Daniel erwachte früh am Samstag durch den Trubel, der auf dem Hof herrschte. Da er mit offenem Fenster geschlafen hatte und sein Zimmer nach hinten rausging, hatte er das Gefühl, die Leute, die draußen laut miteinander sprachen, würden direkt in seinem Bett sitzen.
Murrend rieb er sich die Augen. Es war gerade einmal halb Neun und er hätte sehr gern mindestens bis Zehn geschlafen, da er am Abend zuvor lange gelernt hatte. In der nächsten Woche stand die letzte Klausur für dieses Schuljahr an, Mathematik-Leistungskurs, und Friedrich erwartete wie immer nicht weniger als eine Eins von seinem Sohn.
Daniel stand auf und lehnte sich aus dem Fenster.
Offenbar war der Lieferant, der die Getränke für das Sommerfest liefern sollte, nicht wie besprochen direkt zum Festplatz, dem örtlichen Jugendclub, gefahren, sondern stand nun bei den Heinemanns vor dem Haus und forderte, dass man ihm die Ware abnahm.
Der Jugendliche schüttelte den Kopf und fuhr sich gähnend durch die Haare. Das hatte sein Vater nun davon, dass er das mit den Getränken nicht dem Gastwirt Rosenthal überlassen hatte. Der war schließlich der Kneipenbesitzer in Lengwede und kam auch viel günstiger an diese Dinge. Aber nein, Friedrich wollte einmal mehr alles allein machen und den ganzen Ruhm dafür einstreichen.
Als hätte es nicht gereicht, einen Ochsen zu ordern statt des üblichen Spanferkels für das Festgelage! Und dazu all das andere Essen, das von der Bäckerei Pfeiffer im Ort gesponsort worden war - Brot, Kuchen, Snacks. Der Handarbeitsverein der Seniorinnen hatte ebenfalls etwas für die Tafel zugesichert, was sicher mindestens ein Dutzend verschiedene Salate und noch mehr Kuchen bedeuten würde. Ein Cateringservice brachte außerdem Gemüse, Beilagen, Schnitzel und solche Sachen.
Daniel sah es schon jetzt kommen, dass mindestens die Hälfte davon im Müll landen würde. Oder man würde, wie im vergangenen Jahr, jedem Dorfbewohner auferlegen, etwas von der Tafel einzupacken und mit nach Hause zu nehmen.
Das einzige, was immer alle wurde, war Rosenthals Freibier und sämtliche Vorräte an Alkohol. Und wenn die Lengweder dann, unter Einfluss geistiger Getränke, zu der 90er Jahre-Schlagermix-Tanzmusik des gebuchten DJs abfeierten, wurde reichlich gekotzt. Dahin all das schöne Essen. Aber am nächsten Morgen wollte keiner sich daneben benommen haben.
Der Jugendliche hoffte, sein Vater würde ihn nicht einspannen, um für das Fest alles vorzubereiten. Das sollte erst gegen siebzehn Uhr beginnen und ging meist bis drei Uhr morgens, wenn die letzten Feierwütigen nach Hause wankten.
Und bis dahin war noch einiges zu erledigen - den Festpavillon aufstellen, Bänke und Tische rein, das Buffetzelt aufbauen und alles hineinschaffen, Getränke heranschaffen, verstauen und kühlen, der Ochse musste fertig gegart werden, das bestellte Karussell und die überteuerten Glücksspielwagen mussten ihre Plätze zugewiesen bekommen, der Tanzboden aufgebaut werden, Rosenthal kam mit seinem Bierwagen.
Daniel hatte nicht im Geringsten Lust, dabei mitzuhelfen. Sein Vater meinte zwar immer, sie wären etwas Besseres, weil sie Heinemann hießen, aber deswegen ließ er seinen Sohn schon gern ranklotzen, wenn er damit ein paar Euro sparen konnte. Der Dunkelhaarige wollte aber eigentlich gar nicht dort hingehen. Er hatte keine Lust auf das Schaulaufen, was sein Vater veranstaltete, indem er sich demonstrativ an einen der guten Tische setzte, flankiert von Sohn und Gattin, als wäre er ein verdammter König oder so.
