»Ich bin nervös wie beim ersten Mal«, murmelte Daniel und lachte unsicher, während er Marius dabei zusah, wie dieser sein Hemd aufknöpfte.
»Kam mir damals nicht so vor«, flüsterte der Dunkelblonde und streifte den angenehm rauen Stoff von den Schultern des Anderen.
»Ach nicht? Ich hab es keine zwei Minuten ausgehalten.«
»War ich denn besser?«, kicherte Marius und strich mit den Fingerspitzen über Daniels Brust.
Der Dunkelhaarige schluckte und spürte, wie sich die Muskulatur in seinem Bauch zusammenzog, als er die Lippen zusammenpresste und dann lächelte. »Etwas Gutes hat es also, dass so viel Zeit vergangen ist. Wir haben beide dazu gelernt.«
»Das stimmt. Ich verspreche aber nicht, dass es keine Missgeschicke gibt. Ich bin ... auch ein bisschen nervös.«
»Nach vorhin?«
»Ganz was anderes«, kicherte der Dunkelblonde. »Das war ... ich weiß nicht. Affekt? Ich will mich gar nicht rausreden ...«
»Dann tu’s nicht«, murmelte Daniel rau und neigte den Kopf nach vorn, um Marius zu küssen.
»Du hast Recht«, nuschelte dieser und legte ihm die Arme um die Brust, bevor er sie beide der Länge nach auf die Matratze fallen ließ.
»Du hast mich gekratzt vorhin«, murmelte Marius mit geschlossenen Augen, als Daniel seinen Mund wieder freigab und sich seinem Hals zuwendete.
»Ja? Hast du vermutlich verdient.«
Der Dunkelblonde wollte etwas sagen, verschluckte sich aber fast, als der Andere an seinem Kinn entlang mit kleinen saugenden Küssen weiter nach unten wanderte und seine Hand über Marius’ Bauch streicheln ließ. Er zuckte zusammen und schnaufte, was Daniel mit einem leisen Lachen beantwortete.
»Gott, zieh’ das aus«, knurrte der Dunkelblonde und zog am Hemd des Anderen. Es war zwar über den Rücken gerutscht, doch Daniel steckte noch drin.
»Du bist immer noch so ungeduldig«, lachte dieser und entledigte sich des Stoffs. Unbeachtet warf er es hinter sich, während Marius nickte.
»So ein Toilettenquickie ist eins. Etwas anderes, jeden Zentimeter Haut zu spüren. Und weniger als das will ich nicht.« Er langte nach vorn und ergriff Daniels Gürtel, um ihn wieder zu sich runter zu ziehen. Der Stoff der Hose rieb angenehm an Marius’ nackten Schenkeln, Gänsehaut glitt über seine Haut und er seufzte, als er sich gegen Daniel presste.
Der Dunkelhaarige saugte sich am Hals des Anderen fest und ließ seine Finger wandern. Ganz unbewusst bewegte und rieb er sich an ihm und als Marius keuchte, hob Daniel überrascht den Kopf.
»Du machst ... es immer noch.«
»Was?«
»Das Becken bewegen ...«, der Dunkelblonde grinste.
»Oh ... und ...«, Daniel lachte, »Ich hab den nächsten Schaden verursacht.«
Marius presste die Lippen zusammen und schnaufte. Er war längst hart und spürte, wie die Erregung an seinem Körper riss. Schweiß hatte sich auf seiner Stirn und dem Nacken gebildet, dessen Ursache nicht die draußen herrschende schwüle Nachtluft war.
»Zieh’ die Hose aus, dann kannst du ihn abarbeiten«, knurrte der Dunkelblonde durch die Zähne und biss ihm sanft in die Unterlippe.
Mit zittrigen Händen öffnete Daniel den Gürtel und den Knopf seiner Segelhosen, bevor Marius seine Finger über den Bauch entlang in den Bund gleiten ließ und den Dunkelhaarigen mit einem frechen Grinsen zu kraulen begann.
»Oh Shit«, keuchte Daniel, doch der Dunkelblonde machte unbeirrt weiter, zog den Reißverschluss nach unten und befreite den Anderen aus dem hinderlichen Stoff. Marius machte ein unbestimmtes Geräusch und ein Schauer fuhr über seinen ganzen Körper, als er Daniel an den Hüften packte und nahe an sich zog. Er ließ die Fingernägel sanft über den Rücken des Dunkelhaarigen gleiten und während sie sich küssten, folgten sie den Bewegungen ihrer beider Becken. Die Berührungen lösten eine Welle von Gänsehautschauern aus und ein heftiges Sehnen ließ Marius erzittern.
