Liebe Leserinnen, das heutige Kapitel ist etwas kürzer geraten als gewohnt. Aber da das vorherige Kapi. ja so lang war, geht das bestimmt. Ich hatte zwar auf wenig Blutvergießen gesetzt, doch Arngrims Männer sahen das anders - Ehre vor Leben - eben echte Wikinger. Also macht euch auf eine handfeste Keilerei gefasst.
Über Rückmeldungen aller Art - Favos, Empfehlungen, faule Tomaten, Puhrufe oder - das wäre am schönsten - Kommentare - würde ich mich freuen.
Am Schluss möchte ich euch noch meine derzeitige Schreibmusik vorstellen: Danheim. Sein neues Album trägt den Titel Mannavegr (Männertöter) - wie passend zum heutigen Kapi. ...
https://www.youtube.com/watch?v=VhkfnPVQyaY
GLG Eure Sophie
Die Raben über Straumfjorður spielten verrückt. Der Geruch des warmen Blutes ließ die Raubvögel aufgeregt kreisen und lautstarke Rufe ausstoßen. Schon sanken sie ein Stück herab, um sich ihrer frischen Beute zu nähern. Doch der Lärm, den die Menschen in der Schildhalle machten, hieß sie zu warten. Noch war die Angst größer als die Gier.
Anders erging es Arngrims Männern. Sie waren ohne nachzudenken ihrer Gier gefolgt. Doch anstatt sich die flüchtenden Frauen holen zu können, sahen sie sich im Inneren der Schildhalle plötzlich einer Gruppe starker, zorniger Krieger gegenüber, die mit gezogenen Schwertern zu beiden Seiten des großen Raumes an den Wänden standen. Hinter ihnen drangen weitere Kämpfer ein und sie waren von Feinden umringt. Sollten diese nicht weit weg sein und Horik auf dessen Beutezug nach Haithabu begleiten?
»Lasst die Waffen stecken!«, donnerte auch schon eine eisige Stimme aus der Gruppe der Männer, die nach ihnen in die Schildhalle gestürmt war. »Keine Bewegung, wenn ihr hier lebend herauskommen wollt!«
»Ergebt euch!« Ebenso wie Thorstein war Aodh nicht an einem Blutbad gelegen. Doch er zweifelte sehr daran, dass Arngrims Männer sich ergaben. Die Aussicht, das eigene Leben zu retten, aber unfrei und versklavt aus dem Raum zu gehen oder dem Spott des eigenen Jarls ausgesetzt zu sein und gegen ein Lösegeld freizukommen, erschien den Nordmännern in der Regel weniger verlockend als ein ehrenvoller Gang nach Walhalla, an deren Existenz die anderen im Gegensatz zu ihm nie zweifelten. Allerdings standen sich die Angreifer dicht gedrängt, wie sie nun waren, selbst im Weg. Und sie waren in Unterzahl. Vielleicht gab es ja doch Vernunft unter Arngrims Männern?
Ein Knurren ging durch deren Reihen, eine stumme Verständigung, deren Ergebnis Aodh nur zu klar war. Deshalb brauchte er das hinter zusammengepressten Zähnen hervorgequetschte »Niemals!« auch nicht mehr zu hören. Der ihm am nächsten Stehende griff an, Aodh parierte und der Kampf entbrannte. Flüche wurden laut, schmerzhaftes Stöhnen, der Gestank nach Blut und Angst begann die Halle zu füllen. Schwerter klirrten, Männer rangen und fielen. Aodh sah, dass die Männer auch die drei Schildmaiden angriffen und bewunderte Lathgertha, die mutig einem besiegten Gegner die Kehle durchschnitt. Rúna kämpfte mit der linkshändigen Glókolla Seite an Seite und Aodh fragte sich einen Moment lang, wer ihr in der kurzen Zeit ihrer Freiheit so viel Waffenkunst begebracht hatte. Mut und Können waren verschiedene Eigenschaften, die sich nicht immer so gut ergänzten wie bei den drei wehrhaften Frauen.