Es war kein Wunder, dass die meisten anderen Jugendlichen in Lengwede ihn, Daniel, und seine Clique für überkandidelt hielten. Es wurde denen von ihren Eltern ja förmlich aufs Brot geschmiert. Christopher, Monique und Kathrin mochten es, zu den beliebten, alteingesessenen und wohlhabenderen Lengweder Familien zu gehören, zur Dorfprominenz. Aber Daniel hasste es, dass man ihn den Dorfprinzen nannte, er wollte nicht so gesehen werden, er war nur ein ganz normaler Typ, der richtige Freunde haben wollte. Kein Image.
Angefressen darüber, dass er so früh aus dem Bett geholt worden war, trabte er in sein Bad und stieg unter die heiße Dusche.
Seine Gedanken wanderten zu Marius und er musste unwillkürlich grinsen. Der würde bestimmt auf das Fest gehen. Allein schon deswegen, weil das Essen immer gut war und Marius zu der Sorte Mann gehörte, der rund um die Uhr essen könnte. Bei seinem Stoffwechsel und seiner Fitness verpuffte jeder Happen wie ein Tropfen auf einem heißen Stein.
Und Daniel würde sich selbst belügen, wenn er sich einredete, dass er ihn nicht gern sehen wollte. Nach der Standpauke seines Vaters am Donnerstagabend wäre es denkbar gewesen, dass das nicht der Fall war, doch stattdessen keimte auch in Daniel ein wenig der Widerstand, wie er das in Marius tat, der alles daran setzte, nicht so zu werden wie sein Vater und sich seinen freien Willen immer wieder beweisen musste.
Tatsächlich spürte auch Daniel zum ersten Mal den Wunsch in sich, gegen seinen alten Herrn zu rebellieren - etwas, das er noch nie zuvor getan hatte. Denn eigentlich wollte er doch, dass Friedrich stolz auf ihn war.
Doch der Jugendliche wollte nicht, dass sein Vater ihm diktierte, wen er sehen und wen er mögen durfte. Inzwischen war Daniel kein kleines Kind mehr, sondern auf der Schwelle zum Mann und wollte seine Entscheidungen selbst treffen.
Er wusste nicht gnau, was ihn in die Nähe von Marius trieb. Damals war es der Wunsch gewesen, sein Freund zu sein und an den Abenteuern teilzuhaben, die er und seine Freunde erlebten. Doch sie waren keine Kinder mehr und dieser Drang, mit ihm zusammen zu sein, ging inzwischen weit über das hinaus, was er damals empfunden hatte.
Heute war es mehr das Gefühl einer inneren Unruhe, die nur verblasste, wenn sie einander sehen konnten. Daniel hatte so etwas noch nie erlebt und verstand es nicht. Das Herzklopfen und das wohlige Kribbeln waren doch eher Indizien für etwas, das über eine Jungenfreundschaft hinausging und der Jugendliche wusste nicht, ob er damit zurecht kommen würde.
Er wusste nur, dass es ohne nicht ging.
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»Jetzt beweg’ dich halt, Mann.« Ralf nörgelte und tappte mit dem Fuß auf den Teppich von Marius’ Zimmer, während der noch immer in seinem Kleiderschrank nach einem Oberteil kramte. Er hatte die verwaschene, hellblaue Jeans locker auf der Hüfte zu sitzen, die einen Teil seiner Unterhose herauslugen ließ.
»Seit wann machst du so einen Aufriss um deine Klamotten? Willst du wen beeindrucken?«
Marius schnaubte zur Antwort. »Neee. Ich will aber ordentlich aussehen. Das ist ein Unterschied ... Mann, hier ...« Knurrend zog er ein blütenweißes Unterhemd hervor und sich über den Kopf.
»Niemand sieht ordentlich aus in einer so zerfledderten Jeans, du Möchtegern-Rapper.« Ralf grinste und sein Freund hob den Kopf, um die Augenbraue hochzuziehen.
»Ich und ein Rapper? Eher friert die Hölle zu. Lass meine Klamotten, Mann«, Marius grinste und frischte sein Deo auf.
