sicher hält er mich dann für vollkommen übergeschnappt. Aber das macht nichts, dachte sie, solange es ihn nur von meinen wahren Absichten ablenkt …
Sie holte ihre Satteltaschen unter dem Bett hervor und begann zu packen: Verbandsmaterial, Nähzeug, Kleidungstücke zum Wechseln, Münzen, ein Säckchen mit Kräutern zur Zahnpflege, eine Bettrolle..
Das war schnell erledigt. Schließlich benötigte ein erfahrener Reisender sehr wenig. Noch während der gleichen Nacht schaffte sie die Satteltaschen und ihre Waffen in den Vorratskeller der Villa.