Doch der Schmied selbst bekam es ebenfalls mit einem zähen Gegner zu tun und bald musste er sich voll und ganz auf den schlagkräftigen Franken konzentrieren, der sich ihm gestellt hatte. Schwerter prallten aufeinander und wurden nur mit Mühe abgewehrt. Schweiß rann in die Augen und behinderte zusammen mit dem Rauch des blakenden Feuers die Sicht. Aodh fluchte und rang mit dem Südländer um die Vormacht. Dessen Bein hakelte nach vorn und um ein Haar hätte er den Schmied von den Füßen gerissen. Doch dieser hielt stand und errang damit einen Vorteil. Mit einem wütenden Schrei nutzte er die kurze Unsicherheit des Gegners und schob diesen mit einem heftigen Ruck nach hinten. Der Mann strauchelte und konzentrierte sich darauf, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Aodh machte sich den Moment zunutze und schlug ihm das Schwert aus der Hand. Die Waffe segelte durch die Luft und blieb in der geflochtenen Wand der Schildhalle stecken. Doch der Gegner des Schmieds war noch nicht besiegt. Er täuschte einen Rückzugschritt an, neigte sich nach links und zog mit einer fließenden Bewegung einen Dolch aus dem Stiefel. Schon hob er die Waffe zum Wurf, als ein zweiter Mann hinter ihm erschien. Thorstein hatte seinen Gegner gesiegt und versuchte sich in der halbdunklen Halle einen Überblick zu verschaffen, als er erkannte, dass sein Freund Aodh bedroht wurde. Zwei schnelle Schritte genügten und die flache Klinge seines Schwertes schlug dem Franken den Dolch aus der Hand. Thorstein wirbelte die Waffe herum und ließ den Schwertknauf kraftvoll auf die Schläfe des Südländers herabfahren. Als letzter der Gegner brach auch der Ritter aus dem Frankenreich zusammen. Sie hatten gesiegt! Dabei waren ihnen List und Überraschung zugute gekommen. Wären sie nicht gewarnt worden …
Thorstein betrachtete einen Moment lang nachdenklich das geronnene Blut, das sein Schwert bis zum Heft besudelt hatte. Wie durch ein Wunder war er unversehrt geblieben. Aus den Augenwinkeln hatte er allerdings wahrgenommen, wie einer der neuen Freien der Siedlung von einem Dolch durchbohrt wurde. Aodhs Wange überzog ein blutiger Streifen und einer seiner Männer lag mit einer tiefen Schwertwunde im Oberschenkel am Boden.
Arngrims Männer hingegen … Thorstein warf einen angewiderten Blick auf das Durcheinander. Der Franke und mindestens zwei weitere Männer in seiner Nähe lebten noch. Das war gut, denn er wollte vor Ragnar nicht ohne Gefangene dastehen, die man gegen ein hohes Lösegeld von deren Angehörigen aus Moseby zurückkaufen lassen oder sie selbst auf den Sklavenmarkt bringen konnte. Sie würden sehen, wie viele Geiseln sie bekommen konnten.
Doch etwas anderes zählte viel mehr. Dort hinten, ganz außer Atem und völlig zerzaust, lehnte sein Rúna an der Wand und lächelte ihm strahlend zu. Auch Gertha und Glókolla, die sich gerade ihre rote Mähne neu zusammenband, grinsten selbstsicher. Jede der Frauen hatte sich tapfer geschlagen. Doch seine Gefährtin lebendig und munter zu sehen, war Thorstein mehr wert als alle Ehre und jedes Lob, das ihm nun zuteilwerden würde.
Ohne nachzudenken, stieg er über den bewusstlosen Franken hinweg, klopfte nebenbei Aodh freundschaftlich auf die Schulter und war mit wenigen Schritten bei seiner schönen Frau, die er ungeachtet des Blutes an seinen Händen in die Arme schloss und lange genussvoll umschlungen hielt.