»Soll ich dir vielleicht noch die Haare machen, Prinzessin? Oder können wir dann? Die anderen warten draußen.«
Marius verstand, dass Ralf ihn aufzog. Er machte schließlich sonst wirklich keinen großen Aufwand, sondern zog an, was ihm als erstes in die Hände fiel, wenn er den Schrank öffnete. Immerhin mochte er alle seine Klamotten und suchte nie lange nach einem bestimmten Teil. Dass er diesmal sogar seinen Kumpel hatte warten lassen, weil er drei verschiedene Oberteile an- und wieder ausgezogen hatte, bevor er sich entschieden hatte, war noch nie vorgekommen.
»Nein, aber du siehst so aus, als könntest du einen Friseur gebrauchen, Tinkerbell. Wie Fotze früh um fünf«, Marius lachte los und schlüpfte in seine weißen Sneakers.
»Wer macht jetzt wen schlecht?« Ralf kicherte. Er stand darauf, seine Haare so zu frisieren, dass sie unfrisiert und sehr unordentlich aussahen.
»Du meine Hose, ich deine Haare. Alles paletti.«
Der dunkelblonde Jugendliche schob sich sein Portemonnaie in die Gesäßtasche und befestigte die Kette an der Gürtelschlaufe. Das Essen ging zwar auf Lengwede, aber für die Getränke - außer das Freibier - war ein kleiner Preis zu entrichten. Und Marius würde sich nicht darauf verlassen, dass sein Alter ihm etwas Kleingeld dafür gab.
Mit dem Schlüssel in der Hand wartete er schließlich auf Ralf, der durch eine Zeitschrift geblättert hatte, um sich die Wartezeit zu vertreiben, und nun damit nicht fertig wurde.
»Alter!«
»Ja doch. Mann ... ich wusste nicht, dass du immer noch die Bravo liest.«
»Manchmal schon. Was soll’s?«
»Ich hab die wegen der Nacktseiten gekauft«, Ralf grinste und wirkte kein bisschen schuldbewusst.
»Klar, ein Pornoheft hätte dir auch keiner verkauft. Du bist eine Sau.«
»Irgendwie muss man sich ja Erleichterung verschaffen ...«
»Und da reichen dir die harmlosen Tittenbilder in der Bravo? Hast du denn keine Fantasie?«
»Was brauchst du denn noch mehr als ein paar Brüste?«
Marius ging voran und sprang die Stufen runter. »Ich wichse nicht auf Bildchen in einer Zeitschrift. Und schon gar nicht auf Poster von Britney Spears, wie du damals.« Er lachte und Ralf lief rot an.
»Mann, ich war dreizehn und fand die total scharf, okay?«
»Natürlich ...«, gluckste Marius. Sein bester Kumpel war regelrecht vernarrt in diese Sängerin gewesen und hatte sein gesamtes Zimmer mit Postern tapeziert. Selbst heute noch hatte er eines an seiner Zimmertür.
Karsten, Dennis, Jessica und Franziska warteten tatsächlich draußen auf der Straße, die Fahrräder standen am Rand. Sie hatten sich auf den Bürgersteig in den Schatten gesetzt, da die Sonne erbarmungslos auf sie hinunterbrannte. Dafür, dass es bereits in den Abend überging, war es ziemlich warm und der schwere Duft von Raps und Sommerblumen wurde von dem leichten Wind über den ganzen Ort getragen.
»Da seid ihr ja endlich. Hat Marius dir drinnen noch ein paar seiner tollen neuen Tricks gezeigt oder warum hat das so lange gedauert?«, schnarrte Franziska zu Ralf, ihre extrem helle Haut war gerötet und glänzte leicht.
»Das wird nicht verraten, Süße«, grinste der Jugendliche. Er hatte beschlossen, Marius gegen die dummen Kommentare des Mädchens zu unterstützen und nicht mehr dagegen zu reden. Wenn Franzi unbedingt glauben wollte, dass sein Kumpel ein Homo war, konnte Ralf dieses Spiel auch mitspielen. Das würde ihr mehr den Wind aus den Segeln nehmen als Protest.
»Ich wette, du hättest gern dabei zugesehen, wie ich mich angezogen habe«, antwortete Marius trocken und lehnte sich auf sein Rad.
Franziska lief unter ihrer vor Wärme geröteten Haut noch dunkler an und schnaubte, während die anderen kicherten.
