Ich hätte da aber auch noch eine wichtige Frage.» «Frag ruhig mein Junge!» «Ululala hat uns gesagt, dass er mal einen Viertel des Medaillons besessen habe, du es ihm aber, als du noch böse warst, geraubt hättest. Ist das wahr?» Malek überlegte einen Augenblick, dann erwiderte er: «Ja ich erinnere mich! Es war jener mit dem Feuersymbol… Oh nein! Der der Finsternis hat ihn! Ich habe ihm den Viertel geschenkt, als ich ihm noch diente!» Schreckliche Schuldgefühle, spiegelten sich dabei in seinem Gesicht. «Verdammt!» schimpfte Benjamin «heisst das etwa, dass wir in die Unterwelt reisen müssen?» Es tut mir so leid!» sprach Malek zerknirscht. «Wie soll denn das um Himmels Willen gehen!» rief der Junge. «Das schaffen wir doch niemals!» «Doch ihr könnt es schaffen, aber es wird sehr gefährlich sein…» «Na, das glaube ich sofort! Wir können doch nicht einfach in die Unterwelt marschieren und den Medaillons- Teil vom Herrn der Finsternis klauen!» «Natürlich braucht ihr dazu einen besonderen Schutz,» gab Malek zu bedenken. «Und was für ein Schutz könnte das sein?» Das weiss ich leider nicht, doch ich habe irgendwo ein Buch darüber, wie man als Lebender doch in die Unterwelt gelangen kann. Ich werde mich mal umsehen.
Doch wenden wir uns zuerst den Verbannten zu. Es ist im Augenblick wichtiger, dass ihr sie ausfindig macht und ihnen ihre ursprüngliche Gestalt zurückgebt. Kommt mit!» Malek führte die Geschwister zu einer Kristallkugel, welche etwas abseits stand. Er murmelte ein paar Zauberworte. In diesem Moment tauchte in der Kugel das Bild eines Meeres auf, dessen Wellen sich an mächtigen Klippen brachen. Wie in einem Film, wechselte die Szene nun, zu einer Szene unter Wasser. Durch dichte Wasserpflanzen hindurch, sahen die Kinder ein mächtiges Schloss auf dem Meeresgrund funkeln.
In diesem Augenblick, tauchte ganz nahe ein Fisch mit blau- grünen Schuppen und einem orangen Schwanz auf. «Das ist die Königin Ismala. Die Mutter von Nofrete!» erklärte Malek. «Sie hält sich bestimmt nicht umsonst in der Nähe dieses Unterwasserschlosses auf. Bestimmt werdet ihr sie stets ungefähr in derselben Gegend finden.» «Und wie sollen wir unter Wasser überleben?» fragte Benjamin. «Das lasst mal meine Sorge sein,» sagte Malek «ich habe spezielle Beeren. Sie stammen von einem Strauch, der in den Tiefen des Meeres wächst. Eine Nixe hat sie mir mal geschenkt, als ich ein Junge war. Damals habe ich einem kleinen Tintenfisch, der von einer Welle auf einen Felsen geworfen wurde, das Leben gerettet. Zufällig ist dieser Tintenfisch der Spielgefährte der Nixe gewesen. Als ich ihn zurück ins Meer brachte, sah sie das und schenkte mir als Dank eine Staude dieser roten Beeren. Sie versprach mir, dass jeder der sie isst, unter Wasser atmen, sehen und sogar sprechen kann.» Hast du diese Beeren schon mal selbst ausprobiert?» wollte Pia wissen. «Bisher nicht, nein.» «Wir werden es auf jeden Fall versuchen!» Malek schmunzelte leicht. «Das dachte ich mir. Wartet, ich hole die Beeren!» Der Magier entfernte sich. Die Kinder standen schweigend da und sahen sich an. «Es würde mich schon interessieren ob diese Beeren funktionieren,» meinte Benjamin. «Wir können es nur hoffen,» gab Pia zurück.
