Am Abend trafen sich alle, ausser Nofrete, wieder im grossen Speisesaal. Die Turner Kinder waren ziemlich bekümmert und Malek stellte mit Enttäuschung fest, dass seine einstige Liebste sich scheinbar nicht hatte davon überzeugen lassen, ihm zu vergeben.
Als sie sich hinsetzten sprach Ben zu ihm: «Es tut mir leid, aber Nofrete liess nicht mit sich reden. Wir haben alles versucht. Sie… möchte dich nicht sehen.»
Malek nickte bekümmert und erwiderte: «Das hätte ich mir ja denken können.»
«Ich weiss auch nicht… sie scheint einfach noch zu verletzt zu sein.»
«Aber etwas solltest du dennoch wissen,» mischte sich Pia ins Gespräch: «Sie hat ihre Verlobung mit diesem anderen Mann, vor langer Zeit aufgelöst. Sie wollte sich… für dich entscheiden. Aber dann geschah das mit Gob und deiner Veränderung und naja… es tut mir echt leid.»
Tiefer Kummer überkam den Magier, doch da war auch noch ein kleiner Lichtschimmer: Nofrete hatte sich tatsächlich für ihn entscheiden wollen und er… «Ach bei den Geistern!» rief er aus «hätte ich mich damals nur nicht so vom Herrn der Finsternis einwickeln lassen, dann wären wir jetzt vielleicht wieder zusammen!»
Ihr Gespräch wurde unterbrochen, als Ululala, durch Lumniuz leicht gestützt, den Raum betrat. Ihr einstiger Mentor wirkte auf einmal älter und irgendwie geschwächt.
Besorgt standen die drei auf und richteten Ululala den Stuhl her, damit er leichter Platz nehmen konnte. Der Magier, liess sich schwer hineinfallen und sein Atem wirkte angestrengt.
«Alles gut mit dir Meister?» fragte Malek «du siehst erschöpft aus.»
Ululala lächelte leicht und sprach: «Ach mein Junge… es ist nur das Alter. Es macht sich wohl langsam bemerkbar…»
Dann wechselte er das Thema: «Wollte Nofrete denn nicht mit uns essen?»
«Leider nein,» gaben die Geschwister zerknirscht zurück.
«Ach, das ist schade!» Mitfühlend blickte Ululala zu Malek herüber. «Sie wird sich schon wieder beruhigen. Es braucht einfach etwas Zeit.»
«Ach Meister! Ich weiss nicht so recht! Ich kann es ja verstehen, wenn sie nichts mehr von mir wissen will.»
«Sie hat sehr gelitten, durch deinen einstigen Abfall vom Guten, aber ich glaube, sie hat noch immer starke Gefühle für dich. Sie trauerte sehr um dich und die Verlobung mit diesem anderen, den sie hätte heiraten sollen, löste sie schon lange auf.»
«Das haben mir Pia und Benjamin auch gerade gesagt, aber… das ändert nicht wirklich etwas an den Tatsachen. Sie kann mir einfach nicht verzeihen und das verstehe ich.»
«Dennoch glaube ich, du solltest die Hoffnung noch nicht ganz aufgeben. Bald wird Nofrete wieder in ihre alte Heimat zurückkehren und wenn sich alles wieder normalisiert hat, wird sie ihr Herz bestimmt wieder mehr öffnen können. Dazu braucht es jedoch viel Geduld und… falls es doch nicht funktionieren sollte, wie du es dir vielleicht erhoffst, dann musst du das ebenfalls respektieren.» Malek nickte bekümmert, sagte jedoch nichts weiter dazu.
Ululala wandte sich nun wieder an die Kinder: «Ich habe übrigens mit den Geistern gesprochen und sie haben mir gesagt, wie ihr die Türen in andere Welten mit dem kristallenen Medaillon öffnen könnt. Ihr müsst, wie vermutet, wieder zum Blauen Kristall zurück…»
Der alte Magier erzählte den Kindern, was ihm die Geister mitgeteilt hatten. Nur dass sie ihm gesagt hatten, sein Tod würde bald nahen, verschwieg er vorläufig. Er sprach jedoch: «Die Geister meinten ausserdem, dass langsam meine magischen Kräfte etwas schwinden werden. Darum fühle ich mich wohl gerade etwas schwach.»
«Sie haben dir die Kräfte genommen?»
«Noch nicht ganz, aber je mehr die Zeit voranschreitet, umso geringer werden sie. Darum gibt es noch eine Menge zu tun!
Während ihr Kinder zum Medaillon zurückkehrt und die Tore zu den anderen Welten öffnet, um die Verbannten zurückzuholen, werden Malek ich, uns intensiv mit dem Wiederaufbau des Juwelenreiches beschäftigen. Damit Nofrete und all die anderen, eine schöne Heimat vorfinden.»