»Wollen wir dann? Ich hab gehört, dieses Jahr haben sie einen Ochsen aufgebaut, kein Schwein. Ich hab noch nie Rind vom Spieß gegessen und würde gern noch etwas abbekommen.«
Marius hatte das Mittagessen etwas bescheidener ausfallen lassen, damit er auf dem Fest ordentlich essen konnte. Es war ohnehin beinahe Abendbrotzeit, das ganze Dorf würde da sein. Selbst Heinrich, der sich mit Egon, seinem einzigen Kumpel im Ort, vorab in der Kneipe getroffen hatte, würde irgendwann dort aufschlagen. Mit seiner Frau dort hinzugehen, wie alle anderen das taten, kam ihm allerdings nicht in den Sinn. Angelika würde mit Hannelore gehen.
Die Jugendlichen radelten die Straße zum Schlamau hoch, an der entlang Dutzende Autos geparkt worden waren. Es gab sie überall, die Leute, die für jeden kleinen Weg den Wagen nahmen, selbst wenn sie hinterher zu betrunken waren, um ihn zu benutzen und doch nach Hause laufen mussten. Allerdings waren auch viele von außerhalb gekommen, aus den umliegenden Ortschaften.
Das Sommerfest in Lengwede war keine exklusive Veranstaltung nur für Anwohner. Gäste waren gern gesehen, denn die brachten etwas Geld ein, das sie an den Glücksspielbuden, dem Karussell und dem Basar ließen, an dem man Trödel, Kuchen und Handarbeiten erwerben konnte. Das Buffet war für jeden Besucher kostenfrei zugänglich, doch alles außer dem mengenmäßig natürlich begrenzten Freibier kostete Geld, was aufgrund der Hitze und der Trunklust der Gäste am Ende immer einen guten Gewinn erzielte.
»Boah, ist das schon voll, schaut euch das mal an«, rief Marius gegen den Fahrtwind an und die Jugendlichen lenkten auf den Platz ein, auf dem sich schon mehrere Dutzend Menschen, die meisten Lengweder, tummelten.
Bereits jetzt dudelte Schlagerpartymix aus einigen Boxen, der Festpavillon war gut gefüllt und Lachen erfüllte die Szenerie. Bunte Wimpelgirlanden und Lichterketten, deren Glanz man wegen der Sonne noch nicht sehen konnte, schmückten den Platz, ebenso etliche Kübel mit Pflanzen und freistehende Bänke und Stehtische. Der Tanzboden vor dem Pavillon war bereits jetzt von einigen Rentnern bevölkert. Besucher von außerhalb ließen ihre Kinder mit dem Kettenkarussel fahren, das mitten auf dem Platz aufgebaut worden war und Rosenthals Bierwagen, der ferrarirot leuchtete, war bereits umzingelt von den örtlichen Zechbrüdern, die sonst ihre Abende in der Kneipe verbrachten. Marius konnte auch seinen Vater unter diesen erkennen und verzog genervt das Gesicht.
Das war mal wieder typisch.
»Stellen wir die Räder lieber hinten auf dem Spielfeld ab, da ist nichts aufgebaut. Und dann ran an das Futter. Hmmm, riecht ihr das?« Karsten hielt die Nase in die Luft und die anderen taten es ihm nach. Es stimmte, der Duft von frischem Brot und gebratenem Fleisch schwebte im leichten Wind über dem Platz und ließ ihre Mägen knurren.
Nach einem Blick in den Pavillon beschloss die Clique, lieber draußen auf der Terrasse des Jugendclubs zu bleiben und sich da auf die kühlen Fliesen zu setzen. Das Festzelt war zwar mit bequemen Bänken und Tischen eingerichtet worden, aber diese waren beinahe alle belegt, es war eng, laut und ziemlich heiß, weil die Luft unter der schneeweißen Plane nicht wirklich zirkulieren konnte.
Franziska, die eh bereits zu glühen schien, weil die Sonne ihre blasse Haut verbrannte, hatte sich kategorisch geweigert, auch nur einen weiteren Schritt da hineinzugehen und Marius musste ihr zustimmen. Sie alle wären binnen zehn Minuten klatschnass geschwitzt und das war wirklich nicht cool.