Malek kam wieder und überreichte den Kindern eine kleine Staude mit tiefroten Beeren daran. «Das hier sind sie.» Benjamin nahm die Beeren entgegen und er und seine Schwester, musterten diese leicht misstrauisch.
Malek sprach: «Als nächstes werde ich mich um den Trank kümmern, der den Verbannten wenigstens ihre alte Gestalt zurückgeben kann, bis wir alle Teile des Medaillons zusammen haben. Geschäftig, fast etwas zu übereifrig, machte er sich an die Arbeit und es dauerte nicht sehr lange, bis der Trank fertig war. Malek füllte ihn in kleine Flächen ab und reichte eines davon den Kindern. Dazu gab er ihnen noch einen kleinen Pergament Zettel. Darauf stand eine Zauberformel, diese mussten die Kinder auswendig lernen. «Der Spruch muss dann aufgesagt werden, wenn die betreffende Person den Trank eingenommen hat,» erklärte Malek «dann wird die Verwandlung stattfinden. Tragt Sorge zu diesen Dingen, sie bestimmen über das Schicksal der Verbannten!» Die Geschwister nickten und steckten dann das Fläschchen und den Zettel ein. «Vielen Dank Malek!» «Gerne geschehen. Wie gesagt, ich habe einiges gut zu machen,» erwiderte der Magier. «So nun solltet ihr aber schlafen gehen. Ihr müsst Morgen ausgeruht sein.»
Ismala und das Zuckermeer- Reich
Am nächsten Tag, als die Geschwister wieder in die Zauberkammer von Malek kamen, sass dieser bereits wieder vor seiner Kristallkugel. Als er die beiden sah, lächelte er sie an und sprach: «Ich habe die Kugel befragt. Nofretes Mutter hält sich, wie vermutet, stehts in der Nähe des Unterwasserschlosses auf. Als erstes könnt ihr zu ihr reisen.
Schaut her und prägt euch den Ort ganz genau rein, dann könnt Ihr euer Sein darauf konzentrieren!» «Kennst du die Gegend?» fragte Pia. «Nein, deshalb kann ich auch nicht sagen, was euch dort alles erwartet. Ihr müsst deshalb auf der Hut sein.» «Das werden wir,» gab Benjamin zurück. «Ich habe euch hier die Beeren und das Fläschchen mit dem Zaubertrank, in einen Beutel gepackt. Die Beeren solltet ihr bald einnehmen, denn ihr werdet euch möglicherweise im Wasser wiederfinden.»
«Dann verlieren wir doch keine Zeit mehr!» rief Benjamin und er und Pia schluckten eine der Beeren hinunter. Sie merkte jedoch vorerst keine Veränderung und konnten sich so gut wie immer, in die Meditation vertiefen. Malek blieb diesmal in der Nähe und beobachtete die Kinder, bis sie verschwunden waren. «Mächte des Lichts steht ihnen bei!» flüstert er, dann wandte er sich um und ging langsam davon.
In diesem Moment wurden die Kinder wieder durch den Tunnel gezogen. Diesmal war es jedoch irgendwie anders. Die Wirbel, die sie umgaben, waren nur anfangs bunt, dann veränderten sie sich immer mehr zu verschiedenen Blau- und Grüntönen, ganz dem Element des Wassers angepasst, das sie bereisen würden.