«Vieles habe ich bereits geschafft!» sprach Malek, nun mit neuem Enthusiasmus erfüllt. «Wenn wir unsere Kräfte vereinen, wird alles schnell wieder in seiner alten Pracht erstrahlen!»
«Das klingt doch nach einem guten Plan,» meinten die Geschwister.
«Dann machen wir uns, so bald als möglich, auf den Weg zum Blauen Kristall!»
Einen weitern Tag und eine Nacht, blieben die Geschwister noch auf dem Kristallschloss, danach machten sie sich auf, zu ihrer nächsten Sphärenwanderung.
«Im Reich der hundert Juwelen, ist nun alles für die Heimkehr der Verbannten vorbereitet,» sprach Malek vor ihrer Abreise.
«Alle wichtigen Gebäude stehen wieder und auch Vorräte und Getränke hat es genug. Wir werden noch weitere Vorbereitungen treffen, auch für ein grosses Fest, das wird dann für alle Heimkehrer im Schloss der Hundert Juwelen veranstalten werden.»
«Das klingt doch grossartig! Wir freuen uns schon sehr darauf!»
Benjamin fragte: «Wie und wann, willst du Damian eigentlich erklären, dass du Miros gewesen bist?» Malek erwiderte: «Ich denke, ich werde ihn noch vor dem grossen Fest aufsuchen und ihm alles beichten. Ich hoffe er nimmt es einigermassen gut auf.»
«Es wird bestimmt alles gut werden.»
«Nun, schlimmer als mit Nofrete, kann es bei ihm wohl auch nicht mehr kommen.»
Benjamin legte seinem Freund die Hand auf die Schulter: «Das mit Nofrete wird sich bestimmt auch wieder einlenken. Es braucht einfach etwas Zeit, wie Ululala sagte.»
«Hoffen wir mal das Beste. Jedenfalls wird es Zeit, dass ihr die Verbannten endlich zurückholt! Viel Glück dabei!»
Die beiden Jugendlichen verabschiedeten sich herzlich von allen und machten sich dann auf zu ihrer wohl wichtigsten Mission, dieser langen Reise.
Sie meditierten an einem ruhigen Ort und konzentrierten ihr ganzes Sein auf den Geheimnisvollen, blauen Kristall. Kurz darauf tauchten sie erneut in den Wirbel der bunten Farben hinab. In ihren Ohren rauschte es und leichter Schwindel überkam sie.
Kurz darauf, fanden sie sich auf dem Boden, neben dem wundersamen, mächtigen Edelstein wieder. Dieser ragte über ihnen empor, als würde er sich stets der Sonne zuneigen, welche ihre Strahlen durch die runde Öffnung in der Höhlendecke warf. Ihr Licht brach sich in den Facetten des bläulich, schimmernden Edelsteins und dadurch wirkte er noch immer sehr eindrücklich. Allerdings stand die Sonne nun nicht mehr ganz senkrecht über der Öffnung. Nicht wie damals, als sie das erste Mal hier gewesen waren. So etwas kam nur alle drei Jahre vor und dann öffnete sich jeweils das Tor in Ululalas Welt. Die Tür durch die sie jedoch einstmals, zusammen mit Lumniuz, ins Kristallreich gelangt waren, war nun wieder verschwunden. Die Jugendlichen erhoben sich ehrfürchtig.
«Der Kristall ist nach wie vor wunderschön!» flüsterte Pia und berührte diesen sanft. «Man spürt seine Macht noch immer ganz deutlich. Auch wenn er bei unserem ersten Besuch viel heller geleuchtet hat.» Auch Benjamin legte seine Hände nun auf die kühle Oberfläche des Kristalls. Schliesslich lehnte er auch seinen Kopf dagegen.
«Es ist als hätte er sein eigenes Herz,» sprach er bewegt. «Das ist bestimmt der Geist, der ihn bewohnt. Ich hoffe er hilft uns auch wirklich.»
«Das wird er bestimmt. Schauen wir mal nach dem Schlitz! Er müsste irgendwo hier unten sein!»
Die Geschwister suchten den Kristall ab und tatsächlich fanden sie schliesslich die beinahe unsichtbare Öffnung, in die sie das Medaillon einfügen mussten. Ihre Herzen klopften zum Zerspringen, als Ben das wertvolle Artefakt aus dem Beutel holte und sogleich leuchteten der Kristall, sowie das Medaillon, kurz auf.
«Sie spüren ihre gegenseitige Nähe!» hauchte Pia «Komm, versuchen wir unser Glück!» Benjamins Hand zitterte leicht, als er das Medaillon in den Schlitz einfügte. Tatsächlich passte es genau hinein.
Ben schob immer weiter, bis es nicht mehr ging und… dann begann der mächtige Kristall erneut, gleissendhell zu strahlen!