Stattdessen packten sie sich im Buffetzelt die Teller voll und ließen sich draußen von einem Mitarbeiter der Fleischerei, die den Ochsen geliefert hatte, einige Stücke davon geben.
Zufrieden mit ihrer Beute und hungrig hockten sie sich auf die Terrasse in den Schatten, aßen und beobachteten die Erwachsenen, die in Grüppchen beieinander standen, sich über ihre Arbeit unterhielten, über die Kinder, das Wetter, kranke Verwandte, dieses wunderbare Dorffest ...
Marius grinste vor sich hin. Alles, was er sah, war ein riesiges Gelage, das in einer Sauf- und Tanzorgie enden würde, bei der etliche der ach so korrekten Lengweder am Ende in irgendeinem Busch liegen und kotzen würden. Oder einfach einpennen.
Der Jugendliche hatte von so manchem der Leute hier bereits unfreiwillig mehr zu sehen bekommen, als ihm lieb war, wenn er beim Herumwandern jemanden mit heruntergelassenen Hosen beim Pinkeln erwischt hatte. Oder Leute beim Rummachen, von denen er wusste, dass beide mit jeweils einer anderen Person verheiratet waren. Man erfuhr bei solchen Anlässen mehr über seine Mitmenschen, als man manchmal ertragen konnte.
Doch am peinlichsten war ihm immer sein eigener Vater, der gern mal laut wurde, wenn Rosenthal, der Wirt, ihm erklärte, dass er ihm kein Bier mehr ausschenken würde, sondern dass er, Heinrich, lieber nach Hause gehen sollte. Der fing dann nicht selten zu pöbeln an und entbrannte in Streit mit einem der Männer, mit denen er normalerweise zusammen soff.
Es war ein Trauerspiel.
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Der Tag ging langsam in den Abend über, die grelle Sonne verschwand irgendwann und glücklicherweise mit ihr die Hitze. Es wurde mild und angenehm und während die Mädchen sich den Spaß gönnten, eine Runde auf dem Karussell zu fahren, konnten Marius und Ralf den alten Rosenthal überreden, ihnen allen ein Bier zu geben.
Schließlich waren sie alle bereits über sechzehn, sie durften es, egal ob ihre Eltern das erlauben würden oder nicht.
Zufrieden damit standen die Jungen schließlich am Bierwagen, etwas abseits und beobachteten die Mädchen. Franziska, die ein Kleid angezogen hatte, konnte die Fahrt auf dem Karussell irgendwie nicht wirklich genießen, da der leichte Stoff immer wieder unter ihren Beinen hervorrutschte und hochwehte.
Die Jungs um Marius amüsierten sich über diese Tatsache, doch der Jugendliche wusste, dass sie es in Wahrheit geil fanden, dass ihr das passierte. So hatten sie die Möglichkeit, ihr einige Minuten ungeniert auf das Höschen zu starren, ohne dafür verurteilt oder gerügt werden zu können. Schließlich hatten sie ja keine andere Wahl gehabt, nicht?
Marius hingegen hielt verstohlen Ausschau nach Daniel. Er hatte ihn vorhin kurz im Pavillon erspäht, als er bei seinem Vater gesessen und gegessen hatte. Sie hatten einander nicht angesehen. Seitdem hatte der dunkelblonde Jugendliche den Bürgermeistersohn aber nicht wieder gesehen. Vermutlich hockte er noch immer in dem stickigen Zelt, weil sein Vater einen auf First Family machen wollte.
Doch plötzlich erspähte Marius Daniel auf dem Tanzboden, der sich mit zunehmender Dunkelheit und steigendem Alkoholpegel gefüllt hatte. Die Lichter der Dekoration begannen inzwischen zu wirken und der Platz wirkte viel gemütlicher, aber auch romantischer.
Ein Nagen, das ihn schmerzte, wühlte im Magen des Jugendlichen, als er den Dunkelhaarigen zusammen mit Monique tanzen sah. Sie strahlte ihn an wie ein verliebtes Mädchen und Marius hätte am liebsten gekotzt. Was hatte er sich auch vorgemacht?
»Ich geh mal kurz pissen«, murmelte er und drückte Ralf sein Bierglas in die Hand.