Liebe Leserinnen,
heute möchte ich euch heute mal was Gutes tun und euch meine "Schreibmusik" vorstellen.
Sie sind eine fantastische ungarische Band, waren u.a. schon beim WGT hier in Leipzig und haben einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen: "The Moon and The Nightspirit".
Ihr Album "Regõ Rejtem" von 2007 hat mich durch die bisherige Geschichte begleitet und es ist - glaube ich - auch gut geeignet, um es zur Geschichte zu hören:
https://www.youtube.com/watch?v=MHPtHNNmKLE&list=PLToXWne2Bk-djXv-XiKSb4eFTpAWubI3O
Viel Spaß mit "Wölfe" wünscht euch
Sophie
Verausgabt von den Folgen des Hörmeitidrfestes und der kräftezehrenden Vereinigung mit seiner Sklavin war Thorstein bald in einen tiefen Schlaf gesunken.
Mit leicht geöffnetem Mund lag der Krieger neben Rúna auf dem Rücken und gab ihr so unbewusst die Möglichkeit, ihn ausgiebig zu betrachten.
Schon als er sie zu sich auf sein Lager geholt hatte, war ihr bewusst geworden, wie viel größer er im Vergleich zu ihr doch war. Ohne sich dabei auch nur anstrengen zu müssen, hatte er sie schnell gänzlich unter sich begraben. Wäre er grob zu ihr gewesen oder hätte sie zwingen wollen, sie hätte keine Chance gegen den Krieger gehabt. Doch Thorstein war alles andere gewesen, nur nicht brutal.
Noch immer fast ungläubig über das Erlebte nachdenkend, betrachtete Rúna die breite Brust des blonden Mannes, die sich im Schlaf gleichmäßig hob und senkte. Jeder Muskel erzählte von Stärke und die Vielzahl kleinerer und größerer Narben versicherte ihr, dass er zu kämpfen vermochte. Zwei kleine tätowierte Runen unterhalb des linken Schlüsselbeins sollten ihm Schutz und Wohlwollen der Götter bei seinen Kämpfen sichern.
Sein Atem bewegte den dichten weichen Lippenbart und Rúnas Hand fuhr unwillkürlich zu ihrem Hals, als sie daran dachte, wie sich das feine Barthaar angefühlt hatte, als er seine Lippen dort entlangwandern lassen hatte. Rau waren sie gewesen, anders als jeder Kuss von Balbó hatten seine Küsse sich angefühlt, drängender, fordernder doch auch irgendwie ehrlicher und voller Begehren.
Rúna konnte fühlen, wie sie im Dunkel des Lagers errötete, als sie sich erinnerte, wie Thorstein sie irgendwann während ihres Liebesspiels auf den Bauch gedreht und mit seinen schwieligen Händen über ihren Rücken gefahren war. Dort war Rúnas schlimmster Makel zu sehen und sie war unter seinen Fingern vor Angst erstarrt, als er die Wulst der langen, dicken Brandnarbe nachgefahren war. Was, wenn er sie jetzt sofort von seinem Lager scheuchte, weil ihm missfiel, was er da zu sehen bekam? Was, wenn er zornig wurde, weil sie ihm diesen Fehler ihres Körpers verschwiegen hatte?
Doch Thorstein, der gespürt haben musste, wie sehr sie diese Berührung verstörte, hatte sich nur ein bisschen näher zu ihr gebeugt. Seine Hand, die der Spur ihrer Narbe zu ihrer linken Hüfte gefolgt war, hatte sich zwischen ihre Schenkel gedrängt. Und während er vorwitzig und herausfordernd über ihre Scham strich, hatte er ihr ins Ohr geflüstert, wie schön sie sei.
"Willst du nicht, dass ich dich auf diese Weise nehme?", hatte er leise nachgeforscht und Rúna damit in eine heillose Verwirrung gestürzt. Wie konnte er ihr so eine Frage stellen? Hatte sie nicht zu tun, was immer er wollte und war es nicht schon viel zu viel, dass er ihr solche Zärtlichkeit entgegenbrachte?
Still hatte Thorstein hinter ihr verharrt, auf ihre Antwort wartend. Selbst seine Hand zwischen ihren Schenkeln war zur Ruhe gekommen. Und Rúna hatte sich entschieden. Es war ja gar nicht die Art, wie er sie nehmen wollte, daran nahm sie keinen Anstoß. Es war nur der Anblick, den sie ihm bot, der Makel, der ihn möglicherweise abstoßen würde.