»Ich halt’s nicht aus«, murmelte er schwer atmend. Dieses Mal war er an der Reihe, die Fassung zu verlieren. Daniel brummte nur leise und ließ seine Lippen über Marius’ Kinn seinen Hals entlang und über die Brust bis zum Bauch wandern. Der Dunkelblonde zuckte luftschnappend zusammen, als er die Hände des Anderen an seiner empfindlichen Männlichkeit spürte und wand sich, als der Dunkelhaarige ihn zu massieren begann. Marius keuchte und packte Daniel an den Haaren, als dieser den Kopf senkte und neckisch mit der Zunge über ihn strich.
»Immer noch so sensibel?«, kicherte er leise, »Steht wie ’ne Eins.«
»Gott ...«, wimmerte Marius flüsternd und reckte sich ihm entgegen, als der Dunkelhaarige die Liebkosungen fortsetzte und sich dabei ohne abzusetzen die Hose samt Shorts über die Beine zog und an die Seite legte.
»Ich kann nicht ...« Der Dunkelblonde verschluckte sich fast und riss die blauen Augen auf, als Daniel das sündig sinnliche Spiel unterbrach und sich wieder aufrichtete. »Was tust du?« Marius war atemlos und seine Haut lebhaft gerötet.
»Was denkst du?« Der dunkelhaarige Mann grinste und beugte sich suchend zu den Nachtschränken herüber.
»Ich hab’ hier keine Lotion stehen«, kicherte Marius.
»Hast du welche? Irgendwas?«
»Im Bad auf dem Waschbecken ...«, der Dunkelblonde streckte sich in den gemütlichen Kissen aus und strich sich mit den Fingern über seinen Körper, während Daniel aus dem Bett krabbelte. Er leckte sich über die Lippen, als er zu dem Anderen herüber schaute und dieser mit betont unschuldigem Gesichtsausdruck Hand an seine Männlichkeit legte.
»Lass’ mich nicht warten«, schnurrte Marius. Daniel nickte, betrat das Badezimmer und fand dort einen Tiegel von der Nivea-Creme, die der Dunkelblonde schon als Jugendlicher gern für die Körperpflege genutzt hatte. Daniel hatte es immer geliebt, dass Marius oft danach gerochen hatte.
»Also«, grinste der Dunkelhaarige, als er wieder im Schlafzimmer stand, »wollen wir das Bettzeug ein bisschen einsauen?«
»Dafür hab ich es bezahlt«, der Dunkelblonde streckte Daniel die Hand hin und dieser kroch zu ihm auf die Matratze. Marius setzte sich auf, öffnete den Tiegel und begann ohne Zögern, sein Gegenüber mit der duftenden Masse einzureiben und zu massieren.
Daniel biss sich auf die Lippe und schnaufte. »Leg’ dich hin«, murmelte er und zog den Dunkelblonden an den Hüften etwas näher zu sich, bevor er mit ebenfalls cremigen Fingern ein neues sinnliches Spiel begann, das Marius bald haltlos wimmern und sich winden ließ. Er presste sich eines der Kissen aufs Gesicht, damit sein Kontrollverlust für niemanden weiter außer Daniel hörbar war.
Daher blieb es bei einem nur gedämpft wahrnehmbaren Keuchen, langgezogen und tief, als der Dunkelhaarige sich etwas vorbeugte und, nachdem er Marius aufs Köstlichste stimuliert hatte, mühelos ihre Grenzen verwischte, als er in ihn glitt.
»Nimm’ das weg, ich will dich sehen können, du Klops«, knurrte Daniel leise und zog dem Dunkelblonden das Kissen weg.
»Ich halt’ das nicht aus«, murmelte Marius und krallte seine Finger in das Laken. Er drängte sich dem Dunkelhaarigen entgegen, der schnell den richtigen Rhythmus für sie beide fand, dem sie sich vollkommen hingeben konnten.
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»Sicher, dass du keine willst?«, Marius hielt eine Zigarette locker im Mundwinkel fest und hielt Daniel die Schachtel hin.
»Nein«, lächelte dieser, »Ich bin froh, dass ich nie angefangen habe. Ich würde mich totqualmen, glaube ich. Ich hab manchmal irre viel Stress.«
»Hätt’ ich auch, wenn ich den Papierkram für meinen Alten machen müsste. Ich würde mich selbst aufhängen. Wundert mich, wie der seine Werkstatt am Laufen hält. Vermutlich alles schwarz.« Der Dunkelblonde zuckte mit den Schultern, legte die Schachtel weg und die nun freie Hand auf Daniels Bauch. Leicht nur streckte Marius sich und spürte wohlig den feinen Schmerz, der sich durch seine Muskeln zog. Wenn sie auch keine sichtbaren Spuren auf ihrer beider Körper zurückgelassen hatten, so würden sie diese letzten Stunden doch noch einige Zeit spüren können.
»Ich muss bald gehen«, murmelte der Dunkelhaarige und blickte an die Decke.