Und dann… auf einmal, sahen sie vor sich eine mächtige Wasserwoge! Sie schrien auf, als sie davon erfasst wurden. Durch den unglaublichen Sog der Flut, wurden sie mitgerissen und wie Spielbälle hin und her geworfen. Dann wurden sie durch eine Art Öffnung hinausgespült. Für einen Augenblick lang, glaubten sie es geschafft zu haben. Sie befanden sich nun in einem weiten Meer. Ehe sie jedoch Zeit hatten, sich der neuen Umgebung anzupassen, wurden sie von einer weiteren, gischtgekrönten Woge erfasst. Sie sahen vor sich hellgraue Felswände und Riffe. Die Welle warf sie so hart dagegen, dass sie vor Schmerz aufschrien. Danach rissen die Flut sie erneut zurück. Die Kinder versuchten sich festzuhalten, doch es gelang ihnen nicht, denn die nächste Woge folgte sogleich darauf und wieder wurden sie gegen die Felsen geschleudert. Diesmal so hart, dass es ihnen den Atem verschlug. Endlich konnte sie sich irgendwo festhalten, sich hochziehen und auf einem Felsplateau in Sicherheit bringen. Dort hatten sie nun endlich Zeit, etwas zu verschnaufen. «Puh das war ja Schwerstarbeit!» keuchte Benjamin. «Warum nur, mussten wir ausgerechnet ihn eine Brandung geraten? Mir tut alles weh.» Pia nickte und rieb sich die schmerzenden Körperteile. «Mir auch! Das ist echt…» Pia konnte nicht zu Ende sprechen, denn es folgte wieder eine Welle.
Gischt spritzte auf, als sie sich an den Felsen brach. Die Geschwister klammerten sich mit aller Kraft fest, damit sie nicht erneut mitgerissen worden. «Es ist besser wir verschwinden hier!» rief Pia. «Das denke ich auch. Komm!» Benjamin nahm seine Schwester bei der Hand und kletterte über die komischen, hellgrauen Felsen hinauf. Links von Ihnen, erhoben sich steile Klippen. «Hier kommen wir nicht höher hinauf,» sprach Benjamin. «Wir müssen einen anderen Weg finden.» So kletterten sie, so gut es ging, dem Fusse der Klippen entlang. Es war ziemlich beschwerlich, denn immer wieder kamen weitere Wellen, die sich an den Felsen brachen und sich danach wieder gurgelnd zurückzogen. Immer wenn so eine Welle kam, senkte sich die Gischt wie ein Nieselregen auf die Kinder hernieder. Die Geschwister kletterten so hoch sie konnten, um der schlimmsten Brandung zu entgehen, doch um weiter hinauf zu kommen, war es einfach noch zu steil. So blieben sie im unteren Teil. Endlich wurde es wieder etwas trockener und die Steine, wurden immer öfters von Sandflächen abgelöst. Schließlich befanden sie sich in einer kleinen, beschaulichen Bucht mit intensiv rosafarbenem Sand.
Hier war das Wasser ruhig und klar. Es war ein wunderschönes Plätzchen! Der Himmel leuchtete in einem kitschigen grün- blau. Die Sonne verströmte ein eigenartiges Licht. Es war warm und das Meer spiegelte die Farbe des Himmels wieder. «Sowas habe ich noch nie gesehen,» staunte Pia. «Es ist fast, als ob der Himmel aus Marzipan wäre.» «Ja, und die Sonne ist auch nicht so intensiv weiss wie bei uns. Sie ist mehr…, wie soll ich sagen… goldig. Es blendet auch gar nicht, wenn man hineinschaut und trotzdem ist es angenehm warm. Was ist das hier wohl für eine Gegend. Jedenfalls kein Platz auf der Erde, dazu ist alles zu kitschig…, zu … süss. Sogar die Felsen sehen aus wie aus Zuckerguss.» «Sind sie aber nicht, dazu sind sie zu hart.» Pia rieb sich den Kopf und die Arme. «Schau mal die Schrammen, die ich mir zugezogen habe.» Sie zeigte ihrem Bruder ihre zerschundenen Glieder. Alles war voll mit blau- roten Flecken. «Mir geht es auch nicht besser.» «Ist wenigstens die Flasche mit dem Zaubertrank heil geblieben?» Benjamins sah sofort nach. «Ja Gottseidank! Das grenzt an ein Wunder, denn wir sind wirklich schlimm herumgeworfen worden.» «Was tun wir jetzt?» Erst mal ein wenig ausruhen.» Mit diesen Worten streckte sich Benjamin im Sand aus und schloss erschöpft die Augen. Pia tat es ihm nach.