"Alles, Thorstein", hatte sie ihm leise zugeraunt. "Ich will alles, was du mit mir tun möchtest." Und dabei hatte sie gedacht, dass sie ihm später sagen würde, weshalb sie gezögert hatte, nicht jetzt, nicht, wo sie sich beide so nahe waren.
Lächelnd wanderte Rúnas Blick vom Bart des Kriegers zu dessen geschlossenen Augen und weiter zu dem langen, dunkelblonden Haar, das er sonst in einem kunstlosen Zopf zusammengebunden trug. Jetzt hatte sich das Lederband an seinem Hinterkopf gelöst und die struppigen Strähnen umgaben den Schläfer wie eine wilde Mähne. Es hatte sich weich angefühlt, als er nach ihrer letzten Vereinigung eine Weile auf ihrem Brustkorb geruht hatte, gar nicht so hart und unbändig, wie es auf den ersten Blick aussah.
Thorstein schien zu träumen und nachdem er das Gesicht ein wenig verzogen hatte, begann sich der Krieger auf seinem Lager hin und her zu wälzen. Die Bewegung holte Rúna in die Realität zurück. Das hier war das Lager ihres Herrn und er hatte mit keinem Wort erwähnt, dass auch sie die ganze Nacht hier verbringen durfte. Auch wenn er sehr großzügig zu ihr gewesen war und auf ihr Wohlbefinden geachtet hatte, wollte sie sich keinen Fehler ihm gegenüber erlauben. Er sollte nicht glauben, dass er nun, da er ihr gezeigt hatte, dass er nicht abgeneigt war, bei ihr zu liegen, weniger Fleiß und Respekt erwarten konnte.
Ein letztes Mal betrachtete Rúna den schlafenden Mann, dann schlich sie sich vorsichtig aus dem Haus, nicht ohne die kleine Öllampe zu löschen, die noch auf dem Tisch brannte. Unter dem vollen Mond fand sie problemlos den Weg in den Stall und zu ihrem Lager und hätte dort schnell einschlafen können, wenn sie nicht weiterhin in Gedanken bei dem Erlebten gewesen wäre.
Etwas später fand sie, dass ihre Schlaflosigkeit ein großes Glück gewesen war. Ein Heulen aus weiter Ferne hatte ihr gesagt, dass wieder einmal ein paar Wölfe durch das Tal pirschten, doch sie hatte sich nichts weiter dabei gedacht. Dass es die Rudel und auch einige wenige Bären in der Nähe von Thorsteins Hof gab, wusste sie von dem alten Teitr und es war nicht anders als auf Àris Hof. Noch war es Spätsommer, die Raubtiere fanden in den Wäldern genügend Beute und am vergangenen Abend hatte sie wie immer dafür gesorgt, dass Hühner und Schweine sicher in den Ställen verwahrt waren.
Erst, als sie viel näher das hohe, angstvolle Wiehern eines Pferdes hörte, dem ein zorniges Schnauben folgte und heftiges Hufstampfen, erinnerte sie sich, dass Thorstein ja seinen Hengst Skinfaxi auf die Weide am Fluss gebracht hatte. Doch konnten sich Wölfe wirklich so nah an ihre Ansiedlung wagen?
Rúna wusste es nicht, doch die Geräusche, die von der Weide bis zu ihr vordrangen, ließen keinen Zweifel, dass dort etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Entschlossen sprang die junge Frau von ihrem Lager auf. Zwar lag Teitrs Haus viel näher am Fluss und der alte Mann würde schneller bei dem Hengst sein als sie. Doch bestimmt gab es etwas, was auch sie tun konnte und sei es auch nur, sich zu versichern, dass doch alles in Ordnung war.
Bevor sie loslief, griff sie nach einer Heugabel, die im Stall bereitstand. Irgendeine Waffe brauchte sie schließlich, sollten sich tatsächlich Wölfe an die Einfriedung gewagt haben. Barfuß, wie sie war, rannte sie den langen Weg Richtung Fluss entlang und kam auch keine Minute zu früh. Wild mit einer Fackel um sich schlagend, versuchte der alte Teitr, zwei Wölfe zu vertreiben, die sich bis ins Innere der Weide vorgewagt hatten. Wann immer es ihm gelang, eines der Tiere zurückzutreiben, pirschte sich das andere erneut an den Fjordhengst an, der angstvoll wieherte und drohend mit den Hufen scharrte.