»Das ist ein ziemlich mieses Deja Vu«, Marius blies einen Rauchkringel in die Luft. »Als wären wir niemals frei.«
»Wahrscheinlich sind wir das auch nicht ...«
»Nicht hier.«
»Ich weiß«, Daniel seufzte. Er konnte es sich nicht mehr schönreden. Die Entscheidungen, die er zu treffen hatte, um sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, lagen einzig und allein bei ihm selbst. »Nur ich kann etwas ändern.«
»Fühl’ dich nicht meinetwegen genötigt. Ich kenne keinen Menschen außer dir, der so geduldig und selbstlos ist. Eigentlich ist das eine gute Sache, aber ...«
»Ich weiß«, lächelte der Dunkelhaarige. »Manchmal ist zu viel einfach nur dumm.«
»So hart hätte ich das nicht gesagt«, kicherte Marius.
»Aber damit hättest du Recht gehabt.«
Der Dunkelblonde drückte die Kippe aus und trank einen Schluck Wasser, bevor er sich zu Daniel herumdrehte und seine Finger auf dessen Brust tanzen ließ.
»Ist es egoistisch von mir, zu wollen, dass du hier alles aufgibst, um zu mir zu kommen?«
»Nein. Ich glaube, das ... ist einfach so. Wenn ich könnte, würde ich wollen, dass du zurückkommen und alles so werden könnte wie damals. Nur ohne all diesen Hass und das Unverständnis drumherum. Diese Wochen damals waren die lebendigsten meines ganzen Lebens. Ich bin fast dreißig, die Bilanz ist erbärmlich. Ich hab meine bisherigen Jahre mit Warten darauf verbracht, dass das Leben anfängt ... Nach der Schule, dachte ich. Dann waren wir fertig und ich dachte, nach dem Studium ... es kam immer nur eine neue Zeit des Wartens ...«
»Warten worauf genau?«
»Auf dich ...«
Marius presste die Lippen zusammen und konnte fühlen, wie Wärme in seine Wangen kroch. Daniel bemerkte es und lächelte.
»Hast du vergessen, was du mich damals gefragt hast?«
»Was genau?«
»Ob ich dich lieben würde ...«
»Oh ... nein. Du sagtest, das hättest du immer schon getan.«
»Siehst du«, lächelte der Dunkelhaarige leicht und blickte blind auf die Decke, die seine Beine bedeckte. »Meine Vorstellung von Leben war von Anfang an mit dir verknüpft, doch du bist gegangen und ich geblieben. Ich bin wie ein Schmetterling in einem Kokon, doch ich kann nicht schlüpfen, wenn du nicht da bist. Gott, ist das kitschig. Tut mir leid, ich rede Unsinn.« Der junge Mann zog leicht die Nase hoch und lächelte schief.
Marius lächelte und bedeckte Daniels Schultern mit federzarten Küssen. »Nein. Du hattest schon immer ein Talent, mit deiner Unschuld genau den richtigen Nerv bei mir zu treffen. Ich hatte ... einige Dates die letzten Jahre und einige Typen, die ich mehrmals getroffen habe. Doch keiner konnte mir das Gefühl geben, Jemand zu sein. Mein Vater hat eindrucksvoll dafür gesorgt, dass ich mich oft unbedeutend gefühlt habe, manchmal heute noch. Doch bei dir war das immer anders.«
»Was ist bei uns kaputt?« Der Dunkelhaarige wandte leicht den Kopf und Marius lehnte seinen Kopf gegen dessen Stirn.
»Findest du, dass etwas kaputt ist?«
Daniel presste leicht die Lippen zusammen. »Ich fühle mich beschädigt, seit du weg bist. Irgendwas fehlt seitdem immer. Wie ein Sandkorn im Getriebe.«
»Und im Moment?«
»Ist es, wie es sein sollte. Wie früher unter der Holzpyramide ...«
»Schade, dass sie die abgebaut haben.«
Der Dunkelhaarige nickte. »Wie so vieles.«
»Was tun wir also? Belassen wir es bei diesem schmutzigen kleinen Tête-a-tête oder ...?«
»Kann ich nicht sagen. Aber was ich weiß ist, dass es so nicht weitergeht. Sonst warte ich, bis ich Sechzig bin, dass mein Leben anfängt, umgeben von Kindern, die ich nicht haben wollte und Enkelkindern, die es nur gibt, weil ich mein Lebtag zu feige war ... das hat niemand verdient.«
»Na ja ... du weißt ja, wie deine Entscheidung ausfallen würde, wenn ich etwas zu sagen hätte«, schmunzelte Marius und drückte Daniel einen Kuss auf die Schulter.
