Zurück im Juwelenreich
Abschied von Aurelia
Aufgeregt blickten alle sich an und die vielen Herzen klopften so heftig, dass man sie beinahe hören konnte. Dann endlich, schob sich die Felswand unter der Hand der Kristallfrau, mehr und mehr zurück. Ein heller Lichtstrahl, voll von herrlichen Verheissungen, fiel golden in die Grotte hinein. Die Verbannten und auch die Geschwister blickten wie gebannt auf diesen Schein, der nun immer breiter und heller wurde. Und dann endlich, lag vor ihnen das herrliche Reich der Hundert Juwelen!
Die Verbannten blieben einen Augenblick lang, wie erstarrt, stehen. Vor ihnen lag eine märchenhafte Landschaft mit saftig grünen Wiesen, bunten Blumen und mächtigen Bäumen. Auf dem nahe gelegenen Hügel thronte ein wunderschönes Schloss aus hellem Gestein. Die geschwungenen Bögen seiner Fenster und Türen, waren mit hunderten von verschiedenfarbigen Juwelen verziert. Auch an den Balkonen gab es Reihen von Edelsteinen, ebenso an Säulen und Stützbalken. Sie funkelten und glitzerten im hellen Sonnenlicht, welches von einem strahlend- blauen Himmel fiel.
Nun erst wurde den Turner Kindern klar, warum Nofretes Heimat, das Reich der Hundert Juwelen genannt wurde.
«Es ist atemberaubend schön!» flüsterte Pia «Malek, Ululala und die anderen, haben grossartige Arbeit geleistet. Wenn man bedenkt, wie furchtbar es hier, unter Skarions Herrschaf,t einst war. Davon ist nichts mehr zu sehen. Der finstere Tempel ist verschwunden und die Graue Stadt ist gar nicht mehr grau. Schau, die Häuser sind alle neu erbaut und überall gibt es Blumenkisten und Grünflächen…»
Die Geschwister blickten sich nach den Verbannten um. Einige von ihnen standen immer noch reglos da. Einige weinten vor Glück, jubelten, küssten den Boden oder wälzten sich wie kleine Kinder im grünen, weichen Gras. Es war sehr bewegend. Pia und Benjamin freuten sich von Herzen mit all den anderen. Sie hatten nun einen sehr wichtigen Teil ihrer Aufgabe erfüllt. Welch lange Reise hatte sie hinter sich, so vielen Gefahren und Hindernissen getrotzt. All das hatte sich jedoch hundertfach gelohnt, im Angesicht des grossen Glücks, dass sie diesen Verbannten gebracht hatten.
Ismala und Nofrete blickten ungläubig auf die wundervolle Landschaft und das neu aufgebaute, heimatliche Schloss. Es war, als ob sie vollkommen entrückt wären.
«Da ist Papa!» schrie die Königstochter auf einmal, «er kommt mit einigen anderen den Hügel herunter, schau!» Tatsächlich, eine ganze Gruppe Leute, an ihrer Spitze der König und Ululala, liefen auf die Heimkehrer zu. Und kurz darauf, lagen sich alle weinend vor Freude in den Armen.
«Meine Liebsten!» sprach der König mit erstickter Stimme, «endlich seid ihr wieder bei mir!»
«Wir haben dich so vermisst Papa!» schluchzte die Königstochter.
«Wie ist es dir ergangen Liebster?» fragte Ismala und tastete ihren Mann ab, als wolle sie sicher gehen, dass alles an ihm heil geblieben war.
«Es war eine sehr schwere Zeit als Ratte, aber noch schlimmer war es, wehrlos mitansehen zu müssen, was Skarion aus unserer Heimat machte. Dank Pia, Benjamin, dem gütigen Magier Miros und den Rebellen der Grauen Stadt, konnten wir sie jedoch wieder zurückerobern…»
Als Nofrete den Namen Miros hörte, wurde sie einen Moment lang still, sagte jedoch nichts dazu, denn Pia und Benjamin hatten ihr das Versprechen abgenommen nichts darüber zu verraten, dass Miros und Malek eigentlich dieselbe Person waren.
Sie sprach: «Ja, wir hatten wirklich viele wunderbare Helfer und nun können wir endlich wieder unser früheres Leben aufnehmen.»
«Genau!» sprach der König lachend «zuerst wird aber mal so richtig gefeiert! Kommt alle mit! Es warten einige Festlichkeiten auf uns.» Er legte die Arme um seine Familie und die drei gingen mit den anderen zum Schloss zurück.
Pia und Benjamin blieben zurück und kehrten nochmals in die Kristallgrotte zurück, wo Aurelia auf sie wartete. «Vielen Dank grosser Geist des Kristalls, dass du uns geholfen hast, alle in ihre Heimat zurück zu bringen.» sprachen sie. Aurelia neigte leicht ihr Haupt und ihr glänzend weisses Haar fing dabei das Licht der Sonne ein, welches durch die Pforte, die sie gerade geöffnet hatte, herein schien.
«Das ist sehr gerne geschehen. Es erfüllt mich mit grosser Freude, dass alle Verbannten so glücklich heimgekehrt sind. Ein wichtiger Schritt ist getan, um das Gleichgewicht des Omniversums zu bewahren. Dennoch warten in der Zukunft noch viele Herausforderungen auf euch. Ich bin sicher, wir haben uns nicht das letzte Mal gesehen.»
«Das glauben wir auch oder vielmehr… das hoffen wir. Denn wir würden dich und diesen wunderschönen Ort gerne wiedersehen.»
«Ich glaube das werdet ihr… ja das werdet ihr,» erwiderte der Kristallgeist geheimnisvoll. «Nun müsst ihr aber auch gehen. Die Verbannten vermissen euch bestimmt schon. Ihr könnt das Medaillon wieder aus dem Kristall ziehen! Verwahrt es gut, irgendwann werdet ihr es bestimmt nochmals brauchen. Wenn ihr es herausgezogen habt, dann habt ihr nur noch ganz kurz Zeit die Grotte zu verlassen. Darum müssen wir uns jetzt verabschieden.»
Die Geschwister nickten und erwiderten: «Nun denn, lebe wohl, grosser Geist des Blauen Kristalls. Wir werden dich niemals vergessen.»
«Ich werde euch auch nicht vergessen. Nun geht aber! Sie warten auf euch!» Die Geschwister nickten und Benjamin zog das Medaillon wieder aus dem Schlitz im Stein.
«Und denkt immer daran, achtet gut auf das heilige Relikt, es darf nicht in falsche Hände gelangen!» ermahnte sie die Kristallfrau nochmals. Wieder nickten die Geschwister. Sie hoben nochmals ihre Hände zum Abschiedsgruss, dann verliessen sie die Höhle des mächtigen, blauen Kristalls.
Gleich darauf schloss sich die Pforte wieder hinter ihnen und sie liefen den anderen hinterher.