Dass sie selber bald ebenso wild schrie wie Teitr, nahm Rúna gar nicht wahr. Mutig sprang sie über die Zaunstangen, um den alten Mann zu unterstützen. Die Heugabel fest in beiden Händen ging sie auf den ersten Wolf los und versetzte dem Tier tatsächlich einen leichten Stich in die Flanke, woraufhin sich dieses erst einmal jaulend zurückzog. Aufatmend wandte sich Rúna Teitr zu, doch der Alte war längst zurückgestürmt.
Während er sich von Rúnas Ankunft hatte ablenken lassen und diese sich dem ersten Wolf stellte, war das zweite Raubtier so nah an Skinfaxi gelangt, dass es den Hengst endlich anspringen konnte.
Tief versanken die Krallen des Angreifers in der Kruppe des Pferdes und selbst, als der vor Schmerzen wildgewordene Hengst kraftvoll nach hinten ausschlug, hing der Wolf an seiner Beute fest und zog sich kraftvoll höher. Schon sah es so aus, als würde das Raubtier gleich seine Reißzähne in den Rücken des Pferdes schlagen, da drehte Rúna das Werkzeug in ihren Händen und hieb dem Wolf mit dem Stiel der Gabel auf den Rücken.
Abgelenkt vom Blutdurst und vermeintlich schon am Ziel, hatte der Wolf dem unerwarteten Schlag nichts entgegenzusetzen und viel wie eine reife Frucht vom Rücken des Fjordhengstes, der ausschlagend und bockend davonstob. Schon schien sich das Raubtier erneut aufrappeln zu wollen und nahm dabei Rúna fest in den Blick, als Teitr der wie erstarrt dastehenden Frau die Heugabel aus den Händen riss und beherzt zustach. Ein letztes, klagendes Aufjaulen war zu hören, dann herrschte Stille. Keuchend ließ sich der Alte neben den Kadaver fallen und streckte sein verletztes Bein von sich.
"Bei Thors Hammer!" fluchte er. "Wenn du nicht gekommen wärst, Mädchen, ich hätte ihnen den Hengst tatsächlich überlassen müssen."
Auch Rúna ließ sich schnaufend zu Boden fallen. Dieser Abend verlangte fast mehr, als sie verkraften konnte. Dankbar ließ sie die Kühle der Wiese auf ihren schweißnassen Rücken wirken, noch immer mit rasendem Puls und schmerzenden Lungen vor sich hin keuchend.
"Glaubst du, dass der andere nochmal wiederkommen wird?", fragte sie leise, als Teitr sich aufsetzte.
Der Alte schüttelte den Kopf. "Kaum, wo du ihn doch mit deiner Gabel fast aufgespießt hast." Er lachte. "Wir sollten uns vor dir in acht nehmen, wenn du so gut kämpfen kannst." Er nickte Rúna anerkennend zu. "Das war Hilfe zur rechten Zeit, Rúna. Ich danke dir."
Teitr rappelte sich auf. "Ich werde mal einen Arm voll Holz holen, damit wir ein Feuer entzünden können, dass die Wölfe abhält. Dann müssen wir uns wohl um Skinfaxi kümmern."
Rúna nickte. Der Hengst war verletzt und aufgeregt. Sicher würde es schwer werden, das unruhige Tier einzufangen und zu versorgen.
Und tatsächlich waren sie beschäftigt, bis sie Sonne über den Horizont trat und den neuen Tag ankündigte. Als Rúna zurück zum Haupthaus wanderte und sich dann ein wenig am Brunnen erfrischte, spürte sie eine bleierne Müdigkeit in sich aufsteigen. Eigentlich sollte sie sich schnell umziehen und dann dafür sorgen, dass das Morgenmahl auf den Tisch kam. Doch als sie sich für eine kurze Pause ins Stroh des Stalls legte, schlief sie sofort ein. Selbst die Rufe der scherzenden Knechte und das Krähen der beiden Hähne konnte sie nicht aus dem tiefen Schlaf holen, in den sie ganz ungewollt gefallen war.