»Eigentlich ... ist es nicht ohnehin klar, wie sie ausfällt? Wir ... uns fehlt etwas ohne den Anderen, oder?«
»Ja.«
»Ich kann ... und will nicht noch mal zwölf Jahre verlieren ... oder auch nur eins ... Nicht mal einen einzigen Tag.«
»Dann«, murmelte der Dunkelblonde leise, » ... denk’ dran, ich fahre Dienstag. Nachdem ich meine Angelegenheiten geklärt habe. Wenn du also ... mitwillst ...«
»Zuerst sollte ich mal nach Hause gehen. Es ist ... oh ... halb fünf. Ein Wunder, dass Allegro so lange ruhig geblieben ist ...«
Marius grinste. »Der hat doch ne Show geboten bekommen.«
Daniel lachte leise und schob sich unter der dünnen Decke hervor. Der Dunkelblonde sah ihm mit gemischten Gefühlen dabei zu, wie er sich wieder anzog. Ihm wäre es am liebsten, wenn Daniel bei ihm geblieben wäre und sie noch etwas zusammen hätten schlafen können. Kuscheln, Seite an Seite, Arm in Arm, wie Liebespaare das eben so taten. Stattdessen fühlte Marius sich wie der Ehebrecher, der er war. Doch das tat ihm nicht leid. Daniel mochte sich Monique verpflichtet haben, doch lieben tat er einzig und allein ihn und auch wenn es kindisch erscheinen mochte, Marius hatte den Dunkelhaarigen zuerst gehabt und bestand auf die älteren Rechte. Sie hatten schließlich niemals offiziell Schluss gemacht.
»Okay«, riss ihn Daniel aus seinen Gedanken und beugte sich für einen Abschiedskuss zu ihm hinunter. Marius packte ihn und zog ihn noch einmal ins Bett, umklammerte ihn und verwickelte ihn in eine stürmische Küsserei. Atemlos und lachend befreite sich der Dunkelhaarige schließlich daraus.
»Gut, dann ... geh zu deiner Frau zurück. Deine Mätresse wartet hier so lange auf dich«, murmelte der Dunkelblonde, zwinkerte aber und grinste dann.
»Du weißt, dass du nicht der Geliebte im Schatten bist, ja?« Daniel musterte ihn lächelnd.
»Offiziell schon. Der Bauernrebell, der den Prinzen verführt hat.«
»Romantisch.«
»Gut, dass es keine Hinrichtungen mehr auf dem Schafott gibt«, entgegnete Marius mit Grabesstimme.
»Sehen wir uns die Tage noch mal?«
»Ich weiß nicht. Wenn du in Richtung Friedhof mit deinem Hund gehst, vielleicht.«
Der Dunkelhaarige nickte, legte Allegro an die Leine und öffnete leise die Tür. Mit einem letzten Blick schloss er sie hinter sich und der Dunkelblonde, jetzt allein, ließ sich schwer seufzend in die Kissen fallen. Obwohl die Gedanken in seinem Kopf Achterbahn zu fahren schienen, forderten die Stunden des Vergnügens ihren Zoll und bevor er noch einmal auf die Toilette gehen konnte, war er mit der Nase in einem Kissen, das nach Daniel duftete, eingeschlafen.
Daniel indes ließ den Hund, sobald er den Ferienhof verlassen hatte, wieder laufen und bewegte sich schnellen Schrittes in Richtung seines Zuhauses. Obwohl er nicht eine Sekunde bereute, war es nicht klug gewesen, so lange wegzubleiben. Monique war zwar stockbetrunken gewesen, doch das bedeutete nicht, dass sie nicht zwischendurch mal hatte wachwerden können.
Doch dann lachte er vernehmlich auf, als er merkte, dass es ihm vollkommen egal war, was sie dachte, wo er steckte. Und wenn sie ihm Untreue vorwarf, was sollte es schon? Es war ja die Wahrheit. Er war nicht stolz drauf, aber es war nun einmal passiert.
In etwas mehr als zwei Monaten würde er dreißig werden. Und anstatt dann die Hochzeit mit einer Frau zu feiern, die er mochte, für die er aber nie mehr als platonische Liebe empfunden hatte, wollte er mit Marius in Köln sein, feiern oder einfach nur zuhause im Bett liegen und miteinander allein sein. Sie hatten ein halbes Leben nachzuholen.
Leise ließ er Allegro in den Hof und öffnete die Haustür zu seiner Wohnung. Im Osten konnte man bereits das erste Rosa des neuen Tages erkennen und er konnte Moniques betrunkenes Schnarchen aus dem Schlafzimmer hören. Er grinste, als er sich erinnerte, dass sie immer abstritt, dass sie schnarchte. Doch betrunken stand sie einem Mann in nichts nach.
Müde rieb er sich über das Gesicht, als er sich auf das Sofa setzte. Er musste noch ein paar Stunden Schlaf